Serenoa Repens

Sägepalme

Mag. pharm. Arnold Achmüller
Artikel drucken
Sägepalme © Shutterstock
Die Blätter und Blattstängel der Sägepalme tragen eine charakteristische feine Zähnung. © Shutterstock

Die Sägepalme Serenoa repens (W. Bartram) Small (früher auch Sabal serrulata (Michx.) Nutt. ex Schult.) ist eine Fächerpalme und gehört zur Familie der Arecaceae (Palmengewächse). Sie ist mehrstämmig, wächst buschförmig und erreicht Wuchshöhen von ein bis drei Metern. Die Blätter und Blattstängel der Sägepalme tragen eine charakteristische feine Zähnung. Daraus entstand auch das früher gebräuchliche Artepitheton serrata (lat. serra = Säge) sowie der deutsche Name Sägepalme. Das neuere Artepitheton stammt vom kriechenden Rhizom (lat. repens = kriechend) dieser Palmenart. Sabal wiederum war der Name der Sägepalme in der Sprache der indigenen Bevölkerung Nordamerikas. Die reifen Früchte sind im frischen Zustand dunkelrote Beeren, welche sich beim Trocknen fast schwarz verfärben.

Ursprünglich stammt diese Zwergpalme aus den Südoststaaten der USA, woher auch ein Großteil der Handelsdroge kommt. Darüber hinaus wird sie vor allem in Mittelamerika kultiviert.

Arzneilich verwendete Droge 

Im Europäischen Arzneibuch werden die Sägepalmenfrüchte (Sabalis serrulatae fructus) als die getrockneten, reifen Früchte von Serenoa repens (W. Bartram) Small (Syn. Sabal serrulata (Michx.) Schult.f.) mit einem Mindestgehalt von 11,0 % Gesamtfettsäuren definiert. Die Droge stammt heute vorwiegend aus Wildsammlungen aus den Südstaaten der USA.

Außerdem findet sich im Europäischen Arzneibuch eine Monographie zum Sägepalmenfrüchteextrakt (Sabalis serrulatae extractum). Dieses muss mindestens 80 % Fettsäuren, 23 % Laurinsäure, 0,20 % Gesamtsterole und mindestens 0,10 % ß-Sitosterol enthalten.

Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkungen 

Sägepalmenfrüchte enthalten hohe Mengen an Lipiden (15–20 %), wobei Triglyceride, freie Fettsäuren sowie Sterole dominieren. Die Hauptkomponente ist neben Myristin-, Laurin- und der Palmitinsäure die Myristoleinsäure. Bei den Sterolen dominieren ß-Sitosterol, ß-Sitosterolglucosid, ß-Sitosterolester, Stigmasterol und Campesterol. Außerdem finden sich in den Früchten Polysaccharide, Triterpene, Flavonoide (Isoquercitrin, Kämpferol-3-O-ß-D-glucosid und Rhoifolin) sowie Carotinoide.1

Die prostatotrope Wirkung der Sägepalmenfrüchte dürfte in einer Kombination aus antiandrogener und antiphlogistischer Wirkung liegen.

Antiandrogene Wirkung

Sowohl die n-Hexan- als auch die Ethanol- und CO2 -Extrakte der Sägepalmenfrüchte hemmen laut mehreren In-vitro-Studien dosisabhängig die 5-α-Reduktase und damit die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron. Dadurch wird ein wesentlicher pathologischer Faktor in der Entstehung einer Prostatahyperplasie vermindert. Außerdem sind mehrere Studien verfügbar, die einen eindeutigen inhibierenden Effekt eines Sägepalmenfrüchteextraktes auf den Androgenrezeptor belegen. Neuere In-vitro-Rezeptorbindungsstudien bestätigen darüber hinaus nicht nur die Hemmung der 5-α-Reduktase, sondern auch, dass diverse Fettsäuren der Sägepalmenfrüchte wie Myristin-, Laurin- und Linolsäure unter anderem an α1-Adrenozeptoren binden und diese blockieren. Ähnlich wie bei anderen Alphablockern wie Terazosin scheint dadurch die Entspannung der glatten Muskulatur an der Prostata erklärbar.2

Antiphlogistische Wirkung

Sägepalmenfrüchteextrakte vermindern laut In-vitro-Testungen die Cyclooxygenase und Lipoxygenase, wodurch weniger entzündungsauslösende Prostaglandine und Leukotriene gebildet werden. Da diese Entzündungsfaktoren im pathologischen Prozess der benignen Prostatahyperplasie eine Rolle spielen, lässt sich dadurch ein Teil des Wirkmechanismus erklären.

Antiproliferative und zytotoxische Wirkungen

Ein ethanolisches Sägepalmextrakt verminderte in vitro über eine Hemmung des epidermalen Wachstumsfaktors (EGF) die Proliferation von Prostatazellen. Dies ist insofern interessant, als dass es sich bei der Zelllinie um eine androgenunabhängige Linie handelt und diese Studie somit einen Hinweis auf einen möglichen zusätzlichen Wirkmechanismus liefert.3

Diese Ergebnisse konnten durch eine weitere Studie untermauert werden, in welcher ein Sägepalmenfrüchteextrakt ebenfalls zum Zelltod von humanen Prostatakrebszellen (LNCaP-Zellen) führte. Myristoleinsäure scheint hierbei eine Schlüsselrolle zu spielen.4

Klinische Studien

Unterschiedliche Extrakte aus den Sägepalmenfrüchten überzeugten in einer Vielzahl an klinischen Studien. Besonders aussägekräftig sind hierbei jene von Glemain (2004) und Debruyne (2002), welche in zwei unterschiedlichen Erhebungen mit insgesamt 1.033 Patienten nach einer Behandlungsdauer von zwölf Monaten vergleichbare Wirkungen von 320 mg eines n-Hexanextraktes aus Sägepalmenfrüchten und 0,4 mg Tamsulosin aufzeigten.5,6 Im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen war das Sägepalmenfrüchteextrakt dem Tamsulosin deutlich überlegen.

Diese Ergebnisse werden nicht nur durch einen systemischen Review aus dem Jahr 2014 mit insgesamt 734 Patienten, sondern auch durch eine aktuelle Studie mit 354 Teilnehmern mit benigner Prostatahyperplasie untermauert.7 Bei letzterer Studie wurden durch 320 mg eines Sägepalmenfrüchteextraktes (Lösungsmittel: n-Hexan) nicht nur die typischen Symptome wie vermehrtes Harnlassen, Nykturie und Harnretention vermindert, sondern auch die Symptome einer erektilen Dysfunktion verbessert.8 Ähnliche Ergebnisse ergab auch eine Metaanalyse aus 27 Studien aus dem Jahr 2018. Auch hierbei erwies sich ein Sägepalmextrakt (Lösungsmittel: n-Hexan) als wirksam und sehr gut verträglich.9

Sägepalme © Shutterstock
Zahlreiche Studien belegen die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit von Sägepalmenfrüchteextrakten bei benigner Prostatahyperplasie. © Shutterstock

In einer koreanischen Studie erhielten jeweils 60 Männer mit benigner Prostatahyperplasie 0,2 mg Tamsulosin bzw. 0,2 mg Tamsulosin plus 320 mg eines Sägepalmenfrüchteextraktes. Die Symptome verbesserten sich in jener Gruppe, die Sägepalmenfrüchteextrakt und Tamsulosin erhalten hatte, signifikant stärker als in der Kontrollgruppe, die lediglich Tamsulosin verabreicht bekam.10

Ein mit n-Hexan gewonnenes Sägepalmextrakt erwies sich in einer Biopsiestudie bei Prostatitis als hilfreich, um das Entzündungsgeschehen zu beruhigen. Jene Personen, die sechs Monate lang 320 mg dieses Extraktes eingenommen hatten, wiesen am Ende der Studie signifikant verminderte histologische Entzündungsparameter gegenüber der Placebogruppe auf.11

Auch in einer weiteren Studie mit 206 Männern mit benigner Prostatahyperplasie erwies sich ein Sägepalmenfrüchteextrakt (Auszugsmittel: n-Hexan) als antiphlogistisch bei chronischer Prostataentzündung.12

In einer weiteren Erhebung konnte in einer multizentrischen Pilotstudie neben den typischen Symptomen der benignen Prostatahyperplasie auch die sexuelle Dysfunktion verbessert werden. Die Patienten hatten hierfür acht Wochen lang 320 mg eines Sägepalmextraktes (Lösungsmittel n-Hexan) eingenommen.13

Eine italienische Studie ergab einen Hinweis auf eine weitere mögliche Indikation: Die 56 Studienteilnehmer mit bakterieller Prostatitis wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei eine Gruppe 600 mg Prulifloxacin und die zweite Gruppe 600 mg Prulifloxacin plus ein nicht näher definiertes Sägepalmenfrüchteextrakt erhielt. Nach acht Wochen kam es in der Gruppe, welche die Kombination verabreicht bekam, zu einer signifikant stärkeren Reduktion der Schmerzen und der Probleme beim Wasserlassen.14

Dass die Ergebnisse aus In-vivo-Studien, wonach Sägepalme auch bei androgener Alopezie hilfreich sein kann, auch auf Menschen übertragbar sein könnte, legt unter anderem eine kleine Pilotstudie nahe. Darin wurden 50 freiwillige Männer zwischen 20 und 50 Jahren 24 Wochen lang mit einem topisch aufgetragenen Sägepalmenfrüchteextrakt behandelt. Bereits nach zwölf Wochen war eine vermehrte Haardichte feststellbar.15

Wissenschaftlich bewertete Anwendungen

Das HMPC hat ein Dickextrakt der Sägepalme (DEV 7– 11:1, Lösungsmittel: n-Hexan) zur symptomatischen Behandlung der benignen Prostatahyperplasie als medizinisch anerkanntes pflanzliches Arzneimittel („well-established use“) anerkannt, wobei vor Therapiebeginn ärztlich eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen werden muss. Ein anderer Dickextrakt (DEV 7,5–14:3, Lösungsmittel: 90–96 % Ethanol) wurde vom HMPC dagegen als traditionelles pflanzliches Arzneimittel bei Beschwerden der unteren Harnwege infolge einer benignen Prostatahyperplasie eingestuft.

Typische Zubereitungen, Tagesdosierung und Anwendungsdauer

Die Anwendung sollte in Form von Dickextrakten erfolgen. Eine Anwendung als Tee ist aufgrund der apolaren fettlöslichen Inhaltsstoffe nicht empfehlenswert. Um eine optimale Wirkung zu erreichen ist es ratsam, auf standardisierte Fertigarzneimittel zurückzugreifen.

Die empfohlene Tagesdosierung für beide Arten der definierten Dickextrakte liegt bei 1 x täglich 320 mg. Bei Verschlechterung der Beschwerden, Auftreten von Fieber, Harnretention, Krämpfen, Blut im Urin sowie bei schmerzhaftem Wasserlassen sollte eine medizinische Begutachtung erfolgen. Die Anwendung bei Frauen, Kindern oder Jugendlichen wird aufgrund nicht vorhandener Indikationen nicht empfohlen.

Wechsel- und Nebenwirkungen (Risiken)

Gelegentlich können Magenbeschwerden und Kopfschmerzen auftreten. In seltenen Fällen kann es auch zu Übelkeit, Hautausschlag oder Gynäkomastie kommen. Es gibt vereinzelte Berichte, wonach Sägepalmenfrüchteextrakt möglicherweise die Wirkung von blutverdünnenden Wirkstoffen wie Phenprocoumon und Warfarin verstärken können.

Kontraindikation

Bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen eine in den Sägepalmenfrüchten enthaltenen Substanz.

Quellen

1   Blaschek W: Wichtl − Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis, 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart,2016

2   Abe M et al.: Pharmacologically relevant receptor binding characteristics and 5alpha-reductase inhibitory activity of free Fatty acids contained in saw palmetto extract
Biol Pharm Bull 2009, 32(4):646–650

3   Iglesias-Gato D et al.: Androgen-independent effects of Serenoa repens extract (Prostasan®)
on prostatic epithelial cell proliferation and inflammation. Phytother Res 2012, 26(2):259–264

4   Iguchi K et al.: Myristoleic acid, a cytotoxic component in the extract from Serenoa repens, induces apoptosis and necrosis in human prostatic LNCaP cells. Prostate. 2001, 47(1):59–65

5   Glemain P et al.: Tamsulosin with or without Serenoa repens in benign prostatic hyperplasia: the OCOS trial. Prog Urol 2002, 12(3):395–403

Weitere Quellen auf Anfrage

Das könnte Sie auch interessieren