APOkongress Pörtschach

Evidenzbasierte Informationen für einen hartumkämpften Markt

Mag. pharm.

Irene

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Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi Tagungspräsidentin © APOVERLAG/Christoph Schipp
Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi, Tagungspräsidentin © APOVERLAG/Christoph Schipp

Die ÖAZ sprach mit der Tagungspräsidentin Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi über den bevorstehenden APOkongress zum Thema „Anti-Aging und Longevity“ und warum evidenzbasierte Beratung in diesem Bereich so wichtig ist.

ÖAZ "Was war der Hauptgrund, dieses Thema 2025 an den Wörthersee zu holen?"

Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi "Der diesjährige Schwerpunkt ist auf meine Initiative hin entstanden, weil ich schon lange beobachte, dass Anti-Aging und Longevity auch in der Apotheke ein großes Thema ist. Auf Social Media und vielen anderen Kanälen gibt es immer wieder Hypes und Trends. In den Apotheken sind wir bei diesen Produkten eine Erstanlaufstelle. Daher finde ich es wichtig, dass wir wissen, wie der Stand der Wissenschaft ist. Wir sind Naturwissenschaftler:innen, wir hinterfragen alles. Die Bevölkerung hat großes Vertrauen in uns – wir sind es den Menschen schuldig, dass wir uns auch zu solchen Themen fortbilden. Das Thema ist sicher auch ambivalent – manche tun es als „nur äußerlich“ ab, aber gesund lang zu leben umfasst auch Lifestyle, Bewegung, Sport, gesunde Ernährung. Unser Studium der Pharmazie ist vielfältig, und genauso vielfältig sollte auch die Fortbildung bleiben."

ÖAZ "Das Programm ist auch dieses Jahr wieder sehr facettenreich gestaltet. Welche Schwerpunkte haben Sie gesetzt?"

Ergott-Badawi "Es gibt drei große Themenbereiche. Zu Beginn werden wir das Thema von der philosophisch-ethischen Seite betrachten: Wie alt wollen wir überhaupt werden? Ist es ethisch vertretbar, ewig jung bleiben zu wollen? Danach beschäftigt sich der erste Block mit aktuellen wissenschaftlichen Studienergebnissen. Mein Co-Tagungspräsident Univ.-Doz. Dr. Pidder Jansen-Dürr forscht an der Medizinischen Universität Innsbruck am Institut für Biomedizinische Altersforschung und konnte viele namhafte Expert:innen aus diesem Bereich für den APOkongress gewinnen. Der zweite Block behandelt Nahrungsergänzungsmittel und Phytotherapie, der dritte den medizinisch-pharmazeutischen Bereich mit Fokus auf Interaktionen im hohen Alter. Also wichtige „Basics“ für die Beratung der vielen chronisch kranken Senior:innen, die unsere Stammkund:innen sind."

ÖAZ "Auf welchen Programmpunkt freuen Sie sich persönlich am meisten?"

Ergott-Badawi "Schwer zu sagen. Ich freue mich auf jeden Vortrag, weil wir versucht haben, alles abzudecken. Persönlich interessiert mich der Wirkstoff Spermidin – da gibt es viel Neues. Auch der Bereich des Fastens ist spannend, da gibt es gute Studiendaten aus der akademischen Forschung. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Denn natürlich ist das Thema „gesund altern“ auch fürs persönliche Wohlbefinden relevant."

ÖAZ "Mit welchem Mehrwissen sollen die Teilnehmer:innen nach Hause gehen?"

Ergott-Badawi "Ich hoffe auf viele Aha-Momente, die uns in der Beratung weiterhelfen. Insbesondere im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel – das ist der Bereich, in dem wir in der Apotheke frei agieren können. Es ist aber auch ein hart umkämpfter Markt und gerade deshalb sind evidenzbasierte Informationen so wichtig."

ÖAZ "Welche Trends sehen Sie in der Langlebigkeitsforschung in den nächsten Jahren?"

Ergott-Badawi "Nahrungsergänzungsmittel bleiben sicher ein großes Thema. Unsere Konkurrenz waren früher Drogeriemärkte und Reformhäuser. Heute ist der Mitbewerb global und online überall verfügbar. Sprich: Jeder kann sich jederzeit praktisch alles bestellen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Apothekerschaft stark positionieren. Wir haben das Wissen und großes Vertrauen – wir müssen diesen Markt für uns besetzen. Sonst wandern die Menschen ins Internet ab und werden falsch beraten oder bekommen minderwertige Produkte." 

ÖAZ "Der Kongress war in Rekordzeit ausgebucht. Haben Sie mit diesem Andrang gerechnet?"

Ergott-Badawi "Seit Einführung der Verpflichtenden Fortbildung sind alle APOkongresse sehr schnell ausgebucht. Aber dieses Thema kommt besonders gut an. Unser Beruf ist zu 90 % weiblich besetzt, und das Thema „gesund und schön bleiben“ spricht Frauen vermutlich besonders an. Wir haben uns bemüht, die Kapazitäten zu erweitern und statt 300 sogar 350 Kolleg:innen die Teilnahme zu ermöglichen."

ÖAZ "Welche Rolle spielt der informelle Austausch beim Networking?"

Ergott-Badawi "Der Austausch ist ex-trem wichtig und bereichernd. Wir bekommen direkte Rückmeldungen von den Kolleg:innen, wie es ihnen gefallen hat, was wir besser machen könnten. Da wird besprochen, welcher Vortrag der beste war. Das finde ich sehr wertvoll – abgesehen davon, dass es ein wunderschöner Rahmen beim traditionellen Abendevent auf der Kongressterrasse ist."

ÖAZ "Was motiviert Sie persönlich, solche Fortbildungsformate zu gestalten?"

Ergott-Badawi "Ich liebe diese Formate, weil sie die gesamte Apothekerschaft ansprechen. Kolleg:innen aus ganz Österreich reisen an den Wörthersee. Die Gestaltung findet im Rahmen des Fortbildungsausschusses gemeinsam mit der Fortbildungsabteilung der Apothekerkammer statt – das sind engagierte Kolleg:innen, die sich viele Gedanken machen. Man kann kreativ sein und viele Dinge ausprobieren."

ÖAZ "Welche zentrale Herausforderungen sehen Sie für den Berufsstand in den nächsten Jahren?"

Ergott-Badawi "Das ist ohne Zweifel die Digitalisierung – sie ist bereits angekommen. Wir als Apothekerkammer bereiten den Berufsstand darauf vor und unterstützen mit digitalen Möglichkeiten. Und ich bin mir sicher, dass wir das meistern werden: Wir sind ein innovativer Berufsstand und können schnell reagieren, das haben wir während der Pandemie bewiesen. Die digitalen Angebote sind wichtig, aber wir sehen auch, dass die Vor-Ort-Versorgung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Und diese Infrastruktur haben nur die Vor-Ort-Apotheken und das kann uns der Online-Handel auch nicht nachmachen."

ÖAZ "Vielen Dank für das Gespräch."

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