Interview

Ein Erfolgskurs

Mag. Andreas Feichtenberger
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Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi und Prof. Dr. Gerhard Ecker sprechen im Interview über die ersten Erfahrungen rund um das postgraduale Studium „Klinische Pharmazie“. © APOVERLAG
Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi und Prof. Dr. Gerhard Ecker sprechen im Interview über die ersten Erfahrungen rund um das postgraduale Studium „Klinische Pharmazie“. © APOVERLAG

Es war eine Premiere für Österreich und sie scheint sich als wahre Erfolgsgeschichte zu entpuppen: Seit 1. Oktober 2023 wird an der Universität Wien das postgraduale Masterstudium Klinische Pharmazie angeboten und erfreut sich seither größter Beliebtheit. Das Studium ist die logische Weiterführung des Basiskurses Medikationsanalyse sowie des Zertifikatskurses „Klinische Pharmazie – Medikationsanalyse“, die bereits einige Jahre davor ins Leben gerufen wurden, um Apotheker:innen die Möglichkeit zu geben, ihr Wissen in diesem Bereich zu vertiefen. Für die Österreichische Apothekerkammer ist diese Fortbildung ein wahres Herzensprojekt und wird entsprechend gefördert. Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi, 1. Obmannstellvertreterin der Österreichischen Apothekerkammer, und Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Ecker erzählten im Interview, warum das Studium so stark nachgefragt wird und wie ihre erste Bilanz aussieht.

ÖAZ "Das Masterstudium läuft nun bereits seit 4 Semestern, die ersten Teilnehmer:innen stehen kurz vor ihrem Abschluss. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?"

Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Ecker "Die Student:innen haben mit ihren Masterarbeiten begonnen und wir rechnen damit, dass der Großteil im Wintersemester abschließen können wird. Somit sind alle Teilnehmer:innen in time und wir sind wirklich sehr zufrieden. Sollten vereinzelt Personen noch Zeit benötigen, gibt es auch noch ein Toleranzsemester. Man darf nicht vergessen, dass das Studium einen Zeitaufwand von 750 Stunden pro Semester erfordert. Das ist fast mit einem Fulltime-Job zu vergleichen. Bei den Vortragenden war es mir wichtig, dass diese zum Großteil aus der Praxis und nicht aus dem universitären Bereich kommen. Dadurch sind die Lehrveranstaltungen sehr praxisbezogen und damit ideal auf die Bedürfnisse der Studierenden zugeschnitten. Dieses Feedback bekommen wir auch von den Studierenden. Sollten aber Vortragende nicht die Erwartungen erfüllen, kommt es auch zu Konsequenzen und je mehr Feedback ich bekomme, desto besser kann ich auf die Bedürfnisse der Studierenden eingehen."

Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi "Meine Bilanz sieht sehr gut aus. Wir bieten mit dem Universitätslehrgang eine ausgezeichnete, qualitätsvolle Fortbildung im Bereich der klinischen Pharmazie, in der sich Apotheker:innen praxisbezogenes Wissen für die neuen Dienstleistungen Medikationsanalyse und Medikationsmanagement aneignen können. Die große Nachfrage gibt uns Recht und ich freue mich darauf, den ersten Absolventinnen und Absolventen bald zu ihrem Abschluss gratulieren zu dürfen. Und ich möchte mich bei der Universität Wien und im Speziellen bei Prof. Ecker für die gute Zusammenarbeit bedanken, die dieses tolle Ergebnis erst möglich gemacht hat." 

“Da das Studium als berufsbegleitender Lehrgang konzipiert wurde und die Lehrveranstaltungen somit größtenteils abends bzw. an Wochenenden, an welchen ich glücklicherweise keine Dienste habe, stattfinden, ist eine Vereinbarkeit mit meinem derzeitigen Job gut gegeben. Dennoch heißt es Arbeit Uni und Privatleben nebeneinander gut zu organisieren. Wichtig ist es vor allem, das Semester in all den Bereichen früh zu planen, damit neben der Arbeit ausreichend Zeit für Uni inklusive etwaiger Ausarbeitungen und Abgaben, aber auch für Erholung zwischendurch bleibt.“
Mag. Pharm. Maria Kirchsteiger, Anstaltsapotheke Klinik Donaustadt

ÖAZ "Sie haben nun die ersten praktischen Erfahrungen machen dürfen. Kam es zu der einen oder anderen Adaptierung?"

Ecker "Ja, wir haben aufgrund der Erfahrungen mit der ersten Kohorte den Studienplan leicht adaptiert. Beispielsweise haben wir das Thema Literaturrecherche ganz zu Beginn eingeschoben, da man diese Inhalte auch bereits im Zertifikatskurs braucht. Zudem haben wir etwas Präsenzzeit gestrichen und die aktiven Einheiten eher auf die Wochenenden verlegt. Das verpflichtende Praktikum muss man nicht in einer Krankenhausapotheke absolvieren. Es kann auch am eigenen Arbeitsplatz sein, in einem Altersheim oder einem Erstversorgungszentrum. So bleiben die Teilnehmer:innen flexibler und können das Studium leichter mit ihrer Arbeit kombinieren." 

Überblick
Zahlen & Fakten

Abschluss
Master of Science (Continuing Education)

Umfang
120 ECTS-Credits

Nächster Starttermin
1. Oktober 2025

Zielgruppe
Berufsberechtigte Apotheker:innen (abgeschlossenes Aspirantenjahr ist Voraussetzung)

Dauer
4 Semester

Kosten 
14.800 Euro, absolvierte Zertifikatsprogramme werden inhaltlich und finanziell angerechnet 

Informationen
Postgraduate Center der Universität Wien www.postgraduatecenter.at/klinischepharmazie

Kontakt
klinischepharmazie@univie.ac.at

ÖAZ "Interessent:innen müssen nicht das ganze Studium absolvieren, sondern können sich zunächst für Zertifikatskurse einschreiben. Was kann man sich konkret darunter vorstellen?"

Ergott-Badawi "Das stimmt. Das Masterstudium ist modular aufgebaut und kann auch in Form von Zertifikatskursen absolviert werden. Zentral sind dabei sicherlich der seit 2020 laufende Zertifikatskurs Medikationsanalyse und der neue Zertifikatskurs Medikationsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit. Beide können auch als eigenständige Weiterbildungsprogramme absolviert werden. Jeder der beiden Kurse wird übrigens von der Österreichischen Apothekerkammer mit jeweils 900 Euro gefördert."

Ecker "Sollte sich jemand nach Absolvierung eines Zertifikatskurses für das ganze Studium einschreiben, wird ihm/ihr dieser natürlich angerechnet. In Summe gibt es 4 Module – eine Ringvorlesung und ein Seminar zu den wesentlichen Stakeholdern im Gesundheitswesen als Modul 1 sowie die bereits erwähnten Module Medikationsanalyse (M2) und Medikationsmanagement (als Module 3 und 4). Allein beim Zertifikatskurs Medikationsanalyse haben wir aktuell bereits 245 Absolvent:innen. Wichtig zu erwähnen wäre auch, dass sowohl die Zertifikatskurse als auch das Studium erst nach Absolvierung des Aspirantenjahres gestartet werden können. Wir haben oft Anfragen von jungen Pharmazeut:innen, die gerade das Studium abgeschlossen haben und die wir dann leider vertrösten müssen."

ÖAZ "In Anbetracht der Verpflichtenden Fortbildung interessiert es unsere Leser:innen sicherlich auch, ob und in welchem Umfang das Studium angerechnet werden kann."

Ecker "Selbstverständlich gibt es entsprechende Punkte für die Fortbildungskurse. Das Studium wird wie üblich in Credits gerechnet, wobei ein Credit 25 Stunden Lernzeit umfasst. Für die Verpflichtende Fortbildung vergibt die Apothekerkammer einen Punkt pro halbe Stunde Lernzeit. So lässt sich leicht eruieren, wie viele Fortbildungspunkte man im Semester verbuchen konnte." 

ÖAZ "Apropos Medikationsanalyse – das Pilotprojekt, das in einigen Wiener Apotheken lief, ist abgeschlossen. Können Sie dazu etwas sagen?"

Ergott-Badawi "Aktuell laufen die Wirtschaftsverhandlungen und die Medikationsanalyse sowie andere neue Dienstleistungen in Apotheken sind fixer Bestandteil der Verhandlungsgruppen. Vonseiten der Sozialversicherung kommen wir gerade in die finale Phase und sind entsprechend gespannt, welche Angebote unsererseits auch für die Sozialversicherung interessant sind. Mit dem Studium und den Ergebnissen aus dem Pilotprojekt haben wir auf jeden Fall eine sehr gute Verhandlungsbasis. Es ist wie beim Impfen durch Apotheker:innen. Das Thema ist bei der Politik angekommen und die Verantwortlichen wissen, dass wir in diesen Bereichen extrem viel Kompetenz und Know-how einbringen. Es fehlt nur noch der letzte Schritt."

“Das Masterprogramm vermittelt praxisrelevante Inhalte, die direkt im Apothekenalltag eingesetzt werden können. Es lässt sich auch im Volldienst gut in den Arbeitsalltag integrieren, ohne dass es einen zeitlich überfordert. Das Studium zeigt einmal mehr, was Pharmazeut:innen alles leisten können und wie wichtig wir für die Arzneimitteltherapiesicherheit sind.“
Mag. pharm. Sebastian Masur Pharmazeut in der öffentlichen Apotheke

ÖAZ "Die klinische Pharmazie war bisher vor allem für Krankenhausapotheken relevant. Werden die neuen Dienstleistungen hier zu einem Umdenken führen?"

Ecker "Ganz sicher sogar. Die Medikationsanalyse kann hier nur der Anfang sein. Nehmen wir beispielsweise die Pharmakogenetik. Wenn wir über individualisierte Therapien sprechen, kommen wir an diesem Thema nicht vorbei. Und darauf wird die Frage rund um das Mikrobiom folgen, das wir derzeit im Kurs behandeln. Ich bin schon gespannt, wie das Feedback der Studierenden hier sein wird. In puncto Mikrobiom gibt es aktuell noch nicht so viel Evidenz, wenn es um die Medikation geht, aber schon jetzt werden entsprechende Tests vereinzelt in Apotheken nachgefragt. Generell muss unser Anspruch sein, dass Apotheker:innen nur dann etwas empfehlen, wenn sie aufgrund ihrer fachlichen Meinung überzeugt sind, dass es nützlich ist. Dafür ist eine kompetente und fortwährende Fortbildung unausweichlich." 

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