"Die Coronavirus-Pandemie von 2019 (Covid-19) und die darauf folgende Zunahme von respiratorischen Virusinfekten beleuchten den Bedarf an breit wirksamen antiviralen Medikamenten, die schnell und effizient eine Reaktion auf Ausbrüche von Viruserkrankungen erlauben", schrieben jetzt Katrin Fischhuber (Cebina GmbH) und ihre Co-Autoren, zum Teil Wissenschafter des Instituts für Virologie der MedUni Innsbruck, in der Fachzeitschrift "Viruses" (https://doi.org/10.3390/v15122300).
Wenn sich Menschen mit viralen Krankheitserregern infizieren, erfolgt das zu einem großen Teil über die Schleimhaut der oberen Atemwege. Impfungen, zum Beispiel die Influenza- oder jetzt die SARS-CoV-2-Vakzine, haben deshalb nur begrenzte Wirkung gegen Infektionen (sehr wohl aber gegen schwere Krankheitsverläufe), weil sie kaum Schutz in der Schleimhaut von Nase, Mund etc. vermitteln (Antikörper in der Schleimhaut/Mukosa). Deshalb wird auch an Nasenspray-Impfstoffen geforscht.
Reduzierte Viruslast
Doch es gibt auch synthetische Wirkstoffe, welche auf diesem Weg effektiv in der Verhinderung von Infektionen sein können. Hier wurde in den Pandemie-Jahren auch eines der ersten Heuschnupfen-Medikamente, das alte Antihistaminikum Azelastin, erfolgreich getestet. Im Mai dieses Jahres veröffentlichte die Wiener Cebina GmbH, ein zentraleuropäischer Biotech-Inkubator zur Förderung von Produktentwicklungen auf diesem Gebiet, eine klinische Studie der Phase II, in der 90 Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen elf Tage lang einen Azelastin-Nasenspray oder ein Placebo testeten. Das Ergebnis: Über den Beobachtungszeitraum hinweg hatten die Probanden bei mehrfachen Messungen jeweils eine geringere Viruskonzentration in der Nase als die Angehörigen der Placebogruppe.
Es blieb aber offenbar nicht bei SARS-CoV-2. Jetzt haben die Wissenschafter in Labortests inklusive eines 3-D-Modells des Nasentraktes des Menschen ihre Versuche erweitert. Dabei zeigte sich eine noch viel breitere Wirkung des Antihistaminikums: In der Versuchsanordnung schützte Azelastin das Schleimhautgewebe in dem 3-D-Modell vor der Schädigung durch A(H1N1)-Influenzaviren. Nach einer Infektion reduzierte sich die Viruslast.
Darüber hinaus zeigten sich ähnliche Effekte in prophylaktischen und therapeutischen Versuchsanordnungen gegen RSV-Erreger, welche zu den häufigsten Ursachen von Husten, Schnupfen, Heiserkeit gehören. Und schließlich wurde in den Experimenten auch eine Wirksamkeit gegen verschiedene SARS-CoV-2-Varianten und schließlich auch gegen saisonal regelmäßig grassierende andere Coronaviren belegt.
Neuere Antihistaminika
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Azelastin-HCL einen breiten antiviralen Effekt besitzt und als sichere Option zur lokalen Prävention und Behandlung der häufigsten respiratorischen Viren darstellt. In der Form eines Nasensprays ist es weltweit erhältlich", schrieben die Wissenschafter.
Der Wirkstoff hemmt die Bildung und die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren wie Histamin und bindet an die sogenannten H1-Rezeptoren, zum Beispiel in der Nasenschleimhaut oder der Augenbindehaut. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören Geschmacksstörungen und Müdigkeit. Deshalb wurden für die Anwendung in Tablettenform auch neuere Antihistaminika entwickelt, die weniger müde machen. Bei der lokalen Anwendung als Nasenspray oder Tropfenform spielt das eine geringere Rolle.
APA/Red