Gesund essen, gesund bleiben

Ein Leben ohne Fleisch

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Vegetarische Ernährung ist bunt, köstlich, vielfältig und nahrhaft. © Shutterstock
Vegetarische Ernährung ist bunt, köstlich, vielfältig und nahrhaft. © Shutterstock

Nahrung setzt sich aus den drei Makronährstoffen des Körpers – Kohlenhydrate, Proteine und Lipide – sowie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen zusammen. Nicht-essenzielle Bestandteile kann der Körper in geringem Ausmaß selbst synthetisieren, die essenziellen Bestandteile dagegen müssen regelmäßig über die Nahrung aufgenommen werden. Dazu gehören Vitamine und Mineralstoffe (unterteilt in Mengen- und Spurenelemente), neun unentbehrliche Aminosäuren und Fettsäuren.

Kohlenhydrate sind mengenmäßig die wichtigsten Energielieferanten der Zelle, 55−60 % der benötigten Energie sollen durch sie zugeführt werden, am besten in Form von komplexen Mehrfachzuckern (Polysacchariden), wovon der Großteil durch Stärke auf-genommen und dann als Glucose abgebaut und resorbiert wird. Ballaststoffe sind faserreiche, unverdauliche pflanzliche Polysaccharide, die in wasserlöslicher oder -unlöslicher Form enthalten sein können, wie z. B. Zellulose oder Pektin. Sie wirken zudem sättigend, verdauungsfördernd und regulierend auf die Cholesterinaufnahme und den Blutglucosespiegel.

Proteine liefern 10−15 % der Energie und bestehen aus Aminosäuren. Von 20 Aminosäuren gelten neun als unentbehrlich (früher „essenziell“) für den Körper, da sie von außen zugeführt werden müssen. Dazu gehören Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan, Valin sowie für Säuglinge Histidin. Sie sind zwingend erforderlich für Verdauung und Resorption sowie für die Synthese körpereigener Substanzen. Um eine optimale Versorgung zu gewährleisten, ist es wichtig, auf eine gute Bioverfügbarkeit zu achten. Diese kann bspw. durch die Kombination verschiedener Proteine verbessert werden, z. B. Kartoffel und Ei, Milchprodukte und Getreide, Getreide und Eier.

Lipide (Fette) liefern die höchste Energiedichte und sollten 25−30 % des täglichen Bedarfs decken. Sie ermöglichen die Zufuhr essenzieller Fettsäuren und fettlöslicher Vitamine, sind Bestandteil der Zellmembranen, dienen als Polster- und Stützelement von Organen und verhindern Wärmeverlust; sie fungieren somit als unser effizientestes Energiespeicherorgan.1

Varianten des Vegetarismus

Die Gründe für die Wahl einer vegetarischen Lebensweise sind vielfältig. Der Verzicht auf jeglichen Fleischkonsum kann ethisch begründet sein − also von einer Ablehnung von Massentierhaltung und Tötung von Tieren herrühren −, aber auch aufgrund von Bedenken wegen des Klimawandels oder gesundheitlicher Aspekte bestehen. Dementsprechend unterschiedlich sind die Formen und Ausprägungen der vegetarischen Ernährung.

Tabelle
Übersicht über vegane/
vegetarische Ernährungsformen
BezeichnungMeiden von ...
ovo-lacto-vegetarisch... Fleisch- und Fischprodukten; dies ist meistens mit dem Begriff Vegetarierin bzw. Vegetarier gemeint.
lacto-vegetarisch… Fleisch- und Fischprodukten, Eiern
ovo-vegetarisch… Fleisch- und Fischprodukten, Milch und Milchprodukten
pesco-vegetarisch… Fleischprodukten
flexitarisch 
(regelmäßig vegetarisch)
… Fleisch- und Fischprodukten; gelegentlich werden jedoch geringe Mengen an Fleisch- und Fischprodukten konsumiert.
vegan… allen tierischen Produkten (Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig)
Rohköstler… allen tierischen Produkten (Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig) sowie von gekochten und verarbeiteten Lebensmitteln
Fructaner/Frugivoren… allen tierischen Produkten (Fleisch, Fisch, Milch, Eier, Honig) sowie von gekochten und verarbeiteten Lebensmitteln und auch von Gemüse; verzehren ausschließlich Früchte, Nüsse und Samen

Kritische Nährstoffe bei Vegetarismus

Bei regelmäßigem Verzehr von Produkten tierischen Ursprungs wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Milchprodukten ist der normale Bedarf gedeckt, bei einer rein auf pflanzlichen Lebensmitteln basierten Ernährung sollte jedoch besonders auf eine kontrollierte Auswahl, Kombination und Vielfältigkeit der Nahrungsmittel geachtet werden.

Eisen

Das Spurenelement Eisen ist Bestandteil von Hämoglobin und u. a. am Transport und an der Speicherung von Sauerstoff und Blutbildung beteiligt. Der Tagesbedarf beträgt 10−15 mg. Eisen weist eine schlechte Bioverfügbarkeit auf; daher ist es empfehlenswert, dieses mit Vitamin C zu kombinieren, um die Resorption zu verbessern. Gute Eisenlieferanten sind bspw. Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Hirse, Quinoa, Erbsen, Spinat, Mangold, Schwarzwurzeln oder Trockenfrüchte. Bei Eisen sollte man auf Wechselwirkungen achten, die bspw. mit Chlorogensäure (Kaffee), Polyphenolen (schwarzer Tee), Oxalsäure (Rhabarber), Sojaeiweiß, Kalzium oder verschiedenen Medikamenten (z. B. Antacida) auftreten. All diese Substanzen verringern die ohnehin schon schlechte Eisenaufnahme.

Jod, Zink, Kalzium

Jod, ein weiteres Spurenelement und Bestandteil des Schilddrüsenhormons Thyroxin, ist wichtig für die Funktionsfähigkeit des Stoffwechsels. Der Tagesbedarf liegt bei 200 µg. Pflanzliche Lieferanten sind jodiertes Speisesalz, Algen oder Seetang. Hier ist Vorsicht geboten, da einerseits die Schwermetallbelastung hoch sein kann, und andererseits Supplemente oft die empfohlene Tagesdosis überschreiten und daher gesundheitsschädigend wirken können.3

Das Spurenelement Zink ist ein Bestandteil und Aktivator zahlreicher Enzyme, der Tagesbedarf liegt bei 7−10 mg. Die Bioverfügbarkeit bei pflanzlichen Lebensmitteln ist gering, geeignete Produkte sind Vollkornprodukte, Pastinaken oder Steinpilze. Die Aufnahme kann durch die in Kaffee oder Tee enthaltenen Tannine reduziert werden.

Bei den Mengenelementen sollte v. a. auf die ausreichende Zufuhr von Kalzium geachtet werden, da der Bedarf hier mit 1.000 mg/Tag sehr hoch ist. Kalzium ist mengenmäßig der wichtigste Mineralstoff im Körper, zuständig für die Festigkeit von Zähnen und Knochen sowie für diverse Reizübertragungsprozesse. Pflanzliche Lieferanten sind Nüsse (z. B. Mandeln), Feigen, Tofu, Bohnen, Brokkoli, Süßkartoffeln, Grünkohl, Rucola oder kalziumhaltiges Mineralwasser.

Vitamin B12, Vitamin B2, Vitamin D3

Das ausschließlich von Mikroorganismen gebildete Vitamin B12 (Cobalamin) ist eine Besonderheit, da es das einzige wasserlösliche Vitamin ist, das zu einem Teil im Körper gespeichert werden kann. Es gelangt über die Nahrungskette in den tierischen und menschlichen Organismus und wird über Produkte wie Eier, Milch oder Fleisch aufgenommen. Bei veganer Ernährung sind regelmäßige Kontrollen mittels Bluttests notwendig; meist ist eine zusätzliche Supplementierung unerlässlich. Auch Vegetarier:innen weisen teilweise eine zu geringe Zufuhr an Vitamin B12 auf. Vor allem bei erhöhtem Nährstoffbedarf, wie z. B. in Schwangerschaft und Stillzeit, sollte auf eine ausreichende Vitamin-B12-Zufuhr geachtet bzw. supplementiert werden. Der Tagesbedarf liegt bei 4 µg.

Das ebenfalls wasserlösliche Vitamin B2 (Riboflavin) ist ein Bestandteil vieler Coenzyme und damit an Stoffwechselreaktionen beteiligt. Der Tagesbedarf beträgt 1,1−1,4 mg. Nicht-tierische Lebensmittel wie Nüsse, Pilze, Vollkornprodukte oder Ölsamen sind gute Riboflavin-Lieferanten.

Bei allen Ernährungsformen – egal, ob omnivore, vegetarisch oder vegan − ist auf ausreichende Mengen an fettlöslichem Vitamin D3 (Cholecalciferol), das zu 80−90 % durch die UV-Strahlung der Sonne in der Haut synthetisiert wird, zu achten. Es kann nur in geringem Ausmaß über Milchprodukte oder fetten Fisch aufgenommen werden und ist unerlässlich für den Kalium- und Phosphatstoffwechsel, deren Aufnahme im Darm und die Knochenmineralisierung. Der Tagesbedarf beträgt in etwa 20 µg, was 800 I.E. entspricht.

Fettsäuren

Die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure und die Omega-6-Fettsäure Linolsäure zählen zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren; beide sind essenziell. Sie sind Ausgangsstoffe für die Eicosanoide und somit u. a. an Entzündungsreaktionen beteiligt. Sie werden im Fettgewebe gespeichert und bei Bedarf verwertet und können durch pflanzliche Öle, wie z. B. Walnuss-, Raps- oder Weizenkeimöl zugeführt werden. Der Tagesbedarf liegt bei 0,5 % (Alpha-Linolensäure) bzw. 2,5 % (Linolsäure) der zugeführten Energie.

Was ist gesund?

Die Frage, welche Form der Ernährung gesund ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Es sollte grundsätzlich immer auf ausreichend Abwechslung und Ausgewogenheit geachtet werden, um das Auftreten von Mangelerscheinungen zu verhindern. Zusätzlich sollten die ausgewählten Lebensmittel frisch und nicht industriell verarbeitet sein. Jeglicher Ernährungsstil sollte als Dauerernährung geeignet sein und nicht nur als Diät.

Die Vorteile einer vegetarischen Ernährung, v. a. der Ovo-lacto-Varianten, scheinen aber die einer fleischlastigen zu überwiegen, da das Risiko von gesundheitlichen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhtem Cholesterin und manchen Krebsarten (z. B. Darmkrebs) reduziert werden kann4. Wer nicht ganz auf Fleisch oder Fisch verzichten möchte, kann den Konsum auf 300−600 g/Woche Fleisch und 1−2 x/Woche Fisch einschränken5. Auch vegane Ernährung ist bei sorgfältiger Planung eine Ernährungsform, bei der eine gute Versorgung möglich ist. Eine Orientierung an der veganen Lebensmittelpyramide ist hilfreich, regelmäßige Blutuntersuchungen zur Nährstoffversorgung sind empfehlenswert.

Die vegane Lebensmittelpyramide

  • Oben: Nüsse, Samen sowie pflanzliche Fette und Öle
  • Mitte: Alternativen zu Milchprodukten, Hülsenfrüchte und weitere Proteinquellen, Vollkornprodukte und Kartoffeln
  • Unten: Gemüse und kleine Mengen Meeresalgen, Obst

Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (ungesüßter Tee, Mineralwasser) sowie tägliche Aufenthalte und Bewegung im Freien (mind. 30 Minuten pro Tag) ergänzen eine gesunde Ernährung. 

Die vegane Lebensmittelpyramide © Shutterstock
Die vegane Lebensmittelpyramide © Shutterstock


Vegetarische Ernährung in der Schwangerschaft und bei Kindern

Um Mangelerscheinungen und möglichen Entwicklungsschäden vorzubeugen, ist es in Lebensabschnitten mit erhöhtem Nährstoffbedarf (Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder, Jugendliche) besonders wichtig, auf eine optimale Versorgung des Körpers zu achten.

Betrachtet man die aktuelle Studienlage, kann ovo-lacto-vegetarische Ernährung auch in diesen Lebensphasen als Dauerernährung gewählt werden, bei veganer Ernährung bedarf es genauer und sorgsamer Planung. Hier ist es ratsam, wenn möglich schon vorab den Kontakt zu qualifiziertem Fachpersonal zu suchen und neben regelmäßigen Kontrollen der kritischen Nährstoffe – Vitamin B12, Zink, Eisen, Kalzium, Jod und der essenziellen Fettsäuren – auch auf eine ausreichende Versorgung mit gut verfügbaren Proteinen zu achten.7,8

Pflanzlich vs. Tierisch

Häm-Eisen und Nicht-Häm-Eisen

In tierischen Produkten liegt Eisen ausschließlich als Häm-Eisen vor. Hier ist ein
zweiwertiges Eisenatom als Zentralatom in einer Komplexverbindung mit einem 
Porphyrin-Molekül als Ligand verbunden.

Dreiwertiges Nicht-Häm-Eisen kommt im Unterschied dazu in pflanzlichen wie in tierischen Produkten vor. Diese beiden Formen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit, da Häm-Eisen im Dünndarm direkt resorbiert werden kann, wohingegen Nicht-Häm-Eisen zunächst in zweiwertiges Eisen umgewandelt werden muss. Während die Bioverfügbarkeit von Häm-Eisen bei 14−18 % liegt, beträgt sie bei Nicht-Häm-Eisen nur 5−12 %.2


Quellen:

1   Vaupel et al.: Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen. 7. Auflage (2015) 11.1.12: 369ff

2   National Institute of Health (NIH) (2020): Iron, Fact Sheet for Health Professionals

3   Empfehlung (EU) 2018/464 zur Überwachung der Metall- und Jodkonzentrationen

4   Watling, C.Z. et al.: Risk of cancer in regular and low meat-eaters, fish-eaters, and vegetarians: a prospective analysis of UK Biobank participants. BMC Med 20, 73 (2022)

5   Ernährungsempfehlung laut DGE (2022)

6  Weder S et al.: Die Gießener vegane Lebensmittelpyramide. UGB forum 01, 36-38 (2020) *D-A-CH-Referenzwerte, www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/tool

7  Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D et al. (2016) Vegane Ernährung – Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Ernährungs Umschau 4:92-102

8  VeChi-Youth-Studie, 14.DGE-Ernährungsbericht, 2020; D-A-CH-Referenzwerte, www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/tool

Text: Barbara Feytl

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