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Die passende Haarpflege finden

Mag. pharm. Irene Senn, PhD
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Als Grundregel gilt: Fünfmal länger ausspülen als einschäumen, denn Shampooreste können Irritationen der Kopfhaut verursachen. © Shutterstock

Haare und Kopfhaut müssen regelmäßig von Schmutz, Schweiß, Talg und abgestorbenen Haarzellen befreit werden. Dazu steht ein umfangreiches Angebot an Haarpflegeprodukten zur Auswahl. Ein gutes Haarshampoo muss zunächst vor allem eines können: mild reinigen. Außerdem soll es den Haaren Glanz, Volumen und einen angenehmen Duft verleihen. Viele Haar- und Kopfhautprobleme lassen sich durch die Auswahl von geeigneten Präparaten sehr gut in den Griff bekommen bzw. erst gar nicht entstehen.

Haarshampoos werden heute von den meisten Herstellern für verschiedene Haarqualitäten angeboten (siehe Tabelle).1 Nach dem Waschen müssen die Haare mit klarem Wasser gründlich ausgespült werden. Als Grundregel gilt: fünfmal länger ausspülen als einschäumen, denn Shampooreste können Irritationen der Kopfhaut verursachen.

Zusammensetzung von Shampoos

  1. Tenside
    … sind waschaktive Substanzen, welche die Oberflächenspannung reduzieren, so die Benetzung des Haars fördern und damit den anhaftenden Schmutz lösen. Sie sind also für die Reinigungswirkung zuständig. Häufig werden in einem Produkt mehrere Tenside kombiniert. So lassen sich alle Anforderungen − Schmutzlösung, Schaumbildung, gute Hautverträglichkeit − bestmöglich erfüllen. Die Basis bilden in der Regel anionische Tenside (z. B. Sodium Lauryl Sulfat) mit guter Reinigungskraft. Sie werden gerne mit milden nicht-ionischen Co-Tensiden (z. B. Kokosglucoside) kombiniert, welche irritationsmildernd sind und einer übermäßigen Entfettung von Haut und Haaren entgegenwirken.2,3 Grundsätzlich müssen Shampoos nicht schäumen, um eine gute Waschwirkung zu zeigen; meist wird es von den Anwendern aber gewünscht. Keinesfalls dürfen Haarshampoos alkalisch reagieren. Denn dies würde zu einer Quellung des Haars und einem Abstehen der Kutikulaschüppchen führen. Der ideale pH-Wert eines Shampoos liegt im schwach sauren bis neutralen Bereich.

  2. Konditionierende Pflegestoffe
    … ziehen auf das Haarkeratin auf und schützen das Haar vor dem Austrocknen. Typische Vertreter sind verschiedene Eiweißhydrolysate oder quartäre Ammoniumverbindungen. Die entscheidende physikochemische Eigenschaft von solchen Substanzen ist eine kationische Ladung. Geschädigte Haarstrukturen weisen einen Überschuss an anionischen Ladungen auf. Conditioner neutralisieren die negativ geladenen Seitenketten und wirken dadurch antistatisch. Gleichzeitig haften die Fettsäureketten durch die ionischen Wechselwirkungen sehr gut an der Haaroberfläche an – das Haar wird leichter kämmbar und bekommt einen weichen Griff. Einen ähnlichen Effekt haben Silikone: Sie legen sich als dünner Kunststofffilm über die Haare und machen sie dadurch zwar gut kämmbar, aber nicht gesünder. In Produkten für trockenes, strapaziertes Haar findet man häufig auch rückfettende Pflegestoffe, die dem entfettenden Charakter der Tenside entgegenwirken sollen. Zum Einsatz kommen hierfür vor allem Fettalkohole und Fettsäureester.4,5

  3. Pflegende Wirkstoffe
    Sie minimieren den Feuchtigkeitsverlust der Kopfhaut und mildern die entfettende Wirkung von Tensiden. An erster Stelle zu nennen ist hier das Panthenol. Aufgrund seiner kleinen Molekülgröße kann es sowohl in den Haarschaft als auch in die Kopfhaut eindringen und dort Feuchtigkeit binden. Das Haar wird dadurch dicker und widerstandsfähiger. Leichten Spliss und angebrochene Stellen soll es um bis zu 30 % reduzieren können.3,4  Vitamin E schützt das Haar durch Verringerung der radikalbildenden Wirkung von UV-Strahlung.4

Pflegeprodukte für verschiedene Haartypen

Haarqualität Ursache typische Wirkstoffe Anforderungen an die Haarpflege
schnell fettendes Haar Talgdrüsen produzieren
zu viel Fett (Seborrhoe)

weißer Ton 

Pflanzenextrakte wie Schachtelhalm,  Ros­marin, Brennnessel, Salbei, Meerestang, Eichenrinde

gute, aber milde Reinigungswirkung
(für die tägliche Haarwäsche geeignet)

pflanzliche Inhaltsstoffe, die die Haaroberfläche leicht aufrauen ➞ so kann mehr Fett gebunden werden 

keine konditionierenden Wirkstoffe

keine rückfettenden Substanzen 

trockenes Haar Talgdrüsen produzieren
zu wenig Fett (Sebostase)

pflanzliche Öle

Rückfetter (z. B. Fettsäureester und -alkohole)

Feuchthaltemittel
(Propylenglykol, Harnstoff, Glycerin)

Panthenol

milde Reinigungswirkung

schwach sauer

hoher Anteil an rückfettenden,
pflegenden Substanzen

feuchtigkeitsspendende Wirkstoffe

geschädigtes Haar oxidative Einflüsse
(z. B. Färben, Dauer­welle) ➞ Cystin im Keratin in Cysteinsäure umgewandelt ➞ Überschuss an anionischen Ladungen

quartäre Ammonium­verbindungen

Eiweißhydrolysate (Seidenprotein, Weizenprotein)

Panthenol

konditionierende Pflegestoffe, die eine dünne Schicht auf geschädigte Strukturen aufziehen

Schäden sind irreversibel: Die Haaroberfläche kann zwar geglättet, aber nicht repariert werden


Häufigstes Problem: Schuppen

Ein sehr weitverbreitetes Problem der Kopfhaut sind Schuppen, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. In den meisten Fällen sind sie harmlos und stellen ein rein ästhetisches Problem dar. Während sich gesunde Haut etwa alle 28 Tage erneuert, ist der Zyklus bei Schuppenbildung deutlich verkürzt – auf 7 bis 21 Tage. Schuppen sind Verbände aus 100 bis 1.000 Hornhautzellen; ab einer Zellzahl von etwa 500 sind sie mit freiem Auge zu erkennen. Man unterscheidet trockene und fettige Schuppen.

Trockene Schuppen

Trockene Schuppen (Pityriasis simplex) sind fein, sie lösen sich leicht von der Kopfhaut und rieseln aus dem Haar. Sie sind mit einer verminderten Talgproduktion (Sebostase) assoziiert, die unterschiedliche Ursachen haben kann: z. B. die Verwendung von zu stark entfettenden Shampoos oder auch ein altersbedingter Rückgang der Talgproduktion (z. B. in den Wechseljahren). Die Pflege orientiert sich im Wesentlichen an der Behandlung der trockenen Kopfhaut. Damit sich die Kopfhaut erholt, sind meist ein bis zwei Haarwäschen pro Woche mit einem milden Shampoo ausreichend, rückfettende und feuchtigkeitsspendende Inhaltsstoffe sind zu empfehlen. 

Fettige Schuppen

Fettige Schuppen (Pityriasis steatoides) sind die Folge einer Seborrhoe, also einer vermehrten Talgproduktion. Sie gehen oft mit einer entzündeten Kopfhaut und Juckreiz einher – der Übergang zur seborrhoischen Dermatitis ist fließend. Durch den zähflüssigen Talg setzen sich die abgestorbenen Hautschüppchen an der Kopfhaut fest und verklumpen. Fettige Schuppen sind meist etwas größer als trockene, außerdem erscheinen sie gelblich und ölig. Die bei weitem häufigste Ursache für fettige Schuppen sind Hefepilze der Gattung Malassezia. 

Malassezia furfur (Synonym: Pityrosporum ovale) ist ein natürlicher Bewohner der Kopfhaut. Im talgreichen Milieu findet er optimale Wachstumsbedingungen vor und vermehrt sich exzessiv. Normalerweise macht Malassezia rund 45 % der physiologischen Flora auf der Kopfhaut aus. Bei Menschen mit Kopfschuppen bzw. seborrhoischem Ekzem dominiert der Hefepilz mit über 70 bis 80 %. Der Pilzbefall führt zu entzündlichen Reaktionen der Kopfhaut, in deren Folge noch mehr Talg und fettige Schuppen gebildet werden. Außerdem vermutet man, dass beim Abbau von Talgbestandteilen durch den Hefepilz freie Fettsäuren entstehen, welche die Kopfhaut zusätzlich irritieren.

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Info

Polidocanol und Harnstoff mildern Juckreiz. Harnstoff hat den zusätzlichen Vorteil, dass er feuchtigkeitsspendend wirkt.

Antimykotika bei Hefepilzbefall

Sowohl bei fettigen Schuppen als auch beim seborrhoischen Ekzem kommen Shampoos mit fungizider Wirkkomponente zum Einsatz. Breitbandantimykotika wie Ketoconazol oder Ciclopirox werden in Form von medizinischen Shampoos angeboten und sind teilweise auch rezeptfrei erhältlich. 

Die Produkte werden als Kur über einen begrenzten Zeitraum von zwei bis vier Wochen angewandt. In dieser Zeit werden die Haare zwei- bis dreimal pro Woche mit dem medizinischen Shampoo behandelt und nach einer Einwirkzeit von drei bis fünf Minuten gründlich ausgewaschen. Zur Rezidivprophylaxe empfiehlt sich eine Anwendung alle 7 bis 14 Tage über drei bis sechs Monate. In kosmetischen Anti-Schuppen-Shampoos findet man Piroctone Olamine bzw. Climbazol als fungistatische Substanzen. Auch Teebaumöl eignet sich aufgrund seiner antimykotischen Wirkung als Bestandteil von Schuppenshampoos. 

Selendisulfid wirkt ebenfalls leicht fungistatisch – und zudem antiseborrhoisch und keratostatisch. Der orangerote Wirkstoff ist in Kosmetika in einer maximalen Konzentration von 1 % zugelassen, in Arzneimitteln wird es mit 2,5 % eingesetzt. Bei offenen Verletzungen oder akuten Entzündungen sollte es nicht verwendet werden. Kunden sollten darauf hingewiesen werden, dass Schmuck und Piercings vor der Anwendung abgelegt werden müssen, da es sonst zu Verfärbungen kommen kann. Selendisulfid-haltige Shampoos werden über zwei Wochen ein- bis zweimal wöchentlich angewandt, danach in größeren Abständen. Für die normale Haarwäsche empfiehlt sich ein mildes Shampoo.

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Weitere Wirkstoffgruppen bei fettigen Schuppen

Talgregulierende Wirkstoffe wie Zinkpyrithion oder Schwefel sind ebenfalls häufig in Schuppenshampoos zu finden. Sie entziehen den Hefepilzen das Nährmedium und hemmen in geringem Umfang möglicherweise auch die Vermehrung der Hefepilze. 

Keratolytische Wirkstoffe können bei sehr starker Verhornung eingesetzt werden. Sie lösen die vorhandenen Schuppen von der Kopfhaut und erweichen das Hornmaterial. Zur symptomatischen Behandlung sind Salicylsäure und organische Schwefelverbindungen geeignet. 

Juckreizstillende Wirkstoffe sind Polidocanol und Harnstoff. Harnstoff hat den zusätzlichen Vorteil, dass er Feuchtigkeit spendet und das Lösen der Schuppen von der Kopfhaut unterstützt.

Kopfschuppen bei Psoriasis

Auch beim Erkrankungsbild der Psoriasis kommt es oft zu trockenen Schuppen im Bereich der Kopfhaut, die sich aber sowohl in ihrem Aussehen als auch in ihrer Behandlung unterscheiden.

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Charakteristisch sind gerötete Hautareale mit silbrig-glänzenden Plaques, die man – im Gegensatz zu normalen Kopfhautschuppen – mit den Fingern auch fühlen kann. Die Anwendung eines herkömmliches Anti-Schuppen-Shampoos wäre hier kontraproduktiv, da es zu stark entfettet und zusätzlich irritiert. Als Basispflege sind milde, pflegende Shampoos zu bevorzugen, die die Haut nicht austrocknen. 

Im Rahmen der ärztlichen Behandlung werden häufig zuerst die Schuppen entfernt, damit die anschließend applizierten Arzneistoffe die betroffenen Areale gut erreichen können. Bewährt haben sich hierfür Salicylsäure-haltige Zubereitungen. Daneben gibt es spezielle Schuppenlöser, beispielsweise auf Basis von Jojoba- und Olivenöl.

Quellen

1   Bender S.: Körperpflegekunde. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2014

2   https://www.kosmetik-transparent.at; abgerufen am 2.8.2021

3   Käser H.: Naturkosmetik selber machen: Das Handbuch. Freya Verlag GmbH., Engerwitzdorf/Mittertreffling. 1. Auflage, 2012

4   Ellsässer S.: Körperpflegekunde und Kosmetik. Springer-Verlag GmbH, Berlin. 3. Auflage, 2020

5   www.haut.de; abgerufen am 13.8.2021

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