
Patient:innen im Mittelpunkt ihrer eigenen Behandlung – eigentlich sollte dies längst die Regel und keine Ausnahme mehr sein. Allerdings werden auch in Europa immer noch viel zu viele Entscheidungen ohne Berücksichtigung der Patientenwünsche und entsprechende Aufklärung getroffen.
Von Closed-Loop bis 3D-Druck: Digitale Lösungen in der Patientenversorgung
Der erste Vortrag im Rahmen der Eröffnungszeremonie („Opportunities and limitations of high-tech evolution“) bot tiefe Einblicke in diverse bereits etablierte Projekte. Diese stellen durch digitale Lösungen die Patient:innen in den Mittelpunkt und fördern einen reibungslosen Behandlungsablauf sowie optimale Wissensvermittlung in allen Phasen der Behandlung. Digitale Lösungen wie Closed-Loop-Systeme oder 3D-Drucker, die bereits in einigen österreichischen Krankenhäusern etabliert sind, eröffnen neue Möglichkeiten in der Patientenversorgung. Ergänzend bieten verschiedene Applikationen eine engmaschige Betreuung der Patient:innen – sowohl vor der stationären Aufnahme als auch nach der Entlassung.

Schwedische Initiative zum Entlassmanagement
In einem der Workshops mit dem Titel „The patient in charge of the discharge“ wurde ein schwedisches Projekt präsentiert, in dem Patient:innen direkt zu Beginn ihrer Hospitalisierung dazu ermutigt und angeleitet werden, anhand einer Checkliste alle für ihre Entlassung und die Zeit danach relevanten Informationen bei den entsprechenden Disziplinen einzuholen. Pharmazeut:innen übernehmen dabei – wie auch hierzulande – die Aufklärung zur Entlassmedikation, um eine selbstbestimmte und für die Patient:innen nachvollzieh- und durchführbare Medikamentenanwendung gewährleisten zu können. Eine an die jeweiligen Patient:innen angepasste Sprache sollte dabei an allererster Stelle stehen.
KI: Zukunftsperspektiven für die Krankenhauspharmazie
Neben dem Patientenfokus standen die Entwicklung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Social Media im pharmazeutischen Kontext im Mittelpunkt zahlreicher Vorträge. Bislang liegen nur sehr heterogene Daten zum Einsatz von KI in der Krankenhauspharmazie vor, wobei die Technologie bis dato nur in ausgewählten, stark begrenzten Bereichen verwendet wird. Die aktuell intensive und zielgerichtete Forschung lässt jedoch erwarten, dass in naher Zukunft breit einsetzbare KI-Anwendungen verfügbar sein werden. Für deren Einsatz in unserem hochsensiblen Bereich werden vor allem ausreichendes Fachwissen und kontinuierliche Weiterbildung entscheidend sein, um einen verantwortungsbewussten und ethischen Umgang zu gewährleisten.
Social Media: Fehlinformationen als globales Risiko
Der Vortrag mit dem Titel „Hospital pharmacists driving evidence-based versus influencer-based medicine“ beleuchtete die Gefahren von Social Media und klassischen Medien wie Fernsehen oder Zeitungen.
In unserer Zeit, in der KI-generierte Bilder und Videos zunehmend realistischer erscheinen, wird es immer unerlässlicher, Informationen kritisch zu hinterfragen. Besonders Falschinformationen und einseitig dargestellte Inhalte auf Plattformen wie Facebook, Instagram und Co. stellen eine große Unsicherheit und ernstzunehmende Gefahr für Patient:innen dar. Als Pharmazeut:innen können wir durch fundierte Beratung unserer Patient:innen dazu beitragen, Unsicherheiten zu beseitigen und Fake News zu entlarven. Im Vortrag wurde eine Untersuchung zum Thema Ozempic® (Semaglutid) und Social Media präsentiert. Während fast alle Influencer:innen über die Wirkungen des Medikaments berichteten, thematisierte nur knapp ein Drittel auch dessen Nebenwirkungen. Informationen zu Lieferproblemen und der daraus resultierenden Nicht-Verfügbarkeit für Diabetespatient:innen – für Gesundheitsfachkräfte höchst relevante Aspekte – wurden nur im unteren einstelligen Prozentbereich erwähnt.
Laut weiterer Studien, welche im Vortrag „Navigating the challenges of disinformation in healthcare“ präsentiert wurden, sind 32 % aller auf Impfungen bezogenen und die meisten Informationen zu Krebserkrankungen auf TikTok nicht korrekt. Der „Global Risks Report 2024“ des World Economic Forum klassifiziert Fehlinformationen sogar als das größte globale Risiko der kommenden zwei Jahre. Social-Media-Beiträge in Form von Videos, Fotos oder Artikeln durch Apotheker:innen, Ärzt:innen und anderes Gesundheitspersonal werden allerdings – bei korrekter Recherche und Darstellung – als gute Möglichkeit erachtet, um fachlich korrektes Wissen an Patient:innen und Interessierte zu übermitteln.
Im abschließenden, sehr ergreifenden Vortrag betonte Thomas Whitelaw, Leiter der Vereinigung „Dementia Carer Voices“, der jahrelang seine demenzkranke Mutter gepflegt hat, die Relevanz unserer Rolle im Gesundheitssystem. Apotheker:innen – sowohl im Krankenhaus als auch in den zahlreichen öffentlichen Apotheken – leisten durch die engmaschige Begleitung von chronisch und schwerkranken Patient:innen einen wesentlichen Beitrag zu deren Betreuung und Wohlbefinden. Patient:innen im Mittelpunkt ihrer eigenen Behandlung – gelebte Praxis in den Apotheken.