Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) empfiehlt nun ein vorbeugendes Medikament gegen das Atemwegsvirus RSV für alle Neugeborenen. Beratungen eines Expertenkreises haben ergeben, "dass alle Kinder diesen Schutz ab Oktober/November vor Beginn oder während der Saison bis März des Folgejahres erhalten sollen", hieß es diese Woche im heimischen Fachblatt "Pädiatrie & Pädologie". Die einmalige Injektion Nirsevimab ist seit dem Vorjahr in der EU zugelassen.
Der langwirksame monoklonale Antikörper gegen RSV (Respiratorisches Synzytial-Virus) habe eine 75- bis 80-prozentige Effektivität zur Reduktion schwerer Infektionen mit oder ohne Hospitalisierung bewiesen. Das sei eine signifikante Verbesserung der RSV-Prophylaxe verglichen mit bisher monatlichen Injektionen Palivizumab in maximal fünf Monaten über die Saison nur für Risikokinder.
Die ÖGKJ fordert daher, sofern die Kindesmutter keinen RSV-Impfstoff während der Schwangerschaft erhalten hat, dass alle Neugeborenen und Säuglinge mit Nirsevimab vor einer schweren RSV-Infektion in der ersten Saison geschützt werden, Risikokinder in Einzelfällen auch über eine zweite Saison. Diese Empfehlungen könnten sich ändern, wenn mehr Daten zur Effektivität bei Risikokindern vorliegen, wurde betont.
Auf Basis epidemiologischer Studien wird in Industrienationen davon ausgegangen, dass etwa ein bis zwei Prozent aller reif geborener Säuglinge im ersten Lebensjahr aufgrund einer schweren RSV-Infektion hospitalisiert werden müssen. Die Hospitalisierungsraten sehr unreifer Frühgeborener waren über verschiedene Altersgruppen hinweg deutlich höher. Eine signifikante RSV-bezogene Sterblichkeit bestehe vor allem in Entwicklungsländern, in Industrieländern wie Österreich in der Regel jedoch auch bei Kindern mit Grunderkrankungen, heißt es in dem Fachartikel.
Nirsevimab habe das Potenzial, die Krankheitslast durch RSV-Infektionen in Österreich maßgeblich zu reduzieren, betont die ÖGKJ. Es wäre damit möglich, nicht nur Hochrisikokinder, sondern alle Kinder in der ersten RSV-Saison vor zum Teil schweren Krankheitsverläufen und dem Risiko einer RSV-bedingten Hospitalisierung zu schützen. Darüber hinaus könnte die Belastung für Kinderarztpraxen, Notfallambulanzen und die stationären Bereiche der Kinderkliniken und Kinderabteilungen während der RSV-Saison deutlich reduziert werden.
Die Kosten der entsprechenden Maßnahmen (für Eltern oder die öffentliche Hand) sind nicht Inhalt der Stellungnahme. Ziel war es, eine medizinische Empfehlung zu erarbeiten, betonte die ÖGKJ. Für alle Erwachsenen ab 60 Jahren und Risikopersonen ab 18 Jahren sind seit dem Vorjahr erstmals auch zwei klassische Impfstoffe gegen RSV zugelassen, einer davon ist auch für Schwangere empfohlen.
APA