Illegale Drogen

Cannabis, Koks und Kummer

MAG. PHARM. Verena Kimla
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Analysiert werden die Konsummarker von THC, Kokain, Amphetamin 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA) und Methamphetamin sowie Alkohol und Nikotin. Die Ergebnisse der chemischen Analysen werden von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) für den europäischen Drogenbericht verwertet. Österreich liegt hinsichtlich seines Drogenkonsums im Mittelfeld. So trinkt eine Einwohnerin bzw. ein Einwohner aus einer der 17 untersuchten Regionen im Schnitt täglich ein Glas Wein, raucht vier Zigaretten, konsumiert 0,07 Joints sowie rund ein Milligramm an aufputschenden Drogen.

Durch den Verordnungsdschungel

Der Begriff „illegale Drogen“ fasst verschiedene Klassen psychotroper Substanzen zusammen, deren Erwerb, Besitz, Handel und Herstellung nach dem Suchtmittelgesetz verboten ist. Dieses unterscheidet nach Menge und Klassifizierung zwischen Suchtgiften, psychotropen Stoffen und Drogenausgangsstoffen. 

Suchtgifte sind die in der Suchtgiftverordnung (SV) aufgelisteten Stoffe, die aufgrund ihrer psychoaktiven Wirkung und dem damit verbundenen Missbrauchs- und Gesundheitsrisiko den strengsten Kontrollmaßnahmen unterliegen. Zu dieser Gruppe zählen u. a. Cannabis und seine Derivate, Rohopium und Opiate, Kokablätter und Kokain, Amphetamin, Designerdrogen wie z. B. Ecstasy oder diverse Halluzinogene. Angemerkt sei hier, dass Cannabidiol (CBD) als Reinsubstanz weder international als Suchtmittel klassifiziert ist noch dem österreichischen Suchtmittelrecht unterliegt. Aus Cannabisextrakt gewonnenes CBD enthält hingegen meist auch THC und unterliegt, sofern es nicht unter die Ausnahmebestimmung der SV fällt, daher dem Suchtmittelregime.

Psychotrope Stoffe (darunter insbesondere die Gruppe der Benzodiazepine) sind in der Psychotropenverordnung aufgelistet und unterliegen Beschränkungen in Bezug auf ihre Verwendung. 

Drogenausgangsstoffe sind Substanzen, die in der chemischen Industrie und der Medikamentenerzeugung benötigt werden, aber auch zur illegalen Drogenerzeugung verwendet werden können. Für sie gelten daher spezifische Überwachungs- und Kontrollvorschriften.

Spice und Badesalz

Europaweit sind synthetisch hergestellte Stoffe mit psychoaktivem Wirkpotenzials aus unterschiedlichen chemischen Substanzklassen im Umlauf, sogenannte „Legal Highs“ oder auch Neue Psychoaktive Substanzen (NPS). Häufig erhalten die Produkte, denen jegliche Deklaration fehlt, eine imaginäre Zweckbestimmung, z. B. als Raumbedufter, Kräutermischung oder Badesalz.
Nicht nur sind unzählige NPS im Umlauf, es besteht auch die Möglichkeit, durch Veränderung der Molekularstruktur immer wieder neue Verbindungen zu erschaffen. So hinken die nationalen und internationalen Gesetze den NPS hinsichtlich eines Verbotes hinterher. Um strafrechtliche Tatbestände zu schaffen und dadurch aufgegriffene Substanzen aus dem Verkehr zu ziehen, trat mit 1. Jänner 2012 das Bundesgesetz über den Schutz vor Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit NPS in Kraft. 

Ein aktuelles Beispiel ist das Cannabinoid Hexahydrocannabinol (HHC): Synthetisch hergestelltes HHC wurde per 23.3.2023 in die Verordnung über NPS aufgenommen, weswegen seitdem Herstellung und Handel mit dieser Substanz verboten sind, während Besitz und Konsum straffrei bleiben. Dabei ist der Ursprung von HHC ausschlaggebend für dessen rechtliche Zuordnung: Wird es direkt aus der Cannabispflanze extrahiert, unterliegt es dem Suchtmittelgesetz (SMG).  

Die verfügbaren Daten aus Bevölkerungsbefragungen sprechen derzeit für eine sehr niedrige Prävalenz des NPS‐Konsums in der Allgemeinbevölkerung. Laut den aktuellen verfügbaren österreichweiten Daten liegt die Lebenszeitprävalenz in der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren bei etwa einem Prozent. Auch der Europäische Drogenbericht 2019 bezeichnet den Konsum von NPS in Europa als gering.

Wie berauscht sich Österreich?

Konsumerfahrungen mit illegalen Drogen finden sich in Österreich am häufigsten in Bezug auf Cannabis, dessen Konsum Lebenszeitprävalenzraten von etwa 30–40 % bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (15–24 Jahre) hat. In einer Repräsentativbefragung aus dem Jahr 2020 ergeben sich Konsumerfahrungen von etwa 5–6 % für Ecstasy, Kokain und Amphetamin, rund 1–2 % geben Lebenszeiterfahrungen mit Opioiden und NPS an. Generell beschränkt sich der Konsum illegaler Substanzen aber meist auf eine kurze Lebensphase. 

Von diesem „Probierkonsum“ abzugrenzen ist der risikoreiche/problematische Drogenkonsum. Aktuell konsumieren zwischen 35.000 und 40.000 Personen risikoreich Opioide, meist in Kombination mit anderen illegalen Drogen, Alkohol oder Psychopharmaka. Etwa die Hälfte dieser Personen lebt in Wien, etwas über drei Viertel der Betroffenen sind Männer. 8 % sind unter 25 Jahre alt, 61 % 35 oder älter. Die Zahl der Personen, die Opioide vorwiegend intravenös konsumieren, wird auf 10.500 bis 16.000 Personen geschätzt. Fast alle verfügbaren Daten aus dem Drogenmonitoring zeigen bei den unter 25‐Jährigen eine Stagnation beim risikoreichen Opioidkonsum. Die direkt drogenassoziierten Todesfälle stiegen von 2020 auf 2021 deutlich (siehe Abbildung), Zahlen für 2022 liegen noch nicht vor. 


HIV und Hepatitis

Die Sterblichkeit Opioidabhängiger gegenüber jener der Gesamtbevölkerung gleichen Geschlechts und Alters ist um das 10- bis 20-Fache erhöht. Dafür verantwortlich sind neben internen (tödliche Überdosierungen, AIDS und andere Infektionskrankheiten) auch externe Ursachen wie Gewalt, Suizid und prekäre Lebensbedingungen. Laut der Austrian HIV Cohort Study infizierten sich 15,3 % der Teilnehmenden über intravenösen Drogengebrauch, die Prävalenz von HIV unter Personen mit intravenösem Drogengebrauch in Österreich liegt bei 7,1 %, jene von Hepatitis C bei 47,1 % (starke Schwankung je nach Datenquelle, bis zu 79 %) und jene von Hepatitis B bei 19,0 %. 

Laut der deutschen PREMOS-Studie sind 30 % der Suchtmittelabhängigen psychisch multimorbid erkrankt, vor allem an Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Angststörungen. Diese Zahlen wurden bei Personen erhoben, die sich bereits in Opioidsubstitutionstherapie befanden.

Wege aus der Sucht 

Österreichweit befanden sich zum Stichtag 31.12.2021 18.446 Personen in Substitutionsbehandlung. Unter vielen anderen Synonymen ist der Begriff Opioidsubstitutionstherapie (OST) international am gebräuchlichsten und wird daher auch in der aktuellen Leitlinie zur Substitutionsbehandlung verwendet. 

Mehrere Cochrane-Analysen haben bestätigt, dass die OST den abhängigen Patienten und Patientinnen den Zugang zum Gesundheitssystem eröffnet und daher zur Verbesserung deren Gesundheitszustandes beiträgt. Durch die Einnahme zugelassener Medikamente werden sie aus der Abhängigkeit der teuren Angebote des illegalen Drogenmarktes gelöst, was zur Reduktion der drogenbezogenen Delikte beiträgt. Auch die psychosoziale Lage der Erkrankten wird verbessert, die soziale Rehabilitation erleichtert. 

Drei Varianten der Dauertherapie

Opioidabhängigkeit ist eine chronische Erkrankung und erfordert eine nachhaltige, teilweise lebenslange Therapie. Bei gutem Verlauf wird die Behandlung unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle unverändert so lange wie nötig durchgeführt, bei wechselnden Gegebenheiten (somatisch, psychisch oder sozial) kann sie den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden. Dosisänderungen können in beide Richtungen erfolgen, ein Wechsel der Medikation oder eine Umstellung der Begleitmedikation können notwendig sein. Eine weitere Möglichkeit ist die geplante Beendigung der Behandlung mit Einverständnis der/des Erkrankten. Die dauerhafte Abstinenz ist jedoch ein seltener Verlauf.

Vier gewinnt

Für eine reguläre orale OST stehen derzeit vier Substanzen zur Verfügung: razemisches (levo- und dextro-) Methadon, Levo-Methadon, Buprenorphin sowie Morphin. Alle diese Substanzen besitzen eine ausreichende Opioidrezeptorwirkung, unterscheiden sich aber in ihrem Metabolismus, Rezeptorbindungseigenschaften sowie in ihrem Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil, weswegen sie eine individualisierte Substitutionsbehandlung ermöglichen. Die Wahl des wirksamsten/passendsten Arzneimittels ist insofern von Bedeutung, als dass Betroffene unter diesen Bedingungen länger in Behandlung bleiben und diese sogenannte „Haltequote“ ein wichtiger Erfolgsparameter der OST ist.

Werden andere Substanzen wie z. B. Dihydrocodein verwendet, erfolgt dies als Off-Label-Use.

Methadon als Vorreiter

Der synthetische μ-Opioidagonist Methadon wurde als erstes Medikament in der OST eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein Razemat: Es besteht zu gleichen Teilen aus den beiden Enantiomeren Dextro- und Levomethadon, wobei die Wirkung des Razemats im Wesentlichen auf dem Anteil des linksdrehenden Levomethadons beruht. Durch dosisabhängige Blockade der kardialen hERG-Kanäle kann es zur QT-Verlängerung kommen. Die Wirkung ist der von Morphin ähnlich; es wirkt stark analgetisch und dosisabhängig sedierend sowie atemdepressiv. Der geringe euphorisierende Effekt lässt sich damit erklären, dass die Serumkonzentration ihren Peak erst ca. 3 Stunden nach Einnahme erreicht. 

Methadon wird hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Schwitzen, Müdigkeit, Benommenheit, Übelkeit, Obstipation, Gewichtszunahme sowie endokrin-bedingte Störungen. 

Levo-Methadon wird als rein linksdrehende Form von Methadon mit der typischen μ-Opioidrezeptor-Wirkung und somit mit den wichtigsten klinischen Effekten von Methadon in Verbindung gebracht. Im Vergleich zum Methadon-Razemat benötigt man bei Levo-Methadon etwa 50 % der Dosis, Patienten und Patientinnen brauchen im Schnitt jedoch um ca. 10 % höhere Dosen von Levo-Methadon als errechnet. Im Vergleich zu Methadon hat es ein geringeres kardiales Risikoprofil. Lösungen, die mit konservierten Verdünnungsmitteln, z. B. Sirupus simplex nach ÖAB oder mit Aqua purificata verdünnt wurden, sind bei Raumtemperatur drei Monate haltbar.

Geringe Sedierung bei Buprenorphin

Buprenorphin ist ein halbsynthetischer Partialagonist am μ-Opioidrezeptor und wird aufgrund seiner starken analgetischen Wirkung auch in der Schmerztherapie eingesetzt. Selbst in hoher Dosierung verursacht es wenig bis keine Sedierung und wirkt nur gering euphorisierend. Aufgrund des hohen hepatischen First-Pass-Metabolismus zeigt es oral eingenommen kaum Wirkung, weswegen es sublingual verabreicht wird. Buprenorphin besitzt zwar eine kurze Plasmahalbwertszeit, aber eine lange Rezeptorbindung, was eine Gabe alle zwei oder drei Tage prinzipiell ermöglicht.

Über 32 mg am Tag wird keine weitere Wirkungssteigerung erreicht. Am κ-Opioidrezeptor wirkt Buprenorphin als Antagonist. Da dieser Rezeptor vor allem für die atemdepressive Wirkung von Opioiden verantwortlich ist, ist Buprenorphin in dieser Hinsicht sehr sicher. Die Substanz wird über CYP3A4 und 2C8 metabolisiert. Um den intravenösen Missbrauch von Buprenorphin zu vermeiden, steht ein Kombinationspräparat mit Naloxon (Opioidantagonist mit niedriger oraler Bioverfügbarkeit) zur Verfügung.

Retardiertes Morphin

Morphin ist ein reiner μ-Rezeptor-Agonist. Es wird hepatisch in das inaktive Morphin-3-Glucuroid und in das aktive Morphin-6-Glucuronid metabolisiert und besitzt mit 2–4 Stunden eine relativ kurze Plasmahalbwertszeit. Arzneimittel-Interaktionen sind aufgrund des Metabolismus selten. Morphin wirkt euphorisierend und sedierend und ist im Harntest von anderen Opioiden nicht zu unterscheiden, was zu Schwierigkeiten führen kann.

Quellen

• Busch M et al., Bericht zur Drogensituation 2022, Gesundheit Österreich, Wien, https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Drogen-und-Sucht/Suchtmittel-NPS-Drogenausgangsstoffe/
Berichte-und-Statistiken/Berichte-zur-Drogensituation-in-%C3%96sterreich.html 

• Anzenberger et al., Epidemiologiebericht Sucht 2022, llegale Drogen, Alkohol und Tabak. Gesundheit Österreich, Wien, https://goeg.at/drogenberichte_2022 
• Leitlinie – Qualitätsstandards für die Opioid-Substitutionstherapie, Österr. Ges. für arzneimittelgestützte Behandlung von Suchtkrankheit (ÖGABS), Österr. Ges. für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), Österr. Ges. für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (ÖGKJP), 
Österr. Ges. für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP). Qualitätsstandards für die Opioid-Substitutionstherapie. 1. Auflage, 2017 
https://www.oesterreich.gv.at/themen/gesundheit_und_notfaelle/sucht/2/1/Seite.1520600.html 
• European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA), Stand 4. Mai 2023, abgerufen am 25.5.2023 https://www.emcdda.europa.eu/publications/html/pods/waste-water-analysis_en 

Weitere Literatur auf Anfrage

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