Fit ins hohe Alter

Wie uns Mikronährstoffe beweglich halten

Mag. Larissa Grünwald
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Das Gelenk ist eine bewegliche Verbindung zwischen zwei oder mehreren Knochen. Die Knochen sind von der schmerzempfindlichen Knochenhaut überzogen, und der direkte Kontakt im Gelenk ist tunlichst zu vermeiden. So sind beide Gelenksflächen einerseits durch einen Knorpelspalt voneinander getrennt und andererseits von einer intakten Knorpelschicht überzogen (siehe Abbildung 1). Die meisten Probleme im Gelenk betreffen just jene Knorpelschicht, die einerseits durch altersbedingten Verschleiß, andererseits aber auch durch Bewegungsarmut und Verletzungen ihre Schutzfunktion verliert.


Der Knorpel als Schwachstelle im Gelenk

Der Knorpel besteht aus Proteoglykanen und kollagenen Fasern. Während die Fasern für die Zugfestigkeit des Knorpels verantwortlich sind, binden die Proteo-glykane große Mengen an Wasser. Im gesunden Zustand kann der Wassergehalt bis zu 80 % (!) betragen. Proteoglykane sind sperrige Makromoleküle aus Hyaluronsäure, Proteinen und Glykosaminoglykanen (GAG) wie Keratansulfat, Chondroitinsulfat und Glucosaminen mit dementsprechend hoher Wasserbindungsfähigkeit. 

Gelenksflüssigkeit als einzige Nährstoffquelle

Die Ernährung des Knorpels erfolgt mithilfe der Gelenksflüssigkeit (Synovia). Diese wird von der Gelenksinnenhaut gebildet und in den Gelenksspalt abgegeben. Diese viskose, klare Körperflüssigkeit besteht zu 94 % aus Wasser, kleinen Anteilen an Proteinen, Fetttröpfchen, Hyaluronsäure, Mucine (Schleimstoffe) sowie Glucose und Glykosaminoglykane. Diese schützen die Gelenksoberflächen vor Reibung und versorgen die Knorpelzellen (Chondrozyten) mit Nährstoffen und Flüssigkeit. Umgekehrt werden die Abfallprodukte aus dem Stoffwechsel der Knorpelzellen an die Gelenksflüssigkeit abgegeben und abtransportiert. Durch regelmäßige Bewegung wird die Gelenksflüssigkeit in den Knorpel eingewalkt. Störungen derartiger Prozesse (z. B. durch Ruhigstellung oder Überlastung des Gelenks, Nährstoffarmut, chronische Entzündungsprozesse) können zu irreversiblen Veränderungen im Knorpel führen. 

Selbst bei Schmerzen in den Gelenken kann eine schonende Bewegung sinnvoll sein, um den Knorpel zu ernähren und die Muskelkraft zu erhalten. © Shutterstock
Selbst bei Schmerzen in den Gelenken kann eine schonende Bewegung sinnvoll sein, um den Knorpel zu ernähren und die Muskelkraft zu erhalten. © Shutterstock


Glykosaminoglykane gezielt ergänzen

Die Knorpelsubstanz besteht zu 30‒35 % aus Glykosaminoglykanen wie Chondroitinsulfat und Hyaluronsäure, die zusammen mit Proteinen zu sog. Proteoglykanen verbunden sind. 

Biochemisch sind Glykosaminoglykane Kohlenhydrate aus langen, unverzweigten Zuckerketten. Das Besondere sind die zahlreichen Sulfatgruppen in den Makromolekülen, die gemeinsam mit den Säureresten der Zucker für eine negative Ladung sorgen. Dadurch werden positiv geladene Ionen wie osmotisch aktive Natriumionen und Wassermoleküle angelagert.  Durch dieses Zusammenwirken entsteht eine gelartige Matrix mit hoher Wasserbindungskapazität, Elastizität und Flexibilität. 

Chondroitinsulfat zeigt schmerzlindernde Wirkung

In der Regel wird Chondroitin vom Körper aus den Ausgangsstoffen Glucosamin, Glucose und Galactose synthetisiert. Bei Bedarf kann über eine orale Ergänzung der Knorpelaufbau zusätzlich stimuliert werden. Studien mit Arthrosepatienten und -patientinnen belegen eine schmerzlindernde Wirkung sowie einen weitgehenden Erhalt der Gelenksbeweglichkeit. So kann Chondroitin aufgrund seiner polaren Ladung Wasser binden und auf diesem Weg die Elastizität des Knorpelgewebes unterstützen. Manche Studien berichten gar von einer Verzögerung des Knorpel-abbaus, da Chondroitin den Aufbau der Chondro-zyten anregen kann.

Empfohlene Dosierung: 
Chondroitinsulfat 750‒1.500 mg/Tag über mind. 3 Monate

Hyaluronsäure sorgt für die optimale Schmierung

Hyaluronsäure ist ein Aminozucker, der u. a. in den Knorpelzellen synthetisiert wird und vorwiegend der Gelenksschmierung (Lubrikation) dient. Entzündungen verändern die Qualität und Quantität der Hyaluronsäure in der Synovialflüssigkeit und schä-digen den Knorpel. Belegt ist die entzündungshemmende Wirkung der Hyaluronsäure über eine Reduktion der Prostaglandinsynthese sowie eine knorpelprotektive Wirkung durch die Hemmung abbauender Metalloproteinasen.

Empfohlene Dosierung: 
Hyaluronsäure 50‒60 mg/Tag über mind. 2‒3 Monate

Glucosaminsulfat überzeugt mit entzündungs­hemmender Wirkung

Glucosamin ist ein Aminomonosaccharid und Hauptbestandteil der Knorpelsubstanz. Über die Hemmung von Interleukin-1-beta und Prostaglandin PgE2 übt es im Gelenk eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung aus. In einigen Studien war der Effekt vergleichbar mit einem Nicht steroidalen Antirheumatikum (NSAR). In einigen Studien aktiviert das Glucosaminsulfat sogar das Chondrozytenwachstum, womit mögliche Degenerationsprozesse teilweise verlangsamt werden könnten.

Empfohlene Dosierung: 
Glucosaminsulfat 750‒1.500 mg/Tag über mind. 3 Monate 

Schwefel als wichtiger Bestandteil der Gelenksstruktur

Schwefel ist ein wichtiger Bestandteil der Gelenksschmiere und auch der Innenschicht der Gelenkskapseln. Beides wird aufgrund permanenter Belastung der Gelenke vom Körper stetig erneuert. Fehlt Schwefel, kann der Körper die laufenden Regenerationsvorgänge kaum bewältigen. Ein Mangel an zentralen Schwefellieferanten im Knorpel wie Chondroitinsulfat, Glucosaminsulfat oder MSM trägt daher zur Entstehung von Gelenksbeschwerden bei.

MSM präventiv und therapeutisch 

MSM, die Abkürzung für Methylsulfonylmethan, ist eine organische Schwefelverbindung, die natürlicherweise in pflanzlichen, tierischen und menschlichen Organismen vorkommt. Als Nahrungsergänzungsmittel ist MSM insbesondere als Schmerzmittel und unterstützendes Mittel bei Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrose, (Rheumatoider) Arthritis, muskulären Beschwerden sowie diversen Schmerzerkrankungen bekannt geworden. Untersuchungen zeigen, dass MSM die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe und knorpelabbauender Enzyme hemmen kann. 

Empfohlene Dosierung: 
MSM 1‒3 g/Tag über 2‒3 Monate 

Knochen profitieren von Vitamin D3 und K2

Calcium ist neben Magnesium ein wichtiger Baustein unserer Knochen und Zähne. Für die effiziente Resorption von Calcium und den Einbau in die Knochenmatrix benötigt der Körper Vitamin D3 und Vitamin K2. 80 % des Vitamin-D-Bedarfs werden endogen unter UV-B-Bestrahlung in der Haut synthetisiert. Die restlichen 20 % stammen aus ausgewählten Lebensmitteln wie Fisch, Eiern oder Avocado. Für die endogene Metabolisierung von Vitamin D in das aktive Calcitriol benötigt der Körper Magnesium. 

Empfohlene Dosierung: 
Calcium 400‒600 mg/Tag, Magnesium 300‒400 mg/Tag, Vitamin D3 2.000‒4.000 I.E./Tag, Vitamin K2 40‒60 µg/Tag 

Das stabilisierende Silicium

Silicium kommt in allen Geweben vor und ist essenziell für die Bildung von Kollagen und Elastin. Es ist zu Beginn des Knochenwachstums ‒ also in die frühe Kalzifikation und Mineralisation ‒ involviert. Hohe Konzentrationen finden sich in den Gelenken, im Muskelgewebe, in Sehnen, Nägeln und Haaren. Wichtig zu wissen: Der Organismus kann organisches Silicium (aus Bambus, Goldhirse, Schachtelhalm …) wesentlich besser resorbieren verglichen mit mineralischem Silicium. 

Empfohlene Dosierung: 
Silicium 40 mg/Tag

Der Organismus kann organisches Silicium aus Bambus, Goldhirse und Schachtelhalm wesentlich besser resorbieren verglichen mit mineralischem Silicium.  © Shutterstock
Der Organismus kann organisches Silicium aus Bambus, Goldhirse und Schachtelhalm wesentlich besser resorbieren verglichen mit mineralischem Silicium. © Shutterstock


Weitere Mikronährstoffe für unseren Bewegungsapparat

Wer seine Gelenke zusätzlich unterstützen will, kann mit Vitamin C, Kupfer und Mangan den Aufbau und den Erhalt der Knorpelschicht unterstützen. Sind bereits Beschwerden vorhanden, können entzündungshemmende Omega-3-Fettsäuren (v. a. EPA), Weihrauch-Extrakt mit hohem Anteil an Boswelliasäuren oder Kurkuma-Extrakt mit dem Wirkstoff Curcumin Abhilfe schaffen.

Empfohlene Dosierung: 
Vitamin C 1‒2 g/Tag; Kupfer 1‒2 mg/Tag; Mangan 2‒4 mg/Tag; EPA 1‒2 g/Tag; Weihrauch-Extrakt 500‒1.000 mg/Tag; Kurkuma-Extrakt 1,2‒1,8 g/Tag 

Gibt es eine gelenkgerechte Ernährung?

Die wichtigste Maßnahme zum Schutz des Bewegungsapparates ist ein normales Körpergewicht. Was die Ernährung betrifft, so profitiert der Bewegungsapparat von der konsequenten Reduktion tierischer Fette – insbesondere aus Fleisch, Wurst und Milchprodukten inklusive Käse. Auch Zucker, Süßigkeiten und Weißmehlprodukte sollten sehr sparsam eingesetzt werden. Hintergrund ist die entzündungsfördernde Wirkung oben genannter Lebensmittel. Empfehlenswert sind hingegen Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte sowie zuckerarme Obstsorten. Fisch, Geflügel, Eier und gesäuerte fettarme Milchprodukte wie Joghurt, Kefir, Topfen, Buttermilch ergänzen den Speiseplan und liefern wertvolle schwefelhaltige Proteine und Mineralstoffe.

Tägliches Training fördert Muskeln und Knochen

Wenn die Gelenke schmerzen, wird in vielen Fällen eine Schonung empfohlen. Doch ohne Bewegung kann sich die Situation oft noch verschlimmern, da erst durch die Mobilisierung des Gelenks der Knorpel ernährt werden kann und Muskeln erhalten bleiben bzw. aufgebaut werden können. Gelenkschonend und wärmstens zu empfehlen sind daher Schwimmen, Nordic Walking, Krafttraining, Wandern, Radfahren, Aquagymnastik, Faszientraining & Co. Optimalerweise sollte täglich eine körperliche Aktivität eingeplant werden, um einen langfristigen Erfolg zu erkennen.

Quellen

•   Kim LS et al.: Efficacy of MSM in osteoarthritis pain oft he knee: 
a pilot clinical trial. Osteoarthritis Cartilage 2006;14(3):286–94
•   Ott C: Ernährung und Sport im Fokus. MMW-Fortschritte der Medizin 2017;159:71
•   Yu G et al.: Effectiveness of Boswellia and Boswellia extract for osteoarthritis patients: a systematic review and meta-analysis. BMC Complement Med Ther 2020;20(1):225
•   Bourbon B et al.: Marine Collagen Hydrolysates Downregulate the Synthesis of Pro-Catabolic and Pro-Inflammatory Markers of Osteoarthritis and Favor Collagen Production and 
•   Metabolic Activity in Equine Articular Chondrocyte Organoids. Int J Mol Sci 2021;22(2):580 

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