
Während die Bundesregierung über eine Neuorganisation des Gesundheitswesens nachdenkt, sind gleichzeitig Tendenzen zur Entsolidarisierung spürbar. Vor diesem durchaus polarisierenden Hintergrund rückte die hochkarätig besetzte Veranstaltung die Rolle der Apotheken ins Zentrum: Unter dem Motto „Gesundheit neu denken – Stärken nutzen: Apotheken als Ass in der Versorgung“ luden der Präsident der oberösterreichischen Apothekerkammer, Mag. pharm. Thomas W. Veitschegger, und Vizepräsidentin Mag. pharm. Monika Aichberger zum alljährlichen Sommergespräch, welches aufgrund der tragischen Ereignisse in Graz heuer auf Herbst verschoben wurde. Im Mittelpunkt stand die Frage, welchen Beitrag Apotheken künftig zu Prävention und Gesundheitsversorgung leisten können und wollen, allen voran beim Impfen, der Verbesserung der Gesundheitskompetenz oder der Frauengesundheit.
Prävention aufwerten, System weiterentwickeln
„Das öffentliche und solidarische Gesundheitssystem muss gestärkt und weiterentwickelt werden – und hier sehe ich Apotheker:innen als wichtige Partner:innen. Manches geht in der Politik nicht von heute auf morgen, aber wir sind überzeugt: Apotheken können viel dazu beitragen, Vorsorge zu verbessern und Kosten zu dämpfen“, betonte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig und verwies auf zentrale Punkte im Regierungsprogramm, von Prävention und Gesundheitskompetenz über die Stärkung der Gesundheitsdienstanbieter bis hin zur Telemedizin und Früherkennung.
Mag. Christine Haberlander, Gesundheitslandesrätin und Landeshauptmann-Stellvertreterin von Oberösterreich, unterstrich die Funktion der Apotheken als echte Nahversorger: „Apotheken sind Orte sozialer Interaktion und Verlässlichkeit, die Beratung, Unterstützung und zielgruppengerechte Kommunikation bieten – ein Aspekt, der angesichts der demografischen Entwicklung weiter an Bedeutung gewinnt.“ Besonders hob Haberlander die Frauengesundheit hervor: Frauen als „Gesundheitsmanagerinnen“ der Familien werden in Apotheken gut mit Informationen in unterschiedlichen Lebensphasen erreicht, wie etwa auch zum Thema Wechseljahre. „Patient:innen müssten personalisiert, partizipativ und präventiv an den richtigen Ort begleitet werden. Dafür müssen die Themen Impfen, Wissensvermittlung und Prävention stärker mit Angeboten der Apotheken vernetzt werden.“
Podiumsdiskussion zeigt Chancen auf
Die anschließende Podiumsdiskussion zeigte klar auf, dass Apotheken durch die hohe Flächendeckung wesentlich unterstützen können, Prävention im Alltag zu verankern, Gesundheitskompetenz zu stärken und Menschen rasch zum „Best Point of Service“ lotsen zu können. Univ.-Prof. Dr. Helmut Salzer, MPH FECMM, Leitung der Klinischen Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin am Kepler-Universitätsklinikum, sprach sich für das Impfen in Apotheken aus: „Gerade bei saisonalen Erkrankungen mit hoher Krankheitslast, etwa der Influenza, muss man mutig und sehr niederschwellig ansetzen, denn in Österreich liegt die Influenza-Durchimpfungsrate weit unter dem europäischen Durchschnitt.“ Dies hat gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen, von individuellen Erkrankungen bis zu Produktionsausfällen. Prävention sei schwer messbar und erfordere daher vielschichtige Maßnahmen. Genau hier, so Salzer, seien Apotheken ein wichtiger Player. Die Politikerinnen Königsberger-Ludwig und Haberlander bestärkten, dass es von großem Nutzen sein könne, in Apotheken zu impfen, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen.
Chancen jetzt nutzen
„Es ist an der Zeit, dass das österreichische Gesundheitssystem die Apotheken als Ass in der Versorgung ausspielt“, knüpfte Mag. pharm. Monika Aichberger an das Veranstaltungsmotto an. Über 2.000 Apotheker:innen haben bereits eine zertifizierte Impffortbildung absolviert und sind bereit für neue Dienstleistungen wie z. B. Impfen in der Apotheke. Darüber hinaus können sie strukturierte Beratungen bis hin zur Medikationsanalyse in die Praxis bringen.“
Sie betonte, dass „Erfahrungen aus vielen europäischen Ländern zeigen, dass Impfen in Apotheken die Impfbereitschaft insgesamt erhöht – auch in den ärztlichen Ordinationen. Wir müssen jetzt endlich vom Reden ins Tun kommen.“
Gemeinsam brachten es alle Expert:innen auf den Punkt: Apotheken haben die Qualifikation und Bereitschaft, eine wichtige Versorgungsrolle zu übernehmen. Wenn Österreich seine Stärken konsequent nutzt, kann das „Ass in der Versorgung“ entscheidend dazu beitragen, Versorgung zu sichern, Prävention zu verankern, Gesundheitskompetenz zu heben und die Kostenentwicklung nachhaltig zu dämpfen. „Apotheken sind verlässliche, österreichweit verfügbare Partner für die Politik. Nun liegt es an ihr, diese Möglichkeiten zu nutzen“, so Veitschegger abschließend.