Sportverletzungen

Von der Zerrung bis zum Bänderriss

Mag. Pharm.

Malena

Brenek

,

Bsc

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Sportverletzung © iStock
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Mit den ersten warmen Frühlingstagen zieht es die Menschen wieder nach draußen – zum Laufen am Donaukanal, zum Wandern in den Tiroler Bergen oder zum Radfahren entlang der Enns. Nach den bewegungsärmeren Wintermonaten nutzen viele die längeren Sonnenstunden, um auch sportlich aktiver zu werden. Der Übergang von der winterlichen Ruhephase zu intensiverer sportlicher Aktivität birgt jedoch ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Muskelzerrungen, Bänderverletzungen und Überlastungssyndrome – meist verursacht durch plötzliche ungewohnte Belastungen und mangelndes Aufwärmen. 

Arten der Sportverletzungen – ein Überblick

Je nach Art der Verletzung lassen sich die häufigsten Sportverletzungen vereinfacht in vier Hauptkategorien einteilen: Überbeanspruchungen, stumpfe Traumata, Frakturen und Luxationen sowie Verstauchungen und Zerrungen.

Überbeanspruchung: Der schleichende Gegner

Überbeanspruchungsverletzungen entstehen durch wiederholte Mikrotraumata, die zu lokalen Entzündungen führen. Ursachen sind oft fehlerhafte Techniken, unzureichende Regenerationsphasen oder ein zu schneller Trainingsaufbau. Typische Beispiele sind das Shin-Splint-Syndrom oder das Runner’s Knee. Ein plötzlicher Anstieg der Belastung kann insbesondere unerfahrene Sportler:innen oder Personen nach längeren Pausen überfordern, da die Anpassungsfähigkeit des Gewebes überlastet wird, was zu Mikroverletzungen führt. Ohne ausreichende Regeneration können sich diese zu chronischen Beschwerden entwickeln.

Eine kumulative Überlastung der Sehnen, wie zum Beispiel an der Achillessehne, kann zu Tendopathien führen. Diese äußern sich typischerweise durch morgendliche Anlaufschmerzen, die sich im Laufe des Tages bessern, jedoch bei fortgesetzter Belastung schlimmer werden können. Besonders gefährlich ist, dass viele Sportler:innen Schmerzen ignorieren und trotz Beschwerden weiterhin trainieren. Überbeanspruchung kann zudem zu Kompensationsbewegungen führen, die andere Körperbereiche belasten und so zusätzliche Verletzungen verursachen.

Stumpfe Traumata: Wenn der Körper aufprallt

Stumpfe Verletzungen entstehen meist durch direkte Zusammenstöße, Stürze oder Schläge – typischerweise bei Mannschaftssportarten, aber auch beim Radfahren, Skifahren oder Inline-Skaten. Sie reichen von Prellungen und Blutergüssen bis hin zu Gehirnerschütterungen und Knochenbrüchen. Stumpfe Traumata, wie bspw. Prellungen nach einem Sturz, verursachen mechanische Schäden an Gewebe, Muskeln oder subkutanem Fettgewebe.

Die dabei entstehenden Hämatome resultieren aus beschädigten Blutgefäßen, die lokal Blut austreten lassen. Während die meisten stumpfen Verletzungen harmlos sind und durch Schonung gut abheilen, gibt es auch gefährliche Szenarien: Insbesondere Kopfverletzungen können trotz geringer äußerer Anzeichen schwerwiegende Folgen haben. Bei Patient:innen, die Blutverdünner wie Acetylsalicylsäure einnehmen, ist besondere Vorsicht geboten. Selbst kleinere Kopfverletzungen können hier zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen führen.

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Magnesium, Kalium und B-Vitamine nach dem Training versorgen die Muskeln und beugen Krämpfen vor. Vitamin C unterstützt die Regeneration. © iStock

Frakturen und Luxationen: Akute Verletzungen mit schwerwiegenden Folgen

Frakturen und Luxationen sind akute, schwerwiegende Verletzungen, die den strukturellen Zusammenhalt von Knochen oder Gelenken zerstören. Luxationen betreffen häufig die Gelenkkapsel und Bänder, was zu Fehlstellungen, starken Schmerzen und erheblichen Funktionsausfällen führt. Schwere Frakturen sind in der Regel leicht erkennbar, jedoch bleiben kleinere Verletzungen wie Ermüdungsfrakturen – kleine Haarrisse im Knochen, die durch wiederholte Belastung entstehen – oft unbemerkt. Sie äußern sich vor allem durch belastungsabhängige Schmerzen, die bei fortgesetztem Training oder sportlicher Betätigung verstärkt auftreten können.

Verstauchungen und Zerrungen: Wenn plötzliche Bewegungen den Körper belasten

Verstauchungen und Zerrungen entstehen meist durch abrupte Bewegungen wie schnelle Richtungswechsel beim Fußball oder das typische Umknicken des Knöchels. Dabei kommt es zu einer unphysiologischen Überdehnung oder in schwereren Fällen zu einem Riss von Muskeln, Sehnen oder Bändern. Zerrungen betreffen die kleinsten funktionellen Einheiten des Muskels, die Sarkomere, die durch übermäßige Dehnung belastet werden. Diese Überdehnung beeinträchtigt die Funktion des Muskels und führt zu typischen Symptomen wie Schmerzen, Muskelsteifheit und einer eingeschränkten Beweglichkeit. Verstauchungen hingegen betreffen die stabilisierenden Bandstrukturen eines Gelenks. Hierbei kann es zu Mikroverletzungen oder kompletten Rupturen kommen, was oft mit einer Gelenkinstabilität und teils deutlicher Schwellung einhergeht.

Die PECH-Regel: Grundlage der Erstversorgung

Ein essenzieller Grundsatz in der Erstversorgung von akuten Sportverletzungen ist die PECH-Regel. Diese einfache Methode hilft, Schwellungen und Schmerzen zu reduzieren und den Heilungsprozess zu fördern.

P – Pause

Die betroffene Körperstelle sollte sofort ruhiggestellt werden, um eine Verschlimmerung der Verletzung zu verhindern.

E – Eis

Eine Kühlung mit Eisbeuteln oder Cool-Packs für 15 bis 20 Minuten verringert die Durchblutung und mindert so Schwellungen und Schmerzen.

C – Compression

Ein Druckverband stabilisiert das verletzte Gewebe, verlangsamt die Blutung und reduziert eine übermäßige Schwellung.

H – Hochlagern

Die betroffene Extremität sollte über Herzhöhe gelagert werden, um den venösen Rückfluss zu fördern und die Bildung von Ödemen zu reduzieren.

Durch das Kühlen wird eine Vasokonstriktion erreicht, was den Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe hemmt und entzündungsfördernde Mediatoren unterdrückt. Kompression und Hochlagerung verstärken diesen Effekt, indem sie den venösen Rückfluss begünstigen und die Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe, die zu Schwellungen führt, vermindern.

Erstversorgung von Sportverletzungen © shutterstock
Nach der Erstversorgung können kühlende Gele mit Menthol und Campher aufgetragen werden, um die Schwellung zu reduzieren und Schmerzen zu lindern. © shutterstock

Hinweis

Die PECH-Regel ist heute teils umstritten. Der ursprüngliche Entwickler der PECH-Regel, Dr. Gabe Mirkin, distanzierte sich 2015 davon und bemängelte, dass Kühlung und Ruhe den Heilungsprozess verzögern könnten. Neuere Ansätze wie das PEACE-&-LOVE-Protokoll heben hervor, dass Mobilisation aktiv die Heilung unterstützt. Daher sollte die PECH-Regel primär als Maßnahme zur akuten Erstversorgung angewendet werden.

Verletzungs­risiko minimieren

Damit Sportverletzungen gar nicht erst entstehen, sind präventive Maßnahmen entscheidend:

  • Aufwärmen
    Ein gut geplantes Aufwärmprogramm reduziert das Verletzungsrisiko.
  • Langsamer Trainingsaufbau
    Gerade nach längeren Pausen sollten Umfang und Intensität schrittweise gesteigert werden.
  • Erholungsphasen
    Regeneration ist ebenso wichtig wie das Training selbst.
  • Schutzkleidung
    Besonders bei Sportarten mit Sturzgefahr schützen Helme, Knie- und Ellenbogenschoner vor schweren Verletzungen.

Praktische Ansätze für die Beratung

Akuttherapie mit Analgetika

Bei akuten Schmerzen eignen sich NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen als Therapiemittel der ersten Wahl. Sie wirken sowohl analgetisch als auch antiphlogistisch, sind jedoch bei Patient:innen mit Gastritis oder eingeschränkter Nierenfunktion mit Vorsicht einzusetzen. Die Einnahme sollte bei akuten Beschwerden auf wenige Tage begrenzt bleiben. Als Alternative können topische NSAR-Präparate, bspw. Diclofenac- oder Ibuprofen-Gele, eingesetzt werden. Diese kombinieren entzündungshemmende Eigenschaften mit lokaler Schmerzbehandlung und bieten den Vorteil einer lokalen Anwendung mit minimaler systemischer Belastung.

Alternative lokale Schmerztherapeutika

Kühlende Präparate, die Menthol oder Campher enthalten, eignen sich besonders in der Akutphase der Verletzung. Sie reduzieren Schwellungen und lindern Schmerzen durch einen kühlenden Effekt. 

Für die äußerliche Anwendung eignen sich auch Präparate mit Methylsalicylat. Diese sind hyperämisierend und wirken schmerzlindernd sowie entzündungshemmend. Wärmende Präparate mit Capsaicin können bei Krämpfen und Muskelverspannungen helfen. Sie bewirken eine Vasodilatation, steigern die Durchblutung und lösen dadurch Verspannungen. Heparin- oder heparinoidhaltige Gele unterstützen die Zirkulation im verletzten Gewebe und tragen so zum Abbau von Blutergüssen und Schwellungen bei. Wickel oder Cremes mit essigsaurer Tonerde haben eine kühlende und abschwellende Wirkung und sind besonders bei Prellungen und Schwellungen ein bewährtes Hausmittel.

Phytotherapie – Natürliche Unterstützung

  • Arnika (Arnica montana):
    Arnika ist ein traditionelles Heilmittel bei Prellungen und Blutergüssen. Die enthaltenen Sesquiterpenlactone (Helenalin) wirken entzündungshemmend und abschwellend. Achtung: Arnika sollte nur äußerlich angewendet werden.
  • Teufelskralle (Harpagophytum procumbens):
    Die Teufelskralle eignet sich bei chronischen Beschwerden und Entzündungen von Gelenken. Die Iridoidglykoside (Harpagosid) hemmen entzündliche Prozesse und lindern Schmerzen. Vorsicht ist bei gleichzeitiger Einnahme von Antikoagulantien geboten.
  • Beinwell (Symphytum officinale):
    Beinwell ist ein bewährtes Mittel bei Prellungen, Verstauchungen und Zerrungen. Die enthaltenen Allantoine, Schleimstoffe und Gerbstoffe fördern die Heilung des Gewebes und wirken entzündungshemmend.
Teufelskralle © AdobeStock
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Nahrungsergänzungsmittel

Nach einem intensiven Training sollte auf eine ausreichende Versorgung mit Magnesium und Kalium geachtet werden, da beide Elektrolyte eine zentrale Rolle bei der Muskelfunktion und der Vorbeugung von Krämpfen spielen. Zudem können Vitamine der B-Gruppe den Energiestoffwechsel unterstützen und den Heilungsprozess nach der Belastung fördern. Vitamin C wirkt als Antioxidans und unterstützt das Immunsystem.

Quellen

Weitere Literatur auf Anfrage

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