In Österreich ereignen sich pro Jahr rund 200.000 Sportunfälle, wobei die meisten beim Fußballspielen (rund 47.000 Unfälle), beim alpinen Skilauf (rund 24.000 Unfälle) sowie bei Mannschaftssportarten mit Ball (rund 20.000 Unfälle) auftreten.
Oft kommt es wegen falscher Trainingsgestaltung, unzureichendem Training der motorischen Fähigkeiten, ungeeigneter Ausrüstung und falschem Ehrgeiz zu Verletzungen. Auch wenn auf das Aufwärmen verzichtet wird, können Unfälle auftreten; die Aufwärmphase ist besonders wichtig, um die Durchblutung der Muskulatur zu fördern und den Kreislauf in Schwung zu bringen. Besonders im Leistungssport besteht die Gefahr, die Regenerationsphasen zu kurz zu gestalten, sodass Fehler durch Ermüdung oder Unachtsamkeit passieren.
Bei Pech hilft PECH
Eines vorweg: Ist die Verletzung sehr schwer, sollte der/die Sportler:in in Hinblick auf eine eventuell notwendige OP nichts essen oder trinken. Eine Orientierungshilfe für Erstmaßnahmen bei Sportverletzungen ist die PECH-Regel, die die essenziellen vier Akutmaßnahmen der Behandlung beschreibt: Pause, Eis, Compression, Hochlagerung (siehe dazu Kasten).
PECH-Regel
Pause
Aktivität sofort einstellen, betroffenen Körperteil ruhigstellen, weitere Belastung vermeiden
Eis
- Kühlung des betroffenen Körperteils führt zu Verengung der Blutgefäße, Blutungen und Schwellungen werden vermindert, der Stoffwechsel im Gewebe wird verlangsamt.
- Kühlung muss angenehm sein.
Achtung beim Kühlen mit Eis: Direkten Hautkontakt vermeiden, Kühlperioden durch Pausen unterbrechen, da sonst Gefahr von Erfrierungen! Besondere Vorsicht gilt auch bei Kältesprays/Vereisungssprays.
Compression
Kompressionsverband (elastische Binde) verlangsamt Ausweitung von Blutungen und Schwellungen; von Peripherie zu Körpermitte anlegen, nicht zu eng verbinden, Durchblutung kontrollieren, Verband darf nicht schmerzen.
Hochlagern
Wenn möglich über Herzhöhe, verbessert Rückfluss des Blutes und verringert Blutdruck an Verletzung.
Kasten
Die Kryotherapie hat dabei mehrere positive Effekte: Sie wirkt nicht nur schmerzlindernd und entzündungshemmend, sondern beugt auch einer stärkeren Schwellung vor. Je geringer diese bleibt, desto schneller schreitet der Heilungsprozess voran. Um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, lassen sich Kälte- und Kompressionsbehandlung mit sogenannten „Hot-Ice-Verbänden“ kombinieren. Darunter versteht man in Eiswasser getränkte elastische Binden.
Treten im Rahmen sportlicher Betätigung starke Blutungen im Bereich des Armes, des Beines oder am Kopf auf, muss ein Druckverband angelegt und schnellstmöglich ärztliche Hilfe organisiert werden. Der verletzte Körperteil muss dabei über Herzhöhe gehalten werden. Das Abbinden von Extremitäten ist obsolet.
Von Prellung bis Blase
Bei einer Prellung entsteht ein von außen nicht sichtbares Hämatom durch direkte Gewalteinwirkung. Befindet es sich zwischen Knochen und Knochenhaut, liegt eine Knochenprellung vor, im Muskelgewebe spricht man von einer Muskelprellung. Wird ein Gelenk über den normalen Bewegungsumfang hinaus bewegt – wie es bei einer Verstauchung der Fall ist –, treten Zerrungen und Fasereinrisse der betroffenen Bänder und Gelenkkapsel auf. Häufig entsteht diese Verletzung beim „Umknöcheln“, vor allem bei Sportarten mit abruptem Stehenbleiben wie Tennis. Direkte (Schlag, Tritt) und indirekte (ruckartige Bewegung, Verdrehung) Gewalteinwirkung oder Überlastungen können Rupturen in Sehnen, Muskeln und Bändern verursachen. Beispiele hierfür sind Achillessehnenruptur, Kreuzbandriss, Meniskusverletzungen oder Muskelfaserrisse. Ist die Gewalteinwirkung besonders groß, kommt es zu Knochenbrüchen.
Wenn sich die obersten Hautschichten durch andauernden Druck oder Reibung von den darunterliegenden lösen und sich der entstandene Hohlraum mit Gewebsflüssigkeit und/oder Blut füllt, bilden sich Blasen. Ein guter Sitz von Schuhen und Socken ist besonders wichtig, um diesen vorzubeugen. Auch Hautpflege vor sportlicher Betätigung hilft: Anfällige Körperstellen sollten regelmäßig mit weißer Vaseline, Melkfett oder Hautöl eingerieben werden, um sie geschmeidig zu halten. Platzt eine Blase auf, sollte die Stelle mit einer antiseptischen Lösung gespült und in der Erstversorgung abgedeckt werden. Die oberste Hautschicht darf zum Schutz vor Infektionen nicht entfernt werden.
Von Schürf- bis Quetschwunde
Schürfwunden entstehen durch raue, an der Haut entlangstreifende Gegenstände mit einhergehender Verletzung der Epidermis. Durch aufgerissene Blutkapillaren bilden sich punktförmige Blutungen. Da auch zahlreiche Nervenendungen freigelegt werden, schmerzen diese Wunden oft intensiv, bei großer Wärmeentwicklung durch Reibung können zusätzlich Verbrennungserscheinungen auftreten.
Zu Platzwunden kommt es durch starke Prellung des Gewebes meist dort, wo der Knochen direkt unter der Haut liegt, also z. B. am Schädel, Schienbein oder Knie. Sie sind oberflächlich, aber die Hautränder häufig zerfetzt, und müssen daher in der Regel genäht werden, weil die Wundränder erst durch die Ärztin/den Arzt adaptiert werden. Die primäre Wundversorgung erfolgt durch Naht, Klammern oder Polyacrylkleber, ist jedoch nur innerhalb von sechs Stunden möglich. Den Platzwunden in ihrer Entstehung ähnlich sind Quetschwunden, die mit ausgedehnten Weichteilgewebezerstörungen mit tiefen Wundtaschen unterhalb der Wundränder einhergehen. Auch sie müssen operativ versorgt werden.
Fundament für die Heilung
Wundreinigung und Desinfektion bilden die Basis aller weiteren Maßnahmen. Da eine schnelle Wundheilung nur bei sauberen Wunden möglich ist, sollten auch kleine Verletzungen stets gereinigt werden. Bei Bagatellverletzungen ist dies mit fließendem Leitungswasser in Trinkwasserqualität möglich, besser geeignet ist jedoch der Einsatz physiologischer Kochsalzlösung. Unkonservierte Reste müssen nach der Verwendung entsorgt werden. Auch fertige Wundspüllösungen oder antiseptische Wundsprays tun ihren Dienst. Oberflächliche Fremdkörper wie kleine Splitter oder Steinchen können mit einer (Splitter-)Pinzette entfernt werden.
Mittel der Wahl bei Antiseptika sind die Wirkstoffe Octenidin und Polihexanid, das die Wundheilung fördert. Beide sind farblos und erlauben daher die Wundbeobachtung, besitzen ein breites Wirkspektrum, hemmen die Wundheilung nicht, haben keine toxischen Effekte auf das Gewebe, sind gut verträglich und schmerzlos in der Anwendung und verfügen über ein geringes Allergierisiko. Sie sollten eine Minute lang einwirken. Auch Povidon-Iod ist ein gängiger Wirkstoff, allerdings wird es durch Blut und Eiter inaktiviert, weswegen es für Schnitt- und Schürfwunden ungeeignet ist. Bei Funktionsstörungen der Schilddrüse darf es ebenfalls nicht angewendet werden. Obsolet für die Wundversorgung sind aufgrund ihrer hemmenden Wirkung auf die Wundheilung Wasserstoffperoxid-Lösung, Chlorhexidin, Iodoform und Borsäure.
Die geheimnisvolle Welt der Pflaster
Welche Art der Wundversorgung angewendet werden soll, hängt von der Art der Wunde ab. Man unterscheidet die trockene/traditionelle Wundversorgung mit Wundauflagen, die Wundsekret und Blut aufsaugen, von der feuchten Wundversorgung. Primär heilende Wunden (siehe Abbildung) können grundsätzlich durch trockene Wundversorgung behandelt werden, allerdings bildet sich unter einer solchen Wundauflage Schorf, in dem die Enzyme und Zellen des Immunsystems wirkungslos sind. Da durch diese mechanische Barriere auch die Einwanderung neu gebildeter Zellen gehemmt wird, verzögert sich der Heilungsprozess. Ein weiterer Nachteil ist das potenzielle Verkleben mit der Wundauflage, wodurch die Wunde beim Verbandwechsel aufreißt. Für die Erstversorgung und für nicht infizierte primär heilende Verletzungen wie Schnittwunden ist die trockene Wundversorgung jedoch gut geeignet.
Von Pflastern – korrekterweise eigentlich „Wundschnellverband“ – zu unterscheiden sind Kompressen, die aus Verbandmull oder Vliesstoff bestehen und über keine eigene Klebefläche verfügen, weswegen sie fixiert werden müssen. Zu diesem Zweck stehen klebende und nicht klebende Fixierbinden zur Verfügung. Zur Erstversorgung von Sportverletzungen sind Verbandpäckchen praktisch, da die Wundauflage bereits mit einer Mullbunde versehen ist.
Schnittwunden können mit Wundverschlussstreifen („Klammerpflastern“) versorgt werden. Wichtig ist die Anwendung auf der trockenen Haut, da die Streifen sonst nicht kleben. Sie werden im rechten Winkel zur Wunde aufgeklebt. Um ein Auseinanderklaffen zu verhindern, müssen sie so angebracht werden, dass sie die Wundränder zusammenziehen; das erreicht man, indem man die Wunde zusammendrückt, bevor das Klammerpflaster appliziert wird.
Wunderwuzzi feuchte Wundversorgung
Hydroaktive Wundauflagen haben den großen Vorteil, dass sie ein feuchtes Wundklima schaffen, das der Wundheilung förderlich ist. Sie verkleben darüber hinaus nicht mit der Wunde, weswegen neu gebildetes Gewebe beim Verbandwechsel nicht zerstört wird. Diese Eigenschaft prädestiniert sie für die Anwendung bei Schürfwunden.
Sie bestehen u. a. aus Alginaten, Hydrogelen, Hydrokolloiden, Polyurethan-Schäumen/-Gelen und Polyacrylat und bilden Gele, welche die Wundflüssigkeit bis zu einem gewissen Grad absorbieren können. Da sie wasserabweisend und atmungsaktiv sind, können sie beim Duschen und Baden verwendet und mehrere Tage auf der Wunde belassen werden. Für infizierte Wunden sind sie nicht geeignet.
Da Hydrokolloide Flüssigkeit spenden oder absorbieren können, eignen sie sich sowohl für trockene als auch für nässende Wunden. Sie haben im Gegensatz zu Hydrogel-Wundauflagen keinen Kleberand, sondern kleben flächig und bilden bei Kontakt mit dem Wundsekret ein gelbes Gel, das auf den ersten Blick nach Eiter aussieht und wenig appetitlich riecht. Kundinnen und Kunden sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass es sich dabei um einen normalen Vorgang und nicht um ein Entzündungszeichen handelt. Hydrokolloide sind vor allem als Blasenpflaster bekannt; sie können mehrere Tage auf der Wunde verbleiben, bis sie sich von selbst ablösen, was bei Blasen durchaus angenehm ist.
Im Unterschied dazu enthalten Hydrogele viel Wasser, was sie zu guten Feuchtigkeitsspendern macht, aber verhindert, dass sie Wundflüssigkeit absorbieren. Sie sind meist auf einer dünnen Klebefolie aufgebracht.
Sprühpflaster sind nur für kleine, oberflächliche Schnitt- und Schürfwunden geeignet, die nicht mehr bluten oder nässen. Sie überziehen die Wunde mit einem atmungsaktiven, wasserfesten Polymerfilm, der sich von selbst auflöst und bei häufig bewegten Stellen hilfreich ist.
Schwellungen, Stauchungen, Schmerzen
Die Schmerzen stumpfer Verletzungen wie Prellung, Stauchung oder Zerrung können grundsätzlich mit Analgetika wie Paracetamol oder NSAR unter Berücksichtigung der Kontraindikationen oder allenfalls vorhandenen Wechselwirkungen selbst behandelt werden.
Empfehlenswert ist die lokale Behandlung, beispielsweise mit kühlend wirkenden Gelen. Aber Vorsicht: Bei großflächiger und längerer Anwendung als zwei Wochen können systemische Nebenwirkungen auftreten. Darüber hinaus stehen auch einige Phytopharmaka zur Verfügung: Zubereitungen mit Arnikablüten oder Beinwell helfen äußerlich bei Zerrungen, Prellungen und Verstauchungen. Zu Hause kann mit Arnika-haltigen Topfenwickeln oder essigsaurer Tonerde gekühlt werden.
Bestehen die Schmerzen jedoch noch nach mehr als 72 Stunden, sollte auch bei scheinbar leichten Verletzungen ärztlicher Rat eingeholt werden.
Quellen
• Homepage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit: Top 10 Sportunfälle in Österreich (2019); online abgerufen im Februar 2023 unter unfallstatistik.kfv.at
• Vasel-Biergans A. Wundauflagen für die Kitteltasche, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2017
• Fernandez R et al, Water for Wound cleansing, Cochrane Database Syst Rev 2012, doi:10.1002/14651858.CD003861.pub3
• Homepage Engelhardt Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie; Springer Verlag Heidelberg; online abgerufen im Februar 2023 unter https://www.springer.com/de/medizin
• Kujath P et al., Wunden – von der Physiologie zum Verband., Dtsch Ärztebl 2008;105(13):239-248, doi: 10.3238/arztebl.2008.0239
Weitere Literatur auf Anfrage