Tabak-assoziierte Atemwegserkrankungen

Nikotinersatztherapie - Do’s and Don’ts

Mag. pharm. DDr.

André

Farkouh

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APOKongress © Anja Prade
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Gesundheitliche Auswirkungen des Rauchens

Der Apotheker und Mediziner Mag. pharm. DDr. André Farkouh betonte in seinem Vortrag zur Raucherentwöhnung: „Rauchen schädigt Gefäße von Kopf bis Fuß, nicht nur die Atemwege. Es fördert die Bildung von Plaques, die zu Verengungen und schweren Ereignissen wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Lungenembolie führen können.“ Auch die Entstehung vaskulärer Demenzen wird durch Tabakrauch stark gefördert.Weniger bekannt ist zudem, dass Rauchen auch einen erheblichen Einfluss auf die Darmgesundheit hat.

Risiken neuer Tabak- und Nikotinprodukte

Neben klassischen Zigaretten gewinnen auch Shishas, E-Zigaretten, Tabakerhitzer, Snus und Nikotinbeutel zunehmend an Bedeutung – mit teils erheblichen Risiken. „Eine Shisha-Sitzung entspricht der Nikotinaufnahme von 80 bis 100 Zigaretten“, warnte Farkouh.  Der Wasserfilter in der Shisha vermindert Karzinogene und Nikotin nicht effektiv, und zudem besteht bei unsauberer Reinigung der Geräte ein Risiko bakterieller Kontamination, etwa mit E. coli. Tabakerhitzer gelten zwar als weniger karzinogen als herkömmliche Zigaretten, enthalten aber trotzdem toxische Stoffe und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die relevante Arzneimittelwechselwirkungen verursachen können. E-Zigaretten sind in Deutschland das meistgenutzte Hilfsmittel zur Rauchentwöhnung, allerdings ohne öffentliche Empfehlung und unter unzureichender Regulierung. Sie bergen Risiken durch die Vielfalt der Produkte und inkonsistente Inhaltsstoffe, Hygienemängel sowie durch gefährliche Additive, die in Liquids vorkommen können. Die WHO lehnt E-Zigaretten strikt ab, da sie speziell für Jugendliche attraktiv gestaltet und vermarktet werden. Neue Produkte wie die in Schweden weit verbreiteten Snus oder Nikotinbeutel, bei denen große Mengen Nikotin über die Mundschleimhaut aufgenommen werden, sind auf dem Vormarsch – eignen sich aber in keiner Weise zur Raucherentwöhnung. 

Nikotin- und Tabakprodukte: Risiken im Überblick
  • Shisha: Eine Sitzung entspricht der Nikotinaufnahme von 80–100 Zigaretten. Wasser filtert Schadstoffe nur unzureichend. Eine ungenügende Reinigung der Geräte kann zu bakterieller Kontamination, z.B. mit E. coli, führen.
  • Cannabis mit Tabak: Erhöht das Risiko für Lungenemphysem.
  • Tabakerhitzer: Weniger Schadstoffe als herkömmlicher Tabak, aber nicht ungefährlich; enthalten polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die Medikamentenwechselwirkungen verursachen können.
  • E-Zigaretten: Häufigstes und kontrovers diskutiertes Hilfsmittel zur Raucherentwöhnung. Probleme bestehen durch unzureichende Regulierung, variable Inhaltsstoffe und ansprechende Designs, die besonders Jugendliche ansprechen. Einweg-E-Zigaretten enthalten toxische Schwermetalle in extrem hohen Konzentrationen.
  • Snus und Nikotinbeutel: Wegen hoher Nikotindosen, Gesundheitsrisiken und hohem Abhängigkeitspotenzial wird von diesen Produkten zur Entwöhnung eher abgeraten.

Nikotinersatztherapie (NET) – Basis für den Rauchstopp

Entscheidend für die geeignete NET ist die Einschätzung der Abhängigkeit z. B. mittels standardisierter Fragebögen (Fagerström-Test). Ein Tipp von Farkouh: „Wenn das Suchtverhalten zwischen mittel und stark ist, wählen Sie immer die etwas stärkere Dosis in der Therapie. Wir wissen heute, dass mit einer höheren Nikotindosis in der Therapie bessere Erfolge erzielt werden.“ Zur optimalen NET rät Farkouh zu Kombinationen: „Für eine erfolgreiche Entwöhnung ist die Kombinationstherapie am effektivsten: ein Nikotinpflaster als Basis und ein schnell wirksames Präparat wie Kaugummi oder Spray als Akuthilfe.“ Dabei erhöht NET die Abstinenzrate um 50 bis 60 %, auch wenn absolute Erfolgszahlen noch Luft nach oben lassen. Eine Nikotinersatztherapie kann zudem einer Gewichtszunahme vorbeugen. Wichtig ist es allerdings, die Kontraindikationen im Auge zu behalten: Rezenter Herzinfarkt, Schlaganfall, Krampfanfälle in der Anamnese – hier ist die ärztliche Abklärung unbedingt notwendig. Bei Diabetiker:innen sollten Blutzuckerschwankungen engmaschig kontrolliert werden.

Pharmakologische Alternativen

Pharmakologisch kommen zur Raucherentwöhnung auch Nikotinrezeptor-Teilagonisten (NRTA) wie Vareniclin oder der sekundäre Pflanzenstoff Cytisin aus dem Goldregen (Cytisus Laburnum L.) zum Einsatz. NRTA können jedoch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schlafstörungen und Kopfschmerzen hervorrufen; in seltenen Fällen auch schwerwiegende Effekte wie Selbstmordgedanken, Herzprobleme und Bluthochdruck verursachen. Bupropion ist für diese Indikation nicht mehr erhältlich (off-label) – als Substrat und Inhibitor von CYP2D6 ist die Gefahr von Wechselwirkungen hier zudem erhöht. „Antidepressiva können positive Auswirkungen als Add-on zur Nikotinersatztherapie haben, besonders bei Menschen mit deutlicher Gewichtszunahme und depressiven Verstimmungen“, so Farkouh.

Raucherentwöhnung: Motivation und Risikoreduktion

Ein erfolgreicher Rauchstopp erfordert vor allem den Willen der Patient:innen betonte Farkouh: „Das Wichtigste: Der/die Patient:in muss wirklich wollen.“ Neben der Motivation sollten auch Ratschläge zur Risikoreduktion gegeben werden, falls ein sofortiger Rauchstopp nicht möglich ist. Dabei empfiehlt Farkouh, Zigaretten nicht komplett abzurauchen, da sich Schadstoffe zum Filterende hin anreichern, und Mentholzigaretten zu meiden, welche die Atemwege beruhigen und damit tiefere Inhalation und stärkere Nikotinaufnahme ermöglichen.

Beratungsaspekte und digitale Unterstützung

Apothekerinnen und Apotheker spielen eine Schlüsselrolle im Entwöhnungsprozess. „Für viele Raucher:innen sind wir die erste Anlaufstelle“, betonte Farkouh. „Ihre Aufgabe reicht weit über den Verkauf hinaus: Sie begleiten den Rauchstopp, schätzen den Nikotinbedarf ein, wählen geeignete Präparatekombinationen und beraten zu Nebenwirkungen. Eine begleitende Beratung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, der oft unterschätzt wird“, fasste Farkouh zusammen. Auf diesem Weg können Apotheken maßgeblich dazu beitragen, den Schritt in ein rauchfreies Leben zu ermöglichen.

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