Microdosing

Mit Spuren von Psychedelika zum Erfolg?

Artikel drucken
LSD © Shutterstock
© Shutterstock

Problem 1: Fehlende Dosiergenauigkeit und Reproduzierbarkeit

Eine einheitliche Definition, ab welcher Konzentration es sich um Microdosing handelt, gibt es bisher nicht. Bei LSD spricht man meist bei einer Dosis von etwa 10 µg von Microdosing – einer winzigen Menge. Selbst bei legalen Substanzen mit deklariertem, standardisiertem Inhalt würden sich bei so kleinen Dosierungen Hürden in der Dosiergenauigkeit und Reproduzierbarkeit auftun – die tatsächlich konsumierte Dosis bleibt daher immer ungewiss. Das Problem ist jedoch nicht auf synthetische Drogen beschränkt: Wie bei jedem Naturprodukt  kann der Psilocybin-Gehalt von Pilzen großen Schwankungen unterworfen sein.

Problem 2: Mögliche Toleranzausbildung

Zudem kommt es bei der Einnahme von LSD rund 24 Stunden nach der Ersteinnahme zu einem Gewöhnungseffekt, der erst nach fünf Tagen Abstinenz abklingt.[1] Üblicherweise werden die Substanzen beim Microdosing jedoch regelmäßig über einen längeren Zeitraum eingenommen. Auch bei der Konsumation kleiner Dosierungen sind daher Toleranzeffekte denkbar.

Problem 3: Wirkung auf Hirn – und Herz?

Bisher wurden mehrere Medikamente mit starker 5-HT2B-Rezeptor-Bindungsaffinität mit Herzklappenerkrankungen (VHD) in Verbindung gebracht.[2] Auch LSD, MDMA und Psilocybin binden an diesen Rezeptor; für MDMA wurde bereits über einen möglichen Zusammenhang mit VHD berichtet.[3]

In medias res – die Datenlage

Allein durch die fehlende Definition zum Microdosing wird die Vergleichbarkeit klinischer Studien erschwert. Unter der Vielzahl der Analysen sind wenige randomisiert-kontrollierte Arbeiten (RCT) zu finden, und die Kohorten sind häufig klein. Selbst große Untersuchungen basieren oft nur auf Erfahrungsberichten der Anwender:innen, was die Ergebnisse verzerrt. Allein deswegen kann einer Metaanalyse zu Folge noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Effekte des Microdosing auf einem Placeboeffekt beruhen oder nicht.[4]

Für die Wirkung von mikrodosiertem LSD spricht eine rezente Übersichtsarbeit, die unter Laborbedingungen durchgeführte, doppelt verblindete RCT analysierte. Akute Mikrodosen veränderten dosisabhängig den Blutdruck, den Schlaf, die neuronale Konnektivität, die soziale Kognition, die Stimmung sowie die Wahrnehmung von Schmerz und Zeit. Regelmäßig eingenommene LSD-Mikrodosen hatten jedoch weder einen Einfluss auf die Stimmung noch auf die kognitiven Fähigkeiten.[5]

Für mikrodosiertes Psilocybin ergibt sich ein anderes Bild: In einer großen Analyse mit Kontrollgruppe (nicht im Verhältnis 1:1, kein Placebo) wurden in der Verumgruppe leichte bis mittlere Verbesserungen in Stimmung und mentaler Gesundheit im Vergleich zur Kontrolle festgestellt.[6] In einer kleinen RCT berichteten die Proband:innen von einer subjektiven Verbesserung von Wohlbefinden, Kreativität und kognitiver Leistung. Auch EEG-Veränderungen traten auf. Die Autor:innen führen einige der anekdotischen Vorteile des Microdosings bei Psilocybin auf die positive Erwartungshaltung der Proband:innen zurück.[7] Bei der Einnahme standardisierter Mengen von Psilocybin-Pilzen trat im Vergleich zu Placebo keine Verbesserung hinsichtlich der Emotionsverarbeitung oder Symptomen von Angst und Depression auf.[8]
Und in einer selbstverblindeten Studie, in der die Teilnehmer:innen LSD oder Psilocybin-Pilze mikrodosierten, verbesserten sich der emotionale Zustand, Stimmung, Energielevel, Kreativität und Angst in der Verum-Gruppe lediglich im gleichen Ausmaß wie in der Placebogruppe.[9]

Quellen


[1] Buchborn T et al. Tolerance to Lysergic Acid Diethylamide: Overview, Correlates, and Clinical Implications, Neuropathology of Drug Addictions and Substance Misuse, Academic Press, 2016,

Pages 846-858

[2] Papoian T et al. Regulatory Forum Review*: Utility of in Vitro Secondary Pharmacology Data to Assess Risk of Drug-induced Valvular Heart Disease in Humans: Regulatory Considerations. Toxicol Pathol. 2017 Apr;45(3):381-388

[3] Droogmans S et al. Possible association between 3,4-methylenedioxymethamphetamine abuse and valvular heart disease. Am J Cardiol. 2007 Nov 1;100(9):1442-5

[4] Polito V et al. Is microdosing a placebo? A rapid review of low-dose LSD and psilocybin research. J Psychopharmacol. 2024 Jun 14:2698811241254831

[5] Robin JM et al. Microdosing Psychedelics: Current Evidence From Controlled Studies, Biological Psychiatry: Cognitive Neuroscience and Neuroimaging, Volume 9, Issue 5, 2024, Pages 500-511;

[6] Rootman JM et al. Psilocybin microdosers demonstrate greater observed improvements in mood and mental health at one month relative to non-microdosing controls. Sci Rep 12, 11091 (2022)

[7] Cavanna F, et al. Microdosing with psilocybin mushrooms: a double-blind placebo-controlled study. Transl Psychiatry 12, 307 (2022)

[8] Marschall J et al. Psilocybin microdosing does not affect emotion-related symptoms and processing: A preregistered field and lab-based study. J Psychopharmacol. 2022 Jan;36(1):97-113

[9] Szigeti B et al. Self-blinding citizen science to explore psychedelic microdosing. Elife. 2021 Mar 2;10:e62878

Das könnte Sie auch interessieren