
Die Wundheilung lässt sich in vier aufeinanderfolgende, teilweise überlappende Phasen unterteilen, die jeweils spezifische zelluläre und biochemische Prozesse umfassen. Jede Phase stellt unterschiedliche Anforderungen an den Organismus und erfordert eine entsprechend angepasste therapeutische Begleitung.
In der initialen Entzündungsphase reagiert der Körper auf die verletzte bzw. operierte Stelle mit einer teilweise heftigen Immunantwort, begleitet von Schmerzen, Schwellung, Rötung und Erwärmung. Bis zu einem gewissen Ausmaß sind diese Entzündungszeichen normal und sogar wichtig für den weiteren Heilungsverlauf. Die erste Phase dauert, abhängig vom Gewebetyp und vom Schweregrad der Verletzung, rund zwei bis zehn Tage.
Die anschließende Proliferationsphase dient dem Wiederaufbau des Gewebes. Neues, allerdings noch schwaches Ersatzgewebe wird gebildet. Diese Phase dauert, abhängig vom Bindegewebstyp und vom Schweregrad der Verletzung, rund zwei (z. B. Grundsubstanz, Haut) bis zwölf Wochen (z. B. Sehnen).
Im Verlauf der Regenerationsphase wird das Gewebe umgebaut und stabilisiert. In dieser Phase bildet sich faserreiches Narbengewebe aus. Es richtet sich entsprechend der Belastungsreize optimal aus und wird mit der Zeit belastbarer. Diese Umbauprozesse können bis zu 21 Tage dauern.
Anschließend wird in der Remodellierungsphase das Bindegewebe durch Kollagenumwandlung immer mehr stabilisiert und verfestigt. Dieser Prozess dauert teilweise über ein Jahr und ist gerade bei chronischen Wunden aufgrund häufiger Rezidive oft unterbrochen und teilweise sogar nie beendet, wie beispielsweise bei Dekubitus oder diabetischem Ulcus.
Energiebedarf nach Verletzungen und Operationen
Der Körper verbraucht während der Wundheilung deutlich mehr Energie als im gesunden Zustand – je nach Art und Größe der Verletzung steigt der Grundumsatz um 15–20 %, bei schweren Verletzungen sogar um bis zu 50 %. Zusätzlich ist zu beachten, dass das Gehen mit Gehhilfen verglichen mit eigenständigem Gehen zwei- bis dreimal mehr Energie benötigt. Der Mehrbedarf an Energie ist jedoch in erster Linie der hohen Zellaktivität geschuldet. Eine unausgewogene oder mangelnde Ernährung kann die Wundheilung verzögern und erhöht das Risiko einer Chronifizierung der Wunde.
Während der gesamten Wundheilungsphase sollten v. a. proteinreiche Nahrungsmittel mit einer hohen Nährstoffdichte konsumiert werden. Hier sind aufgrund der hohen biologischen Wertigkeit tierische Proteine kombiniert mit pflanzlichen Proteinen zu empfehlen. Entscheidend ist bei beiden Varianten ein möglichst geringer Verarbeitungsgrad und ein hoher Anteil an Vitaminen und Mineralstoffen.
Empfohlene Lebensmittel
- Hochwertiges Fleisch, Fisch, Eier, Milch, Naturjoghurt, Naturtopfen, Käse
- Naturtofu, Sojabohnen, Lupinen, Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Seitlinge
- Nüsse, Kerne, Chiasamen, Hanfsamen, Leinsamen
… kombiniert mit
- Frischem Gemüse (z. B. Blattsalat, Spinat, Karotten, Brokkoli, Peperoni, Zwiebeln, Knoblauch etc.)
- Frischem Obst (z. B. Apfel, Birne, Banane, Zitrusfrüchte, Beeren, Trauben etc.)
- Vollkornprodukten
- Pflanzlichen kaltgepressten Ölen
Kann der erhöhte Bedarf nicht über die Nahrung aufgenommen werden, empfiehlt sich der kalorische Ausgleich über eine proteinreiche Ergänzung. Hier eignen sich beispielsweise Proteinpulver auf Molkenbasis, kombiniert mit B-Vitaminen für den Muskelerhalt sowie Kollagen für die Wundheilung.
Wichtige Aminosäuren für die Wundheilung
Im Allgemeinen werden alle proteinbildenden Aminosäuren für die Wundheilung benötigt. Die bedeutsamste ist jedoch die semi-essenzielle Aminosäure L-Arginin. Semi-essenziell bedeutet, dass der Körper zwar L-Arginin aus anderen Aminosäuren bilden kann, die körpereigene Produktion jedoch in bestimmten Situationen nicht ausreicht. L-Arginin stimuliert die Angiogenese, d. h. die Neubildung von Blutgefäßen, sowie die Zellteilung und das Zellwachstum. Dabei wird L-Arginin durch das Enzym Stickstoffmonoxid-Synthetase zu Stickstoffmonoxid (NO) umgesetzt. Über die Freisetzung des Wachstumsfaktors VEGF (vascular endothelial growth factor) wirkt NO schließlich stimulierend auf die Angiogenese und die Zellteilung. Darüber hinaus regt L-Arginin den Aufbau von Kollagen an, da es als Vorstufe für die Synthese des Kollagen-Bausteins Hydroxyprolin dient. Studien zeigen, dass eine L-Arginin-Supplementierung den Hydroxyprolin-Gehalt und die Reißfestigkeit im Wundgewebe erhöht. Zu den argininreichen Lebensmitteln zählen Kerne, Nüsse und Samen.
Eine weitere wichtige Aminosäure für die Wundheilung ist L-Glutamin, die als Energiequelle für Immunzellen, Fibroblasten und Epithelzellen fungiert. Zudem induziert L-Glutamin die Freisetzung von Wachstumshormonen. Nahrungsmittel mit einem hohen Glutamin-Gehalt sind Hülsenfrüchte, Erdnüsse, Getreide, Käse und Fleisch.
Empfohlene Dosierung
L-Arginin 3–4 g/Tag
L-Glutamin 2–5 g/Tag
Vitamin C und B-Vitamine
Vitamin C wird bei der Wundheilung für die Ausbildung von stabilen Kollagensträngen und für die Festigung des neu gebildeten Gewebes benötigt. Dabei unterstützt es die Hydroxylierung von Prolin und Lysin, die wiederum für ein stabiles Bindegewebe essenziell sind. Dieser entscheidende Schritt in der Kollagensynthese führt zu einer Quervernetzung und Festigung der Kollagenstruktur. Ein Mangel an Vitamin C resultiert in einer verminderten Kollagenstabilität und einer Verzögerung der Wundheilung. Zusätzlich wirkt sich Vitamin C positiv auf die Immunabwehr aus und schützt vor Wundinfektionen. Gerade bei Wundheilstörungen, Dekubitus, Ulcus cruris, bei Verbrennungen und nach Operationen profitieren Patient:innen von einer ausreichenden Vitamin-C-Versorgung.
B-Vitamine, insbesondere Vitamin B6, B12, Folsäure, Biotin und Pantothensäure, sind für die Wundheilung unverzichtbar. Sie fördern die Zellteilung und unterstützen so körpereigene Reparaturprozesse. Pantothensäure ist Bestandteil von Coenzym A, das wiederum für die Zellteilung, Zellreifung und die Synthese dermaler Lipide notwendig ist. Somit ist die adäquate Versorgung mit Pantothensäure für eine rasche Wundheilung essenziell. Das schwefelhaltige Biotin regt ebenfalls die Wundheilung und Zellneubildung effektiv an und wird als effektives Hauttherapeutikum angesehen.
Empfohlene Dosierung
B-Komplex 150–300 mg/Tag
Pantothensäure 50–100 mg/Tag
Biotin 1–2,5 mg/Tag
Vitamin D als Infektionsschutz
Vitamin D übernimmt bei der Wundheilung vorrangig Aufgaben in der Immunabwehr, indem es die Produktion des antimikrobiellen Peptids Cathelicidin anregt. Dieses agiert als eine Art körpereigenes Antibiotikum und stimuliert die Bildung von Blutgefäßen und den Wundverschluss. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D3 erhöht das Risiko von Wundinfektionen und verzögert die Wundheilung.
Auch Vitamin A und Vitamin E spielen bei der Wundheilung eine Rolle. So ist Vitamin A an der Kollagensynthese und Epithelisierung der Wunde beteiligt und Vitamin E stabilisiert die Zellmembran und schützt die Zellen vor oxidativen Schäden.
Empfohlene Dosierung
Vitamin D 2.000–4.000 I.E./Tag
Vitamin A 1 mg/Tag
Vitamin E 50–100 mg/Tag
Kupfer und Zink
Im Kontext der Wundheilung ist Zink das bedeutendste Spurenelement. So wirkt Zink als Cofaktor in Metallo-proteasen für den Umbau von Bindegewebe und in Enzymen der DNA- und Proteinsynthese zur Stimulierung der Zellteilung und Neubildung von Gewebe. Gleichzeitig stärkt Zink die Immunabwehr und ist Bestandteil des antioxidativen Schutzsystems, das Zellen vor einer Zerstörung durch reaktive Sauerstoffspezies schützt. Ein Zinkmangel führt häufig zu einer Verzögerung der Wundreparatur und einer höheren Anfälligkeit für Wundinfektionen.
Auch Kupfer spielt bei der Wundheilung eine wichtige Rolle. Ähnlich dem L-Arginin wurde für Kupfer ein stimulierender Effekt auf die VEGF–Bildung durch Keratinozyten (Hautzellen) nachgewiesen. VEGF ist ein Wachstumsfaktor und induziert die Neubildung von Blutgefäßen. Darüber hinaus hat Kupfer wichtige Funktionen in der Remodellierungsphase, in der ein langsamer Umbau des Bindegewebes unter Bildung von stabilem Kollagen erfolgt. In dieser Phase gewährleistet Kupfer die optimale Funktionsweise der Lysyloxidase, einem Enzym, das für die Quervernetzung und die Stabilität von Kollagen verantwortlich ist. Weiterhin verfügt Kupfer über antioxidative Eigenschaften und fördert die Wundkontraktion und den Wundverschluss.
Empfohlene Dosierung
Zink 30–80 mg/Tag
Kupfer 1,5–2 mg/Tag
Kollagen zur besseren Wundheilung
Kollagen (oder ein Kollagenhydrolysat) kann die Wundheilung effektiv unterstützen. Kollagen vom Typ 1 ist Bestandteil der menschlichen Haut, des Bindegewebes, der Knochen, der Sehnen und Bänder. Ein Hydrolysat kann aufgrund der kleineren Peptidstruktur leichter vom Körper aufgenommen werden und ist reich an spezifischen Aminosäuren wie Arginin, Lysin und Prolin, die für den Wiederaufbau von Gewebe essenziell sind. Zum einen können die Kollagen-Peptide direkt die Produktion von neuem Kollagen, Elastin und Hyaluronsäure stimulieren und damit neu gebildetes Gewebe festigen. Zum anderen liefern die freien Aminosäuren der Kollagen-Peptide die Grundbausteine für die Bildung der Kollagen- und Elastinfasern.
Empfohlene Dosierung
Kollagenhydrolysat 2,5–10 g/Tag
Omega-3-Fettsäuren zur Entzündungshemmung
Studien zeigen, dass Omega-3-Fettsäuren das Risiko von Infektionen bei Wunden reduzieren können, insbesondere bei operativen Wunden. Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren dienen als Vorstufen für Prostaglandine, Leukotriene und Thromboxan, drei Schlüsselmediatoren in der Entzündungsphase der Wundheilung. Omega-3-Fettsäuren reduzieren nachteilige Entzündungsmediatoren und fördern dadurch den weiteren Wundverschluss. Klinisch konnte im Rahmen eines systematischen Reviews gezeigt werden, dass eine Ergänzung mit Omega-3-Fettsäuren die Wundheilung bei Operationswunden verbessert.
Empfohlene Dosierung
Omega-3-Fettsäuren (v. a. EPA und DHA) 1–2 g/Tag
Enzyme unterstützen die Wundheilung
Oral substituierte proteolytische Enzyme werden gerne bei akuten und chronischen Verletzungen als diätetisch-therapeutische Maßnahme zur Förderung der Wundheilungsprozesse eingesetzt. Die natürlichen Biokatalysatoren dienen der enzymatischen Wundreinigung, greifen jedoch das intakte Epithel-, Granulations- und Muskelgewebe nicht an. Enzyme, insbesondere Bromelain und Papain, können Entzündungen reduzieren, abgestorbenes Gewebe abbauen und die Durchblutung fördern.
Empfohlene Dosierung
Proteolytische Enzyme
(Bromelain, Papain) je 300–1.000 mg/Tag
Der Einfluss von Alkohol auf die Wundheilung

Alkohol schwächt die körpereigene Immunabwehr und kann bereits bei einmaliger Zufuhr die Heilungsprozesse beeinträchtigen. Der Konsum von Alkohol während der initialen Entzündungsphase führt zu einer verminderten Immunantwort und somit zu einem erhöhten Infektionsrisiko. Während der Proliferationsphase reagiert die Angiogenese, also das Einsprossen von Gefäßen in das Wundgebiet, am empfindlichsten auf das Zellgift Ethanol. Diese kann bis zu 60 % reduziert sein und zu einem lokalen Sauerstoffmangel im betroffenen Gewebe führen. Dies hat wiederum nachteilige Auswirkungen auf die weitere Heilung. Zusätzlich wird die Produktion von Kollagen, einer der wichtigsten Bausteine von bindegewebigen Strukturen (Haut, Knochen, Muskeln und Sehnen), durch Alkohol gestört.
Der Einfluss von Rauchen auf die Wundheilung
Rauchen erhöht das Risiko für postoperative Komplikationen wie Wundheilungsstörungen und Wundinfekte. Umgekehrt führt eine Rauchabstinenz zu einer Verbesserung der Reparaturvorgänge im Rahmen der Wundheilung und zu einer Verringerung des Infektionsrisikos. Es wird daher empfohlen, möglichst zwei bis sechs Wochen vor einer geplanten Operation das Rauchen einzustellen, mindestens jedoch 24 Stunden vor sowie bis zu fünf Tage nach der Operation. Da auch die Narbenbildung durch das Rauchen gestört ist, wäre ein Verzicht auf das Rauchen bis zum Abschluss einer gesicherten Wundheilung optimal.
Welche Faktoren die Wundheilung fördern
Verletzungen, insbesondere operative Behandlungen, gehen mit erhöhtem Stress für den Organismus einher. Der Heilungsprozess hängt dabei stark von der individuellen Gesundheit, dem Alter und dem allgemeinen Lebensstil ab. Wichtig ist primär, dass die Wunde keimfrei bleibt und die Wundränder nicht unter Spannung stehen. Mit einer erhöhten Lagerung und Ruhigstellung der verletzten Körperpartie kann die Wundheilung ebenfalls unterstützt werden. Ein weitverbreiteter Irrglaube besagt, dass Wunden an der frischen Luft am besten abheilen. Studien haben jedoch gezeigt, dass Verletzungen in einer kalten und trockenen Umgebung langsamer verheilen. Es ist daher wichtig, die Wunde feucht und warm zu halten, um die Heilung zu unterstützen. Achtung: Kratzen und Aufreiben der Wunde verzögert die Heilung erheblich. Um den Juckreiz zu lindern, sollten Wunde besser kurzfristig gekühlt werden.

Quellen
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- Daher GS, et al.: A systematic review of oral nutritional supplement and wound healing. Ann Otol Rhinol Laryngol 2022; 131(12): 1358-1368
- Lin PH, et al.: Zinc in wound healing modulation. Nutrients 2017; 10(1): 16
- Burkiewicz CJCC, et al.: Vitamin D and skin repair: a prospective, double-blind and placebo controlled study in the healing of leg ulcers. Rev Col Bras Cir 2012; 39(5): 401-407
- Knefeli HC, et al.: Improved wound healing after oral application of specific bioactive collagen peptides. Nutrafoods 2017; 16: 9-12