Ökologisch, ökonomisch, sozial

„Nachhaltigkeit geht uns alle an!“

Verena Radlinger
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DI Sabrina Lichtnegger, Geschäftsführung ECOFIDES Consulting GmbH © NelsonPhotography.at, Wolfgang-Nelson
DI Sabrina Lichtnegger, Geschäftsführung ECOFIDES Consulting GmbH © NelsonPhotography.at, Wolfgang-Nelson

"Nachhaltigkeit“ ist eines der Schlagwörter des 21. Jahrhunderts und ist aus Wirtschaft, Wissenschaft und Medien nicht mehr wegzudenken. Das Bewusstsein ist dabei längst nicht mehr allein auf private Verbraucher:innen beschränkt – auch Unternehmen wollen im Sinne der Umwelt agieren. DI Sabrina Lichtnegger bietet mit ihrem Team Nachhaltigkeitsberatung für Betriebe und Organisationen an − und das in vielen verschiedenen Branchen.

ÖAZ Frau DI Sabrina Lichtnegger, wo beginnt Nachhaltigkeit und was heißt, „nachhaltig zu handeln“?

DI Sabrina Lichtnegger Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich als Querschnittsthema durch alle Bereiche des privaten und beruflichen Lebens. Es geht darum, die Konsequenzen des
eigenen Handelns zu hinterfragen und die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu beeinträchtigen.

ÖAZ Bei einer herkömmlichen Internet-suche findet man als Definition häufig, dass es nicht nur um wirtschaftliche und ökologische Fragen gehe, sondern auch um soziale. Was ist damit gemeint?

Lichtnegger Nachhaltigkeit ist als ganzheitlicher Ansatz zu verstehen. Das bedeutet, jeweils die ökonomische, ökologische und soziale Dimension zu betrachten. Nur so kann man ganz-heitliche Lösungen finden, die Zusammenhänge zwischen den Systemen verstehen und dafür sorgen, dass Handlungen zu einer Verbesserung oder zumindest nicht zu einer Verschlechterung in einer der Dimensionen führen. Wenn man das auf ein Unternehmen umlegt, kann man sagen, dass ein Unternehmen nachhaltig wirtschaftet, wenn es neben der Wirtschaftlichkeit auch den Einfluss auf die Umwelt und die Menschen (intern und extern) hinterfragt oder sogar einen positiven Einfluss darauf hat.

ÖAZ In Ihrem Unternehmen bieten Sie Nachhaltigkeits-Workshops an. Wie kann man sich einen solchen vorstellen?

Lichtnegger Ein Workshop kann unterschiedliche Zielsetzungen wie die Bewusstseinsbildung im Team, Wissensvermittlung, Partizipation, aber auch die Identifikation von konkreten Maßnahmen haben. Zentral sind die Interaktion und die Möglichkeit, die Perspektiven und Erfahrungen der unterschiedlichen Bereiche einer Organisation zusammenzubringen. Mit der ECOFIDES bieten wir darüber hinaus ein breites Spektrum im Bereich Nachhaltigkeit an. Unser Portfolio reicht von der Strategie- und Zielentwicklung über die Definition und Begleitung von operativen Maßnahmen bis hin zur Wirkungsanalyse, Kommunikation, Zertifizierung sowie Reporting. Wir begleiten unsere Kunden und Kundinnen je nach Bedarf spezifisch bei einem dieser Schritte oder über den gesamten Prozess. Mein Job besteht darin, neben fachlichem Input maßgeschneiderte, praxisfähige Lösungen zu finden und in bestehende Organisationsprozesse zu integrieren. Die Anschlussfähigkeit an die Praxis  ist zentral, da rein theoretische Lösungen in der Operative nichts weiterbringen.

Best Practice:
„Ein achtsamer Umgang mit unseren 
Ressourcen ist unumgänglich!“

Mag. pharm. Barbara Hennig hat ihre Apotheke 2021 im Sinne der Nachhaltigkeit umgebaut. In der ÖAZ erklärt sie, welche technischen Optionen sie deshalb gewählt hat und wie nachhaltiges Handeln im Alltag gelingen kann.

ÖAZ Welche Maßnahmen in Bezug auf Nachhaltigkeit haben Sie beim Umbau Ihrer Apotheke gesetzt?

Mag. pharm. Barbara Hennig Um die Energiekosten zu senken und erneuerbare Energien einzusetzen, haben wir auf dieKälte- und Wärmetechnik umgestellt. Dazu wurde u. a. eine Erdsonde gebohrt; dadurch wird über eine Kühldecke in den warmen Monaten die Temperatur geregelt. Es wird nur eine kleine Pumpe benötigt, die das durch Sole gekühlte Kühlmittel durch die Kühlschlangen pumpt. Angenehmer Nebeneffekt ist, dass keine kalte Luft herumgeblasen wird, was vor allem für die Mitarbeiter:innen viel angenehmer ist. Außerdem haben wir eine Photovoltaik-Anlage mit zusätzlichem Batteriespeicher installiert. Somit können wir den Stromverbrauch deutlich reduzieren und haben auch für eine gewisse Zeit eine Notstromversorgung im Falle eines Stromausfalls. Da wir in einem bestehenden Gebäude umgebaut haben, wurde auf Dreifach-Verglasung und thermische Sanierung geachtet − ebenso auf entsprechende Beschattung, um die laufenden Kosten zu reduzieren. Die komplette Beleuchtung wurde auf LED umgestellt. Bei der Materialauswahl der Möbel war mir aus ökologischer Sicht die Verwendung heimischer Hölzer wichtig. Zusätzlich haben lokale Handwerker:innen den Zuschlag bekommen, damit die Wertschöpfung im Land bleibt.

ÖAZ Wie lässt sich Ihrer Meinung nach Nachhaltigkeit in den Apothekenalltag integrieren? 

Hennig Unsere Stofftaschen werden von der Lebenshilfe Vorarlberg bedruckt. Der Reinerlös kommt ebenfalls der Lebenshilfe zugute. Wir haben einen überdachten Fahrradabstellplatz für die Mitarbeiter:innen errichtet, um zum Umstieg auf das Rad zu motivieren. Jobtickets für meine Mitarbeiter:innen unterstütze ich ebenfalls, um Anreize zum Nützen der öffentlichen Verkehrsmittel zu setzen. Im Alltag versuchen wir mit kleinen Schritten wie Müllvermeidung und einem sorgsamen Umgang mit unseren Ressourcen einen kleinen Beitrag zu leisten. All diese Dinge sind mir wichtig, ebenso ein angenehmes Arbeitsklima.

ÖAZ Vielen Dank für das Gespräch.


ÖAZ Was können Unternehmen im Allgemeinen tun, um nachhaltiger zu werden?

Lichtnegger Wenn man Nachhaltigkeit in das Unternehmen integrieren möchte, sollte man jedenfalls die Qualität (Quelle) und die Quantität (Verbrauch) betrachten – also beispielsweise bei der Energie nicht nur auf erneuerbare Energiequellen, sondern auch auf den Energiebedarf im Unternehmen achten. Neben ökologischen Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Kreislaufwirtschaft wird die Relevanz der sozialen Verantwortung eines Unternehmens oftmals außer Acht gelassen. Hier geht es um Sozialaspekte innerhalb (Team) und außerhalb (Stakeholder, Gesellschaft) des Unternehmens. Last but not least ist es natürlich, zentral sein Geschäftsmodell laufend zu hinterfragen und die Ansprüche aller Stakeholder damit zu harmonisieren. Nachhaltigkeit bedeutet Zukunftsfähigkeit, da man die Risiken und Potenziale des Unternehmens identifiziert und darauf bewusst eingeht.

ÖAZ Wie sieht es nun konkret im Hinblick auf Apotheken aus?

Lichtnegger Die Handlungsmöglichkeiten für Apotheken sind breit: Es gibt viele kleine, mittlere bis große Maßnahmen, die in Summe dann einiges bewirken können (siehe Kasten).

ÖAZ Danke für das Gespräch.

So geht grün:
Ansätze für mehr Nachhaltigkeit in Apotheken
  • Mobilität (Fuhrpark, Mobilitätsverhalten)
  • Beschaffungsvorgänge (Verpackungen, Reinigungsmittel, Büromaterial, Geräte, Werbegeschenke, nicht rezeptpflichtiges Sortiment etc.)
  • Abfallvermeidung und -management
  • Reduktion des Energieverbrauchs
  • Mitarbeiter:innenschutz bzw. -anreize
  • barrierefreie und inklusive Angebote
  • Kommunikation und Bewusstseinsbildung (Team, Kund:innen, Stakeholder)
  • soziales und ökologisches Engagement (Charity, Kooperationen, Klimaschutzprojekte etc.)

Kasten


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