Frauensache

Mikronährstoffe im Lebenszyklus

Mag. Larissa Grünwald
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Mikronährstoffe im Lebenszyklus © iStock
Gemeinsames Kochen macht nicht nur Spaß, sondern ermöglicht es auch, auf eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu achten. © iStock

Die höhere Lebenserwartung von Frauen wird oft darauf zurückgeführt, dass Frauen sich im Allgemeinen gesünder ernähren und mehr auf ihre Gesundheit achten. Im Durchschnitt gehen Frauen früher und häufiger zum Arzt/zur Ärztin als Männer, sie trinken in der Regel weniger Alkohol, rauchen weniger und achten mehr auf eine gesunde Ernährung. Möglicherweise gibt es aber auch eine genetische Komponente, die Frauen länger leben lässt. Der Vorteil für Frauen könnte das doppelte X-Chromosom sein. Während Frauen zwei X-Chromosomen haben, besitzen Männer ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Wichtige genetische Informationen des X-Chromosoms sind daher bei Frauen doppelt vorhanden und können mögliche Genmutationen und Defekte des anderen X-Chromosoms ausgleichen.

brüchige Nägel © shutterstock
Brüchige Nägel können ein Symptom eines Eisen­mangels sein. © shutterstock

Typisch Frau

Erkenntnisse aus der Gendermedizin zeigen deutliche Unterschiede der Symptome und Ausprägungen von Krankheiten bei Frauen und Männern. Seit Längerem ist bekannt, dass Frauen im Vergleich zu Männern eine stärkere Immunantwort zeigen. Dies betrifft in erster Linie Entzündungsreaktionen, die bei Frauen tendenziell heftiger ausfallen. Auch Autoimmunerkrankungen werden bei Frauen signifikant häufiger diagnostiziert. Psychische Erkrankungen wie Depressionen sind bei Frauen ebenfalls deutlich häufiger zu finden.

Niedriger Energiebedarf, hoher Mikronährstoffbedarf

Trotz geringerem Energiebedarf haben Frauen abhängig von ihrer Lebensphase einen verhältnismäßig hohen Mikronährstoffbedarf. So liegt der tägliche Energiebedarf von Frauen bei durchschnittlich 2.000 Kalorien, jener von Männern bei rund 2.500 Kalorien. Wichtig: Dieser Wert lässt sich durch Sport bzw. eine höhere Muskelmasse aktiv steigern. Naturgemäß liegt der Muskelanteil von Frauen bei rund 30–40 % des Körpergewichts, bei Männern sind es 40–60 %. Was den Mikronährstoffbedarf betrifft, so werden Frauen insbesondere in der Schwangerschaft und Stillzeit vor große Herausforderungen gestellt.

Eisenstatus überprüfen

Sobald die ersten Monatsblutungen in der Pubertät einsetzen, sollten die Jugendlichen vor allem auf ihren Eisenspiegel achten. Die Empfehlung für die tägliche Eisenzufuhr liegt bei rund 10–15 mg/Tag. Lässt sich dieser Wert nicht über die Ernährung decken, sind entsprechende Ergänzungen anzudenken. Dies kann vor allem bei Sportlerinnen, vegetarischer oder veganer Ernährung sowie bei starken Blutungen erforderlich sein. Die klassischen Symptome eines Eisenmangels sind brüchige Haare und Nägel, blasse Haut, Müdigkeit und erhöhte Infektanfälligkeit. Schätzungen zufolge hat in Österreich jede fünfte Frau im gebärfähigen Alter leere Eisenspeicher. Zusätzlich steigt der Bedarf in der Schwangerschaft und Stillzeit, sodass eine regelmäßige Untersuchung der Eisenspeicher gerade für Frauen sinnvoll ist.

Empfohlene Dosierung: 
Eisen: 10–15 mg/Tag

Prämenstruelles Syndrom (PMS)

Kommt es vor, aber auch während der Menstruation zu Krämpfen, Übelkeit, Durchfall, Schwindel oder Kopfschmerzen, so können Magnesium sowie Fettsäuren helfen. Magnesium wirkt beruhigend, entspannt die Gefäße und fördert die Durchblutung, Omega-3-Fettsäuren sowie Gamma-Linolensäure mildern zusätzlich Bauchkrämpfe und Verspannungen. Sind Reizbarkeit und Stimmungstief ein Thema, so kann insbesondere Vitamin B6 in Form eines B-Komplexes nicht nur die Befindlichkeit verbessern, sondern auch krampflösend und schmerzstillend wirken.

Empfohlene Dosierung:
B-Komplex: 150–300 mg/Tag (inkl. 15–25 mg B6)
Magnesium: 300–400 mg/Tag
Omega-3-Fettsäuren (DHA+EPA): 500–1.000 mg/Tag
Gamma-Linolensäure: 500–1.000 mg/Tag

Mikronährstoffbedarf  © shutterstock
Der verhältnismäßig hohe Mikronährstoffbedarf von Frauen lässt sich gut substituieren. © shutterstock

Kontrazeptiva als Mikronährstoffräuber

Estrogenhaltige Kontrazeptiva sowie estrogenhaltige Präparate bei Wechseljahres-Beschwerden können zu Mikronährstoffmangel führen. Besonders betroffen sind Folsäure, die Vitamine B6 und B12 sowie Magnesium. Diese Nährstoffe spielen u. a. beim Muskelstoffwechsel, der Blutbildung, im Schmerzstoffwechsel sowie bei der Befindlichkeit eine wichtige Rolle. In diesem Fall ist es sinnvoll, ergänzend zur Pille einen B-Komplex zu empfehlen. Vitamin C sowie Zink und Magnesium können die orthomolekulare Begleitung sinnvoll ergänzen. 

Empfohlene Dosierung:
B-Komplex: 150–300 mg/Tag (inkl. 15–20 mg B6, 200–500 µg B12, 400 µg Folsäure)
Vitamin C: 300–500 mg/Tag

Zink für ein strahlendes Äußeres

Zink spielt bei der Bildung von Hormonen eine ­zentrale Rolle und ist u. a. für die Gesunderhaltung und die Regeneration von Haut, Haaren und Nägeln essenziell. Zusätzlich zeigt es entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen und dient als wichtiges Spurenelement im Säure-Basen-Stoffwechsel. 

Empfohlene Dosierung:
Zink: 20–25 mg/Tag

Besonderes Augenmerk auf Folsäure

Stellt sich nach jahrelanger Einnahme der Pille ein Kinderwunsch ein, sollten die Blutspiegel an B-Vitaminen, insbesondere von Folsäure, stabilisiert sein. Schon lange ist bekannt, dass eine unzureichende Folsäureversorgung die Gefahr von Früh- und Fehlgeburten sowie angeborenen Fehlbildungen des Neuralrohrs erhöht. Da sich das Neuralrohr zwischen dem 22. und 28. Schwangerschaftstag (!) ausbildet, kommt einer ausreichenden Folsäureversorgung bereits vor der Empfängnis große Bedeutung zu. Sinnvoll ist ein Abstand zwischen dem Absetzen der Pille und der Schwangerschaft von drei bis sechs Monaten bei gleichzeitiger Einnahme eines ausgewogen dosierten Multivitamin- und Mineralstoffpräparates inklusive Folsäure. Durch rechtzeitige Folsäure-Supplementierung kann bspw. das Risiko für Neuralrohrdefekte um bis zu 80 % reduziert ­werden.

Empfohlene Dosierung:
Folsäure: 400–600 µg/Tag

erhöhter Bedarf in der Stillzeit © shutterstock
Der Bedarf an Mikronährstoffen ist in der Stillzeit erhöht und liegt teilweise weit über den Werten, die für die Schwangerschaft empfohlen werden. © shutterstock

Fast doppelter Nähr­stoffbedarf bei Schwangeren

In der Schwangerschaft wird die Resorptionsrate für Mikronährstoffe aus der Nahrung merkbar gesteigert. Dennoch reicht die verbesserte Aufnahme oft nicht aus, um Mutter und Kind über die gesamte Zeit der Schwangerschaft ausreichend zu versorgen. Der Mehrbedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen wird um 15 bis gar 100 % gesteigert. Besondere Aufmerksamkeit verdienen von Anfang an die B-Vitamine, Vitamin D3, Vitamin E, Eisen, Calcium, Magnesium, Zink sowie Omega-3-Fettsäuren. Dies betrifft v. a. sehr junge Schwangere, Frauen, die kurz nach dem Absetzen der Pille schwanger werden, sowie Mütter mit dicht aufeinander folgenden Schwangerschaften oder Mehrlings-Schwangerschaften.

Empfohlene Dosierung
Vitamin D3: 2.000–4.000 I.E./Tag
Calcium: 400–800 mg/Tag

Stillzeit anspruchsvoller als gedacht

Expert:innen empfehlen nach wie vor eine Stillzeit von mindestens sechs Monaten, da die Muttermilch in jeder Hinsicht die beste Nahrung für das Baby darstellt. In diesen Monaten steigt der Energiebedarf der Mutter um rund 400–650 Kalorien pro Tag, wobei v. a. auf eine gute Eiweißversorgung (rund 60 g/Tag) Wert gelegt wird.

 Auch in der Stillzeit gilt: Der Bedarf an Mikronährstoffen ist erhöht und liegt teilweise weit über den Werten, die für die Schwangerschaft empfohlen werden. Dies betrifft v. a. Zink, Magnesium, Iod, Vitamin B6, B12, Folsäure, Vitamin C und Vitamin A. Ein Defizit an Mikronährstoffen bei der Mutter kann sich auf die Entwicklung des Babys nachteilig auswirken. Dennoch wird von Hochdosispräparaten sowohl in der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit abgeraten. Sollten Beschwerden auftreten, kann die Empfehlung individuell angepasst werden.

Empfohlene Dosierung
Vitamin A: 800–1.000 µg/Tag
Iod: 100–150 µg/Tag

Herausforderung Wechseljahre

Die nächste Hürde stellen die Wechseljahre dar. Durch das schleichende Nachlassen der Estrogen­produktion geht vermehrt Knochenmasse verloren und das Risiko für Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt. Dazu kommen Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen, chronische Erschöpfung, Kopfschmerzen, trockene Schleimhäute, Stimmungsschwankungen und Depressionen, unter denen der Großteil der Frauen massiv leidet.

Phytoestrogene als gute Option

In diesem Fall sind nicht hormonelle Strategien wegen möglicher unerwünschter Nebenwirkungen generell zu bevorzugen. Dazu zählen u. a. ein aktiver Lebensstil, gesunde Ernährung, viel Bewegung sowie ergänzende Phytoestrogene. Letztere können Stimmungsschwankungen, Depressionen, Hautprobleme und Erschöpfungszustände positiv beeinflussen. Zu den Phytoestrogenen zählen in erster Linie Isoflavone und Lignane aus der Sojabohne, Sprossen, Erdnüssen, Leinsamen und Vollkornprodukte. Für Phytoestrogene liegen zahlreiche Studien vor, die eine Reduktion typischer Wechselbeschwerden, einen positiven Effekt auf die Knochendichte und Blutfette sowie eine Risikominimierung für hormonabhängige Tumorarten (Brust-, Gebärmutterkrebs) zeigen. 

Empfohlene Dosierung
Phytoestrogene: 50–75 mg/Tag

proteinreiche Nahrungsmittel © shutterstock
Frauen essen tendenziell zu wenig Proteine. Sie sollten daher bei der Ernährung besonderes Augenmerk darauf legen, proteinreiche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. © shutterstock

Gewichtszunahme in den Wechseljahren

Eine häufige Begleiterscheinung der hormonellen Umstellung in den Wechseljahren ist eine Umverteilung der Fettreserven. Durch das Sinken des Estrogenspiegels erhöht sich der Anteil des männlichen Hormons Testosteron. Die Folge ist eine vermehrte bauchbetonte Fetteinlagerung. Diese Entwicklung ist jedoch nur dann zu beobachten, wenn Gewicht zugelegt wird. 
Bauchfett ist stoffwechselaktiv und produziert u. a. entzündungsfördernde Zytokine, die langfristig die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigen.

Hinzu kommt, dass durch die abnehmende Produktion der weiblichen Geschlechtshormone das schützende HDL-Cholesterin im Blut sinken kann, hingegen das LDL-Cholesterin sowie der Blutdruck ansteigen können. Ein erhöhter Bauchumfang (Taillenumfang > 80 cm) ist folglich ein zusätzlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Proteinreiche Ernährung

Mit zunehmendem Alter benötigt der Körper bei Frauen ebenso wie bei Männern weniger Energie, aber nicht weniger Nährstoffe. Zu bevorzugen sind also Lebensmittel, die einen niedrigen Energie- und gleichzeitig einen hohen Nährstoffgehalt aufweisen. Dazu zählen Gemüse, Salate, Obst, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Vollkornprodukte und mageres Fleisch. Zudem sollten die Lebensmittel einen geringen Verarbeitungsgrad aufweisen. Empfohlen wird eine ausgewogene und ausreichend proteinhaltige Ernährung. Gerade Frauen neigen dazu, wenig Protein zu essen. Dieses wird jedoch für den Erhalt der Muskelmasse benötigt. Reich an Proteinen sind zum Beispiel Fisch, Fleisch, Bohnen, Erbsen, Linsen, Milchprodukte, Nüsse und Samen. 

Quellen

  • Xirocostas ZA et al.: The sex with the reduced sex chromosome dies earlier: a comparison across the tree of life. Biol Lett 2020; 16(3): 20190867
  • Wilson SM et al.: Oral contraceptive use: impact on folate, vitamin B6, and vitamin B12 status.  Nutr Rev 2011; 69(10): 572-583
  • Van Gool JD et al.: Folic acid and primary prevention of neural tube defects: A review. Reprod Toxicol 2018; 80: 73-84
  • Llamas Centeno MJ et al.: Folic acid: Primary prevention of neural tube defects. Literature Review. Arch Esp Urol 2016, 69(2): 73-85
  • Zyriax BC et al.: Welche Nahrungsergänzungsmittel braucht die Frau nach der Menopause? J  gynäkol Endokrinol 2012; 22 (3): 5-11

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