Allergische Pilzsinusitis

Sinusitis mit Extras

MAG. PHARM. Verena Kimla
Artikel drucken
Waldspaziergang © shutterstock
© shutterstock

Die allergische fungale Sinusitis (AFS) ist eine Sonderform der Nasennebenhöhlenentzündung und die häufigste Form der Pilzsinusitis. Bei der AFS kommt es aufgrund des Kontakts von Pilzen mit den Schleimhäuten zu einer immunologischen Antwort. Wie auch die allergische Sinusitis wird die AFS nicht durch eine invasive bzw. systemische Mykose verursacht, sondern ist eine allergische Reaktion auf eine lokale Pilzinfektion.

Aspergillus- (weit verbreitet in Boden, Holz und sich zersetzendem Pflanzenmaterial), Bipolaris- und Curvularia-Arten sind häufige Erreger, aber auch Infektionen durch Mucor und Rhizopus wurden berichtet. In den letzten Jahren wurden vermehrt Fälle von Pilzsinusitiden gemeldet, was möglicherweise auf den zunehmenden Einsatz von Immunsuppressiva und Antibiotika oder auf die wachsende Zahl chronischer Erkrankungen zurückzuführen ist, die das Immunsystem negativ beeinflussen.

Erdnussbutter in der Nase

Bei der AFS tritt eine IgE-vermittelte entzündliche Reaktion auf, in deren Folge von der Nasenschleimhaut extrem zähflüssiges eosinophiles Mucin produziert wird. Das Mucin hat eine Konsistenz, die oft als „gummiartig“ oder „erdnussbutterähnlich“ beschrieben wird, und weist eine Vielzahl von Farben auf, die von grün bis schwarz reichen. Da das Mucin nicht abfließen kann, staut es sich bis in die Nasennebenhöhlen zurück. Der Pilz vermehrt sich und erhöht damit die Antigenexposition weiter, wodurch ein sich selbst erhaltender Zyklus entsteht, in dem immer mehr Mucin produziert wird.

Symptome der Erkrankung © shutterstock
Die Erkrankung verläuft oft subtil und schleichend mit Symptomen wie verstopfter Nase, Kopfschmerzen und Druckgefühl im Stirnbereich. Sie ist selten schmerzhaft. © shutterstock

Auch die Entstehung von Nasenpolypen ist möglich. Die betroffenen Nasennebenhöhlen sind häufig erweitert, was zu einer Erosion der knöchernen Schädelstrukturen führen kann. Die Erweiterung der Nasennebenhöhlen kann so ausgeprägt sein, dass Gesichts- oder Augenhöhlenverformungen äußerlich erkennbar sind. Diese äußerlichen Erkrankungszeichen müssen sich aber nicht zwangsläufig in einer massiven Symptomatik äußern. 

Unter 30-Jährige besonders betroffen

Es sind mehrere Arten von Pilzsinusitiden bekannt, wobei eine grobe Unterteilung in die zwei Gruppen der invasiven und nicht-invasiven Pilzsinusitis getroffen wird. Die AFS zählt neben zwei anderen Formen (Fungusball [FB] und saprophytäre fungale Sinusitis [SFS]) zu den nicht-invasiven Formen. Von nicht-invasiven Formen sind vorwiegend immunkompetente Personen betroffen, von der AFS im Speziellen typischerweise unter 30-Jährige. Bei etwa 10 % der Patient:innen mit chronischer Rhinosinusitis mit nasaler Polyposis (CRSwNP) liegt gleichzeitig eine AFS vor. Diese Rate ist bei Asthmatiker:innen, Atopiker:innen und Personen mit allergischer bronchopulmonaler Aspergillose noch höher.

Davon abzugrenzen sind invasive Pilzsinusitiden, vorwiegend durch Aspergillus- oder Mucor-Spezies. Sie betreffen vor allem immunsupprimierte Patient:innen und können potenziell tödliche Infektion verursachen. Hier werden die akute invasive Rhinosinusitis (AIRS), die chronische invasive Rhinosinusitis (CIRS) und die granulomatöse invasive Sinusitis (GIFS) unterschieden.

Diagnose durch Blutbild, Biopsie und Bildgebung

Trotz zahlreicher Unterscheidungsmerkmale zur (Rhino)sinusitis ist die Diagnose der AFS nicht immer einfach zu stellen. Die bereits seit 1994 bestehenden Diagnosekriterien nach Bent und Kuhn werden kontrovers diskutiert, da zur Diagnosestellung fünf Kriterien erfüllt werden müssen und jedes Kriterium für sich Schwächen aufweist.

Arztbesuch © shutterstock
Orale Glucocorticoide können Wiederauftreten von Nasenpolypen nach der Operation verringern oder verzögern. Für den Einsatz anderer ergänzender Wirkstoffe – einschließlich topischer und oraler Antimykotika – gibt es jedoch keine solide Evidenzbasi © shutterstock

Um die AFS korrekt zu diagnostizieren, müssen neben der Krankengeschichte auch die klinische Symptomatik, Bildgebung (CT, MRT), Laboruntersuchungen und Histopathologie berücksichtigt werden. Im Blutbild ist typischerweise das Gesamt-IgE mit > 500 U/ml massiv erhöht, auch Pilz-spezifische IgE-Spiegel liegen über den Normalwerten. Patient:innen entwickeln Nasenpolypen, in den Nebenhöhlen findet sich Mucin. Eine Eosinophilie kann, muss jedoch nicht vorliegen und kommt seltener vor. Unter dem Mikroskop finden sich im Nasensekret Charcot-Leyden-Kristalle, die aus Teilen von eosinophilen Granulozyten bestehen und bei Krankheiten mit starker eosinophiler Komponente wie z. B. Asthma auftreten. Pilzstrukturen wie Hyphen lassen sich durch Spezialfärbungen nachweisen, sind in Routinefärbungen jedoch kaum darstellbar. 

Die Erkrankung äußert sich oft subtil. Sie ist selten schmerzhaft; treten dennoch Schmerzen auf, kann dies ein Zeichen für eine gleichzeitige bakterielle Rhinosinusitis sein. Typischerweise treten Symptome einer progredienten Atemwegsobstruktion der oberen Atemwege, einer allergischen Rhinitis oder einer chronischen Sinusitis auf. Hinzu können Kopfschmerzen, eitriges Nasensekret mit Krustenbildung und eine verstopfte Nase kommen. Breitet sich die AFS auf andere Strukturen aus, kann dies gravierende Folgen haben; so kann es etwa durch Rückstau des Mucins zur Kompression des Sehnervs und zur Erblindung kommen.

Therapie: Chirurgische Sanierung & Glucocorticoide

Da Faktoren wie Atopie, Entzündung und dauerhafte Antigenexposition die Erkrankung vermutlich aufrechterhalten, muss der Pilzschleim vollständig – i. d. R. chirurgisch – entfernt werden. Das chirurgische Débridement ist in den meisten Fällen die Behandlung der Wahl, da es sowohl einen diagnostischen als auch einen therapeutischen Zweck erfüllt. Mittels Nasenendoskops können die Pathologie und Anatomie beobachtet und Läsionen biopsiert werden. Zudem können die Nasennebenhöhlen gesäubert und gespült sowie Polypen entfernt werden. 

Orale Glucocorticoide können das Wiederauftreten von Nasenpolypen nach der Operation verringern und/oder verzögern. Für den Einsatz anderer ergänzender Wirkstoffe – einschließlich topischer und oraler Antimykotika – gibt es jedoch keine solide Evidenzbasis. Systemische Glucocorticoide verbessern die Symptomatik von akuter und chronischer AFS, indem sie die Entzündung unterdrücken und die zirkulierenden IgE-Spiegel senken.

Bei AFS ist kein konkretes, allgemeingültiges Anwendungsschema verfügbar; die Dauer der Behandlung sollte individuell angepasst werden. Eine langfristige Anwendung systemischer Glucocorticoide ist jedoch aufgrund ihres Nebenwirkungsspektrums (Osteoporose, Hypertonie, Wachstumsverzögerung etc.) nicht optimal. Liegen Kontraindikationen vor, kann vermutlich auch Itraconazol als alleinige systemische Therapie eingesetzt werden. 

Nasenspray © shutterstock
Cortisonhaltige Nasensprays können die Anwendung systemischer Glucocorticoide vor allem postoperativ sinnvoll ergänzen. © shutterstock

Topische nasale Steroide sollten nicht allein, sondern in Kombination mit systemischen Steroiden verwendet werden. So lässt sich einer Studie zufolge die Rezidivrate nach zwei Jahren verringern. Vor einer Operation zur Entfernung des Mucins ist die Anwendung cortisonhaltiger Nasensprays allerdings weniger sinnvoll, da die Nase meist zugeschwollen ist und der Arzneistoff daher seinen designierten Wirkort nicht in ausreichender Konzentration erreichen kann. Postoperativ können nasale Steroide jedoch zur Kontrolle lokaler Entzündungen eingesetzt werden. 

Amphotericin B bei invasiver AFS

Zur Behandlung von invasiver AFS sind systemische Antimykotika (Polyene, Azole) geeignet; als Mittel der ersten Wahl wird Amphotericin B eingesetzt, da es Mucor-Arten und Aspergillus weitgehend abdeckt. Hierbei sind mögliche Nebenwirkungen von Amphotericin B wie akutes Nieren- oder Leberversagen, Agranulozytose und Anämie zu beachten. Bei systemischer Anwendung von Azol-Antimykotika können Hautreaktionen, Kopfschmerzen, gastrointestinale Störungen und erhöhte Leberwerte auftreten, zudem besitzt diese Stoffgruppe aufgrund der Beeinflussung der CYP450-Enzyme ein ausgeprägtes Interaktionspotenzial. 

Für nicht-invasive Formen wird die alleinige Gabe systemischer Antimykotika allerdings nicht generell empfohlen. Topische Antimykotika wurden bisher mit geringem Erfolg eingesetzt und werden bei keiner Form der fungalen Rhinosinusitis empfohlen.

Künftige Therapieoptionen: Desensibilisierung & Biologicals

Die Pilzimmuntherapie (Hyposensibilisierung) ist eine alternative Behandlung für AFS. Der Nutzen dieser kostenintensiven Therapie ist v. a. kurzfristig und noch nicht umfassend belegt. Patient:innen, die eine Immuntherapie erhielten, konnten in mehreren Studien nach chirurgischer Entfernung des Pilzes systemische Glucocorticoide ohne Verschlechterung der Symptomatik absetzen. Zudem berichteten sie von einer Verbesserung ihrer Lebensqualität und geringeren Schleimhautschwellungen. 

Nicht-invasive AFS
Systemische Itraconazol-Gabe als Einzeltherapie

Die 34 Teilnehmer:innen mit lokalisierter AFS einer kleinen Studie (Shah B et al., 2024) erhielten zwei Mal täglich 200 mg Itraconazol p. o. über drei Monate. Bei mehr als der Hälfte der Patient:innen verbesserte sich das klinische Beschwerdebild um 85 %. Auch bei den biochemischen Parametern (Gesamt-IgE, Aspergillus-spezifisches IgE, absolute Eosinophilenzahl) wurde bei mehr als der Hälfte der Proband:innen eine signifikante Verbesserung beobachtet. Schwere unerwünschte Wirkungen traten nicht auf. Die Leberwerte wurden alle zwei Wochen kontrolliert.

Die Studienautor:innen resümieren, dass eine Itraconazol-Therapie als alleinige Behandlung bei AFS insbesondere dann möglich ist, wenn Kontraindikationen für systemische Glucocorticoide vorliegen oder um die Wartezeit bis zu einer Operation zu überbrücken. Dennoch bleibt die Operation und komplette Ausräumung des Pilzes Erstlinientherapie.

Für die Behandlung von CRSwNP wurden vor Kurzem drei Biologicals zugelassen: Bei Patient:innen mit schweren Polypen führten Dupilumab, Omalizumab und Mepolizumab im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten Verkleinerung der Nasenpolypen und zu einer Verbesserung der Riechfunktion. Außerdem waren weniger Nasennebenhöhlenoperation notwendig. Obwohl in diesen Studien Patient:innen mit AFS ausdrücklich ausgeschlossen waren, deutet das immunologische Profil von AFS darauf hin, dass Biologika auch bei AFS eine praktikable Option sein könnten: Dieses ist anderen CRSwNP-Untergruppen ähnlich.

Derzeit laufen randomisierte, kontrollierte Studie, um das Potenzial von Dupilumab bei wiederkehrenden symptomatischen Nasenpolypen auch bei Patient:innen mit AFS zu untersuchen. Ein aktueller Review (Luong A et al., 2022) weist darauf hin, dass Fallberichte und kleinere prospektive Studien die Wirksamkeit der Biologicals Dupilumab, Omalizumab und Mepolizumab bei AFS-Patient:innen nahelegen. Mit dem bei AFS erhöhten Serum-IgE-Spiegel existiert ein Biomarker, der einen monoklonalen Anti-IgE-Antikörper als logische erste Option für ein Biologikum nahelegt. Folgestudien sind jedoch nötig.

Quellen

  • Thompson LDR. Allergic Fungal Sinusitis. Ear, Nose & Throat Journal 2011;90(3):106-107 
  • Chua A J. et al. Update on allergic fungal rhinosinusitis. Annals of Allergy, Asthma & Immunology, Volume 131, Issue 3, 300 – 306
  • Akhondi H et al., Fungal Sinusitis, In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2024 Jan. www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK551496/, abgerufen am 11.12.2024 
  • McClay JE et al. Allergic Fungal Sinusitis. 10. Februar 2022, Medscape, https://emedicine.medscape.com/article/834401-overview, abgerufen am 11.12.2024
  • Shah B et al. Prolonged Itraconazole Therapy as Sole Treatment for Patients with Allergic Fungal Rhinosinusitis. Laryngoscope. 2024 Feb;134(2):545-551

Weitere Literatur auf Anfrage

Das könnte Sie auch interessieren