Ein langer Weg

Es war einmal …

Mag. Andreas Feichtenberger
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Museumsapotheke © Österreichische Apothekerkammer
© Österreichische Apothekerkammer

Wir schreiben das Jahr 1241. Der Stauferkaiser Friedrich II. (1194–1250) erließ eine Medizinalordnung und besiegelte damit das Geburtsjahr des Apothekenberufs. Er schrieb darin die Trennung von Arzt- und Apothekerberuf vor sowie die Verwendung eines Arzneibuches mit anerkannten pharmazeutischen Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung und Bezeichnung von Arzneimitteln. Außerdem wurden die Preise für Arzneimittel gesetzlich festgelegt und die Apothekengründung auf bestimmte Orte beschränkt. Friedrich II. beseitigte damit die eher unklare Trennung der beiden Gesundheitsberufe. Beide waren in den Jahrhunderten davor von ihren Wurzeln her im Heiler-, Priester- und Schamanentum angesiedelt. Ein weiterer Anstoß für die Pharmazie kam vonseiten der Alchemie. In der Alchemie versuchte man seinerzeit das „Große Elixier“ zu finden, eine Universalmedizin, die auf den menschlichen Körper heilend, stärkend und verjüngend wirken sollte. Man bediente sich dabei chemischer Apparaturen und Prozesse, was die Pharmazie extrem bereicherte. Die Tatsache, dass sich die Apothekerschaft mit derart „geheimnisvollen“ Substanzen und Geräten umgab, brachte ihr eine gewisse Aura des Unerklärlichen ein.   

Theophrast Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, galt als Wegbereiter der damaligen Pharmazie. © Shutterstock
Theophrast Bombast von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus, galt als Wegbereiter der damaligen Pharmazie. © Shutterstock


Österreichische Wurzeln

Die erste „Apotheka“ Österreichs dürfte in Innsbruck entstanden sein. Es gibt diesbezügliche Aufzeichnungen aus dem Jahr 1303. In Wien gab es bereits 1320 eine Apotheke, in Graz 1330, in Krems 1344. Die 50. Apotheke dürfte im Jahr 1650 eröffnet haben. Zu den ältesten heute noch bestehenden Apotheken zählen beispielsweise die Feldapotheke „Zum goldenen Greif“ am Wiener Stephansplatz (1320), die Stadtapotheke Innsbruck (1326) oder auch die beiden Wiener Apotheken „Zum schwarzen Bären“ und „Zum schwarzen Mohren“ (beide Mitte des 14. Jhdts).  

Exotische Anmutung

Im Spätmittelalter war die Werkstätte (Offizin) in Apotheken vor allem durch exotische Kuriositäten geprägt. Exotisches galt als besonders heilkräftig und so kam es, dass Krokodile, Nashörner, Straußeneier, Korallen oder Perlmutter die Apotheken zierten. In den zahlreichen Regalen standen Ton- und Holzgefäße zur Aufbewahrung der Drogen und Essenzen. Mörser zum Zerkleinern und Waagen für eine genaue Dosierung waren ebenfalls zu finden. Für einen spürbaren Fortschrittsschub sorgte Theophrast Bombast von Hohenheim, der besser unter dem Namen Paracelsus bekannt ist und als Begründer der Chemiatrie gilt. Nach heutigem Verständnis hatte er wohl gleich mehrere Berufe – Astrologe, Alchemist, Arzt, Naturphilosoph, Naturmystiker und Laientheologe. In jedem Fall war Paracelsus davon überzeugt, dass es gegen jede Krankheit ein spezifisches Heilmittel gibt, und betrieb entsprechende Forschungen. Unter anderem stellte er Versuche mit Metallen und ihren Salzen an und prüfte sie auf ihre Verwendbarkeit in der Heilkunde. Dabei wurden die chemisch dargestellten Pharmaka mittels alchemistischer Arbeitsweisen wie etwa der Spagyrik hergestellt. Zudem brachte Paracelsus von seinen zahlreichen Entdeckungsfahrten die unterschiedlichsten bisher unbekannten Pflanzen und Heilstoffe aus allen Teilen der Welt nach Europa. Dank des Buchdrucks konnte das medizinische und pharmazeutische Wissen auch gleich schnell verbreitet werden. Das erste amtlich verbindliche Arzneibuch entstand 1546 und Apothekermaße und -gewichte wurden zusehends vereinheitlicht.

Im Spätmittelalter galt Exotisches als besonders heilkräftig. So waren Apotheken mit diversen Kuriositäten geschmückt – vom Krokodil bis zum Nashorn. © Österreichische Apothekerkammer
Im Spätmittelalter galt Exotisches als besonders heilkräftig. So waren Apotheken mit diversen Kuriositäten geschmückt – vom Krokodil bis zum Nashorn. © Österreichische Apothekerkammer


Forschung sorgt für Innovation

Im 17. Jahrhundert gewann das Apothekenlabor immer mehr an Bedeutung. Neben der Tätigkeit mit Pflanzen spielten nun auch chemische Vorgänge eine Rolle und die Forschung bekam einen neuen Stellenwert. Genannt seien die Morphin-Isolierung (Friedrich Wilhelm Sertüner), die Backpulver-Entwicklung (Dr. August Oetker), die Entdeckung chemischer Elemente (Martin Heinrich Klaproth entdeckte unter anderem Zirkon, Uran, Titan und Strontium) und die Einführung der Wiener Gasbeleuchtung (Josef Moser, der ein brennbares Gas zur Beleuchtung seiner Apotheke erzeugte, und Georg Pfendler, der das erste Gaswerk in Wien errichtete). Damit einher ging auch eine Änderung des Aussehens der Apotheken. Ende des 18. Jahrhunderts erfolgte dank der Fortschritte in der Medizin und den Naturwissenschaften ein völliger Wandel der Arzneitherapie. Diese Veränderungen gingen auch an der Gestaltung der Apotheken nicht spurlos vorüber. Die exotischen Kuriositäten, Fayencen und Zinnbüchsen wurden aus der Offizin verbannt und durch zweckmäßig gestaltete Gefäße aus Glas oder Porzellan ersetzt. Die geheimnisumwobene Aura wurde Schritt für Schritt abgelegt und die Offizin wandelte sich zu einem schlichten, aber freundlich wirkenden Verkaufsraum. Kernstück des Betriebs blieb aber nach wie vor der Raum für die Herstellung und Abgabe der Arzneien – samt Rezepturtisch und Apothekerwaage. An Nebenräumen gab es die Materialkammer für größere Vorräte und ein Laboratorium, ausgestattet mit einem Herd, Destillierapparat, Mörsern, Sieben, Tinkturpressen uvm. Nicht fehlen duften natürlich auch ein Kräuterboden und ein Arzneikeller.

Mörser, eine Waage, diverse Holz- und Glasgefäße prägten die Offizin im Mittelalter. Diese geheimnisvollen Gerätschaften umgab die Apothekerschaft mit einer besonderen Aura. © Österreichische Apothekerkammer
Mörser, eine Waage, diverse Holz- und Glasgefäße prägten die Offizin im Mittelalter. Diese geheimnisvollen Gerätschaften umgab die Apothekerschaft mit einer besonderen Aura. © Österreichische Apothekerkammer


Österreich als Vorreiter

Ein entscheidendes Jahr in der Geschichte der Apotheken war 1770. Bis dahin galten die „Constitutiones“ Friedrichs II. und es gab keine einheitlichen, für alle Länder Österreichs geltenden Regelungen des Apothekenwesens. Die einzelnen Länder und städtischen Magistrate gaben eigene Apothekenordnungen und Vorschriften heraus. Es war Maria Theresia, die 1770 durch das Sanitäts-Hauptnormativ eine einheitliche Regelung erließ. Hinsichtlich der Ausbildung der Apotheker wurde verfügt, dass jeder Leiter einer Apotheke in den Habsburgischen Ländern an einer inländischen Universität Prüfungen abgelegt haben muss. Die Zulassung zu den Prüfungen war an den vorherigen Besuch bestimmter Vorlesungen gebunden. Im Jahr 1804 wurde das Pharmaziestudium zur verpflichtenden Voraussetzung für die Berufsausübung – Österreich war das erste Land der Welt, das diesen Schritt ging. Der akademische Grad Magister der Pharmazie wurde 1840 eingeführt und 1853 amtlich festgelegt, Frauen wurden erstmals 1900 zum Pharmaziestudium zugelassen. 

Der Weg zum wissenschaftlichen Arzneimittelexperten

Ein weiterer großer Schritt für die Apothekerschaft fand Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts statt: Dank der großen Errungenschaften der pharmazeutischen Industrie wandelte sich der/die Apotheker:in vom Heilmittelherstellenden zum/zur spezialisierten, wissenschaftlich ausgebildeten Arzneimittelexpert:in mit der vorrangigen Aufgabe, die Qualität und Identität von Medikamenten zu prüfen und sich der pharmazeutischen Beratung zu widmen. Heute stehen Apotheker:innen in ihrem Arbeitsalltag technische Hilfsmittel zur Verfügung – diese reichen von vollautomatischen Lagerrobotern bis zur Reinraumtechnologie. Zwischenzeitlich kümmern sich österreichweit mehr als 1.400 öffentliche Apotheken und 42 Krankenhausapotheken um das Wohl der Menschen – 1650 waren es um die 50, 1925 waren es 574 und 1994 überstieg die Zahl der Apotheken die Tausendermarke. Eines ist aber über all die Jahrhunderte gleich geblieben: Die Menschen werden mit hochwertigen Arzneimitteln versorgt, von den Apotheker:innen ihres Vertrauens kompetent beraten und gewissenhaft betreut.  

Quelle

Jubiläumsbuch – 75 Jahre Österreichischen Apothekerkammer

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