Neue Erkenntnisse

Neurologen diskutieren, "wie wir unser Gehirn fit halten"

Artikel drucken
Gehirn © Shutterstock
© Shutterstock

Die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) steht daher ganz unter dem Motto, "wie wir unser Gehirn fit halten", sagte Tagungspräsident Thomas Berger bei einer Pressekonferenz am Dienstag im Vorfeld der Veranstaltung in Wien mit 1.000 Fachleuten zum Thema "Brain Health" und Fokus auf Vorsorge.

Zur Erhaltung von Gehirngesundheit tragen laut den Vortragenden "kognitive Aktivitäten, Neugier und soziale Interaktionen, gesunde Ernährung, guter Schlaf und körperliche Betätigung" bei. Vorsorge umfasse die "Reduzierung von Alkohol- und Zuckerkonsum, Blutfettwerten, Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes mellitus, Nikotinabstinenz, die Vermeidung von Schädelhirntraumata und die Behandlung von Depressionen, Hör- und Sehminderungen".

Zwei Studien und der "Neurologie-Report 2022" der ÖGN beleuchten die Folgen neurologischer Erkrankungen: Sie sind demnach weltweit die Hauptursache für in Behinderung verbrachte Lebensjahre, verursachen die höchste Zahl an DALYs - disability-adjusted life years, das sind verlorene Lebensjahre durch krankheitsbedingte Behinderung oder vorzeitigen Tod - und die zweithäufigste Todesursache. In Österreich wurden 2017 bei einer Gesamtbevölkerung von 8,8 Millionen Menschen 5,5 Millionen neurologische Erkrankungen erfasst. Somit seien mehr als 60 Prozent betroffen. Die krankheitsbedingten Kosten betrugen 2016 etwa 16 Milliarden Euro, hieß es. Für 2023 gehe man "von einer Vervielfachung in Richtung 100 Milliarden Euro aus".
Durch die Alterung der Bevölkerung stehe noch eine erheblichen Zunahme von neurologischen Erkrankungen bevor. Dazu zählen altersassoziierte Schlaganfälle, Morbus Parkinson, Demenz, Epilepsien und Polyneuropathien. Bis zu 40 Prozent aller Demenzfälle weltweit könnten laut den Fachleuten verhindert werden, wenn modifizierbare Risikofaktoren gezielt ins Visier genommen würden. So leiden in Österreich etwa zehn Prozent der Bevölkerung an Diabetes mellitus, die Hälfte habe bereits oder entwickle eine diabetische Neuropathie, die durch Prävention zu einem großen Teil vermeidbar wäre.

Die Medizinische Universität Wien hat beispielsweise ein digitales Lebensstilinterventionsprogramm namens LETHE erstellt. Die Anwendbarkeit wird in vier klinischen europäischen Zentren untersucht. Die Teilnehmenden werden mit einer App begleitet. "Die Eckpfeiler eines zukünftigen präventiven Ansatzes in Gedächtnisklinken sind die Bewertung genetischer und potenziell veränderbarer Risikofaktoren, die Risikokommunikation, die Risikominderung mit Interventionen in mehreren Bereichen und die kognitive Verbesserung mit kognitivem und körperlichem Training", wurde die Alzheimer-Spezialistin Elisabeth Stögmann in der Presseunterlage zitiert.

Auch der Schlaganfall gilt als eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit, in Österreich erleidet alle 27 Minuten eine Person einen. Das Risiko könne mit fünf einfachen Maßnahmen um bis zu 80 Prozent gesenkt werden, verwies die Neurologin Julia Ferrara auf körperliche Aktivität, Gewichtskontrolle, Tabakverzicht, mediterrane Kost und geringen bis keinen Alkoholkonsum. Dass die sogenannte Primärprävention greife, sehe man daran, "dass die altersbezogene Schlaganfall-Inzidenz in Österreich abnimmt, das Alter eines ersten ischämischen Schlaganfalls zunimmt und eine signifikante Abnahme der Schwere des Schlaganfalls besteht", so Ferrari.

APA

Das könnte Sie auch interessieren