
Digitale Werbebotschaften auf Bildschirmen kennt jeder. Vor einigen Jahren verband man damit lediglich die berühmten Leuchtreklame-Schilder am Times Square in New York oder Shibuya in Tokio, wo auf 300 Metern bis zu 800 Bildschirme zu sehen sind. Spektakuläre 3D-Werbetafeln mit springenden Katzen oder scheinbar über die Köpfe fliegenden Flugzeugen zeigen das Potenzial der Technologie – allerdings in voller Lautstärke.
In Österreich ist digitale Bildschirmwerbung mit Ton jedoch verboten, um die öffentliche Ruhe nicht zu stören. Für Apotheken gilt zudem, dass Werbemittel laut Vorschrift nur an allgemein zugänglichen Orten aufgestellt werden dürfen, die der eigenen Apotheke näher sind als anderen Apotheken. Doch auch ohne diese spektakulären Effekte haben sich digitale Screens längst durchgesetzt: im Wartebereich von Ordinationen, bei der U-Bahn-Station, in Fußball-Stadien – und nun verstärkt auch in Apotheken. Denn die wahren Vorteile von DOOH liegen nicht im Lärm, sondern in der intelligenten, zielgerichteten Kommunikation.
Digital out of Home steht für digitale
Außenwerbung. Es handelt sich dabei um Werbeinhalte, die auf Displays im öffentlichen oder halb-öffentlichen Raum ausgespielt werden.
Im Unterschied zur traditionellen Außenwerbung, die auf statische Plakate und Schilder setzt, nutzt DOOH moderne digitale Technik. Damit können Werbebotschaften dynamisch und zielgerichtet übermittelt werden. DOOH überzeugt durch Anpassungsfähigkeit und ermöglicht die präzise Ansprache verschiedener Zielgruppen, was die Wirksamkeit der Inhalte deutlich erhöht.
Die DOOH-Vorteile für Apotheken
DOOH ist eine digitale Evolution und stellt eine zeitgemäße Variante der Außenwerbung dar. Unternehmen wird dadurch die Möglichkeit geboten, ihre Inhalte in Echtzeit und auf visuell ansprechende Weise darzustellen. Besonders für Apotheken ergeben sich spezifische Vorteile:
– Zielgerichtete Ansprache: Durch den Einsatz digitaler Bildschirme lassen sich Werbekampagnen flexibel auf unterschiedliche Zielgruppen und Tageszeiten abstimmen. Für Apotheken könnte das beispielsweise bedeuten, dass die digitale Werbung früh morgens eher auf Senior:innen und den Berufsverkehr ausgerichtet ist, mittags dafür vielleicht auf junge Eltern und nachmittags auf Jugendliche und Erwachsene. Die gezielte Werbung ermöglicht es, ein erhöhtes Interesse an bestimmten Produkten zu erwirken. Zusätzlich können Apotheken wetterabhängige Werbung schalten – etwa für Erkältungsprodukte bei nasskaltem Wetter oder Sonnenschutz bei hohen Temperaturen.
– Dynamische Inhalte: Die klassische (Plakat)Werbung kann naturgemäß nicht innerhalb weniger Sekunden an das Zielpublikum angepasst werden. Mit digitalen Screens gestaltet sich das wesentlich einfacher und schneller. So können aktuelle Angebote der jeweiligen Apotheke, spezifische Gesundheitskampagnen oder saisonale Produkte jederzeit ausgespielt werden. Dabei ist die Kosteneffizienz ein wesentlicher Faktor: Während der Druck neuer Plakate Zeit und Geld in Anspruch nimmt, lassen sich digitale Inhalte binnen Minuten anpassen.
– Information & Unterhaltung: Die Bildschirme dienen aber nicht nur Werbezwecken, sondern auch als Information und Unterhaltung. Nachrichten, Wetterberichte oder Gesundheits-Tipps können gezeigt werden und verkürzen damit die Wartezeiten der Kund:innen in Apotheken. Diese werden durch DOOH auch zum Kauf weiterer Produkte motiviert. Wenn jemand beispielsweise wegen Halsschmerzen für einen Hustensaft in die Apotheke kommt und in der Bildschirmwerbung Lutschpastillen sieht, ist die Kaufbereitschaft dafür gleich wesentlich höher.
– Crossmediale Werbung: DOOH kann zudem hervorragend genutzt werden, um auf Online-Apotheken und deren Dienstleistungen aufmerksam zu machen und eine Verbindung zwischen stationärem und Online-Handel herzustellen.
Die innovativen Möglichkeiten von DOOH in Apotheken sind groß und vor allem effektiv. Wie effektiv, das erklären zwei Experten auf diesem Gebiet: Markus Hartl und Nicola Pohoralek.

Markus Hartl ist einer der führenden DOOH-Experten Österreichs. Als Inhaber von TMC The Media Consultants verfügt er über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Medienbranche und ist als Lehrbeauftragter an der FH Wien & Hochschule Burgenland tätig. Seine Expertise umfasst die strategische Beratung für Out-of-Home-Medien sowie die Entwicklung von Reichweitenstudien. Als Vorstandsmitglied der MediaAnalyse und Gründungsmitglied von VAMP (Verband Ambient Media & Promotion) sowie OOHA (Verband Out of Home Austria) prägt er maßgeblich die Entwicklung der österreichischen Out-of-Home-Landschaft.
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Nach Abschluss des naturwissenschaftlichen Studiums Biologie/Ökologie als Magistra begann Nicola Pohoralek ihre Berufslaufbahn bereits 1999 bei Bipa als Marketing Trainee und war dort verantwortlich für die erste Website und den ersten Online-Shop der Parfümerie-Kette. In diversen Jobs danach auf Mediaagentur-, Kunden-, Vermarkter- und Kreativagenturseite konnte sie ihr Wissen über Online-Marketing anreichern bis sie letztendlich 2011 als Country Manager bei Quisma, Part of GroupM anheuerte. Dort baute sie das performance-orientierte digitale Service innerhalb der GroupM auf und aus und übernahm 2015 als Managing Director zusätzlich die proprietäre Technologie-Unit Xaxis inklusive Adserving. Ab 2017 war sie für die gesamte digitale Agenda der GroupM – heute WPP Media - in Österreich und seit 2023 auch für die Schweiz verantwortlich, unterstützt durch ein bis dahin von ihr aufgebautes 90-köpfiges Team von Spezialisten aus 9 unterschiedlichen Digitalunits der WPP Media.
Interview
ÖAZ Worin sehen Sie die Vorteile von DOOH?
Markus Hartl Im Gegensatz zur klassischen Plakatwerbung werden die Inhalte digital und oft beweglich dargestellt – etwa in Form von Videos, Animationen oder wechselnden Bildmotiven.
Ein entscheidender Vorteil liegt in der Flexibilität: Inhalte können in Echtzeit angepasst und zielgerichtet ausgespielt werden – abhängig von der Tageszeit, dem Wetter oder dem Standort. Unternehmen können so dynamisch und kontextbezogen auf ihr Publikum reagieren. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Technik eine höhere Aufmerksamkeit, da Bewegtbilder und wechselnde Inhalte stärker auffallen als statische Plakate.
DOOH verbindet also die Reichweite traditioneller Außenwerbung mit den Möglichkeiten der digitalen Welt. Inzwischen lässt sich diese Werbeform sogar programmatisch steuern, was bedeutet, dass Werbeflächen automatisiert gebucht und Inhalte datenbasiert ausgespielt werden können.
Nicola Pohoralek Das Besondere ist, dass die Inhalte oft sehr flexibel und sogar in Echtzeit an die Umgebung, die Tageszeit oder bestimmte Zielgruppen angepasst werden können und somit dynamischer und auffälliger sind. Es ist die Zukunft der Außenwerbung, weil sie viel lebendiger und relevanter ist als das bekannte Plakat.
ÖAZ Wie reagieren Kund:innen auf die digitalen Werbebildschirme und gibt es bereits messbare Effekte auf Beratung und Umsatz?
Hartl Die Reaktionen sind überwiegend positiv.
Studien und Praxisbeispiele zeigen, dass digitale
Displays im öffentlichen Raum deutlich mehr Auf-
merksamkeit erzeugen als statische Plakate. Besonders Bewegtbildinhalte, wechselnde Botschaften und kontextbezogene Werbung steigern das Interesse und die Wahrnehmung deutlich. Viele Menschen empfinden DOOH zudem als modern und innovativ, was sich positiv auf die Markenwahrnehmung auswirken kann.
Was die messbaren Effekte betrifft, gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass digitale Außenwerbung konkrete Auswirkungen auf den Umsatz hat, vor allem im Einzelhandel und an Point-of-Sale-Standorten. Wenn beispielsweise auf einem Screen gezielt Produkte beworben werden, die im direkten Umfeld erhältlich sind, kann das zu einer spürbaren Steigerung der Nachfrage führen.
Pohoralek Die Reaktion der Kund:innen auf digitale Werbebildschirme ist tendenziell positiv, da sie als modern und informativ wahrgenommen werden. Die messbaren Effekte auf Beratung und Umsatz hängen stark von der Implementierung, der Idee und den Inhalten ab. Messbare Effekte sind z.B. erhöhte Aufmerksamkeit, Cross-Selling, positive Markenbekanntheitsstudien, aber auch Website-Traffic oder die Verwendung von QR Codes. Erfolg hat jene Kampagne, die relevante und ansprechende Inhalte, zugeschnitten auf Zielgruppen, transportiert, strategische Platzierungen miteinbezieht, eine Customer Journey integriert und auch A/B Testings durchführt. Damit haben wir für unsere Kund:innen bereits sehr gute Erfolge erzielen können.
ÖAZ Welche Inhalte sind derzeit besonders wirksam?
Hartl Besonders wirksame Inhalte bei DOOH zeichnen sich durch Klarheit, Relevanz und Bewegung aus. Bewegte Inhalte wie kurze Animationen oder Videos erzielen deutlich mehr Aufmerksamkeit als statische Motive. Besonders erfolgreich sind Spots mit einer klaren, leicht verständlichen Kernbotschaft, die innerhalb weniger Sekunden erfasst werden kann – idealerweise ohne Ton. Inhalte mit einem direkten Handlungsaufruf, etwa durch einen QR-Code, können effektiv sein – besonders, wenn sie einen klaren Mehrwert versprechen (z. B. Sofortrabatt, Coupon, Gewinnspiel).
Pohoralek Im Moment liegt der Trend bei dynamischen und animierten Inhalten, die es ermöglichen auch komplexe Botschaften leicht zu vermitteln. Außerdem können sehr gut Echtzeit- oder kontextbezogene Inhalte mitberücksichtigt werden, so wie das Wetter, News oder auch Social Media Feeds. So könnten bei kaltem, schlechtem Wetter z.B. Vitaminpräparate genau darauf abzielen, dass man den Kund:innen vermittelt: „Stütze dein Immunsystem – auch an solch kalten Tagen.“
Durch Touchscreens und QR Codes wird das klassische Medium „Plakat“, das bisher zur Reichweitengenerierung verwendet wurde, auch zum Interaktions- und sogar zum Upselling-Medium.
ÖAZ Worauf sollten Apotheken achten, wenn sie in ein DOOH-System investieren wollen?
Hartl Wenn Apotheken in ein DOOH-System investieren möchten – sei es für die eigene Sichtwahl, das Schaufenster oder als Teil eines Werbenetzwerks – sollten sie gezielt einige strategische, technische und inhaltliche Aspekte beachten. Die Investition lohnt sich besonders dann, wenn das System sinnvoll in die Kundenkommunikation und das Apothekenumfeld eingebunden wird. Zentral ist die Frage, wo das Display platziert wird. Für Apotheken eignen sich insbesondere Schaufensterflächen, die stark frequentiert sind, oder der Innenbereich bei der Wartezone. Apotheken sollten keine Dauerwerbung mit beliebigen Produkten zeigen, sondern auf kontextbezogene, saisonale und beratungsunterstützende Inhalte setzen. Die Inhalte sollten den Servicegedanken der Apotheke stärken und Vertrauen aufbauen, nicht nur Produkte bewerben. Ein DOOH-System ist nur so gut wie seine Bedienbarkeit. Apotheken sollten auf benutzerfreundliche Softwarelösungen setzen, mit denen Inhalte einfach selbst aktualisiert oder automatisiert geplant werden können – idealerweise cloudbasiert. Eine Kooperation mit einem Dienstleister, der branchenspezifische Inhalte liefert (z. B. mit Fokus auf Gesundheitsthemen), kann den Aufwand minimieren.
Pohoralek Es müssen die Standards eingehalten werden, die es für DOOH gibt und die es ermöglichen, Apothekenscreens neben vielen anderen Anbietern leicht und ohne Komplikationen in Mediapläne aufzunehmen. Bei DOOH ist zu beachten, dass hier 2 Welten aufeinanderstoßen. Auf der einen Seite gibt es die Plakatwelt, in der die OSA- (Outdoor Server Austria) Berechnungen Einfluss auf die Planung und Ausspielung der Kampagnen über OOH nehmen. Auf der anderen Seite werden auch die digitalen Kennzahlen wie Impressions oder mit der Ausspielung der DOOH-Screens verbundenen Käufe tragend. DOOH-Systeme sollten beide Welten abdecken können.
Und dann gibt es auch noch pDOOH, also programmatisches Digital out of Home, was auch immer stärker wird und nochmals mehr Flexibilität bietet. Auch dieser Bereich muss zukünftig angedacht werden.
ÖAZ Was darf und was darf DOOH nicht? Welche Richtlinien gibt es für Apotheken?
Pohoralek Aus meiner Sicht gelten dieselben Richtlinien wie sie auch für Werbung im Allgemeinen gelten. Das sind generelle: Es dürfen keine irreführenden und unwahren Aussagen in den Werbeausspielungen getroffen werden, genauso wie keine diskriminierenden oder beleidigenden Inhalte, keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte, etc. In Bezug auf Apotheken darf keine Werbung zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln oder zu rezeptfreien Arzneimitteln mit Heilaussage ausgespielt werden. Anpreisung von Medikamenten als Wundermittel sind auch ein No-Go, genauso wie vergleichende Werbung, irreführende Werbung etc.
Aber letztendlich muss es von Anbieterseite eine genaue Auflistung geben, welche Richtlinien eingehalten werden müssen. Und diese gilt es dann auch zu überprüfen. Als Agentur sind wir dann nur diejenigen, die die Richtlinien einhalten.
ÖAZ Welche Entwicklungen erwarten Sie in den nächsten Jahren im Bereich DOOH im Gesundheitswesen allgemein und in Apotheken?
Hartl DOOH im Gesundheitswesen wird sich vom
„digitalen Plakat“ hin zu einem interaktiven, integrierten Kommunikationskanal entwickeln – informativ,
vertrauenswürdig und technologisch flexibel. In Apotheken entsteht ein Potenzial, DOOH nicht nur als Werbe-, sondern als Beratungs- und Bindungsinstrument einzusetzen, das den Brückenschlag zwischen analoger Betreuung und digitaler Information schafft.
Aktuell ist DOOH - laut Focus Bruttowerbewert im ersten Halbjahr 2025 - die einzige Mediagattung mit einem zweistelligen Wachstum von +13,7% auf € 56,5 Mio. im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Pohoralek Die Nutzung von DOOH nimmt im Allgemeinen definitiv zu. Laut der Österreichischen Werbemarkt Studie 2025 steigen die Ausgaben für DOOH um 14% an. Somit kann man davon ausgehen, dass auch für die Apotheken ein Anstieg zu verzeichnen ist.
DOOH in den Apotheken ist ja ein Teil eines großen Ganzen. Es wäre schön, wenn wir in unseren Mediaplänen, dort Apotheken einbeziehen können, wo es Sinn macht und dies nicht nur auf Gesundheitsprodukte umlegen, sondern auch die Möglichkeit haben, branchefremde Marken wie z.B. aus dem Telekommunikations- oder dem FMCG-Bereich in Apotheken auf Screens zu bewerben. Die Betonung liegt immer darauf, wenn es Sinn macht! Das wäre für mich eine sinnvolle Entwicklung genauso wie die programmatische Aussteuerung (pDOOH) und die Einbeziehung von dynamischen Werbemitteln, da der österreichische Markt sich gerade in diese Richtung bewegt.