Forschung & Praxis bei Kindern 

Ein Update zu COVID-19

Mag. Andrea Fallent 
Artikel drucken
Covid-19 bei Kindern © Shutterstock
COVID-19-Symptome bei Kindern sind schwer von Anzeichen grippaler Infekte zu unterscheiden. © Shutterstock

Kranke Kinder 

Atemwegsinfekt oder Corona?

Um festzustellen, wie sich die Symptome von Kindern mit SARS-CoV-2 von denen mit anderen gängigen Infektionserkrankungen unterscheiden, haben niedergelassene Kinderärzte aus Deutschland die Befunde aus ihren Praxen zusammengetragen.

Mit der Frage nach den häufigsten Symptomen von COVID-19-positiven Kindern beschäftigten sich schon im letzten Jahr mehrere Studien. In der einen Untersuchung waren es Husten, Pharyngitis und Fieber, in einer anderen der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, gastrointestinale Symptome und erneut Fieber. Ein positives Testergebnis war mit drei Faktoren assoziiert: ein kürzlich erfolgter Kontakt zu einer infizierten Person, Treffen mit Personen außerhalb des Haushalts und kein konsequenter Maskengebrauch in der Schule.

In einer aktuellen Studie der Goethe-Universität Frankfurt gemeinsam mit zahlreichen niedergelassenen Pädiatern sollte zusätzlich zu den häufigsten Symptomen noch die Rate an COVID-19-positiven Kindern herausgefunden werden, die in den Praxen vorstellig wurden. Klinische Zeichen oder Hinweise in der Vorgeschichte sollten identifiziert werden, um SARS-CoV-2-positive Kinder schon vorab zu erkennen. Die Autoren sammelten die Daten von 783 Kindern bis einschließlich zwölf Jahre, die die Praxen mit respiratorischen oder gastrointestinalen Symptomen bzw. mit Infektionserkrankungen aufsuchten. Die Kinder wurden nicht nur auf COVID-19 getestet, sondern auch auf Influenza A/B.

Bei insgesamt 19 Kindern (2,4 %) fielen die SARS-CoV-2-Tests positiv aus, bei keinem der Kinder wurde Influenza belegt. Am häufigsten kamen bei den COVID-19-Patienten die Symptome Rhinitis (57,9 %), Fieber (47,4 %) und Husten (42,1 %) vor. Bei der klinischen Untersuchung überwogen eine behinderte Nasenatmung (63,2 %), Rhinorrhoe (52,6 %), Pharyngitis (33,3 %) und Fieber (31,6 %). Bei keinem der Patienten mit COVID-19 wurden Dyspnoe, Tonsillitis oder Diarrhö beobachtet. Hatten die Kinder zuvor Kontakt zu einer infizierten Person, bestand eine signifikante Korrelation, dass sie selbst positiv getestet wurden (Odds Ratio 25,9, p < 0,0001). Außerdem stellte sich heraus, dass die Eltern häufig den „richtigen Riecher“ hatten: Hegten sie den Verdacht, dass ihr Kind SARS-CoV-2-positiv sein könnte, war das auch häufiger der Fall
(p < 0,0001).

Überlappende Symptome

Insgesamt waren die Symptome der mit COVID-19-infizierten Kinder, die zu den niedergelassenen Kinderärzten kamen, mild. Die Beobachtungen zu den Symptomen decken sich mit vorherigen Studien: Fieber, Rhinitis und Husten traten am häufigsten auf. Dies waren gleichzeitig auch die häufigsten Krankheitszeichen von Kindern, die wegen infektiösen Erkrankungen zu den Pädiatern gebracht wurden, jedoch einen negativen COVID-19-Test aufwiesen. Gastrointestinale Symptome kamen eher selten vor. Da die Patienten der vorliegenden Studie im Median drei Jahre alt waren, wurde der bei erwachsenen Patienten häufig beobachtete Geschmacksverlust nicht weiter untersucht.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass COVID-19 bei Kindern nicht ohne Weiteres von anderen akuten Infektionen unterschieden werden kann, da sich die am häufigsten vorkommenden Symptome überlappen“, fassen die Autoren ihre Erkenntnisse zusammen. Insgesamt kam SARS-CoV-2 unter den Kindern mit Krankheitszeichen einer akuten Infektion, die in den Praxen vorstellig wurden, selten vor.

Schutz durch antivirale Immunität

Das kindliche Immunsystem scheint besser auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 vorbereitet zu sein, als jenes von Erwachsenen. Deutsche Wissenschaftler haben jüngst eine Studie publiziert, die das Phänomen erklärt. Laut Studienautoren müssen für eine schnelle Immunantwort gegen SARS-CoV-2 sogenannte Mustererkennungs-Rezeptoren aktiviert werden. Diese erkennen das Erbgut des Virus und leiten eine Interferon-Antwort ein. Dieses Mustererkennungssystem ist in den Nasenschleimhautzellen von Kindern stärker ausgeprägt als bei Erwachsenen. Das Virus wird von Kindern also schnell erkannt und bekämpft.

Gefürchtete Komplikation

Nichtsdestotrotz sind prinzipiell auch Komplikationen durch COVID-19 bei Kindern möglich. Das post-virale Entzündungssyndrom – Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS) oder auch Multisystem Inflammatory Syndrome in Children (MIS-C) – tritt zwei bis vier Wochen nach der akuten Infektion, die oft mild oder unbemerkt verläuft, auf und kann tödlich ausgehen, wenn es nicht rechtzeitig erkannt bzw. behandelt wird. Am häufigsten sind das Herz-Kreislauf-System, der Gastrointestinaltrakt und die Haut und/oder Schleimhäute betroffen. Alarmierende Symptome sind Müdigkeit, anhaltend hohes Fieber, Durchfall, Erbrechen, Bauch- und Kopfschmerzen sowie Atembeschwerden. Von 1. Februar 2020 bis 31. Jänner 2021 wurden in Österreich 51 Fälle von PIMS nach durchgemachter SARS-CoV-2 Infektion gemeldet – 20 davon mussten auf einer Intensivstation behandelt werden.

Impfstoffentwicklung 

Studien mit Kindern unter zwölf Jahren

Covid-19 bei Kindern © Shutterstock
Aktuell laufen mehrere Impfstoff-Studien mit Kindern unter zwölf Jahren. © Shutterstock

Für Minderjährige kann ein Impfstoff nur zugelassen werden, wenn er auch mit ihnen erprobt wurde. Bislang erhielten in der EU zwei Impfstoffe (BioNTech/Pfizer und Moderna) eine Zulassung ab zwölf Jahren. Für jüngere Kinder ist noch kein Coronaimpfstoff zugelassen, mehrere sind in Entwicklung:  

BioNTech/Pfizer gab am 20. September 2021 positive Studienergebnisse für die Impfung von fünf- bis unter zwölfjährigen Kindern bekannt, verbunden mit der Ankündigung, diese in Kürze bei verschiedenen Zulassungsbehörden einzureichen. Grundlage dafür ist eine im März 2021 begonnene Studie mit Kindern ab sechs Monaten und bis unter zwölf Jahren. Zunächst wirkten nur US-amerikanische medizinische Einrichtungen an der Studie mit, für den Phase-II-Teil sind noch finnische, spanische und polnische Einrichtungen dazugekommen. Laut Pfizer könnten die Ergebnisse demnächst veröffentlicht werden.

Moderna hat im Juli die EU-Zulassung für den Einsatz ab zwölf Jahren erhalten; nur die formale Zulassung durch die EU-Kommission steht noch aus. Grundlage dafür ist eine, im Dezember 2020 begonnene, Studie mit Jugendlichen ab 12 und bis unter 18 Jahren, in ihr zeigte der Impfstoff eine Wirksamkeit von 100 %, was ein Erkranken mit Symptomen betrifft. Mitte März 2021 berichtete das Unternehmen außerdem vom Beginn einer Phase-II/III-Studie mit geplant 6.750 Kindern im Alter zwischen sechs Monaten und unter zwölf Jahren in den USA und in Kanada. Im ersten Teil der Studie geht es um die Dosisfindung: Bei Kindern im Alter von zwei bis unter zwölf Jahren wird die Immunreaktion auf 50 oder 100 Mikrogramm mRNA verglichen, bei Kindern zwischen sechs Monaten und unter zwei Jahren die Reaktion auf 25, 50 oder 100 Mikrogramm mRNA. Mit der bestbewerteten Dosis geimpfte Kinder werden dann im zweiten Teil mit placebogeimpften Kindern verglichen. 

Janssen hatte eine Studie mit Jugendlichen schon für Anfang April 2021 vorgesehen. Nach derzeitigem Planungsstand soll sie aber erst im Herbst 2021 beginnen. 

Novavax hat Anfang Mai 2021 mit der Studienerprobung seines Impfstoffs mit Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren in den USA begonnen und dafür seine laufende Phase-III-Studie mit Erwachsenen um entsprechende Arme mit Jugendlichen erweitert. Insgesamt sollen rund 3.000 Jugendliche in 75 medizinischen Einrichtungen in den USA rekrutiert werden. 

Valneva (Österreich/Frankreich) erprobt seit August 2021 seine Impfstoffe VLA2001 und VLA2101 in einem Teil einer Phase-III-Studie mit Freiwilligen ab zwölf Jahren in Neuseeland. 

CureVac will in einem ersten Schritt rund 40 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren in eine laufende Phase-IIa-Studie in Peru und Panama einbeziehen. 

Sinovac erprobt in China seinen Impfstoff CoronaVac (für den bei der EMA ein Rolling Review läuft), seit
3. Mai 2021 in einer Phase-IIb-Studie mit Minderjährigen zwischen 3 und 17 Jahren. 

• Das Moskauer Gamaleya Institut erprobt derzeit seinen Impfstoff Sputnik V mit Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren im Phase-II-Teil einer Phase II/III-Studie. Das Institut soll zudem eine Variante seines Impfstoffs Sputnik V in Form eines Nasensprays in Kürze mit Freiwilligen testen. Auch er kommt möglicherweise später für eine Erprobung mit Minderjährigen in Betracht.

Ansonsten laufen noch Projekte chinesischer, indischer, kubanischer Entwickler sowie einer vietnamesischen Firma mit minderjährigen Probanden. Bis dato ist es allerdings nicht wahrscheinlich, dass diese Hersteller eine EU-Zulassung für ihre Impfstoffe beantragen werden.

Kinder mit Asthma

Weniger stationäre Aufnahmen

Klinikum Wels-Grieskirchen © Nik Fleischmann
© Nik Fleischmann

Als im März 2020 der erste Lockdown in Öster-reich ausgesprochen wurde, war die Sorge von Patienten mit Asthma groß, schwerer oder häufiger an COVID-19 zu erkranken, als atemwegsgesunde Menschen. Eltern von Kindern mit Asthma bronchiale waren besonders verunsichert.

Bald stellte sich jedoch heraus, dass diese Sorgen unberechtigt waren. In Österreichs Kinder- und Jugendabteilungen kam es zu keinen vermehrten stationären oder ambulanten Vorstellungen wegen Asthmaproblemen (regelmäßige Umfrage der AG Infektiologie der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde). In einer europäischen Umfrage an 174 Asthmabetreuungszentren wurde kein erhöhtes Risiko für Kinder mit Asthma und SARS-CoV-2-Infektion gefunden (im Unterschied zu Kindern mit bronchopulmonaler Dysplasie). Dies wurde auch in mehreren anderen Ländern der Welt bestätigt. In der Folge zeigten Untersuchungen, dass die COVID-19-Pandemie mit den entsprechenden Lockdowns sogar zu einer Reduktion von stationären Aufnahmen und Notfallvorstellungen von Kindern und Jugendlichen mit Asthma führte. Mögliche Gründe dafür: 

  • Das Tragen von Gesichtsmasken, das Abstandhalten und die Händedesinfektion reduzieren generell virale Infekte als Auslöser für Asthmaattacken. 
  • Die Medikamentenadhärenz, v. a. für ICS, steigt in der Pandemie aus Furcht vor COVID-19. 
  • antivirale und immunmodulierende Rolle der ICS  
  • Allergisches Asthma führt zu weniger IFN-α-Produktion und damit zu weniger Inflammation bei COVID-19.  
  • protektive Rolle der eosinophilen Zellen  
  • Allergische Sensibilisierung führt zur Downregulation von ACE2-Rezeptoren und damit zu weniger SARS-CoV-2-Viruseintritt in die Lunge. 

Quellen

•   Bover-Bauza C. et al.: The impact of the SARS-CoV 2  pandemic on the emergency department and management of the pediatric asthmatic patient. J Asthma Allergy, 2021;14:101–108

•   Hoehl S. et al.: COVID-19 among children seeking primary paediatric care with signs of an acute infection. Acta Paediatr 2021; https://doi.org/10.1111/apa.16101

•   Loske J. et al.: Pre-activated antiviral innate immunity in the upper airways controls early SARS-CoV-2 infection in children; 

Nature Biotechnology, DOI: doi.org/10.1038/s41587-021-01037-9

•   https://www.paediatrie.at/images/Covid19/krankheitslast5.pdf

•   https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/coronavirus/covid-19-impfung-fuer-kinder-und-jugendliche

Das könnte Sie auch interessieren