Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Wenn das Herz stolpert

MAG. PHARM.  René  GERSTBAUER
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Herzkrankheiten © iStock
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Koronare Herzkrankheit (KHK)

Anfallsartige Brustschmerzen & Atemnot

Die koronare Herzkrankheit ist durch eine Verengung der Herzkranzgefäße aufgrund von Arte­riosklerose gekennzeichnet. Diese Verengung führt zu einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels, woraus sich letztlich eine Angina pectoris entwickeln kann oder der Zustand sogar zu einem Herzinfarkt führt.

Symptome und Erkennung

  • Brustschmerzen 
    Engegefühl oder Druck in der Brust, oft ausgelöst durch körperliche Anstrengung oder Stress. Diese anfallsartigen thorakalen bzw. retrosternalen Schmerzen werden als Angina pectoris bezeichnet und können Minuten bis Stunden andauern.
  • Atemnot 
    Besonders bei Belastung, kann aber auch in Ruhe auftreten. Atemnot resultiert aus einer Sauerstoffunterversorgung des Herzens, wodurch es die gesteigerte Belastung nur schwer bewältigen kann.
  • Periphere Schmerzen
    Manchmal strahlen die Schmerzen in Arm, Hals, Kiefer oder Rücken aus. Diese Schmerzen sind nur schwierig eindeutig zu differenzieren bzw. richtig zu deuten.
  • Müdigkeit 
    Anhaltende Erschöpfung kann ebenfalls ein Anzeichen sein, besonders wenn sie mit den oben genannten Symptomen einhergeht. Dies kann aus einer verminderten Herzleistung resultieren.

Risikofaktoren

  • Alter 
    Das Risiko für KHK steigt mit dem Alter (v. a. über 55 Jahren).
  • Geschlecht 
    Männer haben ein höheres Risiko als prämenopausale Frauen (durch Estrogen-Hochregulation der LDL-Rezeptoren und somit verstärkten Abbau von Cholesterin) – Frauen erkranken im Schnitt zehn Jahre später als Männer.
  • Rauchen
    Zigarettenrauchen erhöht das Risiko erheblich.
  • Hoher Blutdruck und hoher Cholesterinspiegel 
    Diese beiden Faktoren tragen zur Arterien­verkalkung bei.
  • Stoffwechselerkrankungen 
    z. B.: Hypothyreose, Hyperhomocysteinanämie, Diabetes 

An der Tara sollte daher aufmerksam auf ­Kund:innen gehört werden, die über Brustschmerzen oder Atem­not klagen, und eine Vorstellung bei einem Internis­ten/einer Internistin bzw. Kardiologen/Kardiologin empfohlen werden. Zudem kann präven­tiv über eine gesunde Lebensweise wie ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung aufgeklärt werden.

Myokardinfarkt

Intensive Brustschmerzen & Kalter Schweiss

Schmerzen bei Frauen © iStock
Bei Frauen ist der typische starke Brustschmerz, der in andere Körperregionen ausstrahlen kann, manchmal weniger heftig als bei Männern. Dafür kommt es häufiger zu Übelkeit und Erbrechen. © iStock

Ein Herzinfarkt tritt auf, wenn ein Herzkranzgefäß vollständig blockiert ist, was zu einer ­irreversiblen Schädigung des Herzmuskels führt. Dies ist klarerweise ein medizinischer Notfall, der sofortige ­Behandlung erfordert.

Symptome und Erkennung

  • Intensive Brustschmerzen 
    Ein starkes, anhaltendes Druck- oder Enge­gefühl in der Brust, das länger als ein paar ­Minuten anhält. Diese Schmerzen können ­plötzlich auftreten und sind oft stärker als bei Angina pectoris.
  • Ausstrahlende Schmerzen 
    Schmerzen, die in Arme, Rücken, Nacken, Kiefer oder Magen ausstrahlen. Diese Symptome können besonders bei Frauen variieren und atypisch sein.
  • Übelkeit und Erbrechen
    Insbesondere bei Frauen häufiger. Übelkeit kann zusammen mit Bauchschmerzen auftreten und wird oft mit Magenproblemen verwechselt.
  • Schwitzen 
    Kalter Schweiß ist ein weiteres charakteristisches Symptom. Dieser kann plötzlich und
    stark auftreten – auch ohne körperliche Anstrengung.
  • Schwindel und Ohnmacht
    Diese Symptome können nach einer bestimmten Zeit wieder verschwinden oder sich mit der Zeit verstärken, bis die betroffene Person kollabiert.

Risikofaktoren

  • Vorerkrankungen 
    KHK, Angina pectoris
  • Lebensstil 
    Rauchen, schlechte Ernährung, Bewegungsmangel 
  • Genetik 
    Familiäre Vorbelastung

Apotheker:innen sollten die Symptome eines Herzinfarkts gut kennen und bei Verdacht sofort den Notruf wählen. Sie können zudem Blutdruckmessungen und Cholesterintests anbieten und bezüglich Arzneimitteln zur Vorbeugung oder Behandlung von Herzerkrankungen beraten – etwa über die korrekte Einnahme und mögliche Wechselwirkungen, welche die Adhärenz reduzieren könnten.

Myokarditis

Brustschmerzen & grippeähnliche Symptomatik

Myokarditis ist eine Entzündung des ­Herzmuskels, oft verursacht durch virale Infektionen (in über 50 % der Fälle), aber auch durch bakterielle ­Infektionen, Toxine, Pilze, Protozoen, Parasiten 
und Autoimmunerkrankungen.

Symptome und Erkennung

  • Brustschmerzen 
    Ähnlich wie bei einem Herzinfarkt, oft begleitet von einer grippeähnlichen Symptomatik wie Fieber, Müdigkeit und Gliederschmerzen.
  • Atemnot
    Besonders bei körperlicher Aktivität. Diese kann sich bei Fortschreiten der Erkrankung ­verschlimmern.
  • Unregelmäßiger Herzschlag
    Palpitationen oder ein Gefühl, dass das Herz stolpert. Diese Unregelmäßigkeiten können plötzlich auftreten und bedeuten für die Betroffenen zusätzlichen Stress.
  • Allgemeine Schwäche 
    Müdigkeit und Erschöpfung, selbst bei geringer Anstrengung. Dies kann den Alltag stark beeinträchtigen und ist oft eines der ersten Anzeichen.

Ursachen und Risikofaktoren

  • Virale Infektionen 
    Viren wie das Coxsackievirus B und ­Parvovirus B19 sind häufige Auslöser, aber auch das ­Coronavirus gehört zu den Risikofaktoren.
  • Bakterielle Infektionen 
    bspw. durch Streptokokken, Staphylokokken oder Enterokokken (im Rahmen einer Endokarditis), weiters auch Borrelia burgdorferi und Corynebacterium diphtheriae
  • Autoimmunerkrankungen
    Erkrankungen wie Lupus, rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen und Vaskulitiden können eine Myokarditis verursachen.
  • Toxine
    Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum können das Risiko erhöhen.
  • Medikamente 
    Bestimmte Medikamente wie Chemotherapeutika können Nebenwirkungen haben, die zu einer Myokarditis führen (Katecholamine, Trastuzumab, Anthrazykline). Weiters kann es zur Hypersensitivitätsmyokarditis durch Arzneimittel kommen: ausgelöst v. a. durch Sulfonamide, trizyklische Antidepressiva, Penicillin, Antirheumatika, Thiazide, Methyldopa oder Clozapin und andere.
Viren © shutterstock
Myokarditis wird in über 50 % der Fälle durch Viren verursacht. Das Coxsackievirus B, Parvovirus und Coronavirus sind häufige Auslöser. © shutterstock

Bei Verdacht auf Myokarditis sollten Kund:innen umgehend an eine Ärztin/einen Arzt verwiesen werden. Informationen über mögliche Nebenwirkungen von Arzneistoffen und deren Wechselwirkungen sind ebenfalls wichtig, da bestimmte Arzneimittel eine Myokarditis verursachen oder verschlimmern können.

Präventive Maßnahmen & Beratung

Besser vorsorgen

Gesunder Lebensstil © iStock
Ein aktiver Lebensstil, gutes Stressmanagement und ausgewogene Ernährung sind wichtige Säulen in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. © iStock

Prävention ist der Schlüssel zur Reduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der Apotheke kann aktiv zur Aufklärung und Beratung beigetragen werden – vor allem in Zeiten, in denen sich neue apothekerliche Dienstleistungen etablieren:

  1. Blutdruckmanagement
    Regelmäßige Blutdruckkontrollen und Beratung zur Blutdrucksenkung.
  2. Cholesterinwerte
    Aufklärung über die Bedeutung gesunder Cholesterinwerte und Empfehlungen für entsprechende NEMs oder diätetische Maßnahmen; weiters gezieltes ­Verweisen an Fachärzte bzw. Fachärztinnen; Apotheker:innen können eine Schlüsselrolle bei der Aufklärung über herzgesunde Ernährungsweisen spielen, indem sie Informationen zu fettarmen, ballaststoffreichen Diäten geben und dabei helfen, gesunde Alternativen zu ungesunden Lebensmitteln zu finden. Ernährungsgewohnheiten wie die mediterrane Diät, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Fisch und gesunden Fetten ist, können das Risiko von Herz-Kreislauf-­Erkrankungen erheblich senken.
  3. Raucherentwöhnung
    Unterstützung bei der Raucherentwöhnung durch ­Beratung und Nikotinersatztherapien
  4. Gewichtsmanagement
    Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Aktivität
  5. Diabetesmanagement
    Begleitung und Beratung von Diabetiker:innen, da diese ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben.
  6. Bewegung und Fitness 
    Regelmäßige körperliche Aktivität ist unerlässlich für die Herzgesundheit. Apotheker:innen können Kund:innen motivieren, sich regelmäßig zu bewegen (Spaziergänge, Radfahren oder Anmeldung im Fitnessstudio).
  7. Stressmanagement 
    Chronischer Stress kann zur Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. Durch den niederschwelligen Zugang in der Apotheke können Techni­ken zur Stressbewältigung (wie z. B. Meditation, Yoga oder Atemübungen) vorgeschlagen und Produkte zur ­Unterstützung von Stressabbau und Entspannung angeboten werden (Hinweis auf Radikalfänger wie Vitamin C).
  8. Medikamentöse Prävention 
    Bei Patient:innen mit erhöhtem Risiko können Apotheker:innen zu verordneten Medikamenten zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beraten. Es ist wichtig, dass das Fachpersonal hierbei den individuellen Gesundheitsstatus der Kund:innen berücksichtigt und eng mit den behandelnden Ärzt:innen zusammenarbeitet.
  9. Aufklärung über Symptome und Notfallmaßnahmen
    Eine schnelle Reaktion auf die Symptome eines Herzinfarkts oder einer anderen schweren Herz-Kreislauf-Erkrankung kann lebensrettend sein. Apotheker:innen können eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung der Kundschaft über diese Symptome und die richtigen Notfallmaßnahmen spielen, einschließlich der Wichtigkeit des sofortigen Notrufs und der Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleiben eine der größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit. Apotheker:innen haben das Potenzial, zu präventiven Maßnahmen und Früherkennung anzuregen. Auch umfassende Beratung kann einen signifikanten Beitrag zur Reduktion der Inzidenz und Schwere dieser Erkrankungen leisten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Apotheker:innen kontinuierlich ihr Wissen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen aktualisieren und proaktiv auf ihre Kund:innen zugehen, um eine bestmögliche Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.

Quellen

Weitere Literatur auf Anfrage

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