Trimethoprim wurde im Lauf der 1950er-Jahre in den Wellcome Research Laboratories in Tuckahoe/New York entwickelt (später: Glaxo Smith Kline). Mit Gertrude B. Elion und George Hitchings hat das Diaminopyrimidin zwei besonders berühmte Erfinder:innen. Die späteren Nobelpreisträger:innen widmeten sich über Jahrzehnte der Forschung an Purin- und Pyrimidinanaloga und entdeckten weitere namhafte Wirkstoffe – etwa Allopurinol, Aza-thioprin, Pyrimethamin, Mercaptopurin und Aciclovir.
Trimethoprim ist in Österreich seit den 1960er-Jahren gebräuchlich.1 Neben diversen Monopräparaten sind auch Kombinationspräparate mit Sulfonamiden (Sulfamethoxazol, Sulfametrol) zugelassen, die als feste orale Arzneiformen, als kindgerechte Suspension und als parenterale Arzneiformen vertrieben werden.1 Die Verordnungszahlen des ehemals sehr breit eingesetzten Wirkstoffs waren in den letzten Jahrzehnten stark rückläufig, unter anderem aufgrund von Resistenzproblematiken. Auch in den Jahren 2020 bis 2023 sank der österreichische Verbrauch sowohl stationär als auch im niedergelassenen Bereich noch leicht ab (lt. IQVIA auf 0,36 DDD/100 Belagstage pro Jahr bzw. 0,19 DDD/1000 EW pro Tag).2 Trotz der reduzierten Verordnungen musste die Resistenzrate des bedeutendsten Harnwegskeims Escherichia coli gegenüber Trimethoprim im österreichischen Resistenzbericht 2022 mit 20,5 % beziffert werden, 2023 mit 21,1 %. Die Resistenzrate liegt damit nahe an den 20 %, welche im Allgemeinen die akzeptierte Grenze für eine empirische Therapie darstellen. Im Vergleich mit anderen First-Line-Harnwegsantibiotika schneidet Trimethoprim hier deutlich schlechter ab (Nitrofurantion 0,6 %, Pivmecillinam 4,9 %).3
Wirkmechanismus
Trimethoprim hemmt kompetitiv die bakterielle Dihydrofolatreduktase (DHFR), die Dihydrofolsäure zu Tetrahydrofolsäure reduziert. In der Folge verarmt die Bakterienzelle an Tetrahydrofolsäure, welche als Überträger für Methyl- und Formylgruppen für die Synthese von Nukleinsäuren und Proteinen gebraucht wird. Auf diese Weise entwickelt Trimethoprim eine bakteriostatische Wirkung gegenüber einem breiten Spektrum grampositiver und gramnegativer Bakterien. Die Affinität von Trimethoprim zur bakteriellen Dihydrofolatreduktase ist 50.000–100.000 mal höher als die zum menschlichen Enzym. Zur Hemmung der menschlichen Dihydrofolatreduktase wären daher 50–100 mal höhere Konzentrationen notwendig als bei Bakterien – dies erklärt die geringe Toxizität von Trimethoprim für die menschliche Zelle, trotz seines folsäure-antagonistischen Effekts.4
Die Kombination von Trimethoprim mit Sulfonamid-Antibiotika hemmt den Folsäurestoffwechsel an zwei aufeinanderfolgenden Schritten und zeigt daher synergistische Effekte.5 Als Strukturanaloga von p-Aminobenzoesäure hemmen Sulfonamide die Dihydropteroat-Synthase und damit den Aufbau von Dihydrofolat in Bakterienzellen. Die Fixkombination aus Trimethoprim mit Sulfamethoxazol im Mischungsverhältnis 1:5 wird als Cotrimoxazol bezeichnet und in zwei verschiedenen Stärken vertrieben (80 mg/400 mg bzw. 160 mg/800 mg).3 Die Kombination der Wirkstoffe soll eine verstärkte, teils bakterizide Wirkung ermöglichen, ein breiteres Wirkspektrum bieten sowie eine verzögerte Resistenzbildung aufweisen.5 Dass dies nicht immer nötig ist, verdeutlicht die Deutsche Gesellschaft für Urologie in ihrer aktuellen Leitlinie zum unkomplizierten Harnwegsinfekt: Gerade bei diesem häufigen Einsatzgebiet zeigt die Kombinationstherapie weder bei der Resistenzlage noch beim therapeutischen Ansprechen Vorteile, hat aber ein größeres Potenzial für Nebenwirkungen (z. B. Hautreaktionen durch den Sulfonamidanteil). Es wird daher geraten, bei unkomplizierten HWI der Monotherapie mit Trimethoprim den Vorzug zu geben. Dabei ist auch eine kürzere Behandlung von nur drei Tagen Dauer möglich: Sie zeigt im Vergleich mit einer Fünf-Tages-Therapie nur eine geringfügig höhere Rezidivrate (15,5 % versus 13,2 %).5
Anwendungsgebiete
Trimethoprim dient der Behandlung von unkomplizierten Harnwegsinfektionen durch Trimethoprim-empfindliche Keime. In dieser Indikation werden im Allgemeinen bei Erwachsenen und bei Jugendlichen ab 12 Jahren 100–200 mg Trimethoprim 2 x täglich eingesetzt, Kinder zwischen 6 und 12 Jahren erhalten 2 x täglich 100 mg. Um gastrointestinale Irritationen zu vermeiden, erfolgt die Einnahme am besten mit einer Mahlzeit. Bei Kindern unter 6 Jahren muss die Dosierung gewichtsbezogen erfolgen – kindergerechte Säfte existieren aktuell jedoch nur mit Cotrimoxazol und nicht mit Trimethoprim allein.1,3
Trimethoprim-Monopräparate können des Weiteren zur Langzeitprophylaxe rezidivierender Harnwegsinfekte verwendet werden (1 x 100 mg abends). Außerdem listet die Fachinformation Infektionen des Respirationstrakts und des Verdauungstraktes, Reisediarrhoe und Salmonelleninfektionen auf. Trimethoprim hat aber in diesen Indikationen aufgrund der Gefahr von Resistenzen kaum Bedeutung. Wie bei allen antibiotischen Substanzen sollte der Einsatz offiziellen Richtlinien zum Antibiotika-Einsatz folgen oder sich auf Resistenztestungen stützen.1
Ein spezielles Einsatzgebiet für Cotrimoxazol ist die Behandlung und Prophylaxe einer Pneumocystis jirovecii-Pneumonie bei Patient:innen mit Immundefizienz.3 Bei dieser opportunistischen Pilzinfektion gilt Cotrimoxazol als Mittel der ersten Wahl.
Neben- und Wechselwirkungen
Eine kurzfristige Behandlung mit Trimethoprim ist im Allgemeinen gut verträglich. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören gastrointestinale Störungen wie Bauchschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit und Geschmacksstörungen. Ebenfalls häufig sind juckende Exantheme, Gingivitis und Glossitis. Gelegentlich kommt es zu reversiblen, geringgradigen Blutbildveränderungen oder zum Anstieg von Serumtransaminasen, Bilirubin, Kreatinin oder Harnstoff. Schwere Leberschäden und pathologische Blutbildveränderungen gelten als Kontraindikation. Bei eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 25 ml/min) muss die Dosis angepasst werden, unter 10 ml/min ist Trimethoprim kontraindiziert. Bei Langzeitbehandlungen empfehlen die Hersteller, monatliche Blutbildkontrollen (inklusive Differenzialblutbild) sowie Kontrollen der Leber- und Nierenfunktion durchzuführen, insbesondere wenn es sich um Patient:innen mit bereits bestehenden Funktionseinschränkungen handelt. Zu beachten ist auch das sehr seltene Risiko einer Hyperkaliämie – dies gilt im Besonderen für ältere Patient:innen, bei eingeschränkter Nierenfunktion und bei HIV-infizierten Personen. Die gleichzeitige Anwendung von Arzneistoffen, die zur Erhöhung des Serum-Kaliumspiegels führen können, erhöht dieses Risiko (z. B. Spironolacton, ACE-Hemmer). Aufgrund seiner folsäure-antagonistischen Eigenschaften kann Trimethoprim theoretisch die Inzidenz von Folsäuremangelzuständen durch andere Pharmaka erhöhen (z. B. von Methotrexat).4
Quellen
1 BASG Arzneispezialitätenregister, abgerufen am 30.10.2025
2 Resistenzbericht Österreich - AURES 2023
3 S3-Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter,
bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen (HWI)(2024), AWMF Reg.Nr. 043-044
4 Austria Codex Fachinformation
5 Karow T: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie (2022); 30. Auflage