Harpagophytum Procumbens

Afrikanische Teufelskralle

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Afrikanische Teufelskralle © Shutterstock
Zu den auffälligsten botanischen Merkmalen der Afrikanischen Teufelskralle zählen die ca. 5 cm großen rotvioletten Blüten in den Blattachseln und die sich daraus entwickelnden krallenartigen Früchte. © Shutterstock

Die Afrikanische Teufelskralle, Harpagophytum procumbens (Burch.) DC., ist in den Savannen Südafrikas und Namibias heimisch und gehört zur Familie der Pedaliaceae (Sesam-gewächse). Harpagophytum procumbens wächst als aus-dauernde, krautige Pflanze. Sie entwickelt 1,5 bis 2 m lange, am Boden kriechende Stängel, die radial aus ihrer bis etwa einen Meter tiefen Pfahlwurzel entspringen. Die sekundären, bräunlichen Wurzelknollen sind bis 25 cm lang und bis 6 cm im Durchmesser und befinden sich bis zu einem Meter tief im Boden. Diese Speicherwurzeln, die die Arzneidroge darstellen, werden nach der Ernte gewaschen und noch im frischen Zustand in Scheiben geschnitten und getrocknet.

Zu den auffälligsten botanischen Merkmalen zählen die ca. 5 cm großen rotvioletten Blüten in den Blattachseln und die sich daraus entwickelnden krallenartigen Früchte. Die rasch verholzenden Früchte tragen spitze Widerhaken, welche sich in den Hufen diverser Savannentiere einbohren, auf diese Weise verbreitet werden, aber auch bösartige und schlecht heilende Verletzungen verursachen können („Trampelklette, Teufelskralle“). Der Gattungsname (gr. harpagos = Enterhaken) und der deutsche Name Teufelskralle beziehen sich auf die charakteristische Form dieser verholzten Früchte.

In der Heilkunde der Herkunftsländer hat die Teufelskralle eine sehr umfangreiche Tradition, unter anderem als Analgetikum und als Heilmittel im Magen-Darmtrakt. Seit den 1950er-Jahren des 20. Jahrhunderts etabliert sich diese Pflanze zunehmend auch in der europäischen Kräuterkunde. Aufgrund dieser zunehmenden Bedeutung und der starken Sammeltätigkeit ist der Bestand an wildwachsender Teufelskralle mittlerweile stark bedroht. Die Wurzeldroge stammt heute noch teilweise aus Wildsammlung, vorwiegend jedoch aus Anbau in Südafrika. Das Europäische Arzneibuch gestattet auch Harpagophytum zeyheri L. DECNE als drogenliefernde Art. Die wässrigen Extrakte beider Arten zeigten in einer wissen-schaftlichen Untersuchung die gleichen schmerz-stillenden und entzündungshemmenden Eigenschaften.

Nicht verwechseln darf man die Afrikanische Teufelskralle mit den ebenfalls als Teufelskralle bezeichneten, bei uns heimischen Phyteumaarten aus der Familie der Glockenblumengewächse.

Arzneilich verwendete Droge 

Im Europäischen Arzneibuch wird die Teufelskrallenwurzel (Harpagophyti radix) als die geschnittenen, getrockneten und knolligen Sekundärwurzeln von Harpagophytum procumbens DC. und Harpagophytum zeyheri L. DECNE definiert. Die Droge muss mindestens 1,2 % Harpagosid auf-weisen. Zusätzlich ist im Europäischen Arzneibuch auch eine Monographie zum Teufelskrallenwurzeltrockenextrakt (Harpagophyti extractum siccum) verfügbar.

Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkungen  

Die Seitenwurzeln (Wurzelknollen) der Teufelskralle enthalten als wesentliche Inhaltsstoffe diverse Iridoid-glykoside (1–3 %) wie Harpagosid, Harpagid, 8-p-Cumaroyl--harpagid, 8-p-Feruloylharpagid, 8-Cinnamoylmyoporosid, Procumbid, Pagosid und Harprocumbiden A und B. Daneben wurden auch mehrere Phenylethanoide (u. a. Acteosid, Isoacteosid), trizyklische Diterpene, diverse Kohlenhydrate (u. a. Stachyose, Raffinose) sowie kleine Mengen an Flavonoiden, Triterpenen und Sterolen isoliert.1

Die Diskussion um die genauen Wirksubstanzen, den idealen Extrakt und mögliche Wirkmechanismen wird nach wie vor kontrovers geführt und scheint noch nicht abgeschlossen. Wesentlichen Anteil an der antiphlogistischen und analgetischen Wirksamkeit dürften jedenfalls die Iridoidglykoside und Phenyl-ethanoide haben. Teufelskrallenwurzel besitzt zudem einen Bitterwert von 6.000 (Enzianwurzel 10.000), wodurch sich die Anwendungen bei Verdauungsbeschwerden und Appetitlosigkeit erklären lassen.

Antiphlogistische und analgetische Wirkung

Zu den antiphlogistischen und analgetischen Effekten sind eine Vielzahl an In-vitro- und In-vivo-Studien verfügbar. In älteren Studien zeigten diverse Teufelskrallenextrakte eine Hemmung der Prostaglandin- und Leukotrienfreisetzung und eine verminderte Freisetzung von TNF-α und iNOS. Harpagosid vermindert außerdem die Expression von inflammatorischen Zytokinen wie IL-6.2 Neuere Untersuchungen belegen auch einen Einfluss auf das Endocannabinoid-System.

Sowohl ein wässriger Extrakt als auch ein Extrakt auf Basis von DMSO verbesserten die Expression von CB2-Rezeptoren und führten zu einer Down-regulation von – am Entzündungsprozess beteiligten – Phosphat-idylinositol-spezifischen Phospholipasen (PI-PLCß2) in den Synovialmembranen.3

Außerdem scheint Teufelskralle auch synergistische Effekte mit anderen Schmerzmitteln zu besitzen. An Ratten verstärkte nämlich die adjuvante Gabe eines nicht näher definierten Harpagophytumextraktes die Wirkung von Morphin bei neuropathischen Schmerzen.4

Dass der antiphlogistische Effekt nicht nur auf den Bewegungsapparat beschränkt sein könnte, zeigt eine weitere Studie an Ratten mit einer entzündeten Darmschleimhaut. Hierbei verminderte ein wässriges Harpagophytumextrakt über anti-phlogistische, antioxidative und immunmodulierende Wirkungen das Entzündungsgeschehen an der Darmschleimhaut. Die Autoren dieser Studie sehen dadurch in der Teufelskralle auch ein mögliches Therapeutikum bei ulcerativer Colitis.5

Knochenstärkende Wirkung

Es gibt auch Hinweise auf knochenstärkende Eigenschaften der Teufelskralle. So verbesserte Harpagid in vitro die Differenzierung und Reifung der Osteoblasten und verringerte gleichzeitig die Differenzierung der Osteoklasten. Diese Ergebnisse wurden anschließend in vivo insofern bestätigt, als dass sich bei Mäusen, bei denen durch eine Ovariektomie eine verringerter Knochendichte induziert wurde, sich diese mittels Harpagid wieder verbesserte.6

Neuroprotektive Wirkung

Mehrere Arbeitsgruppen befassten sich in den letzten Jahren mit möglichen Effekten bei neurodegenerativen Erkrankungen. So zeigte ein Harpagophytumextrakt auf Basis von Ethylacetat eine inhibierende Wirkung auf die Cholinesterase. Verantwortlich dafür war besonders das in der Wurzel vorkommende Verbascosid.7 Diese Untersuchungen wurden unter anderem durch einen weiteren Tierversuch untermauert, in welchem ein wässriger Extrakt die Freisetzung von neurotoxischem ß-Amyloid reduzierte.8

Klinische Studien

In einer offen durchgeführten klinischen Studie erhielten 259 Patienten mit rheumatischen Gelenkserkrankungen 480 mg eines Trockenextraktes (DEV 1,5–3:1, Ethanol 60 %). Nach einer achtwöchigen Einnahme verbesserten sich die Schmerzen sowie die Steifheit und Funktion der Gelenke. Es kam auch zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität, und 60 % der Patienten konnten sogar die her-kömmlichen Schmerzmittel reduzieren bzw. gänzlich weglassen.

Auch ein wässriger Extrakt aus der Wurzel lieferte positive Studienergebnisse. 2.400 mg eines Extraktes, der 50 mg Harpagosid entsprach, zeigte bei rheumatischen Schmerzen von Hüfte und Knie (Osteoarthritis) in einer multi-zentrischen Studie (n=75) eine eindeutige Schmerzlinderung.

Positiv abgeschlossene Studien sind auch in Bezug auf Rückenschmerzen verfügbar. Eine offene multizentrische Studie untersuchte den Benefit von 2 x täglich 480 mg eines Teufelskrallenwurzelextraktes (DEV 4,4-5,0:1, 60 % Ethanol) an 130 Patienten, die an Rückenschmerzen litten. Nach einem Behandlungszeitraum von acht Wochen kam es zu einer signifikanten Reduktion der Schmerzen und einer deutlich verbesserten Mobilität. Der Extrakt wurde sehr gut vertragen, es wurden keine Nebenwirkungen gemeldet.

Insgesamt scheinen Teufelskrallenwurzelextrakte unspezifische Kreuzschmerzen zu lindern. Aufgrund der relativ geringen Teilnehmerzahlen der bisherigen Studien und der methodischen Mängel sind die Ergebnisse aber mit einer hohen Unsicherheit behaftet. Zu dieser Schlussfolgerung kommen auch die Autoren eines kürzlich erschienenen Review-Artikels, welcher sich mit präklinischen und klinischen Daten zur Teufelskralle beschäftigt.

Wissenschaftlich bewertete Anwendungen

Das HMPC hat die Teufelskralle als traditionelles pflanz-liches Arzneimittel („traditional use“) anerkannt. Sinnvoll ist diese bei leichten Gliederschmerzen und zur Besserung von Verdauungsstörungen wie Blähungen sowie bei kurzfristig auftretender Appetitlosigkeit. Laut ESCOP ist auch die Anwendung bei Osteoarthritis und Rückenschmerzen sinnvoll.

Typische Zubereitungen, Tagesdosierung und Anwendungsdauer

Die Anwendung kann laut HMPC innerlich als Tee, gepulverte Droge, Tinktur, Flüssig-, Dick- oder Trockenextrakt erfolgen. Im Handel sind auch topische Zubereitungen erhältlich, allerdings gibt es hierzu kaum wissenschaftliches Datenmaterial.

Die empfohlene Tagesdosierung des Tees liegt bei Gelenkschmerzen bei 4,5 g in 500 ml Wasser, aufgeteilt auf drei Einzel-dosen pro Tag. Bei Verdauungs­beschwerden genügt eine geringere Dosierung. Hierzu sollten lediglich 1,5 g in 250 ml Wasser aufgeteilt auf drei Einzeldosen pro Tag getrunken werden. Die Wurzeln werden zur Teebereitung mit heißem Wasser übergossen und anschließend acht Stunden bei Raumtemperatur ziehen gelassen.

Afrikanische Teufelskralle © Shutterstock
Die empfohlene Tagesdosierung des Tees liegt bei Gelenkschmerzen bei 4,5 g in 500 ml Wasser, aufgeteilt auf drei Einzeldosen pro Tag. © Shutterstock

Die Dosierungen der einzelnen Trocken- und Flüssigextrakte unterscheiden sich sehr stark. Sofern angegeben, wird eine Aufnahme von mindestens 50 mg Harpagosid pro Tag empfohlen. Der Tee eignet sich besonders bei Verdauungs-beschwerden. Bei Appetitlosigkeit sollte dieser eine halbe Stunde vor dem Essen, bei Verdauungsstörungen nach dem Essen eingenommen werden.

Falls die Gliederschmerzen trotz Anwendung von Teufelskralle mehr als vier Wochen bzw. die Verdauungsstörungen mehr als zwei Wochen bestehen oder sich sogar verschlimmern, sollte eine ärztliche Konsultation erfolgen. Auch bei vorhandenen Problemen mit Gallensteinen oder bei stärkeren Gliederschmerzen mit Schwellungen, Hautrötungen oder Fieber sollte dies vor der Anwendung ärztlich abgeklärt werden.

Kinder, Schwangere und Stillende 

Aufgrund fehlender Daten wird Teufelskralle seitens des HMPC erst ab 18 Jahren empfohlen. Für die Anwendung bei Schwangeren und Stillenden liegen bis dato keine Daten vor, weshalb eine entsprechende Anwendung nicht empfohlen wird.

Wechsel- und Nebenwirkungen (Risiken)

Es gibt Berichte über gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und abdominale Bauchschmerzen sowie Kopfschmerzen und Schwindel nach Einnahme von Teufelskralle. Auch Überempfindlichkeits­reaktionen wie Hautausschläge bis hin zu Gesichtsödemen wurden beschrieben. Die Häufigkeit dieser Nebenwirkungen ist allerdings nicht bekannt.

Kontraindikation

Bei Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüren sowie bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen eine in der Teufelskrallen­wurzel enthaltenen Substanz sollte diese nicht angewandt werden.

QUELLEN

1   Blaschek W.: Wichtl - Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis. 6. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart, 2016

2   Haseeb A. et al.: Harpagoside suppresses IL-6 expression in primary human osteoarthritis chondrocytes. J Orthop Res. 2017; 35(2):311–320

3   Mariano A. et al.: Antiarthritic Effects of a Root Extract from Harpagophytum procumbens DC:
Novel Insights into the Molecular Mechanisms and Possible Bioactive Phytochemicals. Nutrients. 2020; 12(9):2545

4   Parenti C. et al.: Harpagophytum procumbens extract potentiates morphine antinociception in neuropathic rats. Nat Prod Res. 2016; 30(11):1248–55

5   Locatelli M. et al.: Optimization of Aqueous Extraction and Biological Activity of Harpagophytum procumbens Root
on Ex Vivo Rat Colon Inflammatory Model. Phytother Res. 2017; 31(6):937–944

6 Brendler Th.: From Bush Medicine to Modern Phytopharmaceutical: A Bibliographic Review of Devil’s Claw (Harpagophytum spp.), Pharmaceuticals 2021; 14, 726

Weitere Literatur auf Anfrage

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