Echinacea

Sonnenhut

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Echinacea © Shutterstock
In vitro zeigte ein alkoholischer Auszug von Echinacea purpurea sogar antivirale Wirkungen gegenüber diversen Coronaviren wie SARS-CoV-2 und anderen Erkältungsviren. © Shutterstock

Die Gattung Echinacea gehört zur Familie der Asteraceae (Korbblütler) und stammt aus den östlichen und zentralen Regionen Nordamerikas. Schon in der indianischen Medizin wurden Zubereitungen aus dem Sonnenhutkraut bei schlecht heilenden Wunden und Schlangenbissen verwendet. Außerdem sollen die Ureinwohner Nordamerikas die Wurzel bei Pfeilverletzungen und Sepsis verwendet haben, um den Körper zu kräftigen und Infektionen zu bekämpfen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Sonnenhut schließlich auch nach Europa eingeführt und in der Folge als immunsteigernde Heilpflanze entdeckt.

Von den neun bekannten Arten aus der Gattung Echinacea werden in der modernen Phytotherapie nur drei medizinisch verwendet: der Purpurfarbene Sonnenhut (Echinacea purpurea (L.) Moench.), der Schmalblättrige Sonnenhut (Echinacea angustifolia DC.) und der Blasse Sonnenhut (Echinacea pallida Nutt.). 

Die Pflanzen sind ausdauernde Stauden; sie bilden eine grundständige Blattrosette aus, mit mehreren, oft verzweigten Stängeln und ungeteilten oval-lanzettlichen Blättern. Zu den botanischen Auffälligkeiten dieser Pflanze gehört der stark nach oben gewölbte Blütenboden mit seinen langen Röhrenblüten, die von stacheligen Spreublättern umgeben sind. Der Name Echinacea stammt vom griechischen „echinos“ (= Igel) und nimmt auf diesen Habitus Bezug. Auch der volkstümliche Name Igelkopfwurzel lässt sich dadurch erklären. Charakteristisch sind auch die langen, meist purpurfarbenen Zungenblüten dieser Pflanze. Die Droge stammt zwar zum Teil noch aus Wildsammlung in den USA, vorwiegend aber aus dem Anbau in Nordamerika, Mittel- bis Südeuropa sowie China.

Arzneilich verwendete Droge

Im Europäischen Arzneibuch sind sechs Monographien für Echinacea verfügbar: Echinaceae purpureae herba wird als die getrockneten (!), ganzen oder zerkleinerten blühenden oberirdischen Teile von Echinacea purpurea Moench. mit einem Mindestgehalt von 0,1 % der Summe aus Caftarsäure und Cichoriensäure (bezogen auf die getrocknete Droge) definiert.

Echinaceae purpureae radix wird als die getrockneten, ganzen oder zerkleinerten unterirdischen Organe von Echinacea purpurea (L.) Moench. mit einem Mindestgehalt von 0,5 % der Summe aus Caftarsäure und Cichoriensäure definiert.

Echinaceae pallidae radix wird als die getrockneten, ganzen oder zerkleinerten unterirdischen Organe von Echinacea pallida Nutt. mit einem Mindestgehalt von 0,2 % Echinacosid, bezogen auf die getrocknete Droge, definiert.

Echinaceae angustifoliae radix wird als die getrockneten, ganzen oder zerkleinerten unterirdischen Organe von Echinacea angustifolia DC. mit einem Mindestgehalt von 0,5 % Echinacosid, bezogen auf die getrocknete Droge, definiert. Verwechslungen und Verfälschungen kommen bei den oberirdischen Teilen zwischen den verschiedenen Echinacea-Arten vor, bei den Wurzeln auch mit Parthenium integrifolium.

Zusätzlich wurden noch zwei Presssaft-Monographien für das Europäische Arzneibuch erarbeitet. Eine – Purple coneflower herb expressed juice, stabilised with ethanol – behandelt den mit 96%igem Ethanol stabilisierten Presssaft aus den frischen blühenden und aus dem Anbau stammenden oberirdischen Teilen von Echinacea purpurea (L.) Moench. Er soll mindestens 0,1 mg/100 ml N-Isobutyldodecatetraenamide enthalten. Die zweite – Purple coneflower herb expressed juice, stabilised without ethanol – beschreibt einen Presssaft aus den frischen blühenden und aus dem Anbau stammenden oberirdischen Teilen von Echinacea purpurea (L.) Moench., der nicht mit Ethanol stabilisiert wird und der mindestens 0,25 % Cichoriensäure und mindestens 0,1 mg/100 ml N-Isobutyldodecatetraenamide enthalten muss.

Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkungen

Die wesentlichen Inhaltsstoffklassen von Echinacea sind Kaffeesäurederivate, Alkamide und Polysaccharide. Die einzelnen Arten unterscheiden sich sowohl in der Art als auch im Gehalt der einzelnen Verbindungen. Die Kaffeesäurederivate dienen auch der Identifikation der verschiedenen Drogen. Charakteristische Kaffeesäurederivate sind Echinacosid (nicht in E. purpurea enthalten), Cichoriensäure (nicht in den Wurzeln von E. angustifolia und E. pallida enthalten), Cynarin (nicht in der Wurzel von E. pallida und E. purpurea enthalten) sowie Chlorogensäure. In den Wurzeln des Blassen Sonnenhutes sind zudem die Alkamide nicht bzw. nur in Spuren vorhanden. Im Kraut des Purpurfarbenen Sonnenhutes und auch der beiden anderen Arten befinden sich neben den Alkamiden und Kaffeesäurederivaten auch Flavonoide (u. a. Rutin, Kämpferol- und Quercetinderivate) sowie Spuren von ätherischem Öl. Interessant erscheinen die im Blassen Sonnenhut beschriebenen Polysaccharide und Glykoproteine, welche in vivo bspw. die Proliferation von Milzzellen an Mäusen fördern und sowohl pilzhemmend wirken als auch antivirale Wirkungen zeigen.1

Das Vorkommen der einzelnen Inhaltsstoffe hängt außerdem von der verwendeten Zubereitungsform ab. Kürzlich konnte gezeigt werden, dass sich Presssäfte und alkoholische Tinkturen substanziell in den Inhaltsstoffen unterscheiden.2

Echinacea © Shutterstock
Die Wurzel des Purpurfarbenen Sonnenhutes eignet sich im Sinne einer traditionellen Anwendung darüber hinaus auch zur Behandlung von Pusteln und Pickeln bei leichter Akne. © Shutterstock

Immunmodulierende Wirkung

Echinacea-Extrakte zeigten in In-vitro-Modellen und in vivo immunmodulierende Effekte. Unter anderem konnte eine Anregung des unspezifischen Immunsystems über eine gesteigerte Phagozytose und Produktion diverser Zytokine festgestellt werden. Studien belegen zudem, dass die Applikation von Sonnenhutextrakten zu einer Downregulation von proinflammatorischen Zytokinen wie IL-6, TNF-α und IL-8 sowie einer Upregulation von antiphlogistisch wirksamem IL-10 führt.3 Als potenzielle Wirkstoffe werden u. a. die Polysaccharide diskutiert (s.o). Es besteht hier allerdings das Problem der fehlenden Bioverfügbarkeit, sodass eine Wirkung über das Immunsystem des Darms (Peyersche Plaques) angenommen wird.4 Die immunmodulierende Wirkung wird auch über eine Bindung von Alkamiden an CB2-Cannabinoidrezeptoren der T-Lymphozyten erklärt.5 Manche Kaffeesäurederivate besitzen zwar auch immunmodulierende Eigenschaften, allerdings sind ihre Stabilität und auch ihre Bioverfügbarkeit sehr gering.6

Antivirale Wirkung

So wie dies bereits in älteren Studien bei diversen Viren wie Herpes simplex belegt werden konnte, zeigen auch neuere Studien ausgeprägte antivirale Aktivitäten wässriger und alkoholischer Auszüge aus Echinacea purpureae herba gegenüber diversen Virusarten.7,8 In vitro zeigte ein alkoholischer Auszug (aus 95 % frischem Kraut und 5 % Wurzel) von Echinacea purpurea sogar antivirale Wirkungen gegenüber diversen Coronaviren wie SARS-CoV-2 und anderen Erkältungsviren.9

Antiphlogistische Wirkung

Die Alkamide des Purpurfarbenen Sonnenhutes wirken über die Bindung an Cannabinoid-Rezeptoren u. a. auch antiphlogistisch.10 Es konnte auch eine COX-1- und COX-2-Hemmung festgestellt werden.11

Klinische Studien

Die Studienlage hinsichtlich Prävention und Therapie von Erkältungskrankheiten mit Echinacea ist z. T. widersprüchlich. Dies hat auch damit zu tun, dass sich die einzelnen Studien nicht nur im Hinblick auf die verwendete Stammpflanze und Pflanzenteile, sondern auch im Hinblick auf den eingesetzten Extrakt sehr stark unterscheiden. Die beste Evidenz zeigt der Presssaft des Purpurfarbenen Sonnenhutkrautes.12

Eine positiv abgeschlossene, aktuellere placebokontrollierte Studie beleuchtete die Sicherheit und Wirksamkeit eines alkoholischen Extraktes aus frisch geernteter Echinacea purpurea (95 % Kraut, 5 % Wurzel) zur Prävention von Erkältungskrankheiten an 755 Patienten. Nach einer viermonatigen Studiendauer reduzierten sich unter Echinacea im Vergleich zur Placebogruppe nicht nur die Erkältungsepisoden, sondern auch die Krankheitstage und sogar die Konsumation von herkömmlichen Schmerzmitteln.13

Eine kürzlich durchgeführte Beobachtungsstudie mit 300 Kindern beschäftigte sich mit einem möglichen Nutzen einer adjuvanten Gabe von Echinacea zusätzlich zu Azithromycin bei Kindern mit wiederkehrender Tonsillitis. Die erste Gruppe (n=100) erhielt keine prophylaktische Therapie, die zweite Gruppe (n=100) jeweils für 6 Tage pro Monat 60 mg/kgKG Azithromycin und die dritte Gruppe (n=100) jeweils für 6 Tage pro Monat 60 mg/kgKG Azithromycin plus 10 Tage 3 x täglich jeweils 5 ml einer nicht näher definierten Echinaceazubereitung. In den sechs Monaten der Studie traten in Gruppe 3 die wenigsten Fälle einer Tonsillitis auf.14

Auf Basis von Beobachtungen aus Tierstudien wurden in den letzten Jahren auch Studien zu einem möglichen Benefit von Sonnenhut bei Angsterkrankungen und psychischen Erkrankungen durchgeführt. Zuletzt deutete eine sechswöchige Studie mit 106 Teilnehmern sogar auf eine antidepressive Wirkung von Echinacea hin.15

Wissenschaftlich bewertete Anwendungen

Das HMPC hat dem Presssaft aus dem Purpurfarbenen Sonnenhutkraut zur unterstützenden Behandlung von Erkältungen den Status einer medizinisch anerkannten Anwendung verliehen. Zubereitungen aus der Wurzel der drei Sonnenhutarten sind dagegen vom HMPC im Hinblick auf die unterstützende Behandlung von Erkältungen wegen nicht ausreichender Studien lediglich als traditionelle Anwendung eingestuft. Die Wurzel des Purpurfarbenen Sonnenhutes eignet sich im Sinne einer traditionellen Anwendung darüber hinaus auch zur Behandlung von Pusteln und Pickeln bei leichter Akne, das Kraut aus dem Purpurfarbenen Sonnenhut auch zur Behandlung kleiner oberflächlicher Wunden.

Typische Zubereitungen, Tagesdosierung und Anwendungsdauer

Man muss auch bei den Zubereitungsarten zwischen den einzelnen Arten unterscheiden. Das Kraut des Purpurfarbenen Sonnenhutes sollte laut HMPC als Frischpflanzenpresssaft oder als getrockneter Frischpflanzenpresssaft verwendet werden. Es gibt allerdings auch gut dokumentierte Präparate mit einer alkoholischen Tinktur (aus 95 % frischem Kraut und 5 % Wurzel). Zubereitungen aus getrockneten Wurzeln werden üblicherweise als Trockenextrakt, Flüssigextrakt oder als Tinktur angewendet. Die Wurzel des Schmalblättrigen Sonnenhutes kann laut HMPC auch als Tee genossen werden.

Für eine Tasse Tee verwendet man 1 g der Wurzel des Schmalblättrigen Sonnenhutes pro 150 ml Wasser. Dieser wird als Dekokt zubereitet. Man kann drei Tassen pro Tag trinken. Die Dosierung der Fertigarzneimittel richtet sich je nach gewähltem Präparat.

Falls die Beschwerden mehr als zehn Tage bestehen oder sich sogar verschlimmern, bzw. bei hohem Fieber, sollte eine ärztliche Konsultation erfolgen. 

Kinder, Schwangere und Stillende

Aufgrund fehlender Daten wird Sonnenhut seitens des HMPC erst ab 12 Jahren empfohlen. Für die Anwendung bei Schwangeren und Stillenden liegen keine Daten vor, weshalb eine entsprechende Anwendung ebenfalls nicht empfohlen wird.

Wechsel- und Nebenwirkungen (Risiken)

Es gibt Berichte über Überempfindlichkeitsreaktionen an der Haut. Die Häufigkeit dieser Nebenwirkung ist allerdings nicht bekannt.

Kontraindikation

Atopiker und Allergiker sollten laut HMPC Sonnenhut nur nach ärztlicher Rücksprache verwenden. Aufgrund der Einwirkung auf das Immunsystems sollten Personen mit schweren systemischen Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose, Tuberkulose), Autoimmunerkrankungen, immunsuppremierte Patienten, Personen mit Immunschwäche sowie Patienten mit Erkrankungen, welche die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) betreffen, Sonnenhut meiden. Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber einer im Sonnenhut enthaltenen Substanz oder bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegenüber Korbblütlern ist diese laut HMPC-Monographie ebenfalls kontraindiziert.

Kürzlich wurden die Sicherheitsdaten zu Echinaceazubereitungen evaluiert und entsprechend der jeweiligen Zubereitung bewertet.16

Co-Autoren

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Bauer
emer.o.Univ.-Prof. DI Dr. Chlodwig Franz
Univ.-Prof. i.R. Mag. Dr. Dr. h.c. Brigitte Kopp
Univ.-Prof. Mag. Dr. Hermann Stuppner

Quellen

1   Blaschek W. (Hrsg.) (2016): Wichtl − Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Pra-xis. 6. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart

2   Classen B. et al.: Analytische Charakterisierung und Vergleich medizinisch genutzter Echinacea-haltiger Zubereitungen. Zeitschrift für Phytotherapie. 40(4): 148–157 (2019)

3   Dall‘Aqua S. et al.: Pharmacokinetics and immunomodulatory effect of lipophilic Echinacea extract formulated in softgel capsules. Eur J Pharm Biopharm. 2015; 97(Pt A):8–14

4   Ardjomand-Woelkart, K. et al.: Echinacea - Eine Bestandsaufnahme der neueren Literatur. Zeitschrift für Phytotherapie 35(3) 128–135 (2014)

5   Wölkart K. et al.: The endocannabinoid system as a target for alkamides from Echinacea an-gustifolia roots. Planta Medica 71, 701–705 (2005)

Weitere Literatur auf Anfrage


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