Krebsscreening

Kaum Gewinn an Lebenszeit

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Symbolbild Krebsscreening © iStock
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Ein Team der Universität Oslo ermittelte die mögliche Lebenszeitverlängerung für gängige Screeningverfahren zu Brust-, Darm-, Prostata- und Lungenkrebs. In die Analyse flossen die Daten von 2,1 Millionen Menschen ein, die an 18 randomisierten Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von mehr als neun Jahren teilgenommen hatten. Verglichen wurden die Gesamtmortalität und der geschätzte Lebenszeitgewinn von Screening-Teilnehmer:innen und Nicht-Teilnehmer:innen.

Nur Darmkrebsvorsorge verlängert Leben

Die einzige Screeningmethode, bei der eine signifikante Lebenszeitverlängerung von 110 Tagen beobachtet wurde, war die Sigmoidoskopie, also eine Darmspiegelung des Mastdarms und des letzten Teils des Dickdarms. Für die Mammographie und das FOBT-Screening war überhaupt kein Gewinn an Lebenszeit zu verzeichnen. Für das Lungenkrebs-Screening bei Rauchern und Ex-Rauchern wurde ein Plus an 107 Tagen ermittelt, was aber wegen der breiten Streuung keine Signifikanz erreichte. Das gleiche gilt für die Koloskopie (Spiegelung des gesamten Dickdarms) und das PSA-Screening mit einem – statistisch nicht belastbaren – Plus von 37 Tagen. Unlogisch erscheint, dass die Sigmoidoskopie deutlich besser abschneidet als die Koloskopie. Dies könnte aber daran liegen, dass nur eine Studie zur Koloskopie und vier zur Sigmoidoskopie vorlagen, schreiben die Wissenschafter:innen.

Interessenskonflikte offenlegen 

Unter Fachleuten wird der Effekt der Screeningverfahren zur Krebsfrüherkennung seit Jahren kontrovers diskutiert. In einem parallel publizierten Meinungsbeitrag im JAMA, verfasst von Hans-Olov Adami et al., heißt es, es sei ein weitverbreiteter Irrglaube, dass das Krebsvorsorge-Screening das Risiko für eine Krebserkrankung mindere. Tatsächlich sei es so, dass das Screening das Risiko durch Überdiagnose eher erhöhe. Zudem kämen noch die Interessenskonflikte der Beteiligten. So würden Ärzt:innen für die Untersuchungen bezahlt, Krebsgesellschaften müssten sich lautstark für Screenings einsetzen, um wahrgenommen und finanziert zu werden, und Politiker:innen vermeiden Konflikte mit diesen Akteuren, um ihre Wiederwahl zu sichern. Die Autor:innen fordern daher die Offenlegung von Interessenkonflikten, um eine sachliche Diskussion über die Vor- und Nachteile der Screenings zu ermöglichen.

Krebsscreening
Auf dem Prüfstand

Folgende Screeninguntersuchungen wurden in die Metaanalyse miteinbezogen:

  • Brustkrebs: Mammographie
  • Kolorektalkarzinom: Koloskopie
  • Kolorektalkarzinom: Sigmoidoskopie
  • Kolorektalkarzinom: Untersuchung auf okkultes Blut im Stuhl (FOBT)
  • Lungenkrebs: CT-Screening bei (Ex)-Rauchern
  • Prostatakrebs: Prostataspezifischer (PSA)-Antigentest

Die Nachbeobachtungszeiten betrugen für das CT-Screening, den PSA-Test und die Koloskopie 10 Jahre, für die Mammographie 13 Jahre und für die Sigmoidoskopie und den FOBT 15 Jahre.

AC

Quellen

• Bretthauer M et al. JAMA Intern Med 2023; doi:10.1001/jamainternmed.2023.3798
• Adami H et al. JAMA Intern Med. 2023; doi:10.1001/jamainternmed.2023.4064
www.hardingcenter.de/de/unstatistik/brustkrebsfrueherkennung-was-medien-berichten-und-worueber-sie-schweigen; abgerufen am 18.10.2023

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