Für die Menschen in der Ukraine

Keine „Eintagsfliege“

Mag. Norbert Valecka
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Ein willkommener „Begleitumstand“ ist, dass mit diesem Projekt die Apotheker:innen einmal mehr als DIE Arzneimittelfachleute und „Gesundheits-Krisenmanager:innen“ positioniert werden. © Beigestellt
Ein willkommener „Begleitumstand“ ist, dass mit diesem Projekt die Apotheker:innen einmal mehr als DIE Arzneimittelfachleute und „Gesundheits-Krisenmanager:innen“ positioniert werden. © Beigestellt

Wie kann ich am effizientesten helfen? Wie kann ich sichergehen, dass die richtige Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird? Und wer garantiert mir, dass die Hilfsaktion keine medienwirksame Eintagsfliege ist? Die meisten von uns möchten den Menschen in der Ukraine helfen – möglichst direkt, effizient, nachhaltig und ohne „Streuverluste“. Zudem liegt es nahe, dass die Apotheker:innen als DIE Arzneimittelfachleute die entsprechende Versorgung der Spitäler in der Ukraine mit Arzneimitteln kompetent und gezielt unterstützen. Über das Projekt „Medicines to Ukraine“ ist das möglich. 

Die EPhEU, der europäische Verband der angestellten Apotheker:innen, arbeitet dabei mit den AoG, den "Apothekern ohne Grenzen“, und anderen NGOs wie der Caritas in Polen eng zusammen. 

Dauerhaft & nachhaltig

Das Projekt, das von Mark Koziol, dem Vorsitzenden der PDA, der Pharmacists Defence Association, ins Leben gerufen wurde, hat es sich zum Ziel gesetzt, den Menschen in der Ukraine dauerhaften Zugang zu den dringend benötigten Medikamenten zu eröffnen – d. h., eben nicht durch eine einzige, medienwirksame, Lieferung, sondern so lange der Konflikt dauert und so lange die externe Versorgung mit Arzneimitteln gebraucht wird – und zwar bei größtmöglicher Effizienz und Sicherheit für alle Beteiligten. 

Von Apothekerinnen und Apothekern an Apothekerinnen und Apotheker

Die Aktion kam zustande, nachdem ukrainische Krankenhausapotheker:innen, die in den zerbombten Krankenhäusern arbeiten, ihre Kollegenschaft von der EPhEU um Hilfe gebeten hatten. In ihrem Land ist der Großteil der Infrastruktur des Gesundheitswesens zerstört, eine große Anzahl von Kriegsverletzungen muss behandelt und vieles, wie z. B. Lazarettapotheken, muss improvisiert werden. Lebensnotwendige Arzneimittel wie iv-Antibiotika und Anästhetika sowie Verbandsmaterial u. v. m. sind nicht mehr verfügbar. Auf der anderen Seite kommen gespendete Präparate oft nicht an, weil die Organisatoren bzw. Organisatorinnen mit den Anforderungen des Transports überfordert sind bzw. ihre Herkunft nicht mehr nachvollziehbar ist. Dies zeigt eines: Medikamente sind eben eine Ware der besonderen Art, und es braucht die Expertise der Apotheker:innen, damit sie bestmöglich eingesetzt werden können. 

Über das effiziente Pull-System

Im Rahmen dieser Aktion werden die Arzneimittel bzw. auch benötigte Krankenhausgeräte nach dem sog. Pull-System abgerufen; dabei fordert das ukrainische „Zentralverteilungs-Krankenhaus“ die dringend gebrauchten Präparate und Geräte an. Es ist klar, dass so viel effizienter und gezielter geholfen werden kann, als mit dem herkömmlichen Push-System, bei dem der Westen einfach alles schickt, was er glaubt, dass die Ukraine brauchen könnte bzw. er selbst nicht mehr braucht. Die entsprechenden Produkte werden von der polnischen Caritas zu besten Preisen – v. a. beim polnischen Großhandel, aber auch anderswo – möglichst grenznah eingekauft und gelagert. 

Mark Koziol, Vorsitzender der PDA, der Pharmacists Defence Association © Beigestellt
Mark Koziol, Vorsitzender der PDA, der Pharmacists Defence Association © Beigestellt


Klare Logistik

Der Transport – wenn erforderlich mit der notwendigen Kühlung – erfolgt unter Aufsicht von Apothekerinnen  bzw. Apothekern unter der diplomatischen Schirmherrschaft der polnischen Regierung auf EU-Gebiet und unter militärischer Bewachung auf ukrainischem Staatsgebiet bis in eines der Zentralkrankenhäuser. 

Wo diese genau liegen, wird geheim gehalten, um zu verhindern, dass auch diese lebensnotwendigen Einrichtungen lokalisiert und zerstört werden. Die westlichen Begleitpersonen geben sogar ihre Handys ab, damit die Invasoren nicht orten können, von wo aus in ein westliches Netz telefoniert wird. Ab dort übernimmt das ukrainische Gesundheitsministerium die Verteilung in alle anderen Krankenhäuser. Selbstverständlich wird der gesamte Ablauf protokolliert und transparent geführt.

 Mark Koziol hat den ersten Transport persönlich begleitet; die dafür notwendigen rund € 200.000,– konnten durch Spenden aus England finanziert werden. 

Leider läuft die Aktion bei uns in Österreich aufgrund mangelnden (standes)politischen Interesses nur langsam an. So zeigten weder die Kammerspitze noch der grüne Gesundheitsminister Numero 3 Interesse. 

Unser Dank gilt der Firma Herba, die die Plakatverteilung an die österreichischen Apotheken unterstützt hat – obwohl die Arzneimittel nicht beim österreichischen Großhandel eingekauft werden – sowie der Österreichischen Apotheker-VerlagsgesmbH., die die beiliegenden Plakate in dieser ÖAZ-Ausgabe finanziert hat. Insbesondere danken wir unserer Partnerorganisation „Apotheker ohne Grenzen Österreich“; ohne das Engagement von Mag. pharm. Irina Schwabegger-Wager, Mag. pharm. René Gerstbauer und Mag. pharm. Johanna Banu wäre die Aktion selbst erst gar nicht möglich gewesen.

Struktur für Katastrophenfälle schaffen

Ein besonderer Aspekt dieses Projekts liegt in seiner Zielsetzung, damit den Anstoß für die Implementierung einer Arzneimittelversorgungsstruktur für Katastrophenfälle aller Art zu schaffen – im Sinne eines, so Mark Koziol, „permanenten Netzwerks, das in Krisenfällen rasch eine effiziente Arzneimittelversorgung auf die Beine stellen kann“.

Der Benefit für die Apotheker:innen

Gutes tun und darüber reden. Ein willkommener „Begleitumstand“ ist, dass mit diesem Projekt die Apo-theker:innen einmal mehr als DIE Arzneimittelfachleute und „Gesundheits-Krisenmanager:innen“ positioniert werden, – und zwar mittels Plakat in vielen europäischen Ländern sowie durch einen Dokumentationsfilm für ganz Europa, der derzeit produziert wird; ohne Kosten für die einzelne Apotheke und mit dem geringen Aufwand, das Plakat einfach auszudrucken und in der Apotheke – oder gerne auch anderswo – aufzuhängen. Damit kann über den QR-Code zum Scannen einfach und rasch gespendet werden. 

Ist ein Ausdruck nicht möglich, so kann das Plakat beim VAAÖ, info@vaaoe.at, angefordert werden.

Zudem ist es doch eine schöne Gelegenheit, dass angestellte wie selbständige Apotheker:innen gemeinsam helfen.

Deshalb: Bitte fassen Sie sich ein Herz und präsentieren Sie die Aktion in Ihrer Apotheke oder wo auch immer sich ein Platz dafür findet (Vereinslokale, Geschäfte, schwarze Bretter etc.) – für die Menschen in der Ukraine, die nach wie vor unsere Hilfe brauchen!

Text: Mag. Norbert Valecka, Boardmitglied EPhEU, International Officer

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