Im März 2021 veröffentlichte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein Erkenntnis, wonach rezeptfreie Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden dürfen. Der Apothekenvorbehalt in Österreich wurde damit vom Höchstgericht bestätigt. Also keine Panik: Das Gerichtsurteil ist rechtskräftig und damit unumstößlich. Zumindest hat die neuerliche Offensive der Kaufhauskette ein starkes mediales Echo herbeigeführt. Das ist verständlich, denn aus journalistischer Sicht handelt es sich um eine „gute G’schicht“. „Schwarz-Weiß-Bilder“, wie sie hier gezeichnet werden, gelten als inhaltlich simpel und sind auf engem redaktionellem Raum leicht zu zeichnen. Entsprechend gut kommen sie in der Medienöffentlichkeit an.
Dabei sind Quantität und Inhalt der Argumente, die gegen einen Arzneimittelvertrieb in Handelsketten sprechen, überzeugend. Zunächst: Arzneimittel an Orten zu verkaufen, die von Impulskäufen leben, ist vollkommen unverantwortlich. Kosmetikkompetenz – sofern vorhanden – ersetzt kein pharmazeutisches, akademisch erworbenes Wissen. Medikamente sind keine Handelsware, und Gesundheitsberatung ist keine Marketingtätigkeit. Hier steht Verantwortung gegen Profitbestreben. Tatsache ist: Drogerien sind auf Umsatz optimiert, Apotheken auf Sicherheit. Der Apothekenvorbehalt macht durchaus Sinn. Eine Abschwächung würde lediglich internationalen Großkonzernen in die Hände spielen. Im Fokus der Unternehmen stünde nur der Verkauf einiger profitabler Produkte. Reine Rosinenpickerei also. Eine Gefährdung von Versorgungs- und Patientensicherheit wäre die Folge.
Das Argument der Drogeriemarktlobby, dass man ja „nur“ rezeptfreie Arzneimittel verkaufen wolle und keine rezeptpflichtigen, greift vollkommen daneben. Denn gerade bei rezeptfreien Medikamenten ist die persönliche pharmazeutische Fachberatung von größter Bedeutung, weil es zuvor ja keinen ärztlichen Kontakt gegeben hat. „Falsche Anwendung kann gesundheitsschädliche Folgen haben – von falscher Selbstdiagnose sowie inkorrekter Anwendung und Dosierung über schwere Arzneimittelwechselwirkungen bis hin zur Maskierung schwerwiegender Erkrankungen. Der Apothekenvorbehalt in Verbindung mit dem Selbstbedienungsverbot stellt hier das notwendige Korrektiv dar, da er fachlich qualifizierte Beratung und Kontrolle bei der Abgabe sicherstellt.
Wir Apotheker:innen müssen der Bevölkerung vermitteln, dass der Apothekenvorbehalt auch die flächendeckende Versorgung sichert, da Apotheken die Erträge aus diesem Segment benötigen, um umfassende Leistungen für das Gemeinwohl zu finanzieren, Stichwort Notdienste oder magistrale Herstellung oder Substitutionsbehandlungen – allesamt unbezahlte oder nicht kostendeckende Leistungen.
Ein Wegfall dieser Erträge würde die Ertragskraft der Apotheken schwächen und könnte zu Leistungseinschränkungen oder sogar zu Versorgungslücken führen. Geiz mag zwar geil sein, aber im Falle von Medikamenten ein Bumerang.