Rhinosinusitis

Evidenzbasierte Therapieoptionen

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Eine akute Rhinosinusitis heilt bei 60–80 % der Betroffenen innerhalb von zwei Wochen auch ohne Therapie aus – nicht so die chronische Verlaufsform. © iStock
Eine akute Rhinosinusitis heilt bei 60–80 % der Betroffenen innerhalb von zwei Wochen auch ohne Therapie aus – nicht so die chronische Verlaufsform. © iStock

Die Rhinosinusitis bezeichnet ein kombiniertes Krankheitsbild aus symptomatischer Entzündung der Mukosa der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) und der angrenzenden Nasenschleimhaut (Rhinitis). Je nach zeitlichem Verlauf unterscheidet man zwischen akuter, akut rezidivierender und chronischer Rhinosinusitis (siehe Kasten).

Rhinosinusitis: Häufige Formen

Akute Rhinosinusitis (ARS)
• Dauer ≤ 12 Wochen
• virale Infektion (VRS)
• bakterielle Infektion (ABRS)

Rezidivierende akute Rhinosinusitis (rARS)
• wiederkehrende Episoden einer ARS 
• min. 4 Episoden innerhalb von 12 Monaten
• vollständiges Abklingen der Beschwerden zwischen den Episoden

Chronische Rhinosinusitis (CRS)
• > 4 Episoden pro Jahr oder anhaltende Symptome 
• > 12 Wochen
• ohne (CRSsNP) oder mit (CRScNP) Nasenpolypen

Kasten


Ätiologie und Symptome

Eine akute Rhinosinusitis (ARS) äußert sich meist in einer Behinderung der Nasenatmung, Riechstörungen, Gesichtsschmerzen und eitriger Sekretion. Außerdem können begleitend Fieber, Kopfschmerzen, Schmerzen im Zahnbereich, Schlafstörungen, Abgeschlagenheit oder Husten auftreten. Diese Beschwerden treten auch bei der chronischen Verlaufsform (CRS) auf, jedoch oft weniger stark ausgeprägt.

Eine ARS entsteht meist in Folge eines viralen Infekts der oberen Atemwege mit gestörter Ventilation der Nasennebenhöhlen und gestörtem Abfluss. Durch Schleimhautschwellung und Sekretstau kann sich sekundär eine bakterielle RS entwickeln, wobei dies aber nur bei 0,5–2,0 % der Erkrankten tatsächlich eintritt. 

Hingegen steht eine chronische Rhinosinusitis (CRS, mit oder ohne Polypen) meist im Zusammenhang mit einer verstärkten Gewebebildung und „allmählicher“ Obstruktion, wobei die genauen Ursachen noch nicht vollständig geklärt sind. Eine Störung des Immunsystems, Bildung von Enterotoxinen sowie eine Fehlbesiedelung mit Staphylococcus aureus werden diskutiert. Häufig tritt eine CRS auch im Zusammenhang mit Allergien, Asthma bronchiale, Entzündungen in der Kieferhöhle oder einer Überempfindlichkeit gegen ASS auf.  

Die gute Nachricht ist, dass eine ARS bei 60–80 % der Betroffenen innerhalb von zwei Wochen auch ohne Therapie ausheilt. Bei der CRS sieht die Spontanheilungsrate leider nicht so rosig aus: Nach vier Wochen zeigt sich nur bei 25 % eine subjektive Verbesserung der Beschwerden, wobei sich die Verläufe oft über mehrere Jahre oder sogar lebenslang erstrecken können, was sich natürlich erheblich auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirkt. 

Medikamentöse Therapieoptionen

Laut Leitlinien gibt es verschiedene Therapieansätze, die sowohl bei der ARS als auch bei der CRS zum Einsatz kommen:

Dekongestiva

Dekongestiva (z. B. Oxymetazolin, Xylometazolin) können zur Linderung der Symptome bei ARS verwendet werden. Sie sollten maximal zehn Tage angewendet werden und frei von Benzalkoniumchlorid sein.

Antiphlogistika/Analgetika

Auch Antiphlogistika und Analgetika kommen bei Schmerzen im Rahmen einer ARS gerne zum Einsatz, wobei wegen der entzündungshemmenden Wirkung vor allem auf Ibuprofen zurückgegriffen werden sollte. Bei etwaigen Kontraindikationen kann auch Paracetamol eingesetzt werden. 

Topische Glucocorticoide

Topische Glucocorticoide lindern chronische Verläufe, v. a. wenn Polypen vorliegen. Bei akuten Formen besteht jedoch kein klinisch relevanter Therapievorteil. © iStock
Topische Glucocorticoide lindern chronische Verläufe, v. a. wenn Polypen vorliegen. Bei akuten Formen besteht jedoch kein klinisch relevanter Therapievorteil. © iStock


Sowohl bei der allergischen ARS als auch bei der rezidivierenden ARS und bei der CRS können topische Glucocorticoide zusätzlich verwendet werden und führen zu einer Verbesserung der Gesamtsymptomatik (nasale Obstruktion, Gesichtsschmerzen). Vor allem bei der CRS mit Polypen (CRScNP) verbessern sie die Symptomatik, verringern die Größe der Polypen und auch die Rezidivrate nach Operationen. Es zeigt sich keine Überlegenheit bestimmter Wirkstoffe (Fluticason, Mometason), aber die Lebensqualität scheint sich mit einer höheren Dosierung stärker zu verbessern. Bei der ARS und bei schweren bakteriellen Infektionen zeigte sich kein klinisch relevanter Therapievorteil. 

Systemische Glucocorticoide

Durch systemische Glucocorticoide kann die Notwendigkeit einer Operationen bei CRScNP hinausgezögert werden. Die Rezidivrate ist mit 50 % jedoch hoch und auch die Nebenwirkungen (GI-Beschwerden, Schlafstörungen, Cushing-Syndrom) sprechen eher für eine topische Anwendung von Steroiden. 

Biologika

Bei einem Versagen aller etablierter Therapieoptionen kommen bei CRS mit Polypen auch Biologika (Omalizumab, Mepolizumab, Reslizumab) zum Einsatz.

Antihistaminika und Sekretolytika

Bei Allergiker:innen mit einer ARS können Antihistaminika in Kombination mit Sympathomimetika eingesetzt werden. Sekretolytika wie Acetylcystein oder Ambroxol werden zwar häufig verordnet, die Evidenz für ihre therapeutische Wirkung ist jedoch beschränkt. 

Phytotherapeutische Optionen

Die Phytotherapie nimmt in der Behandlung der Rhinosinusitis zu Recht einen hohen Stellenwert ein. Sie wird laut Leitlinien empfohlen. Neben der Wirksamkeit spricht auch die gute Verträglichkeit für einen Einsatz gewisser Substanzen. Myrtol (4 x 300 mg/Tag über 4 bis 8 Tage) und Cineol zeigen bei nicht komplizierter ARS symptomlindernde Wirkungen. Auch ein Extrakt aus Ampfer, Schlüsselblume, Eisenkraut, gelbem Enzian, Holunder zeigt additiv zur Antibiotika- und Sympathomimetikatherapie eine verbesserte Heilung bei ARS. 

Das Enzym Bromelain kann in Dosen von 3.000 mg/Tag laut kleinen Studien bei der CRS einen positiven Effekt auf die Lebensqualität haben. 

Nicht-medikamentöse Therapieoptionen

Neben den medikamentösen und phytotherapeutischen Optionen haben auch die nicht-medikamentösen Verfahren bei der Rhinosinusitis einen bedeutenden Stellenwert. Nasenspülungen mit iso- bis leicht hypertoner Salzlösung sollen die mukoziliäre Clearance steigern und auch durch gefäßverengende und abschwellende Effekte eine Symptomlinderung herbeiführen. Sie sind additiv eine gute Therapieergänzung, weil bei der ARS ein Benefit vermutet wird. 

Bei der CRS wurde eine Beschwerdelinderung mit 2–3,5%igen hypertonen gepufferten Nasenspülungen/-sprays beobachtet. Sie sollten zur Standardtherapie der CRS zählen.

Auch die Inhalation warmer Dämpfe wird bei banalem Schnupfen zur Symptomlinderung angewendet, weshalb auch bei der Rhinosinusitis ein positiver Effekt vermutet wird.

Antibiotikatherapie nicht immer sinnvoll

Eine Antibiotikatherapie ist aufgrund der meist viral bedingten Infektion und der hohen Spontanheilungsrate nicht generell indiziert. Die Anzeichen für eine bakterielle Infektion sind ein Andauern der Symptome > 10 Tage, eine Verstärkung der Symptomatik nach initialer Verbesserung oder eine Verschlechterung der Symptomatik, begleitet von hohem Fieber. Außerdem können erhöhte Entzündungswerte (CRP > 10 mg/l) auf eine bakterielle ARS hinweisen. Wenn trotz einer rein symptomatischen Therapie nach einer weiteren Woche keine Verbesserung eintritt, bei Verschlechterung der Beschwerden, bei starken Schmerzen (in Kombination mit Fieber > 38,5 °C oder hohen Entzündungswerten), bei Patient:innen mit Komorbiditäten (v. a. COPD, chronisch entzündlichen Lungenerkrankungen), bei drohenden Komplikationen oder immunsupprimierten Patient:innen ist eine Antibiotikatherapie indiziert. 

Die Dauer der Antibiotikatherapie beträgt meistens fünf bis sieben Tage. Mittel der 1. Wahl ist Amoxicillin, als Alternativen stehen Amoxicillin/Clavulansäure, Makrolide (z. B. Azithromycin, Clarithromycin), Doxycyclin oder Cotrimoxazol zur Verfügung. Cephalosporine sollten aus epidemiologischen und pharmakologischen Gründen nur mit größter Zurückhaltung verwendet werden.

Auch bei der CRS kann in Einzelfällen bei Versagen der Standardtherapie auf gewisse Antibiotika zurückgegriffen werden. Liegen gleichzeitig Nasenpolypen vor, wird für drei Wochen mit Doxycyclin behandelt. Bei Abwesenheit derselben werden für drei Monate Makrolide eingesetzt.

Text: Mag. pharm. Lisa Raffelsberger

Quellen

• Singer E et al.: Leitlinie Antiinfektiva – Behandlung von Infektionen, 2018, abgerufen August 2023; https://www.arzneiundvernunft.at/uploads/190902_Leitlinie_Antiinfektiva_Onlineversion_610_DE.pdf
• Rosenfeld RM et al.: Clinical Practice Guideline (Update): Adult Sinusitis, Otorlaryngology 2015; doi:10.1177/0194599815572097 
• Stuck BA et al.: Leitlinie „Rhinosinusitis“ der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie 2007; doi: 10.1007/s00106-007-1589-6
• S2k-Leitlinie Rhinosinusitis, AWMF-Register-Nr 017/049 und 053-012, Stand 04/2017
• Albu S: Chronic Rhinosinusitis – An Update on Epidemiology, Pathogenesis and Management, J Clin Med 2020; doi:10.3390/jcm9072285

Weitere Literatur auf Anfrage

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