Der Gewöhnliche Kürbis, auch Gartenkürbis genannt, gehört zur Familie der Cucurbitaceae (Kürbisgewächse) und ist eine ursprünglich aus den südlichen Regionen Nordamerikas stammende, sehr formreiche Pflanzenart. Es gibt zwei Unterarten: ssp. pepo, zu der alle Kulturformen gehören und ssp. texana, die vor allem in Texas wild vorkommt.
Kürbis ist eine einjährige krautige Pflanze mit langen, rau behaarten, verzweigten Trieben, großen, herzförmig-lappigen Blättern und Ranken. Männliche und weibliche Blüten befinden sich getrennt auf derselben Pflanze, die Frucht ist eine große, vielsamige „Panzerbeere“.
Seit dem 16. Jahrhundert wird Kürbis in Europa kultiviert. In der Volksmedizin war dieser schon damals ein beliebtes Heilmittel zur Verbesserung des Harnlassens – so zu lesen z. B. bei Hieronymus Bosch (1577) oder Adamus Lonicerus (1737). Der kubanische Arzt Mongeny wies im Jahr 1820 auf die ausgezeichnete Wirkung bei Bandwürmern hin. In Europa wurden Kürbissamen hingegen schon im 19. Jahrhundert bei Prostataleiden eingesetzt.1
Die unzähligen im Handel erhältlichen Kürbissorten und daraus gewonnenen Kürbissamen unterscheiden sich mitunter sehr stark in ihrem Inhaltsstoffspektrum. Ein besonders günstiges Inhaltsstoffmuster enthält Cucurbita pepo L. convar. citrullina I. GREB. var. styriaca I. GREB., der dünnschalige steirische Ölkürbis. Unter Arzneikürbis versteht man in erster Linie diese Kulturvarietät. Daneben finden sich im Handel auch Samen von convar. giromontiina GREB. var. oleifera PIETSCH. Als Arzneidroge sind nur die weichschaligen Samen von Cucurbita pepo L. zugelassen, während als Nahrungspflanzen auch andere Arten wie beispielsweise Cucurbita maxima DUCH. (Riesenkürbis) und Cucurbita moschata DUCH. Ex. POIR. (Moschus-Kürbis) zu finden sind.
Aus den Samen der diversen Kulturformen gewinnt man das nussartig riechende Kürbiskernöl, wobei die Samen vor der Pressung angeröstet werden. Die Droge wird ausschließlich aus dem Anbau gewonnen. Wichtige Herkunftsregionen für den Arzneikürbis sind Österreich (Steiermark), Ungarn und osteuropäische Länder.
Arzneilich verwendete Droge
Eine Monographie zu den Kürbissamen (Cucurbitae semen) ist im Deutschen Arzneibuch verfügbar. Verwendet werden die ganzen, getrockneten Samen von Cucurbita pepo L. und/oder verschiedener weichschaliger Kulturvarietäten.
Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkungen
Die Samen des Arzneikürbis enthalten Phytosterole sowie deren biosynthetische Vorstufe Squalen. Hervorzuheben ist der hohe Gehalt an Sterolen mit einer Doppelbindung in Position 7 (∆7), die im Pflanzenreich sonst allenfalls in Spuren vorkommen, während ∆5-Sterole ubiquitär verbreitet sind. Das spezifische Phytosterolmuster ist daher ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Zubereitungen aus Kürbissamen. Wichtige Sterole der ∆7-Reihe sind ∆7,25-Stigmastadienol, ∆7,22-Stigmastadienol und ∆7,22,25-Stigmastatrienol. In deutlich geringerem Ausmaß findet man ∆5-Sterole, wie Clerosterol und β-Sitosterol. Der Gehalt an fettem Öl variiert zwischen 35 und 55 %. Dieses besteht zu 75 bis 80 % aus ungesättigten Fettsäuren (hauptsächlich Linol- und Ölsäure) und zu ca. 20 % aus gesättigten Fettsäuren, wie Palmitin- und Stearinsäure. Erwähnenswert sind auch Tocopherole, wobei im Gegensatz zu vielen anderen pflanzlichen Ölen γ-Tocopherol in fünf- bis zehnfach höherer Konzentration vorliegt als α-Tocopherol. Arzneikürbissamen besitzen einen hohen Gehalt an wertvollen Aminosäuren, wie Arginin, Glutamin- und Asparaginsäure, sowie der selten vorkommenden γ-Aminobuttersäure. Als weitere quantitativ bedeutsame Inhaltsstoffe sind Carotinoide mit dem Hauptbestandteil Lutein, Vitamin C, verschiedene B-Vitamine sowie Mineralstoffe und Spurenelemente – insbesondere Zink, Magnesium und Selen – zu nennen.2
Antiandrogene Wirkung
Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit der ∆7-Sterole mit den Androgenen und Dehydrotestosteron (DHT) vermutet man schon länger, dass diese Substanzen für die prostatotrope Wirkung der Kürbissamen verantwortlich sind. Und tatsächlich zeigte sich in vitro eine Hemmung der Bindung von DHT an zytoplasmatischen Rezeptoren und eine Reduktion von DHT im Prostatagewebe. Allerdings wird der genaue Wirkmechanismus nach wie vor kontrovers diskutiert. In neueren Untersuchungen reduzierte sich das Wachstum von diversen Krebszelllinien und hyperplastischen Zellen nach Applikation eines wässrig-ethanolischen Extraktes aus Cucurbita pepo L. subsp. pepo var. styriaca um jeweils 40 bis 50 %, ohne dass eine Interaktion mit Androgen-, Östrogen- oder Progesteronrezeptoren stattgefunden hätte.3
Antiparasitäre Wirkung
Ausgehend von Berichten aus der traditionellen Heilkunde Nordamerikas und Europas, wonach Kürbiskerne gegen Wurmbefall helfen, sind mittlerweile mehrere vielversprechende In-vivo-Studien durchgeführt worden. Das antiparasitäre Potenzial des Kürbiskernöls wurde zuletzt in einer Studie gegenüber Schistosoma mansoni, einer Saugwurmart bei Mäusen, bestätigt.4 In einer anderen Studie erwies sich auch der wässrige Auszug aus den Kürbissamen bei Mäusen als ein potenzielles Heilmittel gegen den Zwergbandwurm Hymenolepis nana.5 Als mögliche Wirksubstanzen wurden Cucurbitacine identifiziert.
Nephroprotektive Eigenschaften
In Tierversuchen an Ratten zeigten Kürbiskerne (Cucurbita pepo L.) ein nephroprotektives Potenzial. Jene Tiere, denen man vor der Gabe von Cisplatin 14 Tage lang Kürbissamen gefüttert hatte, zeigten deutlich bessere Nierenwerte und geringere Anzeichen einer Nierenschädigung. Besonders gute Ergebnisse beobachtete man in der Gruppe, die geröstete Kürbissamen bekommen hatte.6
Wundheilende Eigenschaften
In einer Studie an Ratten überzeugte ein nicht näher definiertes Kürbiskernöl von Cucurbita pepo L. auch aufgrund seiner wundheilenden Eigenschaften. Im Vergleich zu jener Gruppe an Tieren, die mit einer Wundcreme aus zehn Prozent Mimosa hostilis behandelt wurden, zeigten sich in der Verumgruppe eine deutlich beschleunigte und verbesserte Wundheilung sowie eine reduzierte Entzündungsreaktion. Laut Studienautoren waren hierfür vermutlich die ungesättigten Fettsäuren, die Tocopherole und die Sterole verantwortlich.7
Kardioprotektive und cholesterinsenkende Wirkungen
Es überrascht nicht, dass Kürbissamen aufgrund des hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren antioxidativ wirken und kardiovaskuläre Erkrankungen positiv beeinflussen. In Tierversuchen an Ratten erwies sich Kürbiskernöl (40 bzw. 100 mg/kg) zuletzt sogar als kardioprotektiv und leicht
blutdrucksenkend.8 Außerdem legen Ergebnisse aus Tierver-
suchen eine cholesterinsenkende Wirkung durch die ungesättigten Fettsäuren nahe.9
Blutzuckersenkende Wirkung
Interessante Forschungsergebnisse gibt es auch im Hinblick auf mögliche antidiabetische Effekte einer Tocopherolfraktion aus rohen Kürbissamen. In Tierversuchen an Ratten mit Diabetes reduzierte dieses Extrakt nicht nur den Blutglucosespiegel und diverse oxidative Marker, sondern verbesserte auch die diabetesbedingten Veränderungen im Pankreas.10
Klinische Studien
Zu Kürbissamen sind in den letzten 50 Jahren mehrere klinische Studien durchgeführt worden, die einen Nutzen bei den typischen Symptomen einer beginnenden Prostatahyperplasie wie nächtlichem Harndrang, vermehrter Blasenentleerung und Restharnbildung zeigen.11,12,13 Diese Ergebnisse werden auch durch eine aktuelle Pilotstudie, an der 60 Männer mit einer milden benignen Prostatahyperplasie teilgenommen hatten, untermauert. So besserte die allabendliche Einnahme von 500 mg eines Kürbissamenextraktes (DEV 15–25:1, 60 % Ethanol) über drei Monate nicht nur die typische Symptomatik der Erkrankung, sondern verbesserte auch deutlich die Lebensqualität der Patienten.12
Zuletzt konstatierte auch ein systematischer Review Kürbiskerne einen Benefit bei der Behandlung der benignen Prostatahyperplasie inklusive einer Verbesserung der Lebensqualität.14
Es gibt auch zu anderen Kürbisarten positiv abgeschlossene Studien. So konnte in einer kleineren Studie mit 45 Männern mit Reizblase auch ein Kürbiskernöl aus Cucurbita maxima DUCH. überzeugen. Die Beschwerden besserten sich nach Einnahme von 10 g Kürbiskernöl über zwölf Wochen.15
Es überrascht nicht, dass Kürbissamen aufgrund des hohe Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren antioxidativ wirken und kardiovaskuläre Erkrankungen positiv beeinflussen.
Wissenschaftlich bewertete Anwendungen
Das HMPC hat Kürbissamen entsprechend der Spezifikationen des DAB10 als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Sinnvoll sind diese bei nächtlichem und unwillkürlichem Harndrang im Zusammenhang mit benigner Prostatahyperplasie oder einer Reizblase. Vor der Anwendung sollte allerdings eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen werden. Laut ESCOP können Kürbissamen bei der benignen Prostatahyperplasie in den Stadien I und II (nach Alken) bzw. in den Stadien II und III (nach Vahlensieck) eingesetzt werden.
Typische Zubereitungen, Tagesdosierung und Anwendungsdauer
Kürbissamen können als Rohdroge, Dickextrakt, Trocken-extrakt oder fettes Öl angewandt werden.
Die empfohlene Dosierung der Kürbissamen als Rohdroge liegt bei 2 x täglich je 2,5 bis 7,5 g.
Vom Dickextrakt (DEV: 15–25:1, Ethanol 92 % (M/M) sollten 2 x täglich 500 mg, vom Trockenextrakt (DEV: 15–30:1, 60 % Ethanol V/V) 3 x täglich 105 mg oder 2 x täglich je 152 mg eingenommen werden.
Alternativ kann laut HMPC auch 3 x täglich 1 bis 1,2 g Kürbiskernöl verwendet werden.
Eine Langzeitanwendung ist aufgrund der guten Verträglichkeit möglich. Falls sich die Beschwerden verschlimmern oder bei Auftreten von Fieber, Harnretention, Krämpfen, Blut im Urin sowie bei schmerzhaftem Wasserlassen sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Kinder, Schwangere und Stillende
Aufgrund fehlender Daten werden Kürbissamen seitens des HMPC erst ab 18 Jahren empfohlen. Für die Anwendung bei Schwangeren und Stillenden liegen bis dato für das Trocken- oder Dickextrakt keine Daten vor, weshalb eine entsprechende Anwendung nicht empfohlen wird. Kürbissamen als Rohdroge sowie das Kürbiskernöl können – bei entsprechender medizinischer Notwendigkeit – allerdings in der Schwangerschaft eingenommen werden.
Wechsel- und Nebenwirkungen (Risiken)
Es können milde gastrointestinale Beschwerden auftreten. Die Häufigkeit wird mit 4 % angegeben.
Kontraindikation
Bei einer bestehenden Überempfindlichkeit gegenüber Kürbissamen sollte man auf diese verzichten.
Quellen
1 Madaus, G. (1987): Lehrbuch der biologischen Heilmittel, Mediamed Verlag. Ravensburg
2 Blaschek W. (Hrsg.) (2016): Wichtl - Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis. 6. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart
3 Medjakovic et al.: Pumpkin seed extract: Cell growth inhibition of hyperplastic and cancer cells, independent of steroid hormone receptors. Fitoterapia. 2016; 110:150–6
4 Beshay et al.: Schistosomicidal, antifibrotic and antioxidant effects of Cucurbita pepo L. seed oil and praziquantel combined treatment for Schistosoma
mansoni infection in a mouse model. J Helminthol. 2019; 93(3):286–294
5 Alhawiti et al.: Anthelmintic Potential of Cucurbita pepo Seeds on Hymenolepis nana. Acta Parasitol. 2019; 64(2):276–281
Weitere Quellen auf Anfrage