Atopische Hauterkrankungen

Phytotherapeutische Behandlungsoptionen bei Ekzemen

Mag. pharm. Arnold Achmüller
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Bei atopischen Hauterkrankungen spielen Phytotherapeutika bislang nur eine untergeordnete Rolle. Für einige Arzneipflanzen gibt es aber interessante Studienergebnisse. © Shutterstock
Bei atopischen Hauterkrankungen spielen Phytotherapeutika bislang nur eine untergeordnete Rolle. Für einige Arzneipflanzen gibt es aber interessante Studienergebnisse. © Shutterstock

Die Phytotherapie hat bei atopischen Hautproblemen und Ekzemen eine breite Palette an therapeutischen Optionen anzubieten. Die wesentlichen Wirkmechanismen liegen in antiphlogistischen, hautberuhigenden, juckreizstillenden und antimikrobiellen Eigenschaften der einzelnen Pflanzen.

Neben der Wahl der richtigen Heilpflanzen spielt auch die passende Zubereitung eine entscheidende Rolle für die Wirksamkeit einer Behandlung. Beim trockenen Ekzem sollten beispielsweise fette Grundlagen wie Ölauszüge, fette Cremes oder Salben angewandt werden. Bei akuten nässenden Ekzemen sind dagegen wässrige Applikationsformen wie Umschläge, Waschungen oder Gele sinnvoller.

Malvenblüten: Auch bei atopischen Ekzemen eine Option

In der europäischen Volksmedizin werden Malvenzubereitungen, speziell Kalt- und Warmwasserauszüge aus den Blüten, bereits seit Langem bei ekzemartigen Hautproblemen angewandt. Neben den enthaltenen Schleimstoffen werden vor allem die in den Blüten enthaltenen Anthocyane als potenzielle Wirkstoffe betrachtet, denen nicht nur zellschützende, sondern auch wundheilungsfördernde Eigenschaften zugeschrieben werden. Aktuelle Studien untermauern diese Annahmen. So wurde in einer randomisierten, doppelblinden Studie (n = 51) aus dem Iran die Wirkung einer Creme mit einem Malvenextrakt bei Kindern mit atopischen Ekzemen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass die Malvencreme diese im Vergleich zur Placebogruppe signifikant reduzierte.3 Zweifellos sind weitere groß angelegte Studien nötig, doch in der Zwischenzeit spricht auch die gute Verträglichkeit dieser Heilpflanze für einen Therapieversuch.

Nachtkerzenöl: Zur innerlichen und äußerlichen Therapie

Eines der vielversprechendsten Heilmittel bei atopischen und ekzemartigen Hautbeschwerden ist das aus den Samen der Nachtkerze gewonnene Öl. Dieses enthält 60–80 % zweifach ungesättigte Linolsäure und bis zu 14 % dreifach ungesättigte γ-Linolensäure. Letztere trägt als Vorstufe der Arachidonsäure zur Bildung des entzündungshemmenden Prostaglandins E1 bei und hemmt die Produktion von entzündungsförderndem IgE. 

Diese Zusammensetzung verbessert die bei Neurodermitis oft beeinträchtigte Hautbarriere, indem sie den Mangel an langkettigen Fettsäuren ausgleicht und das Verhältnis von Linolsäure und γ-Linolensäure in der Haut reguliert. Bei regelmäßiger Einnahme kann Nachtkerzenöl Symptome wie Schuppen, Juckreiz und Rötungen reduzieren. So wurden in einer placebo-kontrollierten Studie mit 68 Atopiker:innen bei 96 % in der Nachtkerzenöl-Gruppe Verbesserungen verzeichnet – in der Placebo-Gruppe hingegen nur bei 32 %.1 Erwachsene und Kinder ab 12 Jahren sollten 2- bis 3-mal täglich 2 g Nachtkerzenöl einnehmen, wobei sich erste Ergebnisse meist nach 4 bis 8 Wochen zeigen. Zusätzlich können Zubereitungen auf Basis von Nachtkerzenöl auch äußerlich für eine Besserung der Symptome sorgen. Mögliche Nebenwirkungen sind Verdauungsprobleme, Hautausschläge und Kopfschmerzen.

Johanniskraut: Populäres Hausmittel

Das Johanniskrautöl wird mittels Ölauszug aus den Johanniskrautblüten gewonnen. Seit Jahrhunderten ist es in Europa ein beliebtes Wundheil- und Hautpflegemittel. Heute wissen wir um durchblutungsfördernde, schmerzlindernde, antivirale sowie antibakterielle Effekte. Johanniskrautöl kann folglich bei Nervenentzündungen, Prellungen, Gürtelrose sowie leichten Verbrennungen auf die Haut aufgetragen werden. Dass Johanniskrautöl auch beim atopischen Ekzem einen Nutzen bringt, zeigt nicht zuletzt eine Studie von Schempp et al. (2003). In dieser wurde eine auf 1,5 % Hyperforin standardisierte Johanniskrautölcreme bei 21 Atopiker:innen gegenüber Placebo verglichen. Nach einer 4-wöchigen, jeweils 2-mal täglich erfolgten Anwendung verbesserten sich die mit dem Verum behandelten Hautstellen signifikant besser.2 

Johanniskrautöl besitzt äußerlich aufgetragen kaum Nebenwirkungen, einzig eine potenziell photosensibilisierende Wirkung sollte stets bedacht werden. 

Kamille: Antibakteriell und wundheilungsfördernd

Das ätherische Öl der Kamillenblüten wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und wundheilungsfördernd. Verantwortlich dafür sind unter anderem α-Bisabolol und Chamazulen. Auch die vorkommenden Schleimstoffe wirken reizmildernd. 

Zubereitungen aus wässrig-alkoholischen Extrakten eignen sich dadurch zur Wundbehandlung von oberflächlichen Hautverletzungen, leichten Verbrennungen, akuten nässenden Dermatosen, entzündlichen ekzemartigen Hauterkrankungen und schlecht heilenden Wunden. 

Im Hinblick auf die Behandlung eines chronischen Ekzems zeigte Aertgeerts et al. (1985) sogar, dass eine auf Bisabolol und Chamazulen standardisierte Kamillenzubereitung Hydrocortison gleichwertig und Bufexamac sogar überlegen war.4

Positive Humanstudien gibt es auch hinsichtlich der Behandlung von Dekubitus, Ulcus cruris sowie einer beschleunigten Abheilung postoperativer Wunden. Auch Kamillenzubereitungen sind sehr nebenwirkungsarm, lediglich bei einer Allergie gegenüber Korbblütlern sollte man darauf verzichten.

Eiche, Blutwurz und Hamamelis: Beruhigen die Haut

Gerbstoffreiche Pflanzen wie Eichenrinde, Blutwurz und Hamamelis können bei Hautproblemen äußerlich angewendet ebenfalls Linderung verschaffen. Die enthaltenen Gerbstoffe schützen durch ihre adstringierende und entzündungshemmende Wirkung Haut und Schleimhäute und fördern die Heilung von Irritationen. Dies ist besonders bei nässenden Ekzemen und wunden Hautstellen vorteilhaft. Trotz der langjährigen Nutzung von Eichenrinde in der traditionellen Medizin sind Studien rar, wobei z. B. Suberin aus der Korkeiche als hautglättend identifiziert wurde.5 Auch Hamamelis bedarf weiterer Forschung. Eine Studie konnte jedoch die Wirksamkeit bei Hautverletzungen bei Kindern nachweisen und war teilweise sogar einer Dexpanthenol-haltigen Salbe überlegen.6 Eine aktuelle Untersuchung zu Blutwurz bestätigte – mit Hydrocortison vergleichbare – entzündungshemmende Eigenschaften, jedoch ohne Interaktion mit dem Glucocorticoid-Rezeptor.7 Wegen ihres hohen Gerbstoffgehalts und potenzieller Nebenwirkungen sollten Eichenrinde, Blutwurz und Hamamelis nur äußerlich als Sitzbad, Umschlag oder als halbfeste Zubereitung angewendet werden. Aufgrund der schlecht wasserlöslichen Gerbstoffe müssen wässrige Auszüge außerdem immer als Dekokt zubereitet werden.

Hafermehl – Vielversprechende Studien

Hafer wird traditionell schon länger zur Behandlung von Hautproblemen wie Ekzemen und trockener Haut verwendet. Aktuelle Forschungen bestätigen die Wirksamkeit von feingemahlenem Hafermehl. Insbesondere konnten Extrakte aus kolloidalem Hafermehl die Hautbarrierefunktion stärken und den pH-Wert der Haut regulieren. In einer Studie trugen 50 Frauen eine Lotion mit kolloidalem Hafermehl auf trockene Unterschenkel auf, was zu einer deutlichen Besserung von Hauttrockenheit und Barrierefunktion führte.8 Eine separate Studie verglich eine Ekzemcreme mit 1 % kolloidalem Hafer mit einer herkömmlichen Feuchtigkeitscreme über 14 Tage: Die kolloidale Hafercreme milderte Entzündungssymptome deutlich ab, steigerte die Mikrobiom-Diversität und optimierte die Hautbarrierefunktion, wobei sie effektiver als die Standardcreme war und zudem das Hautmikrobiom positiv beeinflusste.9 β-Glucan aus Hafer, das immunmodulierende und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt, wird als Hauptwirkstoff betrachtet. In Studien zeigte reines β-Glucan, gewonnen aus Austern-Seitlingen, ebenfalls positive Effekte bei atopischen Ekzemen.10

Quellen

1 Senapati S et al.: Evening primrose oil is effective in atopic dermatitis: a randomized placebo-controlled trial. Indian J Dermatol Venereol Leprol 2008; 74(5):447-452
2 Schempp CM et al.: Topical treatment of atopic dermatitis with St. John's wort cream--a randomized, placebo controlled, double blind half-side comparison. Phytomedicine 2003; 10, 31-37
3 Meysami M et al: Efficacy of short term topical Malva Sylvestris L. cream in pediatric patients with atopic dermatitis: a randomized double-blind placebo-controlled clinical trial. Endocr Metab Immune Disord Drug Targets 2021; 21(9): 1673-1678
4 Aertgeerts P et al.: Vergleichende Prüfung von Kamillosan®-Creme gegenüber steroidalen (0,25% Hydrocortison, 0,75% Fluocortinbutylester) und nichtsteroidalen (5% Bufexamac) Externa in der Erhaltungstherapie von Ekzemerkrankungen. Z Hautkr 1985, 60(3): 270-277
5 Coquet C et al.: Quercus suber cork extract displays a tensor and smoothing effect on human skin: an in vivo study. Drugs Exp Clin Res 2005; 31(3): 89-99

Weitere Literatur auf Anfrage

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