Zahlreiche Personen waren der Einladung des Apothekerverbandes gefolgt, um der Diskussion zum Thema „Wie erhalten wir die Versorgungssicherheit im ländlichen Raum?“ beizuwohnen. Der gut gefüllte Saal bestätigte die hohe Relevanz des Themas.
Auf dem Podium fanden sich neben dem Präsidenten des Österreichischen Apothekerverbands, Mag. pharm. Thomas W. Veitschegger, auch Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, Johannes Mezgolits, Abgeordneter zum burgenländischen Landtag und Bürgermeister von Donnerskirchen, und Angelika Widhalm, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Österreich. Zu Beginn stand das Hauptfokusthema „Versorgungssicherheit“ auf dem Programm. Einen Engpass in der Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung durch die Apotheken gäbe es laut Veitschegger aktuell noch nicht, es sei es aber wichtig, zu sensibilisieren. Denn die wirtschaftliche Situation sei für die Apotheken keine einfache, da Arzneimittelpreise gedeckelt sind und daher die Preise nicht wie in der freien Wirtschaft an die hohe Inflation angepasst werden können.
Forderung vor der Wahl: Impfen in Apotheken
In den letzten Wochen vor der Nationalratswahl stehen zudem die Forderungen an die kommende Bundesregierung im Fokus. Ein zentrales Anliegen ist dabei das Impfen in Apotheken. Veitschegger plädierte dafür, das Impfen so einfach wie möglich zu gestalten: „Es geht darum, dass die Menschen möglichst einfach zu ihren Impfungen kommen – standardisiert und niederschwellig. Wir haben rund 3.000 ausgebildete Apotheker:innen, die dies leisten können, wir warten nur mehr auf das Go“, so Veitschegger.
Mit dem gut ausgebauten Apothekennetz wäre es nahezu der gesamten österreichischen Bevölkerung möglich, eine Impfung in nur wenigen Minuten zu erhalten. Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein stimmte dem zu: „64 % aller Apotheken in Österreich lassen sich innerhalb von fünf Minuten mit dem Auto erreichen.“ Veitschegger fügte hinzu, dass 95 % der Apotheken in zehn Minuten erreicht werden können.
Mehr Kompetenzen
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die zusätzlichen Dienstleistungsangebote in Apotheken, wie etwa das Messen von Blutzucker, Cholesterin & Co. Diese sollen in enger Zusammenarbeit mit Ärzt:innen angeboten werden. „Der Gedanke muss sein, die Bevölkerung gemeinsam zu versorgen“, so der Präsident des Apothekerverbands. Auch die Weiterverschreibungskompetenz ist ein zentrales Thema bei den Forderungen an eine neue Bundesregierung. Gefordert wird, dass Apotheker:innen zukünftig ärztlich verordnete Medikamente für etwa ein halbes Jahr weiterverschreiben dürfen. Eine ähnliche Kompetenzerweiterung gab es vor einigen Monaten für die Angehörigen der Pflegeberufe.
Neben den fachlichen Forderungen gab es auch wirtschaftliche Anliegen an die Politik. So müssen bestehende Services wie etwa Nachtdienste wirtschaftlich abgesichert werden. Die Kosten für Nachtdienste belaufen sich österreichweit auf etwa 36 Millionen Euro jährlich, Einnahmen gebe es hingegen kaum welche. „Weiters muss man sich mit dem Spannensystem und dem Aufschlagssystem etwas einfallen lassen. Denn von den Gewinnen im niedrigpreisigen Segment können wir keine akademischen Fachkräfte zahlen“, fasste Veitschegger die Problematik zusammen.
Großes Lob an Apotheken
Ein großes Lob an die Apotheker:innen gab es von Angelika Widhalm. „Danke, dass es Sie gibt. Danke, dass Sie sich so organisieren und danke, dass Sie für die Patient:innen da sind. Dass Sie Ihre Nachtdienste machen und die Versorgung funktioniert“, so die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Österreich. Dabei hielt Widhalm fest, dass das Service der Apotheken aktuell noch gut funktioniere, es aber die große Frage sei, wer das Service in Zukunft bezahlen werde, um die Versorgung weiterhin zu gewährleisten.
Neben dem Blick in Zukunft gab es auch einen Rückblick auf die Corona-Pandemie. Hier zeigte sich der Verbandspräsident von den Leistungen der Apotheker:innen beeindruckt. So haben während der Lockdowns viele Apotheken Zustelldienste eingerichtet, um die Patient:innen mit den notwendigen Medikamenten zu versorgen. „Wir sind willens, die Menschen sofort zu versorgen, wenn man uns lässt. Und das auf niederschwelligem Level“, machte Veitschegger deutlich. Und mit solchen Serviceangeboten können auch Kund:innen versorgt werden, die nicht mobil genug für den Weg in die Apotheke sind.
Ein großer Zankapfel sind nach wie vor die Hausapotheken. In Europa gibt es aktuell rund 1.800 Hausapotheken, hierzulande sind es 900, d. h. 50 % der europaweiten Hausapotheken sind in Österreich zu finden. Der Apothekerverband positionierte sich sehr klar gegen diese Entwicklung: „Ärzte und Ärztinnen sollten aus Verschreibungen keine monetären Vorteile ziehen können. Zudem bietet das Vier-Augen-Prinzip eine wichtige Sicherheit für die Patient:innen. Denn es kann überall ein Irrtum passieren und dann wird Rücksprache gehalten.“ Hausapotheken hätten laut Veitschegger nur in der absoluten Peripherie eine Berechtigung.
Nach den lebhaften Diskussionen klang der Abend bei einem Glas Wein und köstlichen Speisen in entspannter Atmosphäre aus.