Blutspende

Blut: Immer noch ein ganz besonderer Saft

Mag. pharm. Dr. Angelika Chlud
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Blutproben © Shutterstock
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Blut ist ein wichtiges Notfallmedikament und kann – trotz intensiver Forschung in diesem Bereich – noch immer nicht künstlich hergestellt werden. 340.000 bis 350.000 Blutkonserven werden in Österreichs Krankenhäusern pro Jahr aufgebraucht. Sie werden alle gespendet. Diese freiwillige unentgeltliche Blutspende gibt es seit fast 65 Jahren, wobei das Rote Kreuz quasi eine Monopolstellung in Österreich hat: 94 % aller Blutspenden werden vom Roten Kreuz gesammelt, verarbeitet und anschließend verkauft. 

Wer darf Blut spenden?

In Österreich dürfen alle gesunden Frauen und Männer ab dem Alter von 18 Jahren und einem Gewicht von mindestens 50 kg Blut spenden. Weitere Vorgaben, die in der Blutspenderverordnung geregelt sind1, sind eine Pulsfrequenz zwischen 50‒100/min und ein systolischer Blutdruck zwischen 100 und 180 mmHg, diastolisch zwischen 50 und 100 mmHg. Der Hämoglobinwert muss für Männer mindestens 13,5 g/100 ml und für Frauen mindestens 12,5 g/100 ml betragen.

Wer zum ersten Mal Blut spendet, darf nicht älter als 60 Jahre sein. Der Mindestabstand zwischen zwei Vollblutspenden beträgt acht Wochen. Frauen dürfen vier- bis fünfmal pro Jahr, Männer sechsmal pro Jahr Blut spenden. 

Die Rechtsvorschrift für die Blutspenderverordnung regelt auch, wer von einer Blutspende ausgeschlossen wird.1

Ein permanenter Ausschluss erfolgt bei 

  • Autoimmunerkrankungen
  • schweren neurologischen, kardiovaskulären, hämatologischen, onkologischen Erkrankungen (außer Carcinoma in situ)
  • Infektionen/chronische Infektionskrankheiten: HIV, Hepatitis B/C, humanes T-cell leukemia Virus, Leishmaniose, Chagas-Krankheit, Lepra, Babesiose u. a.
  • Empfängern/Empfängerinnen eines Kornea- oder Dura-mater-Transplantates
  • übertragbaren spongiformen Enzephalopathien, v. a. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit u. a.
  • Malaria
  • Sucht: Alkohol, Rauschgift, Medikamente
  • ständige Medikamenteneinnahme nach Einzelentscheidung des Arztes/der Ärztin

Neben den dauerhaften Gründen für den Ausschluss gibt es auch zahlreiche Gründe, die zu einer zeitlich begrenzten Rückstellung führen.1

Dazu zählen u. a. 

  • Tätowierung und Piercing (für 12 Monate)
  • enger Kontakt mit einer an Hepatitis B oder C erkrankten Person (für zwölf Monate)
  • Borrelien-Infektion (für zwei Jahren nach Therapie)
  • unkomplizierter Infekt (für 14 Tage)
  • Impfungen mit Lebendvakzinen wie Röteln, Masern, Mumps, Gelbfieber, Typhus (für 4 Wochen),
  •  postexpositionelle Tollwutimpfung (für 12 Monate),
  •  Aufenthalt in einem Malariaendemiegebiet (für 6 Monate) etc.  

Der permanente Ausschluss von blutspendenden Personen mit risikoreichem Sexualverhalten wurde durch eine aktuelle Novelle geändert. In Zukunft gilt die „drei mal drei Regel“: Personen, die in den drei Monaten vor der Blutspende mehr als drei Sexualpartner hatten, werden für drei Monate von der Blutspende zurückgestellt. Das gilt für alle Menschen – unabhängig von ihrem Geschlecht. 

Hohe Sicherheit

Hintergrund für einen Ausschluss oder eine Rückstellung sei das „diagnostische Fenster“, erläutert Dr. Ursula Kreil, Transfusionsmedizinerin beim Roten Kreuz in Wien. Trotz modernster Tests können bestimmte Infektionskrankheiten ‒ z. B. auch sexuell übertragbare Krankheiten ‒ nicht im Blut nachgewiesen, jedoch bereits übertragen werden. Bei HIV bspw. liegt das diagnostische Fenster je nach Testmethode bei zehn Tagen bis zu zwei Monaten. Ein ausführlicher Anamnesefragebogen (mit 37 Fragen) soll das diagnostische Fenster schließen und die hohe Sicherheit der Blutkonserven gewährleisten.


Erythrozytenkonzentrat 

Bei der Vollblutspende werden ungefähr 465 ml Blut aus der Armvene in einen Primärbeutel mit einem citrathaltigen Antikoagulans entnommen. Die Abnahme als solche dauert ca. sechs Minuten. Bei jeder Blutspende werden die Blutgruppe und der Rhesusfaktor bestimmt. Zusätzlich erfolgt eine Untersuchung auf folgende Krankheitserreger: Hepatitisviren B/C, HIV/AIDS und Lues.

Das Vollblut wird dann mittels hochtouriger Zentrifugation in die Komponenten Plasma und Erythrozytenkonzentrat (EK) aufgeteilt. Im Sediment befinden sich die Erythrozyten, im Überstand das Plasma und in einer weißlich gefärbten Grenzschicht („Buffy Coat“) die Thrombozyten und Leukozyten. 

Die Leukozyten werden mittels eines Depletionsfilters entfernt, um die spätere Sensibilisierung eines Empfängers/einer Empfängerin mit der HLA-(Humane Leukozyten-Antigene, Gewebemerkmale)Konstellation des Spenders/der Spenderin als auch die Übertragung zellständiger Viren (z. B. CMV) zu minimieren. 

Das dunkelrote EK wird mit einer Konservierungslösung vermengt, worauf es bei 4 °C maximal 42 Tage lang gelagert werden kann.

Übersicht
Das Blut

Zusammensetzung des Blutes
Blut besteht zu ca. 55 % aus Blutplasma und zu ca. 45 % aus unterschiedlichen Blutzellen. 

  • Das Plasma ist der flüssige, zellfreie Anteil des Blutes, den man nach seiner Zentrifugation als klar-gelben Überstand erhält. Es besteht zu 90 % aus Wasser und zu 10 % aus gelösten Stoffen wie Proteinen, Hormonen, Elektrolyten etc.
  • Das Zellvolumen setzt sich zusammen aus 42,8 % Erythrozyten, 0,07 % Leukozyten und 2,14 % Thrombozyten.

Blutgruppensysteme
Es sind heute mehr als 30 verschiedene Blutgruppensysteme bekannt. Die zwei wichtigsten sind das AB0-System und das Rhesus-System. Das AB0-System beinhaltet die vier Phänotypen A, B, AB und 0. Das Rhesus-System unterscheidet zwischen „Rhesusfaktor positiv (Rh+)“ und „Rhesusfaktor negativ (Rh-)“. Das drittwichtigste Blutgruppensystem ist das Kell-System. Mehr als 90 % der Menschen sind Kell-negativ.


Thrombozytenkonzentrat und Plasma

Aus einem Pool von fünf Einzelspenden kann ein Thrombozytenkonzentrat gewonnen werden, das z. B. bei inneren Blutungen oder Leukämie benötigt wird. Hierzu wird der Buffy Coat der Vollblutentnahmen mit Plasma resuspendiert und niedertourig zentrifugiert. Die Thrombozytensuspension im Überstand wird in einen geeigneten Beutel überführt und kann bei Zimmertemperatur unter ständiger Rotationsbewegung für maximal fünf Tage gelagert werden. Solche Thrombozytenpräparate von mehreren Einzelspenden sind allerdings bezüglich der HLA-Merkmale heterogen.

Plasma wird innerhalb von 24 Stunden nach der Blutspende tiefgefroren. Es enthält alle Plasmaproteine und die Gerinnungsfaktoren in funktionstüchtigem Zustand. Bei -30° C kann es bis zu zwei Jahre aufbewahrt werden.

Einzigartiges Muster

Das Rote Kreuz hält in der Regel 5.500 Blutkonserven auf Lager und hat dadurch eine Reserve für ca. zwei Wochen. Das ermöglicht fast immer eine blutgruppengleiche Transfusion. Nur in Ausnahmefällen wird blutgruppenkompatibel transfundiert. Als Universalspender:innen können Blutspender:innen mit der Blutgruppe 0 negativ fungieren, da deren Zellen keine A-, B- oder Rhesus-Antigene besitzen und somit für alle Empfänger:innen verträglich sind. Ein/e Empfänger:in mit der Gruppe AB positiv ist hingegen ein/e Universalempfänger:in, da es in seinem/ihrem Blut keine Antikörper zu A, B oder Rhesusfaktor gibt. Aber neben den Isoagglutininen, die für das AB0-Blutgruppensystem bedeutsam sind, existiert eine Reihe von irregulären Antikörpern, die gegen eine Vielzahl anderer Merkmale von Erythrozyten gerichtet sein können und die bei jedem Menschen in einem einzigartigen Muster auf der Oberfläche der Erythrozyten lokalisiert sind. Große Bedeutung hat dabei das Kell-System. 

Antikörper gegen diese Blutgruppensysteme werden als irregulär bezeichnet, da sie ausschließlich nach einer Transfusion, Schwangerschaft oder Organtransplantation auftreten können. Sie verringern die Anzahl von verträglichen Blutkonserven. Bei Vorliegen solcher irregulärer Antikörper ist eine Antikörperspezifizierung nötig, um geeignete Blutkonserven auszuwählen.2

Der Weltblutspendetag wird am 14. Juni begangen. Am 14. Juni 1868 wurde Karl Landsteiner, der Entdecker der Blutgruppen, geboren.

Quellen

1   Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Blutspenderverordnung, Fassung vom 18.05.2022
 RIS - Blutspenderverordnung – Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 18.05.2022 (bka.gv.at)
2   https://www.gesundheit.gv.at/labor/laborwerte/blutgruppenserologie-transfusion/antikoerpersuchtest

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