Von Arnika bis Weidenrinde

Heilpflanzen mit schmerzhemmendem Potenzial

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Während in der akuten Entzündungsphase eher Arnikatinktur oder -gel zu bevorzugen sind, sollten zur langfristigen Therapie von chronischen Schmerzen und Entzündungen Salben oder Cremen verwendet werden. © Shutterstock
Während in der akuten Entzündungsphase eher Arnikatinktur oder -gel zu bevorzugen sind, sollten zur langfristigen Therapie von chronischen Schmerzen und Entzündungen Salben oder Cremen verwendet werden. © Shutterstock

In der Pflanzenheilkunde finden sich zahlreiche Heilpflanzen mit schmerzhemmenden Wirkungen. Während in früheren Jahrhunderten mitunter auch giftige Pflanzen wie diverse Nachtschattengewächse oder Schlafmohn zur Schmerztherapie eingesetzt wurden, beschränkt sich die moderne Kräuterkunde auf harmlosere/gefahrlose Pflanzen. Diese können vor allem bei Schmerzen im Bewegungsapparat eine gute Behandlungsmöglichkeit darstellen. Dabei ist es wichtig, zwischen akuten und chronischen Beschwerden zu unterscheiden. Für akute Beschwerden eignen sich vor allem äußere Zubereitungen, da sie in der Regel schneller wirken. Bei der inneren Anwendung von Heilpflanzen ist hingegen etwas Geduld gefragt, da sich die Wirkung erst im Laufe einiger Tage aufbaut. Folglich sind diese eher bei chronischen Beschwerden sinnvoll.

Auch die richtige Wahl der Zubereitung ist entscheidend. Denn mit dem Fettgehalt von Cremen und Salben steigt auch die Tiefen- und Wärmewirkung, welche besonders bei rheumatischen ­Erkrankungen und Rückenschmerzen zusätzlich hilfreich sein kann. Gele, Tinkturen und Umschläge wirken dagegen eher oberflächlich. 

In einem etwas geringeren Umfang können Heilpflanzen auch Kopfschmerzen bessern. Hierbei hat sich in den letzten Jahrzehnten vor allem die Pfefferminze als eine natürliche Alternative zu herkömmlichen Schmerzmitteln etabliert.

Cayennepfeffer – mit Schärfe gegen Neuralgien 

Das Capsaicin im Cayennepfeffer hemmt die Neubildung der Substanz P und in der Folge die Weiterleitung des Schmerzes. © Shutterstock
Das Capsaicin im Cayennepfeffer hemmt die Neubildung der Substanz P und in der Folge die Weiterleitung des Schmerzes. © Shutterstock


Das Dickextrakt aus dem Cayennepfeffer ist reich an Capsaicinoiden, vor allem Capsaicin. Verarbeitet zu Salben, Tinkturen oder Pflastern, reizt dieses die Haut und erhöht die Durchblutung in den Hautgefäßen. Dadurch kommt es zu einer Erwärmung des umliegenden Gewebes, wodurch Verspannungen gebessert werden können. Capsaicin fördert darüber hinaus die Freisetzung der Sub­stanz P, eines Neurotransmitters der schmerzleitenden C-Fasern. Da gleichzeitig die Neubildung der Substanz P durch Capsaicin gehemmt wird, kommt es nach kurzer Zeit zu einem Mangel an dieser Substanz. Dadurch wird die Weiterleitung des Schmerzes in der Folge reduziert, Schmerzen werden vermindert. Eine Wirkung zeigte sich in diversen Studien vor allem bei Postzoster-Neuralgien, bei diabetischer Neuropathie, bei rheumatischen Schmerzen sowie bei Pruritus. Eine aktuelle Studie mit 181 Personen belegte beispielsweise die Wirksamkeit eines Pflasters mit 8 % Capsaicin bei neuropathischen Schmerzen.1

Zubereitungen aus Cayennepfeffer sind im Allgemeinen gut verträglich. An der Applikationsstelle kann es durch die Scharfstoffe zu Überempfindlichkeiten der Haut kommen. Auf Schleimhäuten, in der Nähe von Augen und Nasen sowie auf geschädigter Haut darf Cayennepfeffer nicht aufgetragen werden.

Arnika – vergleichbare Wirkungen wie Ibuprofen

Obwohl das Risiko für Kontaktallergien bei Arnika weit geringer ist als bisher eingeschätzt, sollten Extrakte nur auf intakter Haut und in bestimmungsgemäßer Dosierung aufgetragen werden. © iStock
Obwohl das Risiko für Kontaktallergien bei Arnika weit geringer ist als bisher eingeschätzt, sollten Extrakte nur auf intakter Haut und in bestimmungsgemäßer Dosierung aufgetragen werden. © iStock

Arnika wirkt äußerlich aufgetragen entzündungshemmend und schmerzstillend. Hierfür sind vor allem die antiphlogistisch wirksamen Sesquiterpenlactone wie beispielsweise Helenalin verantwortlich. Unterstützt werden diese Effekte vermutlich auch durch Flavonoide, Kaffeesäurederivate und das hyperämisierende ätherische Öl. Während die antiphlogistische Wirkung in vitro gut belegt ist, gibt es bisher nur wenige qualitativ hochwertige klinische Studien. Eine davon ist eine randomisierte doppelblinde Studie von Widrig et al. (2007) mit 204 Teilnehmenden. Dabei zeigte sich sogar eine vergleichbare Wirkung eines ­Arnikagels (50 g Tinktur/100 g, DEV 1:20) mit einem 5 % Ibuprofen-Gel bei Osteoarthritis an der Hand.2 

Im Allgemeinen gilt: Während in der akuten Entzündungsphase eher Arnikatinktur oder -gel zu bevorzugen sind, sollten zur langfristigen Therapie von chronischen Schmerzen und Entzündungen Salben oder Cremen verwendet werden.

Basierend auf modernen Untersuchungen wird das Risiko für Kontaktallergien im Gegensatz zu früheren Warnungen als weit geringer eingeschätzt. Trotzdem sollte Arnika nur auf intakter Haut und in bestimmungsgemäßer Dosierung aufgetragen werden. Bei bekannter Allergie auf Korbblütler sollte auf Arnika gänzlich verzichtet werden. 

Pfefferminze – lindert Spannungskopfschmerzen

Pfefferminzöl kann bei Kleinkindern einen reflektorischen Atemstillstand auslösen, weswegen es bei diesen kleinen Patientinnen und Patienten kontraindiziert ist.  © iStock
Pfefferminzöl kann bei Kleinkindern einen reflektorischen Atemstillstand auslösen, weswegen es bei diesen kleinen Patientinnen und Patienten kontraindiziert ist. © iStock

Der schmerzstillende Effekt von Pfefferminzöl bei Spannungskopfschmerzen ist längst kein Geheimtipp mehr. Der Wirkmechanismus scheint auch auf zellulärer Ebene aufgeklärt: Der lokal analgetische Effekt wird über eine Inter­aktion mit dem kältesensitiven Rezeptor RPM8, der nachfolgend einen betäubenden bzw. schmerzstillenden Effekt generiert, erklärt.

Dies konnte auch klinisch belegt werden: In einer Placebo-kontrollierten Studie von Göbel et al. (1996) wurde eine 10%-ige Verdünnung eines ­Pfefferminzöls in Ethanol gegenüber Placebo und 1.000 mg Paracetamol in der Behandlung von insgesamt 164 Kopfschmerzattacken bei 41 Betrof­fenen verglichen. Das Pfefferminzöl wurde im Abstand von 15 Minuten dreimal auf die Schläfen aufgetragen. Bereits nach 15 Minuten kam es zu einer deutlichen Schmerzreduktion in der Verumgruppe, welche gegenüber Placebo signifikant überlegen war und auch keinen Unterschied im Vergleich zur Wirkung von Paracetamol darstellte.4 Da der Mentholgehalt des Pfefferminzöls bei Kleinkindern den gefürchteten Kratschmer-Reflex auslösen kann, sollte dieses nicht bei Kleinkindern oder in deren Nähe angewandt werden. Außerdem ist bei der Applikation darauf zu achten, dass man das Öl an den Schläfen, nicht jedoch zu nah an den Augen aufträgt.

Beinwell – lindert Schmerzen und Myalgien

Beinwell besitzt neben der Behandlung von schmerzhaften Quetschungen und stumpfen Verletzungen auch bei der Therapie von Muskel- und Gelenksschmerzen eine lange Tradition. Die analgetische und antiphlogistische Wirkung ist vermutlich auf die enthaltenen Hydroxyzimtsäuren (u. a. Rosmarinsäure und Chlorogensäure), die Glykopeptide und das enthaltene Allantoin zurückzuführen. Neuere In-vitro-Studien zeigen, dass Beinwellextrakte die Aktivierung von NF-κB unterbinden, welches eine wesentliche Rolle in der Expression von proinflammatorischen Genen spielt.

Eine Reihe von klinischen Studien belegen einen Nutzen von Beinwell bei schmerzhaften Erkrankungen des Bewegungsapparates und bei Myalgien. In einer Studie mit 164 Personen zeigte sich eine Beinwellsalbe auf Basis eines Wurzel-Flüssigextraktes bei akuter Knöchelverstauchung sogar dem topisch aufgetragenen Wirkstoff Diclofenac überlegen.3

Beinwell ist hinsichtlich enthaltener Pyrrolizi­dinalkaloide nicht unproblematisch, da diese potenziell lebertoxisch, kanzerogen und mutagen wirken können. Der Pyrrolizidingehalt ist allerdings bei den in Österreich verfügbaren topischen Präparaten vernachlässigbar, da er im Falle des Wurzel­extraktes stark abgereichert wird bzw. im Extrakt aus den oberirdischen Teilen unter der Nachweisgrenze (0,1 ppm) liegt.

Teufelskralle – bessert rheumatische Schmerzen

Der Name täuscht: Teufelskralle verbesserte die Lebensqualität von rheumakranken Studienteilnehmenden, rund zwei Drittel konnten sogar ihre übliche Schmerzmedikation reduzieren.  © Shutterstock
Der Name täuscht: Teufelskralle verbesserte die Lebensqualität von rheumakranken Studienteilnehmenden, rund zwei Drittel konnten sogar ihre übliche Schmerzmedikation reduzieren. © Shutterstock

Teufelskralle kann innerlich sowohl bei Muskel- und Gelenksbeschwerden als auch bei Rückenschmerzen eingesetzt werden. Die Wirkung wird maßgeblich den sogenannten Iridoidglykosiden mit der Leitsubstanz Harpagosid zugesprochen. In älteren Studien zeigten diverse Teufelskrallen­extrakte eine Hemmung der Prostaglandin- und Leukotrienfreisetzung und eine verminderte Freisetzung von TNF-α und iNOS (induzierbare NO-Synthase). Außerdem scheint Teufelskralle auch synergistische Effekte mit anderen Schmerzmitteln zu besitzen. An Ratten verstärkte nämlich die adjuvante Gabe eines nicht näher definierten Harpagophytumextraktes die Wirkung von Morphin bei neuropathischen Schmerzen.5

In einer offen durchgeführten klinischen Studie erhielten 259 Personen mit rheumatischen Gelenkserkrankungen 480 mg eines Trockenextraktes (DEV 1,5-3:1, Ethanol 60 %). Nach einer 8-wöchigen Einnahme verbesserten sich die Schmerzen sowie Steifheit und Funktion der Gelenke. Es kam auch zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und 60 % der Teilnehmenden konnten sogar die herkömmlichen Schmerzmittel reduzieren bzw. gänzlich weg­lassen.6

Gerade bei Teufelskralle gilt es zu wissen: Die volle Wirksamkeit wird erst nach mehreren Wochen erreicht, nach spätestens zwei Wochen sollte sich die Symptomatik aber bereits etwas gebessert haben. Aus diesem Grund ist die Anwendung eher bei chronischen Beschwerden ratsam. Da Teufelskralle die Verdauungstätigkeit anregt, sollte bei Magengeschwüren und Gallensteinen darauf verzichtet werden.

Weidenrinde – Extrakt oder Tee für die Gelenke

Weidenrinde enthält sogenannte Salicylderivate (z. B. Salicin), die in der Leber zur Salicylsäure umgewandelt werden. Es sind mehrere Studien zur Wirksamkeit des Weidenrindenextraktes bei diversen schmerzhaften Beschwerden wie Rückenschmerzen, Osteoarthrose und rheumatoider Arthritis verfügbar. 

In einer aktuellen Studie wurden 436 Personen mit Rückenschmerzen und/oder Osteoarthritis 24 Wochen lang mit einem wässrigen Weidenrindenextrakt (DEV 16-24:1) behandelt. Bereits nach einer 3-wöchigen Behandlungsdauer konnte eine deutliche Schmerzlinderung festgestellt werden. Dabei wurden keine nennenswerten Nebenwirkungen und auch keine Interaktionen festgestellt.7 Auch bei anderen schmerzhaften Erkrankungen des Bewegungsapparates wurden vielversprechende Studienergebnisse erzielt. So erwies sich ein Weidenrindenextrakt (DEV 8-14:1, Ethanol 70 %) in einer multizentrischen Beobachtungs­studie als wirksam bei Arthrosen im Knie und im Hüftgelenk. 

Der Tee sollte am besten als Dekokt zubereitet werden. Bis zu 3-mal täglich werden je 4 g Weidenrinde mit 200 ml Wasser 15 Minuten auf­gekocht, anschließend noch 15 Minuten stehen gelassen und lauwarm getrunken. Die Dosierungen der einzelnen Trocken- und Flüssigextrakte unterscheiden sich sehr stark und orientieren sich am Salicingehalt. Die Tagesdosis an Gesamtsalicin sollte bei akuten Schmerzzuständen 240 mg betragen. Weidenrinde ist sehr gut verträglich, nur sehr selten kann sie zu allergischen Hautreaktionen führen. Außerdem können die je nach Droge enthaltenen Gerbstoffe in hohen Dosen zu Magenproblemen führen.

Quellen

1 Mankovski et al.: Effectiveness of the capsaicin 8 % patch in the management of peripheral neuropathic 
pain in European clinical practice: the ASCEND study. BMC Neurol. 2017; 17(1):80.
2 Widrig et al.: Choosing between NSAID and arnica for topical treatment of hand osteoarthritis in a randomised, double-blind study. Rheumatol Int. 2007; 27(6):585-91.
3 D’ Anchise et al.: Comfrey extract ointment in comparison to diclofenac gel in the treatment of acute unilateral ankle sprains (distortions). Arzneimittelforschung. 2007; 57(11):712-6.
4 Göbel et al.: Effectiveness of oleum menthae piperitae and paracetamol in therapy of headache of the tension type. Nervenarzt 1996, 67:672-681.
5 Parenti et al.: Harpagophytum procumbens extract potentiates morphine antinociception in neuropathic rats. Nat Prod Res. 2016; 30(11):1248-55.

Weitere Literatur auf Anfrage

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