Von Aloe bis Zinnkraut

Potente Phyto-Therapeutika

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Extrakte, Tinkturen, Öle und halbfeste Präparate aus Heilpflanzen haben in der Phytotherapie bei Problemen von Haut und Haaren eine lange Tradition. Ihr Nutzen erstreckt sich von der Behandlung dermatologischer Beschwerden bis hin zur Kosmetik, einschließlich der Pflege brüchiger Nägel und der Haargesundheit. Pflanzen wie Ackerschachtelhalm, Klettenwurzel und Aloe vera, lange Zeit hauptsächlich in der traditionellen Volksheilkunde verwendet, gewinnen durch neuere Studien wissenschaftliche Anerkennung, was die langjährigen Anwendungserfahrungen untermauert und neue Einblicke in ihre möglichen therapeutischen Vorteile und Anwendungen bietet.

Klette: Nicht nur bei seborrhoischer Dermatitis

Die Klette, insbesondere das Klettenwurzelöl, wird aufgrund seiner positiven Wirkung auf trockene, schuppige Kopfhaut und seborrhoische Hautverhältnisse seit Langem in der traditionellen Medizin geschätzt. Insbesondere für die äußere Anwendung bei seborrhoischer Dermatitis ist ihre Verwendung nicht nur historisch, sondern auch wissenschaftlich begründet.

Arctigenin und sein Glykosid Arctiin sind die zwei Hauptwirkstoffe, die aufgrund ihrer vielversprechenden therapeutischen Effekte in den letzten Jahrzehnten verstärkt Aufmerksamkeit von Forscher:innen erregt haben. Arctiin zeichnet sich durch starke entzündungshemmende Aktivitäten aus, indem es die induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase durch die Modulation verschiedener Zytokine hemmt. Dadurch könnte es möglicherweise in Zukunft als Therapeutikum für akute sowie chronische Erkrankungen einschließlich atopischer Dermatitis eingesetzt werden.

Es sind mehrere spezifische Studien verfügbar, die sich mit der seit Jahrhunderten gebrauchten Anwendung – meist in Form des Klettenwurzelöls – bei Haar- und Kopfhautproblemen beschäftigten. So gibt es Hinweise darauf, dass reaktive Sauerstoffspezies ein wesentlicher Auslöser für die Alterung von Haarpapillenzellen und  den damit verbundenen Haarausfall sind. Arctiin zeigt auch in diesem Kontext entzündungshemmende Wirkungen und übt antioxidative Effekte auf menschliche Haarwurzelzellen aus. In einer Studie wurde festgestellt, dass eine Vorbehandlung mit Arctiin die durch Wasserstoffperoxid verursachte Zellschädigung, den Zelltod und die ROS-Produktion signifikant reduziert sowie die Zellseneszenz vermindert. Die Ergebnisse legen nahe, dass Arctiin einen schützenden Effekt auf induzierte Zellschäden hat und daher möglicherweise tatsächlich bei der Prävention und Behandlung von Haarausfall nützlich sein könnte.

Haarausfall © shutterstock
Reaktive Sauerstoffspezies könnten mitverantwortlich für die Alterung von Haarpapillenzellen und damit verbundenen Haarausfall sein. Der Kletten-Inhaltsstoff Arctiin zeigt hier spannende Effekte. © shutterstock

Ackerschachtelhalm: Natürliche Kieselsäurequelle

Dem Ackerschachtelhalm-Dekokt wird in der Erfahrungsheilkunde schon länger eine stärkende Wirkung auf Bindegewebe, Nägel und Venen zugesprochen. In den letzten Jahrzehnten sieht man vor allem im hohen Gehalt an wasserlöslichen Kieselsäuren einen zentralen Wirkmechanismus. Mittlerweile gibt es hierzu auch erste Ergebnisse, die dies plausibel erscheinen lassen. So untersuchte etwa eine Studie aus dem Jahr 2022 die Aufnahme von Silizium aus Ackerschachtelhalmkrauttee. Dabei wurde festgestellt, dass die Siliziumkonzentrationen im Serum nach dem Konsum des Tees signifikant anstiegen, ohne dass es zu einer Anreicherung kam, und die Ausscheidung von Silizium im Urin nach dem Konsum der höher dosierten Teevariante größer war als nach der niedriger dosierten.

In einer Studie von Sparavigna et al. (2006) wurde eine auf Ackerschachtelhalm basierende Formulierung getestet, die signifikante Verbesserungen bei Nagelveränderungen bewirkte: 36 Frauen erlebten nach 28-tägiger Anwendung eine erhebliche Abnahme von Längsrillen und eine Reduktion des lamellaren Splittens um 85 %. In einer weiteren Studie mit 22 Frauen führte die 14-tägige Anwendung des Produkts jeden zweiten Tag in 82 % der Fälle des Nagelsplittens zu einer signifikanten Verringerung.

Ackerschachtelhalm © shutterstock
Formulierungen mit Ackerschachtelhalm konnten Nagelsplitten nachweislich reduzieren. © shutterstock

Aloe vera: Regenerierend und feuchtigkeitsspendend

Das Aloe-Vera-Gel wird aus der spezifischen Unterart von Aloe vera (Syn. A. barbadensis) var. littoralis gewonnen, die sich durch einen geringen Anthranoid-Gehalt auszeichnet. Das „Gel“ entsteht durch das Eindicken des Pflanzensafts um das 10- bis 40-Fache. 

Die Verwendung von Aloe vera als Schönheits- und Heilmittel reicht historisch bis weit in die Antike zurück, wo es beispielsweise in Ägypten bereits von Cleopatra und Nofretete kosmetisch genutzt worden sein soll. Seine medizinische Anwendung ist ebenfalls seit dieser Zeit dokumentiert.

Aloe vera wird seit jeher zur Linderung von Hautverletzungen wie Verbrennungen, Schnittwunden, Insektenstichen und Ekzemen eingesetzt, was auf seine antiinflammatorischen, antimikrobiellen und wundheilenden Eigenschaften zurückzuführen ist. Insbesondere der Inhaltsstoff Acemannan, ein D-Isomer-Mukopolysaccharid in den Blättern der Aloe vera, weist immunstimulierende, antivirale und antineoplastische Eigenschaften auf.
Diverse klinische Studien belegen die effektive Förderung der Wundheilung durch Aloe vera. Eine solche Untersuchung fokussierte auf die Prävention von Druckgeschwüren bei Patient:innen in orthopädischen Abteilungen. In dieser randomisierten, dreifach verblindeten Studie mit 80 Teilnehmer:innen zeigte sich, dass die zusätzliche Anwendung von Aloe-Vera-Gel zweimal täglich auf Hüften, Sakrum und Fersen neben der Standardpflege signifikant zur Vorbeugung von Druckgeschwüren beitrug, indem sie Rötungen, Schwellungen und Schmerzen reduzierte.

Aloe-Vera-Gel © iStock
Das Aloe-Vera-Gel entsteht durch das Eindicken des Pflanzensaftes um das 10- bis 40-Fache. © iStock

Auch in der Veterinärmedizin findet Aloe vera Anwendung. In einer kleinen Studie wurde beispielsweise die Wirksamkeit von Aloe in Form von Saft und Gel auf Hautwunden von Hunden und Katzen (n = 16) im Vergleich zu Silbersulfadiazin-Creme untersucht. Dabei zeigte sich, dass Aloe vera bezüglich Wundkontraktion, Heilungsdauer und Narbenbildung effektiver als Silbersulfadiazin war, ohne signifikante Unterschiede zwischen Saft und Gel.

Teebaumöl: Eine Option bei Onychomykose

Teebaumöl, destilliert aus den Blättern des Melaleuca alternifolia, ist reich an Monoterpenen wie Terpinen-4-ol, γ-Terpinen, α-Terpinen und 1,8-Cineol, die seine antimikrobiellen, antifungalen und entzündungshemmenden Eigenschaften begründen und es für die Behandlung von Hauterkrankungen wie Akne und Pilzerkrankungen relevant machen. In vergangenen klinischen Studien, darunter eine vor 30 Jahren durchgeführte doppelblinde, multizentrische, randomisierte Kontrollstudie, erwies sich reines Teebaumöl bei der Behandlung von Nagelpilz als ebenso effektiv wie 1%ige Clotrimazol-Lösung, wobei nach sechs Monaten ähnliche Heilungsraten und eine vergleichbare klinische Besserung erzielt wurden.

In einer weiteren einfach verblindeten, randomisierten klinischen Studie mit 124 Patient:innen wurde die Wirksamkeit und Hautverträglichkeit eines 5%igen Teebaumöl-Gels bei der Behandlung von leichter bis mittelschwerer Akne im Vergleich zu einer 5%igen Benzoylperoxid-Lotion untersucht. Die Studienergebnisse zeigten, dass sowohl 5 % Teebaumöl als auch 5 % Benzoylperoxid eine signifikante Wirkung bei der Verbesserung der Akne der Patient:innen hatten, indem es die Anzahl entzündeter und nicht-entzündeter Läsionen reduzierte, obwohl der Wirkungseintritt bei Teebaumöl langsamer war. Patient:innen, die mit Teebaumöl behandelt wurden, erlebten dabei weniger Nebenwirkungen.

Da Teebaumöl in reiner Form hautreizend sein kann, wird es heutzutage eher verdünnt angewandt. Da die reizende Wirkung mit zunehmender Oxidation ansteigt, sollte das ätherische Öl immer rasch verbraucht werden.

Teebaumöl © iStock
Reines Teebaumöl erwies sich in Studien bei der Behandlung von Nagelpilz als ebenso effektiv wie 1%ige Clotrimazol-Lösung. © iStock

Edelweißextrakte: Wirksam bei Haarausfall?

Eine kürzlich publizierte Studie bringt Edelweiß (Leontopodium alpinum var. helvetia) als eine mögliche zukünftige Strategie bei Haarausfall in den Fokus. Ein Edelweißextrakt stimulierte dabei ex vivo das Wachstum von Haarfollikeln und reduzierte in vivo Haarausfall, während er die Haarneubildung förderte. Die Studie umfasste eine sechstägige Kultivierung menschlicher Haarfollikel, die mit 0,001 % Edelweiß-Extrakt behandelt wurden, sowie auch eine halbjährige placebokontrollierte Humanstudie. In letzterer bewirkte die tägliche Anwendung des Extrakts eine Zunahme der Haardichte und eine verlängerte Wachstumsphase der Haare. Die Resultate lassen darauf schließen, dass der Edelweiß-Extrakt potenziell als Mittel gegen Haarausfall eingesetzt werden könnte, indem er die Aktivität der Haarwurzelzellen steigert und dadurch sowohl der altersbedingten Haarausdünnung entgegenwirkt als auch als adjuvante Behandlung bei Haarausfallserkrankungen dienen könnte.

Quellen

  • Sohn E. et al.: Anti-allergic and anti-inflammatory effects of butanol extract from Arctium Lappa L. Clin Mol Allergy. 2011; 9(1):4.
  • Bae S. et al.: Arctiin blocks hydrogen peroxide-induced senescence and cell death 
    though microRNA expression changes in human dermal papilla cells. Biol Res. 2014; 47(1):50.
  • Waterstradt et al.: Silicon Resorption from Equisetum arvense Tea - A Randomized, Three-Armed Pilot Study. Planta Med. 2022; 88(14):1360-1368.
  • Sparavigna A. et al.: Equisetum arvense in a new transungual technology improves nail 
    structure and appearance. Journal of Plastic Dermatology 2006; 2(1):31-38
  • Hekmatpou D. et al.: The effect of Aloe Vera gel on prevention of pressure ulcers in patients hospitalized in the orthopedic wards: a randomized triple-blind clinical trial. BMC Complement Altern Med. 2018; 18(1):264.

Weitere Literatur auf Anfrage

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