PROVALID-Studie

Diabetiker mit wenig Therapietreue haben schlechte Chancen

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Diabetiker © Shutterstock
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Doch nur 56 Prozent nehmen wirklich alle dafür notwendigen Medikamente ein, was bei vielen Betroffenen zu mehr Herz- und Nierenerkrankungen führt. Das hat jetzt eine europäische Studie mit maßgeblicher Beteiligung von Innsbrucker Wissenschaftern ergeben.

Betroffene haben es jedenfalls mit der neuen Studie sprichwörtlich "schwarz auf weiß": Sogenannte Therapietreue oder Adhärenz zur vom Arzt verschriebenen medikamentösen Therapie nach den geltenden wissenschaftlichen Empfehlungen zahlt sich aus. Im Rahmen der sogenannten PROVALID-Studie beobachten nämlich österreichische, ungarische, polnische, holländische und britische Wissenschafter eine Gruppe von rund 4.000 Typ-2-Diabetikern (nicht-insulinabhängiger Diabetes; ehemals "Altersdiabetes") mit einem anfänglichen mittleren Alter von knapp 63 Jahren auf ihren Gesundheitszustand.

In einer vor wenigen Tagen in der Fachzeitschrift "Diabetologia" erschienen Teilstudie untersuchten Sara Denicolo von der Universitätsklinik für Innere Medizin IV der MedUni Innsbruck und ihre Co-Autoren 1.125 Teilnehmer aus der PROVALID-Studie nach einem besonders "ausgefuchsten" Programm: In Urinproben wurde mittels modernster und genauester Testverfahren (LC-MS/MS - Liquid-Chromatographie-Massenspektometrie) bestimmt, ob die Patienten auch wirklich die ihnen zur Senkung der Blutzuckerwerte, zur Blutgerinnungshemmung, Blutdruck- und Cholesterinsenkung verschriebenen Arzneimittel einnahmen.

Dem wurden mit einer mittleren Beobachtungszeit von 5,1 Jahren die Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen gegenübergestellt. Genauso geschah das mit der Häufigkeit chronischer Nierenerkrankungen (Abnahme der Filterkapazität, Zunahme der Proteinausscheidung, Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie oder Todesfälle durch Nierenversagen) als Komplikation eines schlecht kontrollierten Typ-2-Diabetes.

Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. "Von den Teilnehmern waren 56,3 Prozent vollkommen therapieadhärent (Marker aller verschriebenen Arzneimittel in den Harnproben feststellbar; Anm.), 42 Prozent waren teilweise nicht adhärent (zumindest eines der Medikamente eingenommen; Anm.), 1,7 Prozent überhaupt nicht therapietreu", schrieben die Wissenschafter. Am ehesten hätten die Patienten die verschriebenen Arzneimittel zur Blutzuckersenkung und zur Hemmung der Blutgerinnung (Herzinfarkt-/Schlaganfallprophylaxe) eingenommen. Am geringsten war offenbar die Therapietreue bei der regelmäßigen Verwendung der Cholesterinsenker.

Das wirkte sich in dem Beobachtungszeitraum von etwas mehr als fünf Jahren bei jenen Patienten, welche die Arzneimittel zur Blutplättchenhemmung nicht einnahmen, mit einer drastischen Erhöhung des Herz-Kreislauf-Risikos (Faktor 10) aus. Der Verzicht auf das Schlucken der Blutdruckmittel wiederum führte zur Verdoppelung der Gefahr für schwere Nierenkomplikationen. Die Wissenschafter: "Diese Analyse zeigt, dass fehlende Adhärenz gegenüber der Medikation gegen Herz- und Stoffwechselerkrankungen bei Typ-2-Diabetes-Patienten häufig ist. Das hat einen negativen Einfluss auf Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen."

Die wissenschaftlichen Ergebnisse deuten auf ein riesiges Problem hin. In Österreich leiden rund 800.000 Menschen an Diabetes. 85 bis 90 Prozent davon sind Typ-2-Diabetiker. Auch die Komplikationen der chronischen Erkrankung gefährden damit eine große Anzahl der Betroffenen.

APA

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