
Etwa 3–12 % der europäischen Bevölkerung leiden an einer Onychomykose. Diese Prävalenz variiert je nach Altersgruppe, Geschlecht und geografischer Region. Mit höherem Alter nimmt die Prävalenz zu und ist mit über 65 Jahren am höchsten, da sich altersbedingt das Nagelwachstum verlangsamt und eine schlechtere Durchblutung der Extremitäten vorherrscht. Männer erkranken häufiger als Frauen und Kinder; und Zehennägel sind häufiger als Fingernägel betroffen, was auf Traumata durch zu enges Schuhwerk, vaskuläre Grunderkrankungen sowie das langsamere Wachstum der Zehennägel zurückzuführen ist.
Charakteristische Merkmale
Optische Veränderungen an den Nägeln, die Anzeichen für eine Pilzinfektion sein können:
- Verfärbung: Weißliche, gelbliche oder bräunliche Verfärbung des Nagels (Yellow Nail Syndrome)
- Verdickung: Verdickung des Nagels, oft mit bröckeliger Struktur
- Onycholyse: Ablösung des Nagels, meist beginnend an den Rändern
- Nagelzerstörung: Fortschreitende Zerstörung der Nagelplatte, die brüchig und spröde wird
Bei der Onychomykose handelt es sich um eine Infektion der Nägel durch pathogene Pilze, vor allem Dermatophyten. Der häufigste Erreger ist mit 65 % der Fadenpilz Trichophyton rubrum. Hefepilze machen 21 % und Schimmelpilze 14 % der Onychomykosen aus.1 Diese Mikroorganismen ernähren sich von Keratin, dem Hauptbestandteil der Nägel, und führen zur Zerstörung der Nagelstruktur. Zu den Risikofaktoren für eine Onychomykose zählen Immunschwäche, Diabetes mellitus, Tinea pedis (Fußpilz), Hyperhidrose, Gefäßerkrankungen, Rauchen, ein vorangegangenes Nageltrauma sowie erbliche Disposition. Häufig werden Dermatophyten auch von Familienangehörigen, beispielsweise durch Nutzung desselben Bades, übertragen. Auch Sporthallen, Schwimmbäder und Saunen stellen eine Infektionsquelle dar und bergen die Gefahr einer Übertragung.
Nicht verwechseln: Nagelpsoriasis
Die Nagelpsoriasis, eine Form der Psoriasis vulgaris, ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu übermäßiger Hautzellproduktion führt. Bei der Entstehung dieser Erkrankung spielen sowohl genetische Veranlagung als auch Umweltfaktoren wie Stress oder Infektionen eine entscheidende Rolle.
Nagelveränderungen können auch wichtige diagnostische Hinweise auf eine Psoriasis-Erkrankung liefern. Die Symptome der Nagelpsoriasis sind vielfältig und können sowohl an Finger- als auch an Zehennägeln auftreten. Bei etwa 40 % der Psoriasis-Patient:innen zeigen sich solche Nagelsymptome, während bei Patient:innen mit Psoriasis-Arthritis die Häufigkeit dieser Erscheinung auf rund 70 % ansteigt.
Diagnose

Nagelpilz
Eine reine Blickdiagnose führt häufig zu falsch positiven Ergebnissen und sollte deshalb vermieden werden. Als Goldstandard bei der Identifizierung der Pilzerreger werden Nagelproben unter dem Mikroskop aufbereitet und untersucht und auf speziellen Nährböden kultiviert. Möchte man den spezifischen Pilztyp identifizieren, um die Therapie gezielt anzupassen, kann die Pilz-DNA mithilfe eines PCR-Tests nachgewiesen werden. Diese Tests, die eine hochempfindliche und spezifische Diagnose liefern, sind jedoch nicht immer zugänglich.
Der Antigen-Strip-Test ist ein relativ neues diagnostisches Schnelltest-Verfahren, das entwickelt wurde, um möglichst rasch mit einer Therapie beginnen zu können. Mit einer Sensitivität von 97 % und einer Spezifität von 85 % liefert dieser Test vergleichbar gute Ergebnisse wie mit einer Kultur. Der entscheidende Vorteil dieser Methode liegt darin, dass das Ergebnis innerhalb weniger Minuten zur Verfügung steht.
Nagelpsoriasis
Bei der Anamnese und der klinischen Inspektion der Nägel kann die Dermatoskopie bei der Erkennung von typischen Psoriasis-Merkmalen helfen. Um in unklaren Fällen eine definitive Diagnose stellen zu können, kann eine Biopsie und histopathologische Untersuchung des Nagels notwendig sein.
Therapieansätze
Die Therapie von Nagelpsoriasis und Nagelpilz unterscheidet sich grundlegend, da es sich um vollkommen unterschiedliche Krankheitsbilder handelt.
Charakteristische Merkmale
Optische Veränderungen an den Nägeln, die Anzeichen für eine Nagelpsoriasis sein können:
- Tüpfelnägel: Kleine, nadelstichartige Vertiefungen beziehungsweise Dellen auf der Na-geloberfläche, die oft unregelmäßig verteilt sind
- Ölflecken: Gelb-bräunliche bis rötliche Verfärbungen unter dem Nagel, die wie ein Ölfleck aussehen
- Onycholyse: Ablösung des Nagels vom Nagelbett, häufig beginnend am vorderen Rand. Der freiliegende Bereich kann gelblich bis weißlich erscheinen. Im schlimmsten Fall kann es zu einer Onychomadese, einer kompletten Auflösung des Nagels kommen.
- Subunguale Hyperkeratose: Verdickung des Nagelbetts, was zu einer Hebung des Nagels führen kann.
- Splinterblutungen: Kleine, lineare Einblutungen unter dem Nagel.
- Schmerzen und Empfindlichkeit: Vor allem bei Druck auf den betroffenen Nagel.
Nagelpilz
Die Behandlung der Onychomykose ist oft langwierig und erfordert Geduld, da der Nagel langsam wächst und die Therapie mehrere Monate dauern kann. In erster Linie kommen topische Nagellacke, Cremes oder Lösungen, die antimykotische Wirkstoffe wie Amorolfin oder Ciclopirox enthalten, zur Anwendung. Damit der Wirkstoff besser in die Nagelmatrix penetrieren kann, sollte der Nagel vor Applikation der topischen Arzneimittel mit Harnstoff behandelt oder etwas angefeilt werden. Dieses Feilen dient auch zur sukzessiven Entfernung des befallenen Nagelmaterials. Wichtig ist hierbei, Einmalfeilen zu verwenden bzw. die infektiöse Feile keinesfalls mit anderen Personen zu teilen, um eine Übertragung der Pilzsporen zu verhindern.
Wenn mehr als die Hälfte des Nagels betroffen ist, wenn mehr als zwei bis drei Nägel befallen sind oder eine Beteiligung der Nagelmatrix vorliegt, werden nach ärztlicher Verordnung orale Antimykotika wie Terbinafin, Itraconazol oder Fluconazol eingesetzt. Diese sind jedoch mit Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, gastrointestinalen Beschwerden und Veränderung der Leberwerte verbunden. Es ist daher wichtig, die Leberwerte der Patient:innen im Verlauf der Therapie regelmäßig zu kontrollieren. Bei Patient:innen mit bereits bestehenden Lebererkrankungen sollte die Indikation für eine solche Behandlung besonders sorgfältig abgewogen werden.
Bringen all diese Therapien nicht den erwünschten Effekt, kann es in seltenen Fällen notwendig sein, den betroffenen Nagel chirurgisch oder chemisch zu entfernen, um die Infektion zu beseitigen. Eine neuere Methode, die jedoch kontrovers diskutiert wird, ist die Lasertherapie, welche die Pilze durch Hitze abtötet.
Die Prognose bei Nagelpilz ist in der Regel gut, wenn die Therapie konsequent durchgeführt wird. Rezidive sind jedoch möglich, insbesondere wenn prädisponierende Faktoren wie Diabetes oder eine Immunschwäche vorliegen. Präventive Maßnahmen wie das Tragen von atmungsaktivem Schuhwerk und die Vermeidung von Feuchtigkeit können helfen, eine erneute Infektion zu verhindern. Auch ein desinfizierender, antimykotischer Spray für die Schuhe und ein pilzabtötendes Waschmittel für die Socken sind zu empfehlen.
Wichtig ist auch, zu betonen, dass die Therapie Ausdauer erfordert, da der Nagel erst wieder geheilt ist, wenn er vollständig nachgewachsen ist. Besonders bei den Fußnägeln, die nur halb so schnell wachsen wie Fingernägel, erfordert dies Geduld und Disziplin, da der Heilungsprozess 6 bis 12 Monate in Anspruch nehmen kann.
Im Überblick Therapieoptionen bei Nagelpilz | ||||
---|---|---|---|---|
Therapie | Indikation | Wirkstoffe | Dosierung | Evidenzgrad |
Keratolyse | Verbessert Wirksamkeit von lokalen Antimykotika | Urea ca. 40 % mit Okklusion | Mehrere Tage bis Wochen | III |
Lokale Antimykotika | Weniger als die Hälfte der Nagelfläche befallen, ≤ 3 befallene Nägel, keine Matrixbeteiligung | Amorolfin | 1–2 x/Woche lackieren | Ia |
Ciclopirox | Täglich lackieren | Ia | ||
Systemische Antimykotika | Mehr als die Hälfte der Nagelfläche befallen, > 3 befallene Nägel, Matrixbeteiligung | Terbinafin | 250 mg/d für 6–12 Wochen | Ia |
Itraconazol | 200 mg/d kontinuierlich für 6–12 Wochen oder 200 mg 2 x/d für 1 Woche, dann 3 Wochen Pause und WH für 3–4 Zyklen | Ia | ||
Fluconazol | 150–300 mg/Woche für 6–12 Monate | Ia | ||
Lasertherapie | Kontrovers | IV |
Nagelpsoriasis
Die Behandlung der Nagelpsoriasis zielt darauf ab, die Entzündung zu reduzieren und die Symptomatik zu lindern. Die Therapie kann topisch, systemisch oder durch physikalische Methoden erfolgen. Corticosteroide wie beispielsweise Clobetasol und Vitamin-D-Derivate wie Calcipotriol werden häufig in Form von Salben oder Nagellacken angewendet. Sie helfen, die Entzündung zu reduzieren und das Nagelwachstum zu normalisieren. Für eine erfolgreiche Behandlung ist eine regelmäßige Anwendung über einen längeren Zeitraum notwendig. Oft wird auch eine Kombinationstherapie eingesetzt, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Bei schweren Fällen bzw. wenn neben der Nagelpsoriasis auch eine schwere Hautpsoriasis oder Psoriasis-Arthritis vorherrscht, kann eine systemische Therapie mit beispielsweise Methotrexat, Ciclosporin oder Biologika wie TNF-α-Hemmern indiziert sein. Auch eine Phototherapie mit PUVA (Psoralen + UVA) oder UVB-Therapie kann zur Behandlung der Nagelpsoriasis eingesetzt werden.
Die Nagelpsoriasis ist eine chronische Erkrankung, die oft rezidiviert. Das Ziel der Therapie ist eine langfristige Kontrolle der Symptome. Regelmäßige dermatologische Kontrollen und eine angepasste Pflege der Nägel sind essenziell, um Rückfälle zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
Mykotischer Befall bei Psoriasis
Ein Spezialfall ist die Onychomykose bei bereits bestehender Nagelpsoriasis, die relativ häufig vorkommt. Durch die psoriatisch bedingte Veränderung des distalen Nagelbettes wird ein Pilzbefall begünstigt. Vor allem bei Psoriasis-Patient:innen fällt die Diagnose eines Pilzbefalls meist schwer. Die Pilzerreger können die Nagelpsoriasis verschlechtern und zu einer scheinbaren Therapieresistenz führen. Deshalb ist es von essenzieller Bedeutung, die beiden Krankheitsbilder auch in diesem Fall zu differenzieren, um die richtige Therapie einleiten zu können.
Quelle
- Sigurgeirsson B, et al.: The prevalence of onychomycosis in the global population—a literature study. J Eur Acad Dermatol Venereol 2014; 28(11): 1480–1491
- Augustin M, et al.: Nail psoriasis in Germany: epidemiology and burden of disease. Br J Dermatol 2010; 163(3): 580–585
- Fernández de la Fuente L, et al.: Diagnosis of onychomycosis: the utility of a immunochromatography strip test compared to culture. EADV Congress 2023, Abstract 3888.
- Nenoff P, et al.: Mycology— an update Part 3: Dermatomycoses: topical and systemic therapy. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13(5): 387–410
- Nenoff P, et al.: S1-Leitlinie Onychomykose, 2022, AWMF Reg.-Nr. 013-003
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