Teil 1: Auftragnehmer-Sicht

Kooperation bei Neuverblisterung für eine Pflegeeinrichtung

Mag. pharm. Dr.
Theodora STEINDL-SCHÖNHUBER
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KH Pharmazie © Shutterstock
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Die Apotheke der Barmherzigen Brüder Linz ist seit 2004 im Bereich der Neuverblisterung tätig. Die ständig gewachsene Produktion überschritt bald das „apothekenübliche“ Ausmaß, daher wird seit 2011 mit einer Herstellgenehmigung und im GMP (Good Manufacturing Practice)-Standard produziert. Für die meisten unserer Kund:innen verblistern wir als betreuende Apotheke. Teilweise führen wir die Neuverblisterung auch als Auftragstätigkeit für andere Apotheken aus. So trat die Anstaltsapotheke des Landeskrankenhauses Innsbruck 2023 an uns heran: Das Pflegeklinikum Hall in Tirol, das zu den Tirol Kliniken gehört und von der Anstaltsapotheke Innsbruck versorgt und betreut wird, möchte neue Wege beschreiten und die Versorgung der festen, oralen Dauermedikation auf neuverblisterte Arzneimittel umstellen.

das EAHP-Statement 2.1 

Krankenhausapotheker:innen sollten in den komplexen Prozess der Beschaffung von Arzneimitteln einbezogen sein. Sie sollten sicherstellen, dass klar nachvollziehbare Beschaffungsprozesse etabliert sind, welche einer guten Praxis und den nationalen, gesetzlichen Regelungen entsprechen und auf den Grundsätzen der Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von Arzneimitteln beruhen.

Nachdem der Rahmen abgesteckt – die Apotheke Linz ist als Neuverblisterungsbetrieb Auftragnehmer, die Apotheke Innsbruck ist Auftraggeber – und die grundsätzliche Möglichkeit und Bereitschaft beider Seiten geklärt war, ging es in die Planung und schließlich Umsetzung. Die Basis bildeten die Anforderungen der NVBO für Tätigkeiten im Auftrag. Weiters galt es, hausinterne Standards (Vertragsgestaltung, IT-Sicherheitsstandards etc.), weitere gesetzliche Regelungen (z. B. Datenschutz) sowie Wünsche der Pflegeklinik Hall in Tirol und praktische Details (Abholservice Transportunternehmen, zeitl. Verfügbarkeit pharmazeutischer Dienst etc.) zu berücksichtigen. Dies alles erfolgte auf mehreren, sich teilweise überlappenden Ebenen.
Nachdem vertragliche und technische Details eine Weile in Anspruch genommen hatten, war es im Dezember 24 so weit – die erste Testbestellung und schließlich im Jänner 25 der erste Verblisterungsauftrag wurden gemacht. Gestartet anfangs auf nur einer von sechs Stationen, wurde das Service sukzessive und zügig ausgeweitet und mit März 2025 die gesamte Pflegeklinik Hall in Tirol mit neuverblisterten Arzneimitteln versorgt.


Faktoren einer erfolgreiche Kooperation


Entscheidend ist eine gute Absprache inkl. vertraglicher Festlegung der Zuständigkeiten. Obwohl die Verantwortung und pharmazeutische Durchsicht der Medikationspläne sowie die Generierung der Verblisterungsaufträge auf der Seite von Innsbruck liegt, war es uns beispielsweise wichtig, Einblick/Leserechte zu haben. Wir müssen uns als Hersteller vergewissern können, welche AM im Auftrag sind und in unserer Anlage zur Produktion gelangen sollen. 
Die technische Umsetzung muss gut geplant, begleitet und ausgetestet werden. So müssen in diesem Fall die Auftragsdateien aus der Systemumgebung der Tirol Kliniken in die Cloud der Barmherzigen Brüder eingespielt, von dort abgeholt und in die Produktion übertragen werden.

Ein persönliches Kennenlernen und sich vor Ort ein Bild machen zu können, macht vieles einfacher. Innsbrucker Kolleg:innen kamen gemeinsam mit Pflegekräften aus Hall in Tirol, um unsere Produktion zu besichtigen und über Details der Kooperation zu sprechen. Besprochen wurden z. B. die Auftragsfrequenz, die Möglichkeit von Nachbestellungen, wie die Kommunikation erfolgen soll (z. B. bei Produktumstellungen, Nicht-Lieferbarkeiten, Feiertagen etc.) und wer die Ansprechpartner:innen auf beiden Seiten sind. Die Pflege hatte Gelegenheit, sich mit Kolleg:innen zu unterhalten, die mit der Neuverblisterung vertraut sind, und etwas über die praktische Gebarung mit den Blistersäckchen auf Station zu erfahren (z. B. was tun bei Medikationsänderungen …).

Tabelle © APOVERLAG
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auf diversen Ebenen wichtige Regelungen 

Führungsebene, Management, Apothekenleitungen, Rechtsabteilungen, Träger der Einrichtungen Verträge, finanzielle Abgeltung, Datenschutzvereinbarungen


Qualitätsmanagement Apotheken
Vorbereitung verschiedener Vertragspunkte (Zuständigkeiten, Details zur Umsetzung), Qualitätsvereinbarungen, Qualifizierung der Apotheke der Barmherzigen Brüder im Sinne eines von der Anstaltsapotheke Innsbruck durchgeführten Lieferantenaudits


IT-Abteilungen
Sicherheitsüberprüfungen, Medikationsprogramm in der elektronischen Fieberkurve für die Generierung der Verblisterungsaufträge


Pharmazeut:innen
Kommunikations- und Koordinationsfragen zu Auftragsgenerierung und -abpackung; AM zur Verblisterung, Medikamentenkataster und -portfolio


Positive Effekte  


Die Neuverblisterung bietet große Vorteile in Bezug auf Arzneimitteltherapiesicherheit. Die Medikationspläne werden pharmazeutisch geprüft, die Abpackung erfolgt unter hohem Automatisierungsgrad, das Endprodukt zeigt eine extrem geringe Blisterfehlbefüllungsrate. Der zweite wichtige Pluspunkt ist, dass die Pflege deutlich in ihrer täglichen Arbeit entlastet ist und Ressourcen frei werden. Mit dem System geht aber ein gewisser Grad an Flexibilitätsverlust einher (v. a. auf ärztlicher Seite, z. B. Visitenplanung und Medikamentenumstellungen in Anpassung an die Blisteraufträge). Dies muss sich bei Neustart einer Einrichtung immer erst einspielen, wird aber aus unserer Erfahrung als Hürde überschätzt.

Exkurs: Tätigkeiten im Auftrag

NVBO § 4.1

1 Über die Vergabe oder Übernahme von Aufträgen, die die Neuverblisterung von Arzneimitteln und jeden damit verbundenen Vorgang betreffen, muss ein schriftlicher Vertrag zwischen der öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke als Auftraggeber und einem Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c oder einer anderen öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke als Auftragnehmer bestehen, der im Betrieb im Original oder in Form einer Kopie ständig aufliegen muss. Auf Verlangen ist der zuständigen Behörde das Bestehen der Vereinbarung nachzuweisen. In diesem Vertrag müssen die Verantwortlichkeiten jeder Seite klar festgelegt werden. 


2 Der Auftraggeber hat sich zu vergewissern, dass der Auftragnehmer die Tätigkeit entsprechend der vorgegebenen Anweisung durchführt und – soweit dies erforderlich ist – über eine entsprechende Bewilligung gemäß § 63 Abs. 1 Arzneimittelgesetz verfügt. 


3 Ein Auftragnehmer darf keine ihm vertraglich übertragene Arbeit ohne schriftliche Genehmigung des Auftraggebers an Dritte weitergeben. 


4 Jeder Betrieb gemäß § 2 Z 1 lit. c darf ausschließlich auf Grund eines Auftrags einer öffentlichen Apotheke oder einer Anstaltsapotheke Arzneispezialitäten neuverblistern. 


5 Änderungen am Neuverblisterungsauftrag dürfen nicht ohne Rücksprache beim Auftraggeber vorgenommen werden. 

Für die Pflegemitarbeiter:innen ist es oft sogar ein positiver Effekt, wenn die Zeiten für Medikationsänderungen klar definiert und begrenzter sind. Kurzfristige Änderungen, Bedarfsmedikation, Aufnahmen etc. sind ohnehin extra durch die Pflege zu administrieren und jederzeit möglich.
Obwohl im Vergleich zur direkten Verblisterung als betreuende Apotheke für uns im Falle der Auftragstätigkeit, wo wir als Hersteller auftreten, noch ein Schritt bzw. ein Player im System dazukommt, erweist sich das – gerade im Fall dieser guten und problemlosen Zusammenarbeit – nicht als Verkomplizierung. Da wir uns „nur“ auf die Produktion im eigentlichen Sinn und die Kommunikation von produktionstechnischen Informationen (z. B. Arzneimittelverfügbarkeit, Feiertagsplanung etc.) konzentrieren müssen, entfällt die direkte apothekerliche Betreuung der Endkund:innen für uns. 

Tabelle © APOVERLAG
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Fazit 


Die Verblisterung für die Pflegeklinik Hall im Auftrag der Anstaltsapotheke Innsbruck konnte gut und zur Zufriedenheit des Endkunden etabliert werden. Die Zusammenarbeit in diesem Projekt mit den Innsbrucker Kolleg:innen lief und läuft sehr konstruktiv, lösungsorientiert und wertschätzend.


Der direkte Kontakt zum Arbeitskreis Krankenhauspharmazie der ÖAZ per E-Mail: arbeitskreis.oeaz@krankenhausapotheke.at. Wir freuen uns über Rückmeldungen und Themenvorschläge.

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