Neue Erkenntnisse

Erste therapeutische Anwendung von Bakteriophagen in Österreich

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Insbesondere für Patientinnen und Patienten, die eine Antibiotika-Resistenz entwickelt haben, stellt die therapeutische Anwendung dieser speziellen Viren eine neue Behandlungsoption dar. An der Universitätsklinik für Thoraxchirurgie des AKH Wien und MedUni Wien wurde in Kooperation mit der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin nun erstmals in Österreich erfolgreich ein Patient außerhalb einer Studie therapeutisch mit inhalativen Bakteriophagen behandelt.

Der betroffene Patient, der zuvor einer Lungentransplantation unterzogen worden war, litt seit mehreren Jahren unter einer chronischen Kolonisation der Lunge mit Pseudomoas aeruginosa. Aufgrund der hohen Resistenz des Keims gegenüber bisherigen Therapieversuchen standen keine konservativen Therapieoptionen mittels Antibiotika mehr zur Verfügung. Die Lungenfunktion des Patienten verschlechterte sich kontinuierlich. Er wurde nun erstmals in Österreich mit Bakteriophagen behandelt, Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren.

Der Patient erhielt über einen Zeitraum von 28 Tagen mehrfach täglich Inhalationen mit einem Phagen, der spezifisch nur den Keim des Patienten angreift und zerstört. Matthias Vossen von der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I des AKH Wien und MedUni Wien, berichtet: "Durch die Behandlung mit dem Bakteriophagen kam es zu einer beeindruckenden Besserung der Beschwerden des Patienten. Für diesen ist es ein komplett neues Lebensgefühl."

Die Therapie erfolgte in Zusammenarbeit mit der Anstaltsapotheke des AKH Wien und dem Queen Astrid Military Hospital in Brüssel, das über eine große Phagenbank verfügt. Bakteriophagen sind hoch spezialisiert und befallen oft nur einen oder wenige Unterarten eines bestimmten Krankheitserregers. "Die Austestung, welcher Phage bei welchem Patienten zum Einsatz kommt, ist sehr aufwändig, da die Phagentherapie auch immer mit einem passenden Antibiotikum begleitet werden muss. Die notwendige Austestung kann nur von einem ganz frischen Isolat des jeweiligen Keims erfolgen", erklärt Matthias Vossen. Dadurch ist die Therapie etwas eingeschränkt, da eine sogenannte "kalkulierte" Therapie ohne den Erreger anzüchten zu können, nicht möglich ist.

Da die Therapie noch wenig erprobt ist, wurde der Patient genau überwacht. "Um eine sichere und effektive Behandlung sicherzustellen, wurde die Phagenkonzentration in der Lunge und das Blutbild des Patienten genauestens überwacht", sagt Jakob Thannesberger von der Klinischen Abteilung für Infektiologie und Tropenmedizin. Aufgrund des gänzlich anderen Wirkmechanismus können mit Bakteriophagen Keime behandelt werden, die auf eine Vielzahl der einsetzbaren Antibiotika resistent sind. Für die betroffenen Patientinnen und Patienten ist die Behandlung mit Bakteriophagen oft die einzige Option auf eine erfolgreiche Therapie der Infektionserkrankung.

Angesichts des Behandlungserfolges soll die maßgeschneiderte Therapie in ausgesuchten Fällen über die Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I des AKH Wien und MedUni Wien angeboten werden. Aktuell wird an der AKH Wien und MedUni Wien in verschiedenen Fachbereichen an den Anwendungsmöglichkeiten von Bakteriophagen geforscht, beispielsweise bei Neurodermitis.

APA/OTS/RED

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