Der Hopfen (Humulus lupulus L.) gehört zur Familie der Cannabaceae und ist in Europa, Westasien und Teilen Nordafrikas heimisch. Heute wird er weltweit in vielen gemäßigten Klimazonen kultiviert. Als Kletterpflanze besiedelt er bevorzugt feuchte Waldränder, Gebüsche und Auenlandschaften.
Der Hopfen ist eine zweihäusige, ausdauernde, rechtswindende Kletterpflanze, die in Kultur 7 bis 12 m hoch werden kann. Seine borstig behaarten, gegenständigen Blätter sind handförmig und 3–7 spaltig. Charakteristisch sind die weiblichen Blütenstände, die als hellgrüne, zapfenartige Scheinähren („Hopfenzapfen“) mit dachziegelartig übereinander liegenden Tragblättern (auch Deckblätter genannt) erscheinen; diese sind dicht mit goldgelb glänzenden Drüsenhaaren besetzt, die ätherisches Öl und Harz produzieren und dem Hopfen sein Aroma verleihen. In Mitteleuropa scheint Hopfen seit dem frühen 8. Jahrhundert kultiviert worden zu sein, frühe Belege finden sich etwa aus dieser Zeit im Polyptychon des Irmino. Auch in England war er spätestens im 11. Jahrhundert verbreitet, denn das Herbarium of Apuleius von ca. 1050 hebt seine guten Eigenschaften hervor und empfiehlt, ihn Getränken zuzusetzen. In den Kräuterbüchern des späteren Mittelalters wird Hopfen vor allem als harntreibend und „blutreinigend“ beschrieben.1
Humulus geht auf ein mittellateinisches Wort zurück, das aus dem slawischen chmele für Hopfen übernommen wurde. Der Artname lupulus enthält die Verkleinerungsform des lateinischen lupus (Wolf) und spielt darauf an, dass sich der Hopfen eng um andere Pflanzen windet und sie dadurch gleichsam „würgt“.1
Die Droge stammt heute ausschließlich aus dem Anbau, vorwiegend in Deutschland, Tschechien, Polen, Slowenien sowie teilweise auch aus Nordamerika und China; dabei werden nur weibliche Pflanzen durch Stecklinge vegetativ vermehrt. Der Ausschluss männlicher Pflanzen verhindert die Ausbildung von Früchten (Nüsschen), die keinen Nutzwert haben.
Arzneilich verwendete Droge
Im europäischen Arzneibuch werden die Hopfenzapfen (Lupuli flos) als die getrockneten, gewöhnlich ganzen, weiblichen Blütenstände von Humulus lupulus L. definiert. Bei der Extraktion mit 70 % Ethanol müssen mindestens 25 % an extrahierbaren Bestandteilen erhalten werden.
Inhaltsstoffe und pharmakologische Wirkungen
Der Hopfen enthält in den Drüsenhaaren der Tragblätter als relevante Inhaltsstoffe 15 bis 30 % prenylierte Phloroglucinderivate (Acylphloroglucide), vor allem bitter schmeckende Derivate (Hopfenbitterstoffe, Bitterharz). Man unterscheidet zudem zwischen Hartharz, das sind in Petrolether unlösliche Bestandteile (Oxidationsprodukte und Polymere), und Weichharz, welches in Petrolether löslich ist und die bitter schmeckenden Phloroglucinderivate enthält. Das Weichharz wird wiederum in α-Weichharz (α-Bittersäuren), welches vorwiegend aus Humulon, Co-humulon und Adhumulon besteht, und β-Weichharz (β-Bittersäuren), mit hauptsächlich Lupulon und Colupulon, unterschieden. Die α-Bittersäuren sind in Hopfen zu 3 bis 7 %, die β-Bittersäuren zu 2,5 bis 4 % enthalten. Geschmacklich unterscheiden sich die beiden Säuretypen: die Humulone schmecken sehr bitter, die Lupulone nur schwach bitter.
Während frisches Pflanzenmaterial nur geringe Mengen der sedativ wirksamen Verbindung 2-Methyl-3-buten-2-ol aufweist, steigt dieser Anteil während der Lagerung durch den Abbau der Bitterstoffe deutlich an.
Das ebenfalls enthaltene ätherische Öl (0,3 bis 1,5 %)2 ist reich an Mono- und Sesquiterpenen, wie Myrcen, Humulen und Caryophyllen. Zusätzlich finden sich Flavonoide, vorwiegend Kämpferol- und Quercetinderivate. Außerdem sind prenylierte Flavonoide enthalten, wie 6- und 8-Prenylnaringenin und Isoxanthohumol. Zu den Flavonoiden im weiteren Sinn gehören auch die für Hopfen charakteristischen prenylierten Chalkone wie Xanthohumol. Auch sind verschiedene Triterpene sowie Gerbstoffe vom Typ der oligomeren Proanthocyanidine enthalten.
Sedative Wirkung
Die bisherigen In-vitro- und In-vivo-Studien stützen die traditionelle Anwendung von Hopfen und weisen auf eine sedative Wirkung hin. Tierexperimentelle Daten deuten darauf hin, dass unter anderem α-Säuren, β-Säuren und Bestandteile des ätherischen Öls zu dieser Wirkung beitragen könnten. Sie zeigen beispielsweise, dass ein Hopfen-CO₂-Extrakt sowie eine α-Säuren-Fraktion die Pentobarbital-induzierte Schlafdauer bei Ratten signifikant verlängert, ohne die Motorik zu beeinträchtigen, und außerdem eine antidepressive Wirkung im Forced-Swimming-Test aufwies. Diese Effekte traten dosisabhängig ab 10 mg/kg eines nicht näher definierten Extraktes auf.3 Schiller et al. (2006) bestätigten die sedierende Wirkung verschiedener Hopfenextrakte und zeigten zudem, dass Ketamin- und Diethylether-induzierte Schlafzeiten verlängert werden, begleitet von einer Reduktion der Lokomotion.4
Grundmann et al. (2006) zeigten, dass hopfeninduzierte Hypothermie durch den Melatoninrezeptor-Antagonisten Luzindol aufgehoben wird, was auf eine Beteiligung melatoninerger Mechanismen hinweist. Diese Ergebnisse stützen die Hypothese, dass Hopfenextrakte ihre schlaffördernden Effekte über eine melatoninvermittelte Senkung der Körpertemperatur entfalten.5
Östrogenartige Wirkung
Die östrogenwirksame Substanz des Hopfens konnte eindeutig als das prenylierte Flavanon 8-Prenylnaringenin identifiziert werden, dessen Aktivität jene anderer bekannter Phytoöstrogene wie Cumestrol, Genistein oder Daidzein deutlich übertrifft. 8-Prenylnaringenin wirkt über Östrogenrezeptoren, bindet stark an ERα und ERβ, zeigt jedoch eine besondere Selektivität für ERα und ahmt damit die Effekte von 17β-Östradiol nach, wenn auch deutlich schwächer.6 Neben der Aktivierung des ERα konnte für einen Hopfenextrakt und 6-Prenylnaringenin auch eine agonistische Wirkung am AHR-Rezeptor nachgewiesen werden.7 In Studien an ovariektomierten Mäusen und Ratten erwies sich 8-Prenylnaringenin ebenfalls als oral wirksam und führte zu typischen Östrogeneffekten wie erhöhter vaginaler Mitose, Erhalt der Uterusmasse und günstigen Effekten auf den Knochenstoffwechsel.
Neuere Studien zeigen zudem, dass die Bioverfügbarkeit und Umwandlung dieser prenylierten Flavonoide stark interindividuell variieren kann. So wird das in Bier und Hopfenextrakten enthaltene Isoxanthohumol je nach Zusammensetzung der individuellen Darmmikrobiota sehr unterschiedlich zu 8-Prenylnaringenin aktiviert, von kaum messbar bis hin zu einer bis zu zehnfach erhöhten Exposition. Diese Umwandlung findet vor allem im distalen Kolon statt und kann bei moderatem Konsum relevante phytoöstrogene Spiegel erzeugen.8
Antimikrobielle Wirkung
Hopfen weist eine gewisse antimikrobielle Wirkung auf, wobei insbesondere die Lupulone (β-Säuren) durch ihre Wirkung auf die Zellwand grampositiver Bakterien seit Langem als antibakteriell beschrieben werden. Die Resistenz gramnegativer Bakterien wird auf ihre phospholipidreiche Außenmembran zurückgeführt, die die Bittersäuren inaktiviert. Obwohl die Säuren gegenüber Pilzen nur geringe Aktivität zeigen, ist eine antifungale Wirkung gegen Trichophyton-, Candida-, Fusarium- und Mucor-Arten dokumentiert, womit wohl auch eine mikrobiologische Konservierung im Bier erklärt werden kann.9
Anticancerogene Wirkung
Xanthohumol hemmte in vitro das Wachstum verschiedener menschlicher Krebszelllinien, darunter Brust-, Darm-, Prostata- und Ovarialkrebszellen, bereits in niedrigen mikromolaren Konzentrationen, wobei die Wirkung mit einer Blockade der DNA-Polymerase-α sowie der Auslösung von Apoptose und Zellreifung einherging. In Leukämiezellen förderte dieses zudem die terminale Differenzierung, sodass entartete Zellen wieder ein normales Verhalten annehmen, dabei wirkte Xanthohumol etwa zehnmal stärker als das Soja-Isoflavon Genistein. Auch ex vivo zeigte Xanthohumol bereits in sehr niedrigen nanomolaren Mengen eine vollständige Hemmung der frühen Krebsentstehung in Maus-Mammagewebe.10
Antiphlogistische Wirkung
In einer placebo-kontrollierten, einfach verblindeten Crossover-Studie tranken 14 gesunde junge Erwachsene entweder ein Getränk mit einer sehr niedrigen Xanthohumol-Dosis (0,125 mg) oder ein Placebo. Anschließend wurden ihre Immunzellen im Labor mit bakteriellen Lipoteichonsäuren stimuliert. Nach der Xanthohumolaufnahme reagierten diese Zellen deutlich weniger stark: Die Ausschüttung der Entzündungsmarker IL-1β, IL-6 und sCD14 fiel deutlich geringer aus, während sie nach dem Placebo unverändert hoch blieb. Ergänzende Laborversuche mit speziell präparierten Zellen (hTLR2-HEK293) zeigten zudem, dass Xanthohumol die über den Toll-like-Rezeptor TLR2 ausgelöste Entzündungsaktivierung abschwächen kann, vermutlich indem es in die CD14-vermittelten Signalwege eingreift.11
Gedächtnissteigernde Effekte
In Mausmodellen wurde mithilfe verschiedener Acetylcholinrezeptor-Antagonisten untersucht, welche Rolle ACh-Rezeptoren bei der durch nicht näher definierte „gereifte“ Hopfenbitterstoffe (Matured Hop Bitter Acids) ausgelösten Verbesserung des Gedächtnisses spielen. Die Hopfenbitterstoffe erhöhten die Leistung im Y-Maze und im Novel-Object-Recognition-Test deutlich. Diese positiven Effekte gingen jedoch weitgehend verloren, wenn nikotinische ACh-Rezeptoren – insbesondere der α7-nAChR – blockiert wurden oder wenn der Vagusnerv zuvor durchtrennt worden war. Die Aktivität der Acetylcholinesterase blieb hingegen unverändert. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Hopfenbitterstoffe ihre hippocampusabhängigen Gedächtniseffekte über die Aktivierung des Vagusnervs und über Signalwege vermitteln, die von nikotinischen ACh-Rezeptoren abhängen.12
Klinische Studien
Neuere Monostudien zu sedativen Effekten im Hinblick auf Hopfen sind leider kaum verfügbar. Es gibt nur ältere klinische Untersuchungen, die einen sedativen Effekt bestätigen konnten.2 In einer offenen, einarmigen Pilotstudie (N = 97) verbesserte der dreiwöchige Konsum eines alkoholfreien Bieres mit 35 mg Bitterstoffen aus gereiftem Hopfen die allgemeine Stimmung, Angstzustände, Depressionen, Müdigkeit, Vitalität und Schlafqualität bei gesunden Erwachsenen.13
In einer randomisierten, placebo-kontrollierten Crossover-Studie untersuchte man bei jungen Erwachsenen mit milden depressiven, angstbezogenen und stressbezogenen Symptomen die Wirkung eines nicht näher definierten Hopfentrockenextrakts (2 x täglich 200 mg pro Kapsel) über zwei 4-wöchige Behandlungsphasen. Die Teilnehmenden absolvierten anthropometrische Messungen, DASS-21-Erhebungen und Cortisolbestimmungen zu Beginn und Ende jeder Phase. Hopfen führte zu signifikant stärkeren Reduktionen der DASS-21-Werte für Depression, Angst und Stress als das Placebo, während Körpermaße und der Cortisolspiegel unverändert blieben.14
In einer randomisierten, placebo-kontrollierten Studie mit 120 Frauen wurde die Wirksamkeit von nicht näher definierten Hopfentabletten über 12 Wochen auf frühe menopausale Beschwerden untersucht. Die Symptome wurden mittels Greene Scale und ein Hot-Flush-Tagebuch zu vier Messzeitpunkten erhoben. Die Hopfenbehandlung führte zu deutlich stärkeren Reduktionen der Greene-Scores und der Häufigkeit von Hitzewallungen als das Placebo, mit konsistent signifikanten Verbesserungen ab Woche 4.15
In einer randomisierten, kontrollierten Studie (n = 63) erwies sich die topische Anwendung eines Hopfenextrakt-haltigen Gels bei postmenopausalen Frauen als ebenso wirksam wie Estradiol. In keiner der untersuchten FSFI (Female Sexual Function Index)-Domänen: sexuelles Verlangen, Erregbarkeit, Lubrikation, Orgasmus, Zufriedenheit und Schmerzen, sowie im FSFI-Gesamtwert ergaben sich signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.16
In einer 48-wöchigen, doppelblinden, placebokontrollierten, randomisierten Studie (n = 100) führte die Gabe eines Hopfenextraktes, standardisiert auf 100 µg 8-Prenylnaringenin pro Tag, zusätzlich zu Kalzium und Vitamin D3 zu einer signifikanten Steigerung der Knochenmineraldichte des gesamten Körpers sowie zu einer Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei postmenopausalen Frauen mit Osteopenie.17
In einer kleinen randomisierten Studie wurden 50 schwer an COVID-19 erkrankte Patient:innen mit akutem Lungenversagen entweder sieben Tage lang zusätzlich mit Xanthohumol (4,5 mg/kg/d) oder ausschließlich standardtherapeutisch behandelt. Bezüglich mehrerer Entzündungsmarker (IL-6, NLR, PLR, CRP, D-Dimer) sowie der klinischen Verläufe wurden zu vier Zeitpunkten Veränderungen erfasst. Die Xanthohumol-Gruppe zeigte deutlich stärkere Rückgänge zentraler Entzündungsmarker sowie eine niedrigere 28-Tage-Mortalität und kürzere Krankheitsdauer als die Kontrollgruppe.18
In einer zwölfwöchigen, randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten Studie erhielten 100 ältere Erwachsene mit subjektivem kognitivem Leistungsabfall täglich 35 mg eines standardisierten Extraktes, der überwiegend aus oxidierten Hopfen-α-Säuren, wie 4’-Hydroxyallohumulinonen, 4’-Hydroxyalloisohumulonen, Tricyclooxyisohumulon A, Humulinonen und Huluponen, bestand. Die kognitive Leistungsfähigkeit und Stimmung wurden mittels SDMT (Symbol Digit Modalities Test), verbalen Gedächtnistests sowie Biomarkern wie β-Endorphin und Transthyretin erhoben. Die Verumgruppe zeigte signifikante Verbesserungen der geteilten Aufmerksamkeit und des Gedächtnisabrufs sowie günstigere Veränderungen relevanter Biomarker, was auf eine positive Wirkung auf Kognition und Stimmung hindeutet.19
Wissenschaftlich bewertete Anwendungen
Das HMPC bewertete Hopfenzapfen bisher als traditionelles pflanzliches Arzneimittel und empfiehlt ihre Anwendung aufgrund langjähriger Erfahrung zur Besserung leichter Symptome von Stress und als Schlafhilfe.
Typische Zubereitungen, Tagesdosierung und Anwendungsdauer
Hopfenzapfen können in Form eines Tees, der gepulverten Droge, als Tinktur, Flüssig- oder Trockenextrakt eingenommen werden. Für die Teezubereitung werden 0,5 g Droge mit 150–200 ml Wasser als Infus zubereitet. Pro Tag können bis zu 4 Tassen getrunken werden. Als Schlafhilfe 30 bis 60 Minuten vor dem Schlafengehen 1 Tasse trinken. Die empfohlene Tagesdosierung des Trockenextraktes (4–5 : 1, 50 % Methanol (V/V)) liegt zwischen 125 bis 375 mg. Bessern sich die Beschwerden innerhalb von zwei Wochen nicht oder verschlimmern sie sich, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Kinder, Schwangere und Stillende
Das HMPC empfiehlt die Verwendung von Hopfenzapfen als Tee erst ab einem Alter von 12 Jahren. Schwangeren und stillenden Frauen wird aufgrund fehlender Daten von einer Anwendung abgeraten.
Wechsel- und Nebenwirkungen (Risiken)
Es sind keine nennenswerten Nebenwirkungen zu Hopfen bekannt.
Kontraindikation
Bei einer bekannten bestehenden Allergie gegenüber einer im Hopfen enthaltenen Substanz.
QUELLEN
1 Madaus G: Lehrbuch der biologischen Heilmittel (1987); Mediamed Verlag, Ravensburg
2 Blaschek W (Hrsg.): Wichtl - Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis (2016); 6. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
3 Zanoli P, et al.: New insight in the neuropharmacological activity of Humulus lupulus L. J Eth-nopharmacol 2005; 102: 102-106
4 Schiller H, et al.: Sedating effects of Humulus lupulus L. extracts. Phytomedicine 2006; 13: 535-541
5 Grundmann O, et al.: Hypothermic effects of hops could antagonise with the competitive mela-tonin receptor antagonist luzindole. Planta Medi 2006; (11): 1065, 281
Weitere Literatur beim Autor