Eosinophile Ösophagitis

Wenn Schlucken zum Problem wird

Mag. pharm. Christopher Waxenegger
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Eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine chronisch-progressiv verlaufende, immunvermittelte Erkrankung der Speiseröhre, die durch die Leitsymptome Dysphagie (Schluckstörung) und Bolusimpaktierung (Einklemmen eines Nahrungsbolus mit komplettem Verschluss der Speiseröhre) gekennzeichnet ist. Damit assoziierte Notfallkonsultationen steigen weiterhin an. Trotz ärztlicher Aufklärung und Awareness-Kampagnen hat sich das Symptom-Diagnose-Intervall in den letzten 30 Jahren kaum verändert. Noch immer vergehen durchschnittlich vier Jahre, bis Betroffene die korrekte Diagnose erhalten.

Warum sollte man die EoE im Hinterkopf haben?

Mitunter entsteht der Eindruck, dass es sich bei der EoE um eine seltene Erkrankung handelt. Doch dem ist leider nicht so. Die Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH) schätzt die Prävalenz in Österreich auf 1 : 2.500. Dies wird von einer aktuellen Metaanalyse basierend auf insgesamt 29 epidemiologischen Studien bekräftigt, welche eine Prävalenzrate von durchschnittlich 34,4 pro 100.00 Einwohner errechnet. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

EoE und GERD

Problematisch ist zudem, dass die Symptome einer EoE leicht mit anderen entzündlichen Speiseröhrenerkrankungen verwechselt werden. Denn ein Brennen hinter dem Brustbein oder ein Kloßgefühl im Hals kann auch auf zurückfließender Magensäure (gastroösophageale Refluxkrankheit; GERD) oder einer Infektion beruhen. Im Gegensatz zur GERD manifestiert sich eine EoE jedoch in allen Abschnitten der Speiseröhre und nicht nur distal. EoE und GERD können allerdings unabhängig voneinander auftreten und sich gegenseitig beeinflussen. Forschende stellten die Hypothese auf, wonach GERD die Schleimhautbarriere durchlässiger für Nahrungsmittelallergene macht und somit den Boden für immunvermittelte Entzündungsreaktionen bereitet. Umgekehrt weisen einige, wenngleich nicht alle EoE-Patient:innen eine Säurehypersensitivität auf, die Ausdruck einer gestörten mukosalen Integrität der Speiseröhre sein kann. Die mit der EoE einhergehenden strukturellen und funktionellen Störungen können ihrerseits gastroösophagealen Reflux begünstigen.

Immuntherapie © shutterstock
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Möglicher Zusammenhang: Allergenspezifische Immuntherapie & EoE

In der Literatur wurden vereinzelt de-novo-Entstehungen einer EoE nach oraler allergenspezifischer Immuntherapie bei Kindern und Erwachsenen mit atopischer Diathese beobachtet. Die ÖGGH empfiehlt daher, im Zuge der Erstdiagnose nach einer vorangehenden oder laufenden Immuntherapie zu fragen und ggf. die behandelnde Allergologin bzw. den behandelnden Allergologen zu kontaktieren.

Mögliche Risikofaktoren

Interessanterweise erkranken Personen mit atopischer Diathese besonders oft an EoE. 60–80 % der EoE-Patient:innen haben mindestens eine atopische Begleiterkrankung wie allergische Rhinitis, (allergisches) Asthma oder atopische Dermatitis. In Zwillingsstudien waren perinatale Umwelteinflüsse mit einem erhöhten Risiko für die Entstehung einer EoE verbunden. Dazu zählen etwa die Gabe von Antibiotika oder Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Weitere Risikofaktoren – die sich ebenfalls mit denen von atopischer Dermatitis und Asthma überschneiden – sind Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht, neonataler Aufenthalt auf einer Intensivstation und Schwangerschaftskomplikationen. Diese Beobachtungen heben die gemeinsame molekulare Ätiologie von EoE und Erkrankungen des atopischen Formenkreises hervor, die sich auch in der Pathogenese niederschlägt.

Pathogenese der EoE

Obwohl die Pathogenese der EoE noch immer nicht vollständig geklärt ist, geht man von einer Th2-vermittelten, immun-mediierten Entzündungsreaktion aus. In dieser spielen eosinophile Granulozyten, Mastzellen und T-Zellen eine wichtige Rolle. Von ihnen produzierte Mediatorsubstanzen (u. a. IL-4, IL-5, IL-13, TSLP) tragen wesentlich zur gestörten Barrierefunktion des Speiseröhrenepithels bei. Der Stellenwert IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien als auslösender Trigger wurde lange überschätzt und ist in den allermeisten Fällen nicht nachweisbar. Eine routinemäßige Allergietestung kann deshalb entfallen.

Unbehandelt führt die EoE zu einem Umbau der Speiseröhre mit bleibenden Strikturen (Verengungen) und Funktionsstörungen. Bis zu 90 % der Patient:innen weisen makroskopisch sichtbare Veränderungen auf (Ödeme, Ringe, weiße Exsudate, Längsfurchen etc.). Histologisch erkennt man eine eosinophil-dominierte Entzündung mit eosinophiler Gewebeinfiltration.

Welche Beschwerden verursacht EoE?

EoE ist mit einem kontinuierlichen sozialen Rückzug und einer massiven Einschränkung der Lebensqualität verbunden. Die klinische Präsentation unterscheidet sich zwischen Kindern und Erwachsenen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen dominieren die Dysphagie und die Bolusimpaktion, seltener auch Sodbrennen, Thoraxschmerzen und Regurgitationen (Hochbringen von Nahrung aus der Speiseröhre oder dem Magen ohne Übelkeit oder kräftige Kontraktionen der Bauchmuskeln). Bei Kleinkindern und Kindern stehen Refluxsymptome, Erbrechen, abdominelle Schmerzen, Nahrungsverweigerung und Gedeihstörungen im Vordergrund.

Kind mit Bauchschmerzen © iStock
Bei Kindern zählen Reflux, Erbrechen, Bauchschmerzen und Nahrungsverweigerung zu den charakteristischen Beschwerden. © iStock

Diagnostik

EoE kann sich in jedem Lebensalter manifestieren und wird am häufigsten in der dritten und vierten Lebensdekade diagnostiziert. Für die Diagnose müssen zwei Kriterien erfüllt sein: eine ösophageale Dysfunktion (Symptome) UND ein positiver histologischer Nachweis. Eines allein reicht nicht. Bezüglich der Histologie fordern Fachgesellschaften ≥ 15 eosinophile Granulozyten pro hochauflösendem Gesichtsfeld (eos/hpf). Dafür sollen mindestens sechs Biopsien aus verschiedenen Abschnitten des Ösophagus entnommen werden, insbesondere aus Regionen mit endoskopischen Auffälligkeiten. Biopsien sind auch bei makroskopisch unauffälliger Speiseröhre zwingend notwendig – bei begleitenden Bauchschmerzen und/oder Durchfall zum Ausschluss einer eosinophilen Gastritis bzw. Duodenitis auch aus dem Magen und Zwölffingerdarm

Initiale Behandlung der EoE – Remissionsinduktion

Ziel der Behandlung ist eine klinische und histologische Remission. Andernfalls besteht ein hohes Risiko für Fibrosierungen, Strikturen und Bolusobstruktionen. Für Erwachsene empfiehlt die ÖGGH zur Remissionsinduktion topische Corticosteroide (2 x tgl. Budesonid-Schmelztabletten) oder hochdosierte PPI (2 x tgl.) für 12 Wochen. Als therapeutische Alternative kommt die 1-Food- (Milch) oder 2-Food- (Milch und Weizen/glutenhaltige Getreide) Eliminationsdiät infrage. Die ehemals bevorzugte 6-Food-Eliminationsdiät ist praktisch schwer umsetzbar. In einer rezent erschienenen Studie war sie der 1-Food-Eliminationsdiät hinsichtlich histologischer Remission nach sechs Wochen nicht überlegen (40 vs. 34 %). Das Therapieansprechen soll nach acht bis zwölf Wochen klinisch und histologisch kontrolliert werden. Ziel sind deutlich reduzierte Symptome und <15 eos/hpf. Im Kindes- und Jugendalter wird zur Remissionsinduktion primär eine orale Hochdosis-PPI-Therapie bevorzugt. Bei aktiver EoE mit Striktur primär topische Corticosteroide.

Weiterführende Behandlung der EoE – Remissionserhaltung

In mehr als 90 % der Fälle lässt sich nach dem Absetzen der Therapie eine erneute Entzündung des Speiseröhrenepithels nachweisen. Hinzu kommt, dass Symptome nicht zuverlässig mit der histologischen Aktivität der EoE korrelieren. Wurde eine klinisch-histologische Remission erreicht, sollte sich aufgrund der hohen Rezidivrate eine remissionserhaltende Therapie anschließen, die dem in der Induktionstherapie erfolgreichen Behandlungsprinzip folgt. Deren Effektivität wird alle ein bis zwei Jahre klinisch, endoskopisch und histologisch validiert.

6-Food-Eliminationsdiät: Schwierig umzusetzen

Bei der 6-Food-Eliminationsdiät (6FED) werden jene Nahrungsmittel eliminiert, die am häufigsten mit Nahrungsmittelallergien assoziiert sind, also Kuhmilchproteine, Weizen, Soja, Ei, Nüsse und Fisch/Meeresfrüchte. Sie galt lange als Goldstandard der nichtmedikamentösen EoE-Behandlung. Im Alltag stellt 6FED jedoch sehr hohe Anforderungen an die Adhärenz der Patient:innen. 6FED kommt deshalb nur noch in Einzelfällen zum Einsatz und auch nur dann, wenn die Therapie durch eine Ernährungsfachkraft begleitet wird, um rechtzeitig mögliche Fehl- oder Mangelernährungen zu erkennen und zu korrigieren.

Erstes Biologikum zugelassen

Für therapierefraktäre Patient:innen steht mit Dupilumab seit 2023 erstmals eine zielgerichtete Behandlungsoption zur Verfügung. Dupilumab ist ein vollständig humaner monoklonaler Antikörper, der selektiv die Signalgebung von IL-4 und IL-13 hemmt. Beide Zytokine sind Treiber der Typ-2-Inflammation, welche der EoE zugrunde liegt. Die Substanz ist in Österreich bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit schwerer aktiver EoE und einem Körpergewicht von mindestens 40 Kilogramm zugelassen, wenn diese mit konventionellen Medikamenten unzureichend therapiert sind, diese nicht vertragen oder für die eine solche Therapie nicht in Betracht kommt. Der österreichische Erstattungskodex versteht darunter ein unzureichendes Ansprechen (ausgenommen Patient:innen mit Kontraindikation) auf topische Corticosteroide über mindestens drei Monate.

Die Zulassung basiert auf der dreiteiligen Phase-III-Studie LIBERTY EoE TREET. Diese untersuchte Dupilumab bei histologisch bestätigter EoE nach acht Wochen hochdosierter PPI-Therapie. Die Teilnehmenden wurden für 24 Wochen im Verhältnis 1 : 1 auf wöchentlich 300 mg Dupilumab oder Placebo (Teil A) bzw. 1 : 1 : 1 auf 300 mg Dupilumab pro Woche, 300 mg Dupilumab alle zwei Wochen oder Placebo (Teil B) randomisiert. Bis zu 74 % wurden parallel mit topischen Steroiden behandelt. Geeignete Patient:innen aus Teil A und B setzten die Studie in Teil C bis Woche 52 fort.

Dupilumab reduzierte die Häufigkeit und Schwere der Dysphagie und besserte den endoskopischen Befund. Insgesamt erreichten mehr Patient:innen eine histologische Remission als unter Placebo. Die häufigste Nebenwirkung waren lokale Reaktionen an der Einstichstelle. Die endgültige Positionierung des Biologikums im Therapiealgorithmus ist noch unklar.

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