Von einer Rhinosinusitis spricht man, wenn eine entzündliche Veränderung der Nasenschleimhaut (Rhinitis) und eine entzündliche Veränderung der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) gleichzeitig vorliegen.
Akut vs. chronisch
Ursache der akuten Rhinosinusitis (ARS) ist fast immer eine virale Infektion, die mit gestörtem Abfluss und eingeschränkter Ventilation der Nasennebenhöhlen einhergeht. Bakterielle Rhinosinusitiden sind deutlich seltener. Ihre Gesamtprävalenz wird in der Literatur mit 0,5 bis 2 % beziffert. Die odontogene ARS ist eine Sonderform, die auf einer fortgeleiteten Entzündung der Mundhöhle beruht, wie sie beispielsweise nach Zahnextraktionen, Zysten oder Implantationen auftreten kann.
Für die rezidivierende ARS und die chronische Rhinosinusitis (CRS) werden neben einer infektiösen Ätiologie anatomische Veränderungen der lateralen Nasenwand sowie konstitutive Faktoren (u. a. atopische Diathese, Allergien) als ursächlich angesehen. Tatsächlich ist die Entstehungsweise von ARS und CRS derart unterschiedlich, dass die früher verbreitete These, wonach sich ein Großteil der chronischen Verläufe aus akuten Rhinosinusitiden entwickelt, mittlerweile fallen gelassen wurde.
Der Weg zur Diagnose
Eine ARS lässt sich für gewöhnlich anhand der Leitsymptome und dem klinischen Bild diagnostizieren.
Leitsymptome erkennen
- Nasale Obstruktion
- Rhinorrhoe
- Geruchsverlust
- Frontale Kopfschmerzen
- Retronasale Sekretion („Postnasal Drip“)
- Husten
- Niesreiz
Es gilt, den Allgemeineindruck zu bewerten, das Gesicht zu inspizieren (gerötet oder geschwollen?) und abzuklären, ob die Kiefer- bzw. Stirnhöhlen druckschmerzhaft sind. Die Untersuchung des Rachens liefert Hinweise auf einen retronasalen Schleim- und Eiterabfluss. Klinische Untersuchungsverfahren sind zur Diagnose der ARS nicht zwingend erforderlich, bei rezidivierender ARS und CRS jedoch obligat.
Klinische Untersuchungsverfahren
Die klinische Untersuchung besteht aus der apparativen Inspektion der Nase und der Nasennebenhöhlen mittels Rhinoskopie oder Nasenendoskopie. Eine Rhinoskopie umfasst die Untersuchung des vorderen Nasenabschnittes mithilfe eines Nasenspekulums und einer Lichtquelle. Dies erlaubt es dem Untersuchenden, die Nasenschleimhaut, das Nasenseptum, die Nasenmuscheln sowie krankhafte Veränderungen zu beurteilen. Ein noch detaillierteres Bild liefert die Nasenendoskopie, bei der nach Vorbehandlung mit Dekongestiva und oberflächlich wirksamen Lokalanästhetika bewegliche oder starre Endoskope in die Nase eingeführt werden. Die Objektivierung der Menge des nasalen Luftdurchflusses gelingt mittels Rhinomanometrie (Druckdifferenzmessung).
Bildgebende Untersuchungsverfahren
Sonographie, Computertomographie und Magnetresonanztomographie werden bei ARS und rezidivierender ARS im Allgemeinen nicht empfohlen. Sie haben jedoch einen festen Platz bei der CRS, wo sie zur Planung und Durchführung von Operationen wie der funktionellen endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation (FESS) unerlässlich sind.
Laborchemische Untersuchungsverfahren
Sie wurden lange Zeit ausschließlich zur differenzialdiagnostischen Abklärung oder bei Patient:innen mit ARS bzw. rezidivierender ARS durchgeführt, um eine Antibiotikatherapie zu rechtfertigen, sind nunmehr aber fester Bestandteil der CRS-Diagnostik zur Verordnung von Biologika.
Bisherige Therapieoptionen
Akute Rhinosinusitis
Eine ARS ist definiert durch das Vorliegen typischer RS-Symptome über ≤ 12 Wochen. Treten mindestens vier ARS-Episoden im Zeitraum von zwölf Monaten mit zwischenzeitlich vollständiger Rückbildung der Beschwerden auf, handelt es sich um eine rezidivierende ARS. Die Standardtherapie beinhaltet konservierungsmittelfreie Dekongestiva in Form von Nasentropfen und -sprays für maximal 10 Tage (↑ Sekretabfluss) und gegebenenfalls orale NSAR gegen die Schmerzen. Das nichtentzündungshemmende Paracetamol ist NSAR wie Ibuprofen und Naproxen in der Indikation ARS unterlegen. Wird eine allergische Ursache vermutet, sind intranasale Antihistaminika bzw. Corticosteroide (INCS) eine Option.
Gute Daten gibt es auch für Cineol, Myrte und den definierten Mischextrakt BNO 1016, die in Studien die Symptome signifikant lindern und die Heilung beschleunigen. Nasenspülungen und Inhalationen heißer Dämpfe entfernen Ablagerungen und lindern die Irritation der Nasenschleimhaut. Sie können ergänzend zum Einsatz kommen. Die Wirksamkeit von Sekretolytika, Enzympräparaten und anderen Phytopharmaka ist umstritten. Sind Antibiotika indiziert, gelten Amoxicillin und Cefuroxim, bei Penicillin-Unverträglichkeit Azithromycin als Mittel der Wahl. Eine bakterielle Beteiligung ist wahrscheinlich, wenn die Beschwerden nach sieben Tagen weiterhin persistieren oder sich verschlechtern.
Chronische Rhinosinusitis
Als CRS bezeichnet man symptomatische Krankheitsverläufe mit einer Dauer von über zwölf Wochen. Diese können mit (CRSwNP) oder ohne (CRSsNP) Nasenpolypen einhergehen. Obwohl sich die Hinweise auf ein voneinander abweichendes pathophysiologisches Geschehen häufen, steht eine immunologische Phänotypisierung der verschiedenen Formen der CRS noch aus. Standardmedikation sind laut European Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps (EPOS) und den zurzeit in Überarbeitung befindlichen deutschen Leitlinien intranasale Corticosteroide. Sie verbessern nachweislich die Lebensqualität und senken den Score im SNOT-22 – einem etablierten Selbsttest, der Patient:innen Fragen zur Nasengesundheit und zum Allgemeinbefinden stellt, um den Schweregrad der Erkrankung zu bewerten. Der therapeutische Effekt von intranasalen Corticosteroiden (INCS) ist bei Patient:innen mit CRSwNP größer als bei solchen ohne Nasenpolypen (CRSsNP). Metaanalysen zeigen, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen den verschiedenen INCS-Typen gibt. Nach einer endoskopischen Nasennebenhöhlenoperation (FESS) können INCS zudem das Wiederauftreten von Polypen verzögern.
Rhinosinusitis (CRS)
Risiko-Faktoren
- Allergien
- Asthma und andere Erkrankungen der unteren Atemweg
- NSAR-exazerbierte Atemwegserkrankung (NERD
- Nasale Anatomie
- Ziliendysfunktion
- Rauchen
Reicht eine Lokaltherapie nicht aus, bessert ein Zyklus mit oralen Corticosteroiden (OCS) zuverlässig den Gesamtsymptom- und Nasenpolypenscore. Wermutstropfen sind die vielfältigen Nebenwirkungen und das rasche Wiederauftreten der Beschwerden nach Beendigung der Therapie. Infolgedessen sollen pro Jahr nicht mehr als ein bis zwei Zyklen OCS verabreicht werden. Lässt sich auch damit keine ausreichende Krankheitskontrolle erzielen, ist eine FESS angezeigt, bei der Polypen und krankhaft veränderte Strukturen unter Schonung der Schleimhaut minimalinvasiv entfernt werden. Doch auch die FESS hat eine hohe Rezidivrate, sodass im Laufe des Lebens meist weitere Eingriffe erforderlich sind. Bis zur Einführung der Biologika waren manche Patient:innen in einer Endlosspirale aus OCS – FESS – OCS usw. gefangen.
Biologika bei CRSwNP
Patient:innen kommen für eine Biologikatherapie infrage, wenn eine bilaterale Polyposis vorliegt, sie mindestens eine FESS hatten und drei der folgenden Kriterien erfüllen:
- Typ-2-Inflammation (Eosinophile im Blut oder Gewebe oder erhöhte IgE-Level)
- Bedarf an OCS (≥ 2 Zyklen pro Jahr oder länger als 3 Monate
- Kontraindikation für OCS
- Eingeschränkte Lebensqualität (SNOT-22 ≥ 40
- Eingeschränkter Geruchssinn (Anosmie oder Geruchstest
- Komorbides Asthma (das mit inhalativen Corticosteroiden behandelt wird)
Zurzeit (Stand: Oktober 2024) sind drei Biologika zur Therapie der CRSwNP zugelassen.
Dupilumab (Dupixent®)
Dupilumab wurde im Oktober 2019 als erstes Biologikum in der Indikation CRSwNP in der EU zugelassen. Als monoklonaler Antikörper hemmt es den IL-4- und IL-13-Signalweg und wird als Zusatztherapie in Kombination mit INCS bei Erwachsenen mit schwerer CRSwNP eingesetzt. Der Wirksamkeits- und Sicherheitsnachweis wurden im Studienprogramm LIBERTY NP SINUS erbracht. Dupilumab zeigte in Studien eine signifikante Reduktion der Polypengröße sowie eine Verbesserung der nasalen Obstruktion und des Riechvermögens.
Omalizumab (Xolair®)
Omalizumab ist ein spezifisch gegen IgE gerichteter Antikörper, der als Zusatztherapie zu INCS zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP angezeigt ist, wenn durch eine Therapie mit INCS keine ausreichende Krankheitskontrolle erzielt wird. Die EU-Zulassung erfolgte im Juli 2020 und basiert auf den Studien POLYP 1 und POLYP 2. Es konnte eine signifikante Reduktion der Polypengröße sowie eine signifikante Verbesserung der subjektiven nasalen Obstruktion und des Riechvermögens gezeigt werden. Omalizumab eignet sich für Patient:innen mit erhöhtem Serum-IgE, ist jedoch weniger wirksam als andere Biologika. EPOS rät angesichts der mangelhaften Datenlage vom Einsatz bei CRSwNP ab.
Mepolizumab (Nucala®)
Der selektive Anti-IL-5-Antikörper Mepolizumab wurde schließlich im November 2021 als drittes Biologikum in der Indikation CRSwNP zugelassen. Mepolizumab überzeugte in der Phase-III-Studie SYNAPSE mit einer Verbesserung der Nasenatmung und einer signifikanten Reduktion der Polypengröße. Es ist als Zusatztherapie in Kombination mit INCS zur Behandlung von Erwachsenen mit schwerer CRSwNP zugelassen. EPOS befürwortet den Einsatz als First-Line-Biologikum bei Patient:innen, welche die Kriterien für den Einsatz erfüllen.
Fazit
Nach wie vor werden viel zu oft Antibiotika für viral verursachte akute Rhinosinusitiden verordnet. Liegen keine Risikofaktoren für eine bakterielle Beteiligung vor, ist ein abwartendes Beobachten eine probate Behandlungsoption. Patient:innen mit schwerer chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen können von einer Biologikatherapie nachhaltig profitieren.
Quellen
- Fokkens WJ, et al.: A comparison of international guidelines for rhinosinusitis. J Allergy Clin Immunol Pract 2022; 10(6):1418-1422
- Fokkens WJ, et al. European position paper on rhinosinusitis and nasal polyps 2020. Rhinology 2020; 58(Suppl S29):1-464
- Fokkens WJ, et al.: EPOS/EUFOREA update on indication and evaluation of Biologics in Chronic Rhinosinusitis with Nasal Polyps 2023. Rhinology 2023; 61(3):194-202
- Rhinosinusitis S2k-Leitlinie AWMF-Register-Nr. 017/049 und 053-012
- Smith SS, et al.: The prevalence of bacterial infection
in acute rhinosinusitis: a Systematic review and meta-analysis.
Laryngoscope 2015; 125(1):57-69