Von Kopf bis Fuß

Dermatomykosen und ihre Therapien

MAG. PHARM.

Robin

Wallner

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Dermatomykosen © shutterstock
Fußpilz und andere Dermatomykosen sind weit verbreitet. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrem klinischen Erscheinungsbild, sondern auch in den Behandlungsansätzen. © shutterstock

Dermatomykosen umfassen Pilzinfektionen der Haut, Schleimhäute, Haare und Nägel. Dabei dient den Pilzen das querverzweigte Strukturprotein Keratin, welches durch enzymatischen Abbau aufgespalten wird, als Nahrungsquelle. Humanpathogene Pilze werden grob nach dem DHS-Schema in Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze eingeteilt.

Klassifikation von humanpathogenen Pilzen © beigestellt
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Die wichtigsten humanpathogenen Dermatophyten (Fadenpilze) stammen aus den Gattungen Trichophyton, Microsporum, und Epidermophyton.

Pilze bilden Sporen, die über direkten Kontakt oder über die Luft bei Menschen und Tieren zu Infektionen führen können. Je nach Infektionskette können Erreger anthropophil (von Mensch zu Mensch), zoophil (von Tier zu Mensch) oder geophil (durch Kontakt mit dem Erdboden) übertragen werden. Auch durch eine Vermehrung und Invasion von kommensalen Pilzen der Haut wie z. B. den Hefepilzen Candida albicans oder Malassezia furfur können Dermatomykosen ausgelöst werden.

Einteilung der Dermatomykosen

Dermatomykosen werden zumeist nach ihrem Lokalisationsort eingeteilt.

Einteilung nach Lokalisation © beigestellt
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Tinea capitis

Eine Tinea capitis oder „Ringelflechte der Kopfhaut“ kommt häufig bei Kindern und Jugendlichen vor und bezeichnet den Pilzbefall der behaarten Kopfhaut. Durch die Erkrankung bilden sich runde Flecken mit Schuppen. In weiterer Folge können unterschiedliche Symptome auftreten, angefangen von Haarausfall sogar bis hin zu eitrigen Abszessen mit tiefen Infektionen der Haarwurzel. In Mitteleuropa kommt es hauptsächlich durch Infektionen mit zoophilen Erregern der Art Microsporum canis (von Katzen, Hunden, Pferden oder Kaninchen) oder mit dem anthropophilen Erreger Trichophyton tonsurans zu einer Tinea capitis.

Laut der S1-Leitlinie zu Tinea capitis aus dem Jahre 2019 sollte immer systemisch und adjuvant topisch behandelt werden. Terbinafin und Itraconazol stehen hier als Wirkstoffe der ersten Wahl bereit.

Tinea pedis

Tinea pedis wird auch als Fußpilz bezeichnet und beginnt v. a. im Zehenzwischenraum. Es bilden sich trockene, schuppende Läsionen, die sich bis zum Fußrücken und auf die Zehennägel ausbreiten können. Begünstigt werden Infektionen durch übermäßiges Schwitzen, ungeeignete Fußbekleidung und mangelndes Abtrocknen der Füße. In Saunen und Schwimmbädern kommt es häufig zu einer Infektion mit anthropophilen Erregern wie Trichophyton interdigitale, Trichophyton rubrum und Epidermophyton floccosum.

Tinea cruris oder Tinea inguinale

Tinea cruris bezeichnet eine häufig durch T. rubrum ausgelöste Dermatomykose im Leistenbereich, Oberschenkel oder Scrotum. Risikofaktoren wie enge Kleidung, feuchte Umgebung und Adipositas begünstigen diese juckenden, ringförmigen Läsionen.

Tinea unguium

Tinea unguium oder Onychomykose bezeichnet Pilzinfektionen der Finger- oder Zehennägel. Meist ausgelöst durch Dermatophyten der Arten T. rubrum oder T. interdigitale, seltener durch Spross- und Schimmelpilze, kommt es bei dieser Infektion zum Befall der Nägel, in weiterer Folge zur Verdickung der Nagelplatte und meist zur gelblichen Verfärbung des Nagels. Risikogruppen sind Diabetiker:innen, Psoriatiker:innen und immunsupprimierte Personen. Die Therapie richtet sich hierbei nach dem Schweregrad und der Anzahl an befallenen Nägeln. Laut der AWMF-Leitlinie aus dem Jahre 2022 wird bei leichter, nicht stark ausgeprägter Infektion, also wenn max. 40 % der Nageloberfläche und/oder max. 3 von 10 Zehennägeln betroffen sind, topisch behandelt (z. B. mit antimykotischen Nagellacken). Bei mittelschwerer bis schwerer Infektion sollte – sofern keine Kontraindikationen bestehen – stets sowohl systemisch als auch topisch behandelt werden. Für die systemische Therapie stehen dabei als Mittel der Wahl Terbinafin, Fluconazol oder Itraconazol zur Verfügung.

Tinea corporis

Tinea corporis oder „Körperringelflechte“ tritt an Armen, Beinen oder am Oberkörper auf und ist eine Dermatomykose, die sich in Form eines rundlich wachsenden und schuppenden Erythems ausprägt. In der Anfangsphase bildet sich auf der behaarten Haut infolge des Eindringens des Pilzes in den Haarbalg primär eine Follikulitis aus. Eine Ausbreitung im Stratum corneum führt zu weiterem Follikelbefall. Man unterscheidet zwischen der milden Form „Tinea corporis superfacialis“, bei der sich eine Infektion meist auf die oberen Abschnitte des Haarfollikels beschränkt, und der „Tinea corporis/faciei profunda“, einer schwerwiegenderen Infektion, bei der es zu regionaler Lymphkontenschwellung mit weiteren Symptomen wie Fieber und Abgeschlagenheit kommen kann. Während bei Kindern wieder häufig zoophile Dermatophyten für eine Infektion verantwortlich sind, sind es bei Erwachsenen meist die anthropophilen Dermatophyten T. rubrum und T. interdigitale.

Tinea-capitis © beigestellt
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Tinea unguium © beigestellt
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Candidosen

Der wichtigste Erreger bei Candidosen ist nach wie vor der Hefepilz C. albicans, der auf Haut und Schleimhaut von Menschen als residenter Bewohner vorkommt. Candidosen sind besonders gefährlich bei Personen, die HIV-positiv oder immunsupprimiert sind oder bestimmte antineoplastische Therapien erhalten. Auch Diabetes mellitus und eine längere antibakterielle Therapie stellen Risikofaktoren dar. Durch eine Störung der spezifischen zellulären Immunität kann es zur Ausbreitung der Pilzinfektion kommen. Auch Veränderungen der Haut- und Schleimhautflora können das Wachstum von C. albicans begünstigen. Invasive Candidosen können als Komplikation bei bereits bestehender Kolonisation von Haut und Schleimhaut entstehen. Als Eintrittspforte dienen Oropharynx oder Gastrointestinaltrakt.

Medikamentöse Therapieoptionen

Für die lokale Therapie von Dermatomykosen steht uns in Österreich eine breite Palette an Darreichungsformen zur Verfügung: Cremen, wirkstoffhaltige Shampoos, Nagellacke, Lösungen, Sprays, orale Gele und Suspensionen. Ein wichtiger Angriffspunkt von Antimykotika ist Ergosterol in der Zellmembran von Pilzen. Weitere Targets sind die Zellwand sowie die DNA-Synthese.

Azole

Durch die Hemmung der 14-α-Demethylase (CYP 51), ein zentrales Enzym in der Ergosterolbiosynthese der Pilzzellmembran, kommt es zur Störung der Permeabilität und die Zellmembran wird undicht. Dies führt in weiterer Folge zum Tod der Pilzzelle. In Österreich gibt es Cremen mit den Wirkstoffen Clotrimazol, Bifonazol, Isoconazol, Econazol, Miconazol, Flutrimazol und Fenticonazol. Auch Kombinationspräparate mit topischen Glucocorticoiden bei stark entzündeten und ekzematösen Dermatomykosen sind erhältlich. Bei der Therapie sollte darauf geachtet werden, dass nach Abklingen der entzündlichen Erkrankung, jedoch spätestens nach zwei Wochen, eine Weiterbehandlung bzw. Nachbehandlung ohne Glucocorticoide erfolgen sollte. Alle Cremen weisen eine sehr gute Penetration durch die oberen Hautschichten der Epidermis auf und entfalten primär eine fungistatische und in weiterer Folge oft fungizide Wirkung gegen Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze. Die zentrale Bioverfügbarkeit ist bei allen Wirkstoffen sehr gering. Die Anwendung sollte je nach Erkrankung lange genug erfolgen. In den meisten Fällen bedeutet das sogar mehrere Wochen, um mögliche Rezidive auszuschließen.

Bei den Azolen zeigt sich zusätzlich zur antimykotischen eine antibakterielle Wirkung, die vorwiegend auf grampositive Mikroorganismen wie Streptokokken, Staphylokokken und Gardnerella vaginalis beschränkt ist. Dadurch wurde auch das Indikationsgebiet, beispielsweise von Clotrimazol-haltigen Cremen erweitert. Diese können auch bei Erythrasma eingesetzt werden, einer Hautinfektion, die durch Corynebacterium minutissimum ausgelöst wird. Bei dieser Erkrankung kommt es zu Rötungen und Schuppenbildung im Zehenzwischenraum oder auch im Leistenbereich.

Polyene

Polyene sind chemisch gesehen makrocyclische Lactone mit einem hydrophilen und lipophilen Teil. Der lipophile Teil aus ungesättigten Doppelbindungen passiert die Lipiddoppelschicht der Zellmembran und bildet dort Poren, wodurch die Integrität der Zellmembran gestört wird und die Pilzzelle abstirbt.

Nystatin ist in Österreich als Vertreter der Polyene in unterschiedlichen Darreichungsformen, von Cremen über Tabletten bis hin zu Suspensionen zum Einnehmen zugelassen. Für die systemische Verwendung ist Nystatin zu toxisch, weswegen es nur „lokal“ angewendet wird. Da Nystatin jedoch kaum aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert wird, kann es auch oral eingenommen werden (bei Pilzinfektionen im Mund bzw. im Gastrointestinaltrakt). Es erzielt dabei eine rein lokale Wirkung und wird unverändert mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Die Anwendung von Nystatin ist laut zugelassenem Indikationsgebiet als Antimykotikum auf Candida-Infektionen beschränkt, da Hefepilze besonders empfindlich auf diesen Wirkstoff reagieren.

Allylamine

Allylamine hemmen das Enzym Squalen-Epoxidase, das einen weiteren wichtigen Schritt in der Ergosterolbiosynthese katalysiert. Dadurch resultiert ein dualer Effekt: zuerst die Hemmung des Wachstums der Pilzzelle und in weiterer Folge die fungizide Wirkung. Wie bei den Azolen nimmt durch die Wirkung der Allylamine der Gehalt an Ergosterol in der Zellwand der Pilze ab und macht die Pilzzellwand instabil und durchlässig. Des Weiteren akkumuliert Squalen als Vorstufe von Ergosterol in der Pilzzelle und fungiert in erhöhter Konzentration als Toxin.

Allylamine haben ein deutlich eingeschränkteres Wirkspektrum gegen Pilze und werden nur gegen Dermatophyten eingesetzt. In Österreich gibt es Naftifin als Vertreter in topischen Formulierungen wie Lösungen zum Auftragen oder Cremen und Terbinafin als Vertreter, sowohl in topischen Darreichungsformen als auch in oralen Formulierungen zur systemischen Anwendung.

Weitere Wirkstoffe

Amorolfin und Ciclopirox stehen in Österreich jeweils in Form von wirkstoffhaltigen Nagellacken zur Verfügung. Beide Arzneistoffe penetrieren sehr gut durch den Nagel und wirken fungizid. Während Amorolfin wieder in die Ergosterolbiosynthese von Pilzen eingreift, interferiert Ciclopirox vermutlich als Chelatbildner mit Metallkationen, die als Zentralatom für verschiedene Metallionen-abhängige Enzyme in der Pilzzelle fungieren. Beide Wirkstoffe werden vorrangig bei Onychomykosen eingesetzt.

Quellen

Weitere Literatur auf Anfrage

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