Orthomolekularmedizin

Schmerz lass nach!

Mag. Larissa Grünwald
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Bei rheumatischen und degenerativen Erkrankungen hat sich eine Kombination aus Vitamin C und E bewährt. © Shutterstock
Bei rheumatischen und degenerativen Erkrankungen hat sich eine Kombination aus Vitamin C und E bewährt. © Shutterstock

Zu den häufigsten Auslösern von Schmerzen zählen Verspannungen, Arthrose, rheumatische Entzündungen, Osteoporose, aber auch kardiovaskuläre Erkrankungen, Tumorerkrankungen, Fibromyalgie, Multiple Sklerose, Neuralgien und periphere arterielle Verschlusskrankheit. Bei der Behandlung, egal ob akut oder chronisch, steht die Schmerzlinderung stets im Vordergrund. Mikronährstoffe können therapeutische Maßnahmen optimal unterstützen: Sie fördern die Heilung gereizter oder geschädigter Nervenzellen, verringern ihre Empfindlichkeit gegenüber Schmerzreizen oder hemmen die Bildung von Schmerzbotenstoffen. 

Ganzheitlich betrachtet

Im Rahmen eines ganzheitlichen Therapiekonzepts stehen den Betroffenen Physiotherapie und physikalische Maßnahmen wie Wärme, Kälte, elektrische Reize sowie Akupunktur oder Verhaltenstherapien zur Verfügung. Auch eine Modifizierung der Ernährungs­gewohnheiten kann bei Schmerz­patienten von großem Vorteil sein. So hat sich in Untersuchungen das Fasten als eine der profitabelsten Kuranwen­dungen in Sachen Schmerzlinderung gezeigt. Dieser Effekt konnte sogar noch Wochen nach der Kur nachgewiesen werden. Eine plausible Erklärung ist der prompte Entzug an Arachidonsäure aus tierischen Fetten, in der Folge sinken Entzündungsaktivität sowie Schmerzbelastung. Je weniger Arachidonsäure dem Organismus zur Verfügung steht, desto geringer die Produktion von Entzündungsmediatoren. 

Erste Wahl B-Vitamine

Insbesondere die Vitamine B1, B6 und B12 wirken schmerzstillend und unterstützen die Regeneration gereizter bzw. verletzter Nervenfasern. Vor allem bei chronischen Schmerzen und drohender Überempfindlichkeit der Nervenzellen sind B-Vitamine eine sinnvolle Ergänzung. Im Idealfall sollten alle acht B-Vitamine als Kombination zum Einsatz kommen, die mit einer zusätz­lichen Gabe an Vitamin B1, B6 und B12 ergänzt werden. In Studien wer­den ­beispielsweise zur Behandlung von Rückenschmerzen pro Tag jeweils Vitamin B1, B6 und B12 höher dosiert, um eine medikamentöse Schmerztherapie wirksam zu unterstützen.

Empfohlene Dosierung: 
B-Komplex 100–300 mg/Tag 
Vitamin B1 50–100 mg/Tag
Vitamin B6 25–50 mg/Tag
Vitamin B12 250–1000 µg/Tag

B-Vitamine Im Detail

Vitamin B1 konnte in Studien v. a. bei der Behandlung alkoholischer und ­diabetischer Neuropathien punkten, wobei sich insbesondere die fettlösliche Form Benfotiamin als gut resorbierbar erwies. Benfotiamin agiert als Prodrug des Vitamin B1 und wird endogen in das aktive Thiaminpyrophosphat (TPP) metabolisiert. Vitamin B2 zeigte in mehreren Studien insbesondere mit Coenzym Q10 in der Prävention der Migräne gute Erfolge. Man vermutet, dass eine hoch dosierte Riboflavin­supplementierung den mitochondrialen Energiestoffwechsel verbessert. 

Vitamin B6 hat sich v. a. für die Schmerzbehandlung beim Karpaltunnelsyndrom und beim prämenstruellen Syndrom bewährt. Die erzielte Schmerzlinderung und Stimmungsverbesserung ist durch die Rolle von Vitamin B6 bei der Serotoninsynthese erklärbar. Zusätzlich gilt B6 als limitierender Faktor bei der Synthese von Sphingosin, einem wichtigen Baustein der Myelinscheide der Nervenzellen. Vitamin B12 ist v. a. bei Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und beim Ischiasschmerz eine gute Wahl. So ist Cobalamin bei der Regeneration der Nervenzellen und beim Aufbau der Myelinscheide essenziell. Fehlt Vitamin B12, kann es beispielsweise zu Kribbeln, Taubheit, Brennen der Füße, Gangunsicherheiten, gestörtem Temperaturempfinden, gestörten Reflexen und Vibrationsempfinden in den Beinen sowie zu Muskelschwäche kommen.

Empfohlene Dosierung: 
Benfotiamin 300–600 mg/Tag 
Vitamin B2 100–200 mg/Tag

Vitamin E bei rheumatischen Schmerzen

Das fettlösliche Antioxidans Vitamin E wirkt schmerzstillend und entzündungshemmend, indem es die Cyclo­oxygenase und Lipoxygenase in ihrer Funktion hemmt. Beide Enzyme sind in der Produktion entzündungsfördernder Gewebshormone involviert. Eine Therapie mit Vitamin E hat sich vor allem bei entzündlichen und degenerativen Gelenkbeschwerden und rheumatischen Erkrankungen bewährt. Empfehlenswert ist eine Kombination mit dem wasserlöslichen Vitamin C, um den antioxidativen Effekt besser zu nutzen. 

Empfohlene Dosierung:  
Vitamin E 100–200 mg/Tag 
Vitamin C 500–1.000 mg/Tag

Vitamin C in Kombination

Das wasserlösliche Vitamin C ist u. a. bei Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, der Knochen, Gelenke und der Zähne hilfreich. In zahlreichen Studien bei von Arthrose Betroffenen mit Hüft- und Knieschmerzen wurden Dosie­rungen zwischen 1.000 und 5.000 mg Vitamin C täglich untersucht. Die Anwendung von Calciumascorbat verminderte die Schmerzen signifikant und
ist in Kombination mit Vitamin E und B-Vitaminen eine sinnvolle Ergänzung. 

Selen bei Entzündungen

Als antioxidatives Spurenelement ist Selen v. a. bei Schmerzzuständen nützlich, die auf einer erhöhten Entzündungsaktivität beruhen. Generell sollten Schmerzpatienten auf eine optimale Antioxidantienversorgung achten, um Schäden durch freie Radikale so gering wie möglich zu halten 

Empfohlene Dosierung: 
Selen 100–150 µg /Tag

Omega-3-Fettsäuren bei chronischen Schmerzen

Untersuchungen haben gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren bei zahlreichen chronischen Schmerzen wie Ischias-, Gelenk-, Muskel- sowie Regelschmerzen Erleichterung bringen. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren unterdrücken die Bildung bestimmter Schmerz- und Entzündungsmediatoren und schützen das Gewebe vor entzündungsbedingten Schäden. Zur gezielten Schmerzlinderung ist v. a. die Eicosapentaensäure (EPA) zu bevorzugen. 

Empfohlene Dosierung: 
Omega-3-Fettsäuren 1–2 g/Tag 
EPA mindestens 800 mg/Tag

Vitamin D reduziert Entzündungsmarker 

Studien zeigen, dass Vitamin D zur Linderung von Schmerzen beitragen kann. Eine mögliche Erklärung liegt in der Reduktion von CRP und IL-6. Zusätzlich wirkt es modulierend auf unser Immunsystem, das eine wichtige Rolle bei Entzündungen und den damit verbundenen Schmerzen spielt. Die Dosierung von Vitamin D richtet sich im Idealfall nach dem aktuellen Vitamin-D-Status. Es kann im Rahmen von Autoimmunerkrankungen wie ­Fibromyalgie und Morbus Bechterew unterstützend angewendet werden.

Empfohlene Dosierung: 
Vitamin D 4.000–5.000 I.E./Tag 

Magnesium entspannt Muskulatur

Orthomolekularmediziner:innen empfehlen bei Rückenschmerzen Magnesium in einer gut verträglichen Ver­bindung, z. B. als Magnesiumoxid. Magnesium sorgt für die Entspannung verkrampfter Muskeln und wird gerne bei schmerzhaften Beinkrämpfen, Menstruationsschmerzen und Verspannungen der Rückenmuskulatur eingesetzt. Auch bei Migräne und Spannungskopfschmerzen ist Magnesium eine gute Wahl. 

Empfohlene Dosierung: 
Magnesium 300–600 mg/Tag

L-Tryptophan vermindert Schmerzsensitivität

L-Tryptophan ist die Ausgangssubstanz für die Serotoninsynthese. Serotonin spielt eine zentrale Rolle für die Regulierung von Stimmung und Verhalten. Bekannt ist, dass Aggressivität und Impulsivität bei niedrigem Serotoninspiegel deutlich erhöht sind. Eine Anhebung des Serotoninspiegels im ZNS verbessert die Stimmungslage und vermindert die Schmerzsensitivität. Die Gabe von 5-Hydroxytryptophan (5-HTP) kann daher bei ver­schiedenen Schmerzzuständen hilfreich sein, wie z. B. bei Kopfschmerzen, ­Migräne, Fibromyalgie und Reizdarmsyndrom. 

Empfohlene Dosierung: 
5-HTP 100–200 mg/Tag

MSM bei Gelenksschmerzen

Die organische Schwefelverbindung Methylsulfonylmethan (MSM) kommt in der Natur in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor und dient als gut resorbierbare Schwefelverbindung. Als Nahrungsergänzungsmittel ist MSM insbesondere als Schmerzmittel und unterstützendes Mittel bei Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Osteoarthritis, (rheumatoider) Arthritis, Muskelkrämpfen, Muskelschmerzen, (Sport-)Verletzungen, RSI (Repe­titive Strain Injuries), Fibromyalgie, Tendinitis, Bursitis, Karpaltunnelsyndrom und Schmerzen im unteren Rückenbereich bekannt geworden.

In wissenschaftlichen Studien mit Arthrose-Erkrankten wurde MSM in einer Dosierung von 1.500 bis 6.000 mg pro Tag über einen Zeitraum von zwölf Wochen eingesetzt. Die Behandlung führte zu einer deutlichen Schmerzlinderung und Verbesserung der Entzündungsreaktion. 

Empfohlene Dosierung: 
MSM 1.500–3.000 mg/Tag

Endorphine als Schmerzbremse

Regelmäßiger Sport verbessert die Fähigkeit des Körpers, Endorphine zu bilden. Endorphine sind körpereigene, schmerzstillende Substanzen im Gehirn, die das Schmerzempfinden positiv beeinflussen können. Achtung: Kaffee kann bei manchen Menschen die Schmerzempfindlichkeit erhöhen, da Koffein den Endorphinen entgegenwirkt. Neben der sportlichen Betätigung werden Entspannungsübungen oder autogenes Training empfohlen. 

Da Sport die Fähigkeit des Körpers verbessert, Endorphine zu bilden, sollte er eine Schmerztherapie nach Möglichkeit ergänzen. © Shutterstock
Da Sport die Fähigkeit des Körpers verbessert, Endorphine zu bilden, sollte er eine Schmerztherapie nach Möglichkeit ergänzen. © Shutterstock

Basische Ernährung sinnvoll

Aus der Rheumatologie ist bekannt, dass das Schmerzempfinden bei Gewebe-Übersäuerung deutlich erhöht ist. Eine basische, elektrolytreiche Ernährung mit reichlich Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Kräutern, Kartoffeln und ausreichend Flüssigkeit ist aus dieser Sicht ein guter Tipp. Die ergänzende Zufuhr einer hochwertigen Basenmischung mit Magnesium, Kalium, Calcium und Natrium kann zusätzlich helfen, die Schmerzen zu reduzieren.

Quellen

• Zollinger PE et al.: Can vitamin C prevent complex regional pain syndrome in patients with wrist fractures? A randomized, controlled, multicenter dose-response study; J Bone Joint Surg Am. 2007Jul; 89(7): 1424-31
• Turner MK et al.: Prevalence and clinical correlates of vitamin D inadequacy among patients with chronic pain; Pain Med. 2008 Nov(9)8:979-984
• Sendur OF et al.: The relationship between serum trace element levels and clinical parameters in patients with fibromyalgia; Rheumatol Int. 2008;28:1117-1121
• Lysakowski C et al.: Magnesium as an adjuvant to postoperative analgesia: a systematic review of randomised trials; Anesth Analg. 2007 Jun; 104(6): 1532-1539
• Soares AA et al.: A double-blind, randomized, and placebo-controlled clinical trial with omega-3 polyunsaturated fatty acids (OPFA ɷ-3) for the prevention of migraine in chronic migraine patients using amitriptyline, Nutr Neurosci.2018 Apr;21(3):219-223

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