Lidrandentzündung

Das lästige Randproblem

Mag. pharm. Sieglinde  PLASONIG
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Chronische Lidrandentzündungen gehen oft Hand in Hand mit trockenen Augen. Eine Fehlfunktion der Meibom-Drüsen am Lid ist häufig die Ursache. © Shutterstock
Chronische Lidrandentzündungen gehen oft Hand in Hand mit trockenen Augen. Eine Fehlfunktion der Meibom-Drüsen am Lid ist häufig die Ursache. © Shutterstock

Als Blepharitis werden alle entzündlichen Veränderungen der Lidränder bezeichnet. Eine akute Blepharitis hat fast jeder schon einmal erlebt – je nach Ursache ist diese Form der Lidrandentzündung innerhalb von Tagen oder Wochen ausgestanden. Chronische Formen können oft nicht ausgeheilt, sondern nur gelindert werden. Nach der Lokalisation unterscheidet man die anteriore Blepharitis, bei der die Lidhaut und der Bereich rund um Wimpernbasis entzündet sind, und die posteriore Blepharits, bei der der Grenzbereich zum Augapfel mit den Meibomschen Drüsen besonders betroffen ist. 

So äußert sich eine Blepharitis

Zu den Symptomen einer Blepharitis zählen v. a. brennende und juckende Lidränder. Außerdem können die Lider gerötet, geschwollen und verdickt sein. Morgens sind sie oft verklebt. Besteht zusätzlich eine Bindehautreizung, so klagen die Betroffenen auch über tränende Augen, Lichtempfindlichkeit und ein unangenehmes Fremdkörpergefühl im Auge. Speziell bei der chronischen Lidrandentzündung kann die Symptomatik stark mit der eines trockenen Auges überlappen.

Akute Blepharitis: infektiöse Ursachen häufig

Akute Lidrandentzündungen sind überwiegend auf infektiöse Ursachen zurückzuführen. Die Lidränder weisen Verkrustungen auf, speziell an der Wimpernbasis, die beim Wegwischen blutende Ulcera hinterlassen. Die Lider sind geschwollen und können nachts verkleben. Eine akute Lidrandentzündung kann auch gemeinsam mit einem sogenannten „Gerstenkorn“ (Hordeulum) auftreten, bei dem es zu einer umschriebenen, eitrigen Entzündung von Drüsen am Augenlid kommt. Häufige Verursacher solcher „ulzerierenden“ Blepharitiden sind Bakterien aus der Familie der Staphylokokken. Seltener sind Lidrandentzündungen viral bedingt – etwa durch Herpes simplex oder Varicella zoster.

Die Behandlung der akuten bakteriellen Ble­pharitis besteht in antibiotischen Augensalben über sieben bis zehn Tage. Bei viral bedingten Blepharitiden sind lokale bzw. systemische Virostatika für zumindest sieben Tage die Therapie der Wahl. Staphylokokken können auch zu einer permanenten Fehlbesiedelung des Bereichs führen und eine chronische Entzündung mit dauerhaften Schäden am Lid verursachen. Narbige Veränderungen sind die Folge; Wimpern fallen aus oder wachsen fehlgeleitet, sodass sie schmerzhaft am Auge scheuern (sog. Trichiasis).

Drei Schritte für entspannte Augen

Bei der chronischen Blepharitis ist die tägliche Lidrandhygiene wesentlich, um die Symptomatik dauerhaft zu bessern. Sie wird vom Betroffenen selber durchgeführt und besteht aus drei Schritten:

  • Wärmebehandlung
    Im ersten Schritt wird das zähe Sekret in den Meibomschen Drüsen mittels Wärmeanwendung verflüssigt. Empfohlen sind Temperaturen von 38–45 °C für fünf bis sieben Minuten. Dies kann mit einem sauberen, feuchtwarmen Waschlappen durchgeführt werden, der mit abgekochtem Wasser befeuchtet wird. Praktischer sind Spezialprodukte, wie selbsterwärmende Augenmasken oder eine Maske mit Leinsamenfüllung, die in der Mikrowelle erwärmt wird.

  • Lidmassage
    Im zweiten Schritt wird das verflüssigte Sekret sanft aus den Drüsen ausgestrichen. Dies kann mit einem sauberen Finger oder mit einem Wattestäbchen erfolgen. Auf der gesamten Breite des Lids wird mehrfach zum Lidspalt hin massiert – also am Oberlid von oben nach unten, am Unterlid von unten nach oben, vom äußeren zum inneren Lidwinkel.

  • Lidreinigung
    Im dritten und letzten Schritt muss das Lid gereinigt werden, um die gelösten Krusten, Sekrete und Ablagerungen zu entfernen. Die Reinigung erfolgt von außen nach innen. Dafür eignen sich fusselfreie Wattepads, die nach Absprache mit dem Augenarzt/der Augenärztin mit einer speziellen Reinigungsflüssigkeit befeuchtet werden. Ein steriles Reinigungsgel für die Augenlider kann zum sanften Entfernen von Krusten und Sekreten verwendet werden. Noch einfacher ist die Verwendung steriler, getränkter, gebrauchsfertiger Kompressen für die Lidrandhygiene.

    Für die Nachbenetzung verordnet der Arzt/die Ärztin dünnflüssige Tränen­ersatzmittel für tagsüber und dickflüssigere Tropfen, Gele oder Salben für nachts. Die Präparate sollten frei von Konservierungsmitteln sein. 

    Bei chronischen Lidrandentzündungen zeigen sich erste Erfolge der Lidrandpflege erst nach drei bis vier Wochen. Geduld ist also gefragt. Um eine dauerhafte Besserung bei chronischer Lidrandentzündung zu erreichen, muss die Lidrandhygiene genauso konsequent durchgeführt werden wie das tägliche Zähneputzen.

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Andere Ursachen für akut entzündete Lider

Nicht immer muss eine Infektion die Ursache für eine akute Lidrandentzündung sein. Grundsätzlich können alle Erkrankungen, die eine Dermatitis verursachen, auch die Lider in Mitleidenschaft ziehen. Eine Neigung zu Lidrandentzündungen und Lidekzemen findet sich z. B. bei der Neurodermitis und bei saisonalen Allergien. Der Juckreiz bei diesen Erkrankungen veranlasst die Betroffenen zu häufigem Augenreiben, was die Lider und die Bindehaut weiter reizt. Bei diesen nicht-ulzerativen Blepharitiden sind Allergenkarenz und die Behandlung der Grunderkrankung wichtig. Nach ärztlicher Maßgabe kommen kurzfristig auch Corticosteroid-hältige Augensalben zum Einsatz.

Was die Lider noch irritieren kann 

Lidrandentzündungen und Lidekzeme können auch durch den Kontakt mit verschiedensten chemischen Substanzen entstehen. Dabei kann es sich schlichtweg um eine chemisch-toxische Irritation handeln, oder aber um eine Kontaktallergie. Oft ist es nicht leicht, den Auslöser zu finden. Infrage kommen Inhaltsstoffe von Reinigungs- oder Pflegeprodukten, aber auch von dekorativer Kosmetik (z. B. wasserfeste Wimperntusche, Acrylatkleber von künstlichen Wimpern), Haarshampoos, Duschgels, Waschmitteln oder Weichspülern. Sind Bindehaut und Augenlid gleichermaßen betroffen, so handelt es sich meist um eine Substanz, die intraokulär appliziert wurde. Die führenden „Verdächtigen“ sind konservierungsmittelhaltige Augentropfen oder Kontaktlinsenpflegemittel. Bis der allergisierende Stoff durch Fachärztin oder Facharzt geklärt ist, wird das Absetzen aller potenziell auslösenden Substanzen empfohlen (Verzicht auf Kosmetik, konservierungsmittelhaltige Augentropfen, Kontaktlinsen). Zum Beruhigen der Reizung werden antiallergische Augentropfen und in schweren Fällen Corticosteroid-hältige Präparate vom Arzt/von der Ärztin verordnet. Tränenersatzmittel zum Lindern der Reizerscheinungen sollten unbedingt frei von Konservierungsmitteln sein. 

Wenn die Blepharitis chronisch wird

Eine chronische Blepharitis entwickelt sich schleichend. Die Betroffenen leiden anhaltend unter geröteten, leicht ermüdbaren und juckenden Augen sowie Bindehautentzündungen. Lichtempfindlichkeit und Schwankungen der Sehschärfe können dazukommen. Die Betroffenen klagen über trockene Augen und vertragen keine Kontaktlinsen.

„Seborrhoische Blepharitis“

Eine chronische Lidrandentzündung kann auf einer stark gesteigerten Talgproduktion basieren. Bei einer solchen „seborrhoischen Blepharitis“ finden sich fettige Schuppen und Krusten rund um die zusammenklebenden Wimpern. Die Lider sind gerötet und ölig glänzend. Sekundär können Staphylokokken-Infektionen entstehen. Die Erkrankung ist häufig mit seborrhoischer Dermatitis, Akne oder Rosazea assoziiert. Oft besteht gleichzeitig eine chronische Bindehautentzündung. 

Meibom-Drüsen-Dysfunktion

Bei der sogenannten Meibom-Drüsen-Dysfunktion (MDD) ist die Ursache für die chronische Entzündung am hinteren Lidrand lokalisiert, im Bereich der sogenannten Meibomschen Drüsen. Etwa 25 bis 40 dieser nadelstichgroßen Drüsen befinden sich im oberen, und etwa 20 bis 30 im unteren Lid. Sie sezernieren ein öliges Sekret, das für das „reibungslose“ Funktionieren des Auges essenziell ist. Es fettet den Lidrand, sorgt für ein geschmeidiges Gleiten der Lider über den Augapfel und bildet außerdem die äußerste, lipidhaltige Schicht des Tränenfilms. Bei einer Funktionsstörung dieser Drüsen ist die Zusammensetzung des Meibom-Sekrets verändert. Es bilden sich harte, wachsartige Pfropfen, die die Drüsenausgänge verstopfen. Die Folgen sind gravierend: Durch die ungenügende Erneuerung der Lipidschicht des Tränenfilms wird der Tränenfilm instabil. Es kommt zur verstärkten Verdunstung des wässrigen Anteils. Diese Sonderform des trockenen Auges wird als „evaporative Keratoconjunctivitis sicca“ bezeichnet. Sie kann mit allen genannten Beschwerden wie Brennen, Lidrandentzündung, Fremdkörpergefühl und Verschwommensehen einhergehen. Da der instabile Tränenfilm „ausfließt“, kann paradoxerweise ein störendes Augentränen entstehen, obwohl das Auge trocken ist. Da die Meibom-Drüsen-Dysfunktion auf einer Veranlagung beruht, ist sie nicht heilbar. Eine deutliche Linderung bis hin zur Beschwerdefreiheit ist bei konsequenter Therapie aber möglich. 

Meibom-Drüsen-Dysfunktion
Begünstigende Faktoren

Die Neigung zu fettiger, porenverstopfender Haut ist eine angeborene Hauteigenschaft. Auf dieser Basis können viele äußere und innere Faktoren eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion zusätzlich verstärken:

  • Alterungsprozesse
  • Hauterkrankungen (Akne, Rosacea, Neurodermitis)
  • hormonelle Einflüsse
  • Umgebungsfaktoren (Staub, Hitze, Trockenheit, Wind, Klimaanlagen, Heizung …)
  • Alltagsfaktoren (Rauchen, Ernährung, Bildschirmarbeit)
  • Erkrankungen (Rheuma, Schilddrüsen­erkrankungen, Diabetes …)
  • Augenerkrankungen
  • Medikamente
  • Verwendung von Kosmetika und Pflegeprodukten

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Behandlung der chronischen Blepharitis

Für die Diagnostik und Therapie der chronischen Blepharitis ist der Besuch des Augenfacharztes bzw. der -fachärztin unumgänglich. Die medikamentöse Therapie umfasst 

  • Dauertherapien (tägliche Lidrandhygiene, Tränenersatztherapie)
  • sporadische Therapien: nach ärztlicher Verordnung lokale Antibiotika für einige Tage nur bei zusätzlicher gesicherter Infektion, kurzfristig und möglichst selten lokale Steroide bei starken Entzündungszeichen, ferner topische Immunmodulatoren in bestimmten Fällen. Systemische Therapien mit Tetracyclinen können die Viskosität des Meibom-Sekrets und die Zusammensetzung der Hautflora günstig beeinflussen und wirken antiinflammatorisch.

Eine chronische Blepharitis kann auch mit einer übermäßigen Besiedelung der Wimpernfollikel mit Demodex-Milben assoziiert sein. Dies ist häufiger im fortgeschrittenen Alter und bei Patientinnen/Patienten mit Rosacea. Neben der konsequenten Lidrandhygiene kommt hier eine einmonatige Behandlung mit Terpinen-4-ol (gewonnen aus Teebaumöl) zum Einsatz, um die Parasiten zu reduzieren. Dafür stehen sterile Tücher zur Verfügung, die mit diesem Wirkstoff getränkt sind.

Quellen

•   Garrity, J.: Blepharits. MSD Manual für med. Fachkreise, www.msdmanuals.com, abgerufen am 16.6.2022
•   Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde, Thieme Verlag Stuttgart
•   Huber-Spitzy, V.: Das rote Auge, Fachbeitrag in „Ophthalmika ohne Konservierungsmittel“, herausgegeben von Thea Pharma GmbH
•   Berufsverband der Augenärzte Deutschlands, Deutsche Ophtalmologische Gesellschaft; Lidrandentzündung: kleine Ursache, große Wirkung, www.dog.org/wp-content/uploads/2018/08/blepharitis.pdf, abgerufen am 16.6.2022
•   Leitlinie von BVA und DOG: Trockenes Auge, www.dog.org/wp-content/uploads/2019/05/Leitlinie_Sicca_2019.pdf, abgerufen am 16.6.2022

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