COVID & Influenza

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Erkältungen, also mild verlaufende Atemwegsinfektionen, werden von mehr als 30 verschiedenen Erregern (z. B. Rhinoviren, humane saisonale Coronaviren, respiratorische Synzytialviren oder Parainfluenzaviren) hervorgerufen. Gegen die meisten Erreger, die umgangssprachlich als „Erkältungsviren“ zusammengefasst werden, gibt es keine Impfung. Gegen das RS-Virus sind jedoch seit kurzem zwei Impfungen zugelassen.

Die meisten akuten viralen Infektionen des Respirationstraktes, die nicht durch Influenzaviren ausgelöst werden, beginnen schleichend und verlaufen wesentlich seltener mit hohem Fieber, Kopfschmerz oder allgemeiner Schwäche. Myalgien, Reizhusten, Pharyngitis und Heiserkeit geben allerdings differenzialdiagnostisch keinen Aufschluss auf den Auslöser der Infektion. 

Typische Symptome

Bei der Beurteilung des Krankheitsbildes ist die aktuelle epidemiologische Situation zu bewerten und gegebenenfalls sind Erreger-bezogene Tests durchzuführen. Die Evidenzlage für Symptome einer COVID-19-Infektion, die einzeln oder in Kombination auftreten können, ist unverändert. Dazu zählen Fieber, Husten mit oder ohne Auswurf, Schnupfen, Atemnot, starker Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Riech- und Geschmacksstörungen. Es können auch Kopf- und Gliederschmerzen, Diarrhoe, abdominelle Beschwerden oder Halsschmerzen vorkommen.

Inkubationszeit und Nachweis

Die mittlere Inkubationszeit von SARS-CoV-2 hat sich im Laufe der verschiedenen Varianten immer weiter verkürzt und beträgt unter Omikron im Mittel etwa drei Tage. Bei älteren Personen und Kindern ist sie deutlich länger, jedoch maximal 14 Tage.

Infektiosität besteht bereits zwei Tage vor Symptombeginn und nimmt nach Symptombeginn fünf bis sieben Tagen lang ab. Nach Ablauf von zehn Tagen sind leicht bis moderat Erkrankte in der Regel nicht mehr ansteckend. Die Infektiosität kann bei Personen im Altenheim und stationär Behandelten länger anhalten: Je schwerer der Krankheitsverlauf, desto länger können replikationsfähige Viren nachgewiesen werden. Der Nachweis von Virus-RNA ist, abhängig vom Ct-Wert, nicht gleichbedeutend mit Infektiosität. Ein Wert über 30 signalisiert fehlende Infektiosität.

Schutzmaßnahmen

Gesetzliche Vorgaben zum Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie sind im April 2023 ausgelaufen. Daher obliegt nun der Schutz vor einer Atemwegsinfektion jedem selbst. Die Testung Erkrankter soll nun nur noch erfolgen, wenn aus dem Ergebnis Konsequenzen wie eine medikamentöse Therapie oder der Schutz anderer abgeleitet werden. 

COVID-19 stellt weiterhin ein Risiko für einen Teil der Bevölkerung dar: nämlich für Personen über 60 Jahre sowie für Personen mit Immunsuppression bzw. anderen chronischen Vorerkrankungen. Ebenso gibt es nach COVID-19-Erkrankungen immer noch Long-/Post-COVID-Verläufe, deren Mechanismen bislang nicht zur Gänze geklärt wurden und gegen die es bisher keine evidenzbasierten Therapieoptionen gibt. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass Schutzmaßnahmen flexibel und sinnvollerweise dann eingesetzt werden können, wenn die Inzidenzen hoch sind.

Covid-19-Therapeutika

Die neu entwickelten Covid-19-Medikamente erhielten ihre Zulassung oft weniger als zwei Jahre nach Projektbeginn. Dieses extrem hohe Tempo ist der Priorisierung in Unternehmen und zügigen Studiengenehmigungsverfahren zu verdanken.

In der Behandlung von COVID-19 kommen antivirale und immunmodulatorische Medikamente zum Einsatz. Antivirale Substanzen werden eher in der Frühphase der Erkrankung eingesetzt, um das Risiko für klinisch schwere Verläufe sowie die Dauer einer eventuellen Hospitalisierung zu reduzieren. Immunmodulatorische Therapien hingegen kommen eher in fortgeschrittenen Behandlungsstadien im stationären Bereich zum Einsatz.

Zu berücksichtigen ist auch, dass Medikamente, die im Frühstadium (Infektion ohne Atemprobleme) hilfreich sind, bei Patient:innen mit schwerer Lungenentzündung unwirksam oder sogar schädlich sein können – und umgekehrt. Diese Tatsache sollte bei Nachrichten über Erfolg oder Misserfolg einer Medikation stets berücksichtigt werden.

EMA-Zulassungen
COVID-19-Therapeutika
  1. Evusheld® (Tixagevimab und Cilgavimab): Zwei monoklonale Antikörper
  2. Kineret® (Anakinra): Humaner Interleukin-1 Rezeptorantagonist (r-metHuIL-1ra)
  3. Paxlovid® (Nirmatrelvir und Ritonavir): Nirmatrelvir blockiert die Aktivität eines Enzyms, das das Virus SARS-CoV-2 zur Vermehrung benötigt. Paxlovid enthält außerdem eine niedrige Dosis des Wirkstoffs Ritonavir, das den Abbau von Nirmatrelvir verlangsamt. So bleibt der Wirkstoff länger in einer Konzentration im Körper, die die Vermehrung des Virus beeinträchtigt.
  4. Regkirona® (Regdanvimab): Ein monoklonaler Antikörper, der an die Rezeptorbindende Domäne (Receptor Binding Domain, RBD) des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 bindet, wodurch der Eintritt in die Zelle und somit eine SARS-CoV-2-Infektion verhindert werden.
  5. RoActemra® (Tocilizumab): Ein monoklonaler Antikörper gegen den humanen Interleukin-6-(IL-6)-Rezeptor.
  6. Ronapreve® (Casirivimab und Imdevimab): Zwei monoklonale Antikörper. Sie binden an nicht überlappende Epitope der Spike-Protein-Rezeptor-Bindungsdomäne (RBD) von SARS-CoV-2. Dies verhindert das Eindringen des Virus in die Zellen.
  7. Veklury® (Remdesivir): Antiviraler Wirkstoff
  8. Xevudy® (Sotrovimab): Ein monoklonaler Antikörper, der an ein hochkonserviertes Epitop auf der Rezeptor-bindenden Domäne des Spikeproteins von SARS-CoV-2 bindet.


DEGAM-Leitlinien

Die DEGAM S1-Handlungsempfehlungen 2023 betreffen den niedergelassenen Bereich und sind insbesondere für die hausärztliche Praxis relevant. Somit sind sie auch jene, mit welchen Apotheken am ehesten konfrontiert werden. Hier beschränken sich Empfehlungen zur medikamentösen Therapie momentan auf den Einsatz von Nirmatrelvir und Ritonavir (Paxlovid®). Für einige vielversprechende Behandlungsoptionen (z. B. Ursodeoxycholsäure, pegyliertes Interferon, Metformin) gibt es noch keine ausreichende Evidenz. Bei fehlendem PCR-Testergebnis ist ein Therapiebeginn auf Basis von Symptomen und positivem Antigen-Schnelltest möglich. Für junge, gesunde Menschen, die sich mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert haben, sind in der Regel symptomatische Maßnahmen ausreichend. 

Was ist neu? 

  • Molnupiravir darf seit Februar 2023 nicht mehr ärztlich verordnet und abgegeben werden.
  • Noch keine eindeutigen Empfehlungen gibt es zu Ursodeoxycholsäure im Zusammenhang mit COVID-19, da sich die Evidenzlage erst entwickelt.
  • Dasselbe trifft auf die Anwendung von pegyliertem Interferon Lambda zu. Studien deuten auf eine mögliche Reduktion schwerer COVID-19-Verläufe durch eine einmalige Injektion hin. Die Evidenzlage ist noch unzureichend.
  • Azithromycin, Colchicin, Fluvoxamin, Ivermectin und Vitamin D wurden während der Corona-Pandemie teilweise empfohlen, haben sich aber als nicht wirksam erwiesen und sollen zur Behandlung von COVID-19 daher nicht eingesetzt werden.

Unveränderte Empfehlungen

Nirmatrelvir + Ritonavir (Paxlovid®) kann bei Erwachsenen mit COVID-19 und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptombeginn eingesetzt werden. Hier profitieren vor allem Personen ab 65 Jahren, Immunsupprimierte und Personen mit inkomplettem oder fehlendem Impfschutz. Bei diesen Wirkstoffen müssen aufgrund des hohen Wechselwirkungspotenzials Interaktionen mit der bestehenden Medikation unbedingt vor Therapiebeginn überprüft werden. Insbesondere Ritonavir zeigt als Cytochrom-P450-Inhibitor viele Interaktionen. Eine gute Interaktionsplattform für COVID-19-Interaktionen bietet die Homepage der University of Liverpool: www.covid19-druginteractions.org

Die Behandlung soll so früh wie möglich ab Symptombeginn gestartet und über fünf Tage fortgeführt werden. Unerwünschte Wirkungen unter Nirmatrelvir/Ritonavir sind Geschmacksstörungen und Diarrhoe.

  • Bei ambulanten COVID-19-Patient:innen ohne Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf soll keine Thromboembolieprophylaxe eingesetzt werden.
  • Systemische Steroide sollen nicht zur COVID-19 Therapie im ambulanten Bereich eingesetzt werden.
  • Eine Therapie mit Remdesivir (i.v.) kann bei Patient:innen mit COVID-19 und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf innerhalb der ersten sieben Tage nach Symptombeginn eingesetzt werden. Der Wirkstoff wird an drei aneinander folgenden Tagen intravenös (über 30–120 min) verabreicht, die Patient:innen müssen während und eine Stunde nach den Infusionen überwacht werden.

Modifizierte Empfehlungen

  • Auch asymptomatisch mit SARS-CoV-2-Infizierte (mindestens ein Drittel aller Infizierten) können ansteckend sein. 
  • Der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 in der Bevölkerung erfolgt über Aerosole und virushaltige Tröpfchen. Kontaktübertragungen über kontaminierte Oberflächen spielen nur im medizinischen Bereich eine Rolle.
  • Bei alten und/oder vorerkrankten Patient:innen mit SARS-CoV-2 Infektion und einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf, die immobil sind, kann eine medikamentöse Thromboseprophylaxe mit einem niedermolekularen Heparin erfolgen (z. B. mit Enoxaparin s. c.; Achtung: Nicht bei oraler Antikoagulation! Vorsichtige Abwägung bei bestehender ASS-Dauertherapie (ggf. PPI-Prophylaxe ab 65 J.).
  • Grundsätzlich soll eine Testung auf SARS-CoV-2-Infektion bzw. auf andere Erreger wie z. B. Influenza nur dann erfolgen, wenn sich aus dem Testergebnis Konsequenzen für das weitere Vorgehen ergeben (Schutz von Risikopersonen, weiteres diagnostisches und therapeutisches Vorgehen beim Erkrankten).
  • In Anlehnung an die Empfehlungen des RKI empfiehlt die DEGAM die Abklärung einer potenziellen SARS-CoV-2-Infektion (falls noch keine Selbsttestung erfolgt ist) mittels PCR-Testung in folgenden Situationen:
    – schwere respiratorische Symptome (z. B. Atemnot, klinischer Verdacht auf Pneumonie) 
    – anhaltende respiratorische Symptome mit klinischer Verschlechterung
    – akute respiratorische Symptome, insbesondere bei Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe 
    – Tätigkeit in Pflege, Arztpraxis, Krankenhaus 
    – aktuell oder prospektiv enger Kontakt zu Personen mit Risikofaktoren
  • Die Durchführung von Corona-Tests wird nur noch bei klinischer Relevanz empfohlen. Bei negativem Schnelltestergebnis, aber klinisch fortbestehendem Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion sollte ein PCR-Test erfolgen.
  • Patient:innen mit SARS-CoV-2-Infektion, starkem Husten und Risiko für einen schweren Verlauf kann eine Budesonid-Inhalation: 2 x 800 μg/d für 7–14 Tage zur Senkung dieses Risikos angeboten werden (Off-label). 
  • Eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern bleibt Kliniken/Spezialambulanzen vorbehalten.
  • Grundsätzlich sollen hochdosierte orale oder parenterale Vitamin-D-Präparate nicht ver-
    abreicht werden. Davon unberührt können ältere Personen (insbesondere Altenheimbewohner) 1.000 (–2.000) IE/Tag Vitamin D einnehmen. 


Therapie der Influenza

Die Erkrankungszahlen in Australien deuten darauf hin, dass in diesem Winter mit einer starken Grippesaison zu rechnen ist. Ein Update zu den wichtigsten Impfungen in der Erkältungszeit finden Sie in der ÖAZ 21/23. 

Ist es zu einer Infektion mit dem Influenzavirus gekommen, stehen therapeutisch mit den Neuraminidase-Hemmern Oseltamivir und Zanamivir zwei Medikamente zur kausalen Behandlung zur Verfügung. Bei Einsatz innerhalb der ersten 48 Stunden nach Symptombeginn sind eine Linderung der Symptomatik, eine Verkürzung der Krankheitsdauer und eine Reduzierung der Komplikationen möglich. Ohne Risikofaktoren und bei unkompliziertem Verlauf ist in der Regel eine symptomatische Therapie ausreichend.

Text: Mag. Pharm. Sonja Sofeit, MSc

Quellen

https://www.basg.gv.at/covid-19/covid-19-therapeutika
https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2768391
https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/woran-wir-forschen/therapeutische-medikamente-gegen-die-coronavirusinfektion-covid-19
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Influenza/FAQ_Liste.html
• Influenza: https://www.springermedizin.de/emedpedia/dgim-innere-medizin/influenza?epediaDoi=10.1007%2F978-3-642-54676-1_378

Weitere Literatur auf Anfrage

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