Die Drogeriemarktkette dm hat am 13. November im Rahmen ihrer Bilanzpressekonferenz angekündigt, weiter gegen das Apothekenmonopol in Österreich vorgehen zu wollen. Das Unternehmen plant den Start einer eigenen Online-Apotheke für rezeptfreie OTC-Produkte. Zunächst soll das Angebot in Deutschland eingeführt werden, könne aber „rasch auf weitere Länder ausgerollt werden", wie dm-Geschäftsführer Harald Bauer betonte. Den Kund:innen versprach er Preisvorteile von 20 bis 30 % gegenüber stationären Apotheken.
Im Geschäftsjahr 2024/25 steigerte dm Österreich den Umsatz um 5,5 % auf 1,374 Milliarden Euro. Als Argument für seinen Vorstoß führte Bauer an, dass 2024 in Österreich bereits OTC-Produkte im Wert von 246 Millionen Euro versendet wurden – ein Plus von 30 %, davon 75 % über ausländische Anbieter.
Apothekerkammer warnt vor Versorgungslücken
Die Österreichische Apothekerkammer sieht in dem Vorstoß eine große Gefahr für Patient:innen. „Drogerien sind auf Umsatz optimiert, Apotheken auf Sicherheit", heißt es in der Stellungnahme. Kosmetikkompetenz ersetze keine pharmazeutische Kompetenz. Besonders bei rezeptfreien Arzneimitteln sei die persönliche pharmazeutische Fachberatung von größter Bedeutung, da es vorher keinerlei ärztlichen Kontakt gegeben habe.
Die Kammer verweist auf internationale Erfahrungen: In Schweden verdoppelten sich nach der Freigabe von Paracetamol die Vergiftungsfälle, woraufhin der Wirkstoff wieder apothekenpflichtig erklärt wurde. In zwölf EU-Staaten – darunter Belgien, Finnland, Frankreich und Spanien – unterliegen alle rezeptfreien Arzneimittel dem Apothekenvorbehalt.
Der Apothekenvorbehalt sichere zudem die flächendeckende Versorgung, da Apotheken die Erträge benötigen, um Leistungen wie Notdienste, magistrale Herstellung oder Substitutionsbehandlungen zu finanzieren. „Cherry Picking" durch Großkonzerne würde das System gefährden und könnte zu Apothekensterben führen. Die versprochenen Kostenvorteile bezweifelt die Kammer: Ein Vergleich mit Deutschland zeige, dass Drogerieprodukte in Österreich wesentlich teurer seien.
Apothekerverband: Konzerninteressen statt Patientenwohl
Auch der Österreichische Apothekerverband stellte sich entschieden gegen das Vorhaben. „Alleine die Ankündigung am Rande einer Präsentation von Unternehmenszahlen zeigt, dass es primär um die Steigerung des Konzerngewinns geht", kritisierte Präsident Thomas W. Veitschegger. Andreas Hoyer, 1. Vizepräsident des Apothekerverbands, betonte: „Die Gesundheitsversorgung sollte nicht als Arena missverstanden werden, in der es darum geht, ausschließlich gewinnorientierte Unternehmensinteressen durchzuboxen. Denn Medikamente sind keine Haarshampoos oder Kosmetika, sondern hochkomplexe Produkte, bei deren Anwendung Sicherheit eine zentrale Rolle spielt." Den rechtlichen Rahmen für die Debatte hat bereits der Verfassungsgerichtshof gesetzt. Alexander Hartl, 2. Vizepräsident des Apothekerverbands, erinnert daran: „Schon 2021 hat der österreichische Verfassungsgerichtshof den Apothekenvorbehalt bestätigt. Der VfGH hat das dahinterliegende öffentliche Interesse ins Zentrum gestellt." Die Schlussfolgerung von Hartl ist eindeutig: „ Einer Aufweichung des Apothekenvorbehalts, auch über die Hintertür des Online-Handels durch internationale Konzerne, ist eine klare Absage zu erteilen."