Interview

„Ich möchte gemeinsame Lösungen finden“

Mag. Andreas Feichtenberger
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Nicole Schlautmann © Pfizer
Nicole Schlautmann © Pfizer

Nicole Schlautmann wechselte von Pfizer Deutschland zu Pfizer Österreich. In unserem Nachbarland leitete die diplomierte Biologin den Bereich Rare Diseases. Internationale Erfahrung sammelte Schlautmann bereits in Paris und New York. Mit der ÖAZ sprach die Mutter einer zehnjährigen Tochter über ihre Leidenschaft für die Medizin, ihren Wunsch, „Digital Health“ weiter voranzutreiben, und den Kampf gegen Lieferengpässe.

Interview: Mag. Andreas Feichtenberger

ÖAZ Frau Schlautmann, Sie sind seit November neue Geschäftsführerin von Pfizer Austria. Herzliche Gratulation! Was bedeutet dieser Wechsel für Sie persönlich und was fasziniert Sie an der Branche?

Nicole Schlautmann Vielen Dank, ich fühle mich schon sehr wohl in Wien! Ich bin nun schon seit mehr als 15 Jahren in der pharmazeutischen Industrie tätig und nach internationalen Zwischenstopps in Paris und New York vor acht Jahren bei Pfizer in Deutschland eingestiegen. Spätestens seit der COVID-19-Pandemie ist der Name Pfizer wohl jedem ein Begriff – wir haben bewiesen, dass wir auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Player im Gesundheitswesen sind. Ich freue mich sehr, Teil eines Unternehmens zu sein, das derzeit den medizinischen Fortschritt enorm vorantreibt. Mit Stand November 2022 besteht unsere Pipeline aus 112 Entwicklungsprogrammen – also einer Vielzahl an potenziellen Behandlungen und Impfstoffen für Patientinnen und Patienten. Und genau das ist es, was mich täglich antreibt: Die Zukunft der Medizin mitzugestalten – und zwar immer mit den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt.

ÖAZ Zuletzt leiteten Sie den Bereich „Rare Disease“ bei Pfizer Deutschland. Wo sehen Sie die zentralen Unterschiede zwischen den beiden Ländern?

Schlautmann  Die Unterschiede sind gar nicht so groß, wie man vielleicht denkt – alle europäischen Gesundheitssysteme stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Ich bin nicht nach Wien gekommen, um Vergleiche anzustellen, sondern um ein neues Kapitel der Erfolgsgeschichte von Pfizer in Österreich aufzuschlagen.

ÖAZ Welche Ziele verfolgen Sie in Ihrer neuen Funktion?

Schlautmann Ich freue mich sehr, nun bei der Pfizer Corporation Austria ein hervorragend aufgestelltes Team zu leiten und mit diesem die Entwicklungen in unserem Unternehmen zum Nutzen der Patientinnen und Patienten voranzutreiben. Ein besonderes Anliegen ist es mir, die digitale Transformation nicht nur im eigenen Unternehmen zu forcieren, sondern „Digital Health“ auch für unsere Patientinnen und Patienten spürbar zu machen. Aufholbedarf sehe ich hier besonders in der Nutzung von Gesundheitsdaten. Wir nutzen die Daten, die wir haben, nicht optimal. Bei aller Bedeutung, die der Datenschutz hat, darf er nicht zum Hemmschuh für medizinischen Fortschritt und Zugang zu medizinischen Leistungen unserer Patientinnen und Patienten werden.

ÖAZ Seit vielen Jahren sind Lieferengpässe ein zentrales Thema in ganz Europa. Wie sehen Sie die aktuelle Lage und welche Entwicklungen erwarten Sie?

Schlautmann Die Versorgung der Patienteninnen und Patienten ist ein zentrales Thema in Österreich und somit auch für uns bei Pfizer. Wir arbeiten proaktiv mit allen beteiligten Stakeholdern – von den internen Abteilungen über den Großhandel bis zu den Apotheken – zusammen, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten und kritische Situationen wie Engpässe von Arzneimitteln oder gar Stock-outs möglichst zu vermeiden. Im eigenen Interesse arbeiten wir mit Hochdruck daran, immer lieferfähig zu sein – und wenn dennoch Lieferprobleme auftreten, sind wir bestrebt, diese rasch zu überwinden. 

ÖAZ Laut aktueller Studie wünschen sich 90 % der Österreicher:innen eine unabhängigere Arzneimittelproduktion in Österreich. Planen Sie in naher Zukunft weitere Investitionen und wie sehen Sie die Chancen, dass hier mehr Autonomie umgesetzt werden kann?

Schlautmann Dass eine funktionierende Medikamentenversorgung von großer Bedeutung für die Gesundheit der Bevölkerung ist, steht außer Frage. Der Produktionsprozess von pharmazeutischen Produkten ist sehr komplex; oftmals braucht es mehrere Produktionsstätten, um ein Arzneimittel herstellen zu können. Neben der Produktion per se, werden Rohstoffe und Technologien benötigt. Daher ist eine Produktion sicher(er), wenn man auf ein weltweites Netzwerk zurückgreifen und auch weltweite Lieferketten nutzen kann und Alternativen hat, damit Waren und Material ungehindert fließen können. Resilienz in den Produktionsprozessen bringt daher mehr Sicherheit, als die Produktion im eigenen Land zu haben. 
Pfizer setzt zudem immer wieder Impulse in den Pharmastandort Österreich. So wurde in den Jahren 2019 bis 2021 umfangreich in den Produktionsstandort in Orth an der Donau investiert und die dort bestehende Infrastruktur ausgebaut. Hier werden zwei Impfstoffe für den weltweiten Bedarf hergestellt. Im 2022 neu eröffneten, internationalen Qualitätskontrollzentrum führen die Kolleginnen und Kollegen zudem Qualitätskontrollen für Impfstoffe aus der weltweiten Pfizer-Pipeline durch.

ÖAZ Welche Rolle spielen Pharmaunternehmen Ihrer Meinung nach in der Therapielandschaft?

Schlautmann Arzneimittel und pharmazeutische Produkte sind ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung. Innovative Arzneimittel schaffen seit jeher Mehrwert für die Gesellschaft, indem sie einen maßgeblichen Beitrag zur Behandlung leisten – speziell etwa für akute, schwere oder chronische Erkrankungen. Wenn ich mir das dynamische Tempo unserer Branche ansehe, bin ich sicher, dass die pharmazeutische Industrie künftig eine noch größere Rolle in der Gesundheitslandschaft spielen wird. Mir ist wichtig, für die Herausforderungen des Gesundheitswesens gemeinsam Lösungen zu finden; das bedeutet: Alle Akteure, inklusive Patientinnen und Patienten, an einen Tisch!

ÖAZ Danke für das Gespräch.

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